Liebe im Büro (Loriot)

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Liebe im Büro ist ein Sketch des deutschen Humoristen Loriot. Er zeigt einen Chef, der seine Sekretärin verführen will, was jedoch an der Unerfahrenheit der beiden in solchen Dingen scheitert. Der Sketch ist Teil der dritten Folge der Sendereihe Loriot, die im Mai 1977 im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. 1981 erschien der Text des Sketches erstmals in Buchform.

Zu ihrem fünfzehnjährigen Dienstjubiläum lädt Karl-Heinz Meltzer, Inhaber eines Trikotagenunternehmens, seine Sekretärin Fräulein Dinkel auf einen kleinen Umtrunk ein und überreicht ihr einen kümmerlichen[1] Blumenstrauß. Er rückt nah an sie heran und bittet sie, ihn Karl-Heinz zu nennen sowie ihr Haar für ihn zu lösen. Ein erster Kussversuch scheitert an den Brillen der beiden. Danach werden sie von einem Anruf unterbrochen. Ein Mitarbeiter des Unternehmens IFAG Mannheim fragt nach, ob ihr Auftrag schon bei Meltzer eingegangen sei, was dieser verneint. Auch nach dieser Störung kommen die beiden in ihren Liebesbemühungen nicht voran. Der Chef schlägt mehrmals vor, die Positionen zu wechseln, erst zur „Sitzgruppe“, dann auf die „Auslegeware“. Als er sich schlussendlich über seine auf dem Boden liegende Sekretärin beugt, entdeckt er unter seinem Schreibtisch den fehlenden Auftrag der IFAG Mannheim. Er ermahnt seine Sekretärin streng, dass man sich „Unkorrektheiten dieser Art“ nicht leisten könne. Als sie ihn daraufhin zum ersten Mal mit seinem Vornamen anspricht, antwortet er wütend: „Sagen Sie nicht Karl-Heinz zu mir.“

Produktion und Veröffentlichung

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Loriot und Evelyn Hamann während einer Lesung aus Loriots dramatischen Werken, Anfang der 1980er Jahre

Der Sketch entstand für die dritte Folge der Radio-Bremen-Sendereihe Loriot. Sie wurde im Januar 1977 produziert[2] und am 16. Mai 1977 im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt.[3] Loriot übernahm die Rolle des Herrn Meltzer, Evelyn Hamann spielte Fräulein Dinkel.

1997 ordnete Loriot sein Fernsehwerk neu und machte aus den sechs ursprünglichen Loriot-Folgen mit einer Länge von 45 Minuten vierzehn Folgen mit einer Länge von 25 Minuten. Liebe im Büro ist Teil der ersten Folge Vom Glück der Liebe, der Ehe und der Erinnerung, die am 22. April 1997 im Ersten ausgestrahlt wurde.[4] Außerdem war der Sketch im November 1983 in der Sendung Loriots 60. Geburtstag zu sehen.[5]

Der Text erschien 1981 gedruckt in Loriots dramatischen Werken. Darin ist er dem Kapitel Der Mitmensch zugeordnet. Der Text wurde seitdem in einigen weiteren Sammelbänden von Loriot veröffentlicht.

Analyse und Einordnung

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Der Sketch zieht seine Komik in erster Linie aus der offensichtlichen Unerfahrenheit der beiden Protagonisten in Liebesfragen. Hinzu kommt ihre Unfähigkeit, ihre angestammten Rollen zu verlassen.[6] Der Chef, gewohnt, Anweisungen zu erteilen, formuliert auch sein Angebot an die Sekretärin, ihn beim Vornamen zu nennen, als eine solche: „Sagen Sie Karl-Heinz zu mir.“[7] Während sie ihr Haar löst, überbrückt er die Zeit mit der unpassenden Nachfrage nach dienstlichen Angelegenheiten. Als das Telefon klingelt, besteht er leicht ungehalten darauf, dass die Sekretärin den Anruf annimmt, und das obwohl beide gerade auf dem Sessel liegen und sie deutlich schlechter an den Hörer kommen kann als er.[8] Die Sekretärin hingegen ist nicht zu eigenständigen Handlungen fähig und reagiert stets nur unterwürfig auf das, was ihr Chef tut oder sagt. Zudem ergeht sie sich in ihrem Sprechen vor allem in Phrasen, wie das mehrfach wiederholte „Sie machen mich ganz verrückt“.[9]

Die im Sketch verwendeten Wörter Sitzgruppe und Auslegeware gehören zu den Sprachmustern, die Loriot als typisch deutsche „Katalogsprache“ kritisierte. Die Wörter tauchen unter anderem auch in seinen Spielfilmen Ödipussi und Pappa ante portas auf und können als eine Art Running Gag in seinem Werk gelten.[10] Auslegeware bezeichnete Loriot einmal ironisch als sein schönstes deutsches Wort, denn es könne „als Charakterisierung des Deutschen in Schlichtheit, Korrektheit, aber auch Großzügigkeit nicht übertroffen werden“.[11] Mobiliar, das wie in Liebe im Büro Abläufe behindert, gehört ebenfalls zu einem wiederkehrenden Motiv in Loriots Sketchen. Beispiele sind die im Weg stehende Anrichte in Mutters Klavier und die zahlreichen Einrichtungsgegenstände in der Zimmerverwüstung.[12]

Teil des Sketches sind auch sexuelle Anspielungen, die Loriot häufig einbaut.[13] Laut Loriot sollte der Auftrag über „vierhundert Arosa schlitzverstärkt mit kurzem Arm“ einen obszönen Beigeschmack hervorrufen.[14] Der Literaturwissenschaftler Wieland Schwanebeck sieht eine weitere Anspielung in dem Firmennamen IFAG, der an die englische Wendung „I fuck“ für „Ich ficke“ erinnere.[15]

  • Loriots Vibliothek. Band 1: Herren im Bad oder der Mann als solcher. Warner Home Video, Hamburg 1984, VHS Nr. 1.
  • Loriot – Sein großes Sketch-Archiv. Warner Home Video, Hamburg 2001, DVD Nr. 1 (als Teil von Loriot 1).
  • Loriot – Die vollständige Fernseh-Edition. Warner Home Video, Hamburg 2007, DVD Nr. 3 (als Teil von Loriot III).

Textveröffentlichungen (Auswahl)

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  • Uwe Ehlert: „Das ist wohl mehr ’ne Kommunikationsstörung“. Die Darstellung von Mißverständnissen im Werk Loriots. ALDA! Der Verlag, Nottuln 2004, ISBN 3-937979-00-X, S. 244–260 (zugleich Dissertation an der Universität Münster 2003).
  • Stefan Neumann: Loriot und die Hochkomik. Leben, Werk und Wirken Vicco von Bülows. Wissenschaftlicher Verlag Trier, Trier 2011, ISBN 978-3-86821-298-3.
  • Felix Christian Reuter: Chaos, Komik, Kooperation. Loriots Fernsehsketche (= Oliver Jahraus, Stefan Neuhaus [Hrsg.]: FILM – MEDIUM – DISKURS. Band 70). Königshausen & Neumann, Würzburg 2016, ISBN 978-3-8260-5898-1 (zugleich Dissertation an der Universität Trier 2015).

Einzelnachweise

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  1. So wird der Strauß in der Regieanweisung des Sketchtextes bezeichnet.
  2. Stefan Lukschy: Der Glückliche schlägt keine Hunde. Ein Loriot Porträt. 2. Auflage. Aufbau, Berlin 2013, ISBN 978-3-351-03540-2, S. 85.
  3. Uwe Ehlert: „Das ist wohl mehr ’ne Kommunikationsstörung“. 2004, S. 412.
  4. Stefan Neumann: Loriot und die Hochkomik. 2011, S. 414.
  5. Stefan Neumann: Loriot und die Hochkomik. 2011, S. 411.
  6. Stefan Neumann: Loriot und die Hochkomik. 2011, S. 278.
  7. Uwe Ehlert: „Das ist wohl mehr ’ne Kommunikationsstörung“. 2004, S. 247.
  8. Uwe Ehlert: „Das ist wohl mehr ’ne Kommunikationsstörung“. 2004, S. 251–252.
  9. Uwe Ehlert: „Das ist wohl mehr ’ne Kommunikationsstörung“. 2004, S. 258–259.
  10. Felix Christian Reuter: Chaos, Komik, Kooperation. 2016, S. 53–54.
  11. Loriots schönstes deutsches Wort ist „Auslegeware“. In: Berliner Morgenpost. 29. April 2004, abgerufen am 29. September 2023.
  12. Eckhard Pabst: »Das Bild hängt schief!« Loriots TV-Sketche als Modernisierungskritik. In: Anna Bers, Claudia Hillebrandt (Hrsg.): TEXT+KRITIK. Nr. 230, 2021, ISBN 978-3-96707-487-1, S. 23–37, hier: 30.
  13. Felix Christian Reuter: Chaos, Komik, Kooperation. 2016, S. 290.
  14. Stefan Neumann: Loriot und die Hochkomik. 2011, S. 279.
  15. Wieland Schwanebeck: Loriot. 100 Seiten. Reclam, Ditzingen 2023, ISBN 978-3-15-020701-7, S. 92.