Lesben-Frühlings-Treffen
Das Lesben-Frühlings-Treffen (LFT) ist das größte und bekannteste nichtkommerzielle Treffen von Lesben in Deutschland und Europa. Die Besucherinnen des Treffens kommen überwiegend aus deutschsprachigen Ländern. Die jährlich am Pfingstwochenende stattfindende mehrtägige Veranstaltung wird regelmäßig von mehreren Hundert Lesben besucht, die z. T. sehr verschiedene, durchaus kontrovers diskutierte Ansichten haben. Während des dreitägigen Treffens finden außer vielen Workshops mehrere Plena und verschiedenartige kulturelle Abendveranstaltungen statt. Organisiert wird die Veranstaltung durch lokale Vereine, die vom Verein Lesbenfrühling unterstützt werden.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1972 trafen sich erstmals Lesben und Schwule beim Pfingsttreffen der Homosexuellen Aktion Westberlin (HAW).[2] Es nahmen rund 200 Männer in organisierten Gruppen und rund 30 Frauen teil. 1973 richtete zwar noch die HAW das Pfingsttreffen für Schwule und Lesben aus, jedoch waren diese nun zum großen Teil nach Geschlechtern getrennt organisiert. Ab 1974 organisierte die Frauengruppe in der HAW das erste Lesben-Pfingsttreffen.[3] 1975 ging aus der HAW-Frauengruppe das Lesbische Aktionszentrum (LAZ) hervor, das bis 1978 das Lesben-Pfingsttreffen in Berlin organisierte. Seit 1979 wird das Treffen an wechselnden Orten veranstaltet.[4] 1992 in Bremen wurde das Lesben-Pfingsttreffen in Lesben-Frühling – später dann in Lesben-Frühlings-Treffen – umbenannt, da die Bezeichnung Pfingsttreffen nicht-christliche Lesben diskriminierte.[5]
Organisation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als autonome Lesben-Veranstaltung wird das Treffen von örtlichen und regionalen Lesbengruppen ausgerichtet, es findet also jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Zur Unterstützung der lokalen Organisationsteams, um Erfahrungen weiterzugeben, Hilfe bei der Finanzierung zu bieten und um die Treffen zu dokumentieren wurde im Vorfeld des LFT 2000 in Bochum der Verein Lesbenfrühling e. V. gegründet, der seine Mitfrauenversammlung jeweils beim LFT abhält.[6] Ein Grundsatz des LFT lautet: „Allen interessierten Lesben soll die Teilnahme ermöglicht werden. Explizit ausgeschlossen sind Frauen, die sexuelle Gewalt gegen Mädchen propagieren und Faschistinnen.“[5][7]
Beim Lesben-Frühlings-Treffen finden Gruppenveranstaltungen, Plenen, eine Demonstration und/oder Kundgebung und ein Abendprogramm mit Festen und Kulturveranstaltungen statt. Außerdem stehen Verpflegungs- und Verkaufsstände sowie Ruheräume zur Verfügung. Die Preise der Dauerkarten sind i. d. R. nach Einkommen gestaffelt.[5]
Für die Vorbereitung und Organisation ist jeweils eine wechselnde Gruppe verantwortlich, die sich an den festgelegten Beschlüssen der vorangegangenen Mitgliedsversammlungen orientiert und sonst freie Gestaltungsmöglichkeiten hat. Dadurch entsteht jedes Jahr eine inhaltlich und Schwerpunktmäßig wechselnd ausgerichtete Veranstaltung. Die jeweiligen Ortsgruppen wählen ein Motto aus, das oft an aktuelle politische Geschehnisse angelehnt ist.[5]
Barrierefreiheit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf weitgehende Barrierefreiheit wird bei den Treffen auf der Grundlage eines Plenumsbeschlusses großen Wert gelegt. Im Einzelnen bedeutet dies, dass das ehrenamtliche Organisationsteam eine Arbeitsgruppe einrichtet, welche insbesondere folgende Aspekte bestmöglich sicherstellt:
- Die Website mit Informationen zum Treffen ist gemäß den WCAG-Kriterien aufgebaut.
- Die Gebäude sind für Rollstuhlfahrerinnen erreichbar und nutzbar, inklusive der sanitären Anlagen und Übernachtungsmöglichkeiten.
- Veranstaltungen werden für gehörlose Lesben in Gebärdensprache gedolmetscht.
- Das vor Ort erhältliche Programmheft ist für Sehgeschädigte lesbar.
- Mobilität für behinderte Besucherinnen zwischen den Veranstaltungsorten ist realisierbar.
- Der Assistenzbedarf für behinderte Besucherinnen kann realisiert werden.
Erstmals für das LFT 2012 in Nürnberg wurde der Antrag auf finanzielle Unterstützung für die Gewährleistung von Barrierefreiheit vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) abschlägig beschieden.
Veranstaltungsorte und -themen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahr | Ort | Motto | |
---|---|---|---|
1973 | Westberlin | Die Unterdrückung der Frau als primäre Gemeinsamkeit. Von der Vereinzelung zur Organisierung | |
1974 | Westberlin | Ist Feminismus die Theorie und Lesbischsein die Praxis? | |
1975 | Westberlin | ||
1976 | Westberlin | ||
1977 | Westberlin | ||
1978 | Westberlin | ||
1979 | Münster | ||
1980 | Spielberg bei Karlsruhe | ||
1981 | Westberlin | Lesbenwende – Lesbenwände – Lesbenende? | |
1982 | ausgefallen | ||
1983 | Osnabrück | ||
1984 | ausgefallen | ||
1985 | Hamburg | ||
1986 | München | Lust auf München – Lesbenglühn | |
1987 | Hamburg | Mehr Biß in die Bewegung | |
1988 | Münster | Power in der Provinz | |
1989 | Frankfurt am Main | ||
1990 | Tübingen | Leidenschaftlich leben | |
1991 | Mönchengladbach | Lesbisch – na und? | |
1992 | Bremen | Konsequent un-einig – laute(r) Lesben | |
1993 | Freiburg | Nieder mit den Mauern – Grenzenlos lesbisch? | |
1994 | Heidelberg | Lesbisch, eigensinnig, vielfältig | |
1995 | Hamburg | Coming home – agree to differ | |
1996 | München | Und sie bewegt sich doch! | |
1997 | Stuttgart | Kommerz & Solidarität | |
1998 | Freiburg | Lesben und Lesben lassen | |
1999 | Köln | Das ist doch der Gipfel! | |
2000 | Bochum-Querenburg | Alles queer oder was? | |
2001 | Rostock | Ost-West – (k)ein Thema unter Lesben[8] | |
2002 | Hannover | Türen öffnen | |
2003 | München | Mach’s Dir lesbisch | |
2004 | Gießen | Mittendrin und voll daneben | |
2005 | Berlin | Denken – Reden – Fühlen – Handeln! | |
2006 | Leipzig | Vielfalt auf großer Flamme | |
2007 | Marburg | Unendliche Weiten – nichts ohne Widerspruch – willkommen im lesbenswerten Raum | |
2008 | Dresden | Umarmt von Europa – Lesben überall | |
2009 | Köln | Lesben in R(h)einkultur – alles im Fluß? | |
2010 | Hamburg | Lesben Leinen Los | |
2011 | Rostock | Rund um die Ostsee | |
2012 | Nürnberg | Lesbenrechte sind Menschenrechte sind Lesbenrechte | |
2013 | München | … zeitlos lesbisch – wie lebst du? | |
2014 | Berlin | Zusammen | |
2015 | ausgefallen | ||
2016 | Bremen | Anders, aber wie!? | |
2017 | Kiel | Lesben Ahoi! – anders anlegen[9] | |
2018 | Göttingen | Lesben, hört die Signale![10] | |
2019 | Köln | Das L*FT 2019 schaut in die Sterne! | |
2020 | Heidelberg | Come Out and Kiss (pandemiebedingt abgesagt) | |
2021 | Bremen | Lesbenfrühling – rising to the roots (virtuell) | |
2022 | ausgefallen | ||
2023 | ausgefallen | ||
2024 | Berlin - Brandenburg | Bewegung |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ange Hehsling, Paula Taube: Das „Lesbenfrühlingstreffen“. Von den Anfängen als „internationales Pfingsttreffen“ 1972 zum „Lesbenpfingsttreffen“ bis heute. In: Gabriele Dennert, Christiane Leidinger, Franziska Rauchut (Hrsg.): In Bewegung bleiben. 100 Jahre Politik, Kultur und Geschichte von Lesben. Querverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-89656-148-0, S. 241–243.
Dokumentation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vierzig plus zwei. Vierzig Jahre Lesben-Frühlings-Treffen. Dokumentarfilm, Deutschland 2014, 112 Min., Buch, Regie und Produktion: Kathrin Schultz
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- LesbenFrühling e. V. – Website des Dachverbandes
- Artikel aus Neues Deutschland zum LFT 2001 (unter 'Presse')
- Website des virtuellen LFT 2021 in Bremen
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Was wir machen – Lesbenfrühling e. V. Abgerufen am 30. Mai 2021.
- ↑ Gabriele Dennert, Christiane Leidinger, Franziska Rauchut: Lesben in Wut. Lesbenbewegung in der BRD der 70er Jahre. In: Gabriele Dennert, Christiane Leidinger, Franziska Rauchut (Hrsg.): In Bewegung bleiben. 100 Jahre Politik, Kultur und Geschichte von Lesben. Querverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-89656-148-0, S. 241–243.
- ↑ Radikal – lesbisch – feministisch. (PDF, 3.7 MB) Zur Geschichte des Lesbischen Aktionszentrums (LAZ) und der HAW-Frauengruppe, 1972–1982; Ergänzendes Pressematerial zur Ausstellung Juli – November 2018. In: schwulesmuseum.de. Schwules Museum Berlin, 20. Juni 2018, S. 3 und 6, abgerufen am 9. Januar 2022.
- ↑ Benno Schirrmeister: Empörung über Lesbenfestival-Programm: Frühling der Feindseligkeit. In: Die Tageszeitung: taz. 5. Mai 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 30. Dezember 2021]).
- ↑ a b c d Ange Hehsling, Paula Taube: Das „Lesbenfrühlingstreffen“. Von den Anfängen als „internationales Pfingsttreffen“ 1972 zum „Lesbenpfingsttreffen“ bis heute. In: Gabriele Dennert, Christiane Leidinger, Franziska Rauchut (Hrsg.): In Bewegung bleiben. 100 Jahre Politik, Kultur und Geschichte von Lesben. Querverlag, Berlin 2007, S. 244–245 , ISBN 978-3-89656-148-0.
- ↑ Willkommen bei LesbenFrühling e. V. – Lesbenfrühling e. V. Abgerufen am 10. Januar 2022.
- ↑ Das erste Lesbenfrühlingstreffen (LFT) in Ostdeutschland 2001. In: Wir* Hier Lesbisch, schwul und trans* zwischen Hiddensee und Ludwigslust Ein Lesebuch zu Geschichte, Gegenwart und Region. Stella Hindemith, Prof. Dr. Christiane Leidinger, Prof. Dr. Heike Radvan, Dr. Julia Roßhart für den Verein Lola für Demokratie in MV e.V, 2018, abgerufen am 15. Januar 2022.
- ↑ Lesben feiern in Rostock. In: Neues Deutschland. 31. Mai 2001, abgerufen am 9. Januar 2022 (Bezahlschranke).
- ↑ nal: Lesben an der Waterkant. In: www.tagesspiegel.de. 2. Juni 2017, abgerufen am 9. Januar 2022.
- ↑ Christiane Böhm: Lesbenfrühlingstreffen erstmals in Göttingen. In: Göttinger Tageblatt. 26. April 2018, abgerufen am 9. Januar 2022.