Lily Ebert

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Lily Ebert (2021)

Lily Ebert (geboren am 29. Dezember 1923 in Bonyhád, Ungarn als Lívia Engelman;[1] gestorben am 9. Oktober 2024 in London) war eine ungarisch-britische Holocaustüberlebende, die in ihrem späteren Leben für ihre Memoiren, Social-Media-Videos und Medienauftritte berühmt wurde.

Ebert wurde als älteste Tochter in eine jüdische Familie geboren. Als sie 20 Jahre alt war, wurde Ungarn im März 1944 von den Nationalsozialisten besetzt. Im Juli 1944 wurde sie zusammen mit ihrer Mutter Nina, ihrem jüngeren Bruder Bela und drei Schwestern nach Auschwitz-Birkenau deportiert.[2] Die Mutter, der Bruder und die jüngere Schwester Berta wurden nach der Selektion in Gaskammern getötet, während sie und die anderen Schwestern, Renee und Piri, Zwangsarbeit leisten mussten.[2]

Vier Monate nach der Ankunft im Lager wurden die drei Geschwister in eine Munitionsfabrik in Leipzig verlegt. Dort arbeiteten sie bis zum Todesmarsch und zur Befreiung durch alliierte Truppen 1945.[2]

Nach der Befreiung reiste Ebert mit ihren überlebenden Schwestern in die Schweiz. 1953 traf sie ihren älteren Bruder wieder, der die NS-Lager und das Zwangsarbeitssystem ebenfalls überlebt hatte. Die Familie wanderte nach Israel aus. Dort heiratete sie und gebar drei Kinder, bevor sie sich 1967 in London niederließ.[3] Ebert hatte zehn Enkel und 38 Urenkel.[4][5]

Memoiren und Medien

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2021, während der COVID-19-Pandemie, verfasste Ebert mit ihrem Urenkel Dov Forman das autobiografische Werk Lily’s Promise: How I Survived Auschwitz and Found the Strength to Live, zu dem Prinz Charles das Vorwort schrieb.[6] Es erschien fünfmal auf der Bestsellerliste der Sunday Times und war 2021 das meistverkaufte Geschichtsbuch des Buchhändlers Waterstones. Lily’s Promise kam auch dreimal auf die Bestsellerliste der New York Times.[7]

Ebert and Forman waren 2021 auf der Videoplattform TikTok präsent. In ihren Clips beantwortete Ebert Fragen zum Überleben im Holocaust als Gefangene in Auschwitz.[8] Der Account zählt über 1,7 Millionen Follower, erhielt über 25 Millionen Likes und die fünf beliebtesten Videos wurden von über 50 Millionen Menschen gesehen.[9]

Ebert and Forman arbeiteten mit verschiedenen Ministerien des Vereinigten Königreichs zusammen, beispielsweise dem Department for Education, dem Foreign Office, dem Home Office und dem Department for Levelling Up, Housing and Communities. Im November 2020 warben sie im Parlament für ein UK Holocaust Memorial and Learning Centre.[10] Ebert und Forman traten auch bei über 180 Radio- und Fernsehsendern aus rund 35 Ländern auf.

Eberts Porträt war eines von sieben, das von Prinz Charles für die Royal Collection in Auftrag gegeben wurde, um an Holocaustüberlebende zu erinnern und ihr Lebenswerk in Großbritannien anzuerkennen. Bei der Einweihung der Porträts in der Queen’s Gallery im Buckingham Palace im Januar 2022 sagte Ebert zu Charles: „Ich treffe Sie stellvertretend für alle, die ihr Leben verloren haben.“ Charles berührte ihre Schulter und antwortete: „Aber es ist ein größeres Privileg für mich.“[11]

Bei der Befreiung 1945 hatte Ebert den US-Soldaten Hayman Shulman getroffen. Er schrieb ihr eine Botschaft der Hoffnung auf einen deutschen Geldschein. Nach einer viralen Kampagne in den sozialen Medien konnte die Familie dieses Soldaten ausfindig gemacht werden und Ebert traf sich mit den Kindern eines ihrer Befreier.[12]

2023 wurde die Unterschrift ihres in Auschwitz ermordeten Bruders Bela in einer Ausgabe des Shemot (der hebräische Name für das Buch Exodus) entdeckt. Das Buch befand sich seit Jahrzehnten in Eberts Geburtsort Bonyhád. Dort erkannte der Sohn eines Antiquitätenhändlers den Nachnamen und kontaktierte Dov Forman. Dieser reiste nach Bonyhád und nahm das Buch mit nach London.

Zu ihrem 100. Geburtstag am 29. Dezember 2023 sandte ihr König Charles III. einen persönlichen Brief, in dem er ihr gratulierte und ihre „außerordentliche Geisteskraft, Resilienz und Mut“ rühmte.[13]

Ebert starb zu Hause in London am 9. Oktober 2024 im Alter von 100 Jahren.[14]

Ehrungen und Auszeichnungen

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Einzelnachweise

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  1. József Spirk: Harmincötszörös dédnagymama lett Lily Ebert, a 98 éves magyar származású holokauszt-túlélő. Lily Ebert, eine 98-jährige aus Ungarn stammende Holocaustüberlebende, wird zum 35. Mal Urgroßmutter. In: 24.hu. 18. Januar 2022, abgerufen am 9. Januar 2024 (ungarisch).
  2. a b c Lily Ebert BEM. In: het.org.uk. 2020, abgerufen am 14. August 2021.
  3. „Auschwitz was hell on earth. We must never forget its horrors“. In: standard.co.uk. 2020, abgerufen am 14. August 2021.
  4. Joanne Rosa: Auschwitz survivor and great-grandson teach TikTok about realities of Holocaust. ABC News, abgerufen am 10. Februar 2022.
  5. Dov Forman: Dov Forman, great grandson’s Twitter. In: Twitter. 11. April 2024, abgerufen am 12. April 2024.
  6. We must keep memories of the Holocaust alive. In: The Telegraph. 27. August 2021, abgerufen am 11. Oktober 2024.
  7. Elisabeth Egan: Dov Forman Wants You to Know His Great-Grandmother’s Holocaust Story. In: The New York Times. 26. Mai 2022, abgerufen am 29. Mai 2022.
  8. Nonagenarian TikTok star shares Auschwitz experiences, abgerufen am 12. Oktober 2024
  9. A 98-year-old Holocaust survivor built a massive TikTok following to combat deniers: ‘It happened’. In: Washington Post. Abgerufen am 10. Februar 2022.
  10. Lily Ebert & Dov Forman speech. In: Westminster.gov.uk. UK Government, abgerufen am 10. Februar 2022.
  11. Holocaust Memorial Day: Portraits of last remaining UK survivors unveiled. In: BBC News. 27. Januar 2022, abgerufen am 27. Januar 2022 (englisch).
  12. How social media helped a great-grandmother find the family of the man who liberated her from Auschwitz. In: www.panmacmillan.com. 12. April 2022, abgerufen am 11. Oktober 2024.
  13. Holocaust: King Charles’ tribute to Auschwitz survivor who turns 100. 29. Dezember 2023, abgerufen am 29. Dezember 2023 (englisch).
  14. Michelle Rosenberg: Auschwitz survivor who shared her testimony with millions dies at 100. In: Jewish News. 9. Oktober 2024, abgerufen am 9. Oktober 2024 (englisch).
  15. Central Chancery of the Orders of Knighthood. In: thegazette.co.uk. 2015, abgerufen am 8. August 2021.
  16. Erster Simon-Wiesenthal-Preis ging an vier Zeitzeugen. In: Der Standard. 12. Mai 2022, abgerufen am 12. Mai 2022.
  17. Jenni Frazer: Arise, Sir Ephraim! Chief Rabbi leads record-breaking honours list for the community. In: www.jewishnews.co.uk. 30. Dezember 2022, abgerufen am 31. Dezember 2022 (englisch).