Landplanarien

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Landplanarien

Obama burmeisteri, Kopf links. Atlantischer Regenwald, südliches Brasilien

Systematik
ohne Rang: Urmünder (Protostomia)
Stamm: Plattwürmer (Plathelminthes)
Klasse: Strudelwürmer (Turbellaria)
Ordnung: Seriata
Unterordnung: Tricladida
Familie: Landplanarien
Wissenschaftlicher Name
Geoplanidae
Stimpson, 1857
J. C. C. Loman (1890): Über neue Landplanarien von den Sunda-Inseln. In: M. Weber (Hrsg.): Zoologische Ergebnisse einer Reise in Niederländisch Ost-Indien, Band 1.

Die Landplanarien (Geoplanidae) sind eine Familie der zu den Plattwürmern gehörenden Strudelwürmer, die sich als Fleischfresser von verschiedenen Kleintieren ernähren. Sie sind vor allem in tropischen und subtropischen, aber auch gemäßigten und kälteren Regionen der Erde zu finden. Hier treten etliche als Neozoa auf und können massive Veränderungen in der lokalen bzw. endemischen Bodenökologie hervorrufen.[1] Es gibt mehr als 800 beschriebene Arten.

Sie zählen zu den Bilateria. Der – wie bei allen Strudelwürmern – blind endende Darm der Landplanarien verzweigt sich kurz hinter dem Mund in drei Hauptäste, weshalb die Landplanarien zu den Tricladida gezählt werden. Sie werden 1 bis 20 cm lang und sind oft hell gefärbt und gemustert.[2] Das Nervensystem der Landplanarien weist einen axillaren ventralen Plexus auf. Darüber hinaus besitzen die Landplanarien eine Kriechsohle mit Cilien und überwiegend cyanophilen (mit Wasserblau anfärbbaren) Schleimdrüsen. Die Tiere kriechen mithilfe der Cilien, durch Muskelaktion oder eine Kombination von beidem.[3]

Schematische Darstellung des Nervensystems bei den Strudelwürmern (Turbellaria), auch Planarien

Im Gegensatz zu anderen Strudelwürmern sind die Landplanarien vollständig an ein Landleben angepasst. Sie verfügen über keinerlei wasserspeichernde Mechanismen und sind deshalb auf Feuchtigkeit in ihrem Mikrohabitat angewiesen. Andererseits meiden alle Landplanarien eine völlig nasse Umgebung. Sie treten in mesophilen bis xerophilen Habitaten von alpinen Staudenfluren bis sandigen Halbwüsten und tropischen Regenwäldern auf.[4] Landplanarien sind vornehmlich proterandrische Zwitter und pflanzen sich normalerweise geschlechtlich fort.

Schematische Darstellung des Reproduktionssystems bei den Strudelwürmern (Turbellaria)
Schematische Darstellung des Excretionssystems bei den Strudelwürmern (Turbellaria)

Beutespektrum und Fangmethoden

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Endeavouria septemlineata greift einen Doppelfüßer der Gattung Rhinocricus an
Endeavouria septemlineata als Beute verschiedener anderer Landplanarien

Sämtliche Landplanarien fressen Fleisch, wobei die meisten Arten lebende Beute jagen, manche aber Aasfresser sind.[4] Zu den Beutetieren gehören unter anderem Insekten und ihre Larven, Tausendfüßer, Asseln, Regenwürmer, Schnecken und andere Plattwürmer.

Die Beutetiere werden in der Regel durch chemische Reize aufgespürt. Die festgehaltene Beute wird durch Enzyme, die über den ausgestülpten Pharynx ausgestoßen werden, vorverdaut und so getötet, das aufgelöste Gewebe sodann durch den Pharynx in den Darm gepumpt, wobei von der Beute oft nichts übrigbleibt.

Es gibt verschiedene Fangmethoden. Bipalium kewense und andere Bipalium-Arten greifen Regenwürmer an, indem sie diese durch Umfassen festhalten und in dieser Haltung außenverdauen. Ähnlich tun dies Arthurdendyus triangulatus und Platydemus manokwari mit ihren Beutetieren. Platydemus manokwari und Endeavouria septemlineata greifen beispielsweise Afrikanische Riesenschnecken in großen Gruppen an. Rhynchodemus sylvaticus fängt kleine Insekten mithilfe einer vergrößerten Kopfhaube, während die afrikanische Microplana termitophaga mit ihrem klebrigen Schleim Termitenarbeiter fängt, auf die sie in den Lüftungsschloten der Termitenbauten wartet.[5]

Verschiedene Landplanarienarten reduzieren die Beutepopulationen erheblich, was sich besonders bei neu eingeschleppten invasiven Arten bemerkbar macht, so etwa bei Arthurdendyus triangulatus an Regenwürmern in Großbritannien und Irland.[5] Platydemus manokwari wird gar mit dem Aussterben ganzer Schneckenarten im Pazifikraum in Zusammenhang gebracht.[6]

Auf Grund ihres giftigen Schleimes und abstoßenden Geschmacks haben Landplanarien nur wenige Feinde und werden als Spitzenprädatoren eingeordnet. Von den meisten räuberischen Wirbeltieren werden sie verschmäht. Es gibt Berichte von Laufkäfern und Kurzflüglern, die Arthurdendyus triangulatus fressen. Auch die in Brasilien, Kolumbien und Uruguay lebende räuberische Schnecke Rectartemon depressus aus der Familie der Streptaxidae frisst – neben anderen Beutetieren – Landplanarien.[7][8] Auf Planarien spezialisiert ist die Mücke Planarivora insignis, deren Larven als Parasitoide den Plattwurm von innen auffressen.[9] Andererseits erbeutet die Landplanarie Platydemus manokwari umgekehrt sowohl räuberische Schnecken wie Euglandina rosea und Gonaxis quadrilateralis als auch Plattwürmer wie Bipalium kewense.[10]

Die Landplanarien werden traditionell innerhalb der Tricladida als Terricola den Maricola (Marine Planarien), Cavernicola (Höhlenplanarien) und Paludicola (Süßwasserplanarien) gegenübergestellt.[4] Sluys et al. (2009) fassen dagegen die Süßwasser- und Landplanarien als Continenticola zusammen und stellen die Landplanarien im Rang der Familie Geoplanidae als Schwestergruppe den Dugesiidae in der Überfamilie Geoplanoidea zur Seite, während dieser die übrigen drei Süßwasserplanarien-Familien in der Überfamilie Planarioidea gegenüber stehen.[11]

 Tricladida 

Maricola


   

Cavernicola


 Continenticola 
 Planarioidea 

Planariidae


   

Kenkiidae


   

Dendrocoelidae




 Geoplanoidea 

Dugesiidae


   

Geoplanidae






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Die Landplanarien sind also von einer Unterordnung – oder Infraordnung – (Terricola) zu einer Familie (Geoplanidae) herabgestuft worden. Die Terricola (Landplanarien) werden auf Grund ihrer Morphologie traditionell in drei Familien unterteilt:[12][13]

  • Bipaliidae (Landplanarien mit einem hammerartig verbreiterten Kopf und zahlreichen Punktaugen)
  • Rhynchodemidae (Landplanarien ohne verbreiterten Kopf und mit einem Augenpaar), mit 2 Unterfamilien:
    • Rhynchodeminae (mit Längsmuskelfasern in großen Bündeln unter dem Epithel)
    • Microplaninae (mit schwächeren Längsmuskelfasern unter dem Epithel, nicht in Bündeln)
  • Geoplanidae (Landplanarien ohne verbreiterten Kopf und mit zahlreichen Punktaugen), mit 3 Unterfamilien:
    • Geoplaninae (mit dorsalen Hoden und kräftigen Längsmuskeln unter dem Epithel)
    • Caenoplaninae (mit ventralen Hoden und kräftigen Längsmuskeln unter dem Epithel)
    • Pelmatoplaninae (mit ventralen Hoden und schwächeren Längsmuskeln unter dem Epithel)

Neuere phylogenetische Analysen deuten darauf hin, dass die Rhynchodeminae und Microplaninae keine Schwestergruppen sind und die Caenoplaninae den Rhynchodeminae näher stehen als den Geoplaninae. Álvarez-Presas et al. (2008) teilen die Landplanarien (Geoplanidae im neuen, erweiterten Sinne) folgendermaßen ein:[14] Die früheren Unterfamilien Caenoplaninae und Pelmatoplaninae sind nunmehr als Tribus Caenoplanini und Pelmatoplanini in die Unterfamilie Rhynchodeminae gestellt.[15] Die bisher zur Süßwasserplanarien-Familie Dugesiidae gestellten Gattungen Spathula und Romankenkius werden von Álvarez-Presas als Schwestergruppe der Microplaninae in die Familie Geoplanidae gestellt.[14]

 Geoplanoidea 

Dugesiidae


 Geoplanidae 

Bipaliinae


   


Geoplaninae


   

Caenoplaninae


   

Rhynchodeminae




   

Microplaninae


   

(Spathula + Romankenkius)






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Verbreitungsräume

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Die Tiere weisen ein großes Adaptationsvermögen auf, so dass sie biogeografisch ähnliche Habitate in unterschiedlichen Regionen, in denen also geeignete Lebensbedingungen vorherrschen, besetzen können.

  • Leigh Winsor, P. M. Johns, G. M. Yeates (1998): Introduction, and ecological and systematic background, to the Terricola (Tricladida). Pedobiologia 42(5-6), 389–404. PDF
  • Robert E. Ogren: Predation behaviour of land planarians. Hydrobiologia 305, (1995) S. 105–111. doi:10.1007/BF00036370.
  • R. Sluys, M. Kawakatsu, M. Riutort, J. Baguñà (2009). A new higher classification of planarian flatworms (Platyhelminthes, Tricladida). Journal of Natural History 43 (29–30), S. 1763–1777. doi:10.1080/00222930902741669.
Commons: Geoplanidae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ronald Sluys: Invasion der Plattwürmer. Spektrum der Wissenschaft Mai 2017, S. 32
  2. Winsor et al. (1998), S. 1.
  3. Sluys et al. (2009), S. 1773.
  4. a b c Winsor et al. (1998), S. 9.
  5. a b Robert E. Ogren (1995), S. 1.
  6. David R. Hopper, Barry D. Smith (1992): Status of tree snails (Gastropoda: Partulidae) on Guam, with a resurvey of sites studied by H. E. Crampton in 1920. Pacific Science 46, S. 77–85. PDF
  7. V.S. Lemos, R. Canello, A.M. Leal-Zanchet (2012): Carnivore mollusks as natural enemies of invasive land flatworms. Annals of Applied Biology 161 (2), S. 127–131. doi:10.1111/j.1744-7348.2012.00556.x
  8. Elisa von Groll: Hunter Snail - Rectartemon depressus. Abgerufen am 21. Oktober 2015.
  9. V. V. Hickman (1965): On Planarivora insignis gen. et sp. n. (Diptera: Mycetophilidae), whose larval stages are parasitic in land planarians. Papers and Proceedings of the Royal Society of Tasmania 99, S. 1–9.
  10. Jean-Lou Justine, Leigh Winsor, Delphine Gey, Pierre Gros, Jessica Thévenot: The invasive New Guinea flatworm Platydemus manokwari in France, the first record for Europe: time for action is now. In: PeerJ. 2. Jahrgang, 2014, S. e297, doi:10.7717/peerj.297 (peerj.com).
  11. Sluys et al. (2009), S. 1767.
  12. Robert E. Ogren, Masaharu Kawakatsu (1988): Index to the species of the family Rhynchodemidae (Turbellaria, Tricladida, Terricola) Part I: Rhynchodeminae. Bulletin of Fuji Women's College 26 (2), S. 39–91.
  13. Robert E. Ogren, Masaharu Kawakatsu (1991): Index to the species of the family Geoplanidae (Turbellaria, Tricladida, Terricola) Part II: Caenoplaninae and Pelmatoplaninae. Bulletin of Fuji Women's College 29 (2), S. 35–58.
  14. a b Marta Álvarez‐Presas, Jaume Baguñà & Marta Riutort: Molecular phylogeny of land and freshwater planarians (Tricladida, Platyhelminthes): From freshwater to land and back. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 47, Nr. 2, 2008, S. 555–568, doi:10.1016/j.ympev.2008.01.032.
  15. Sluys et al. (2009), S. 1770.