Linsenstein
Linsensteine sind Fossilien oder kleine Steine in Linsenform.[1][2]
Bereits durch den griechischen Geographen Strabon († nach 23 n. Chr.) sind Beobachtungen von „linsenförmigen Steinchen“ (ψήγματα φακοειδῆ) bei den Pyramiden überliefert, die man für von früheren Bauarbeitern hinterlassene und versteinerte Linsen hielt. Da es in seiner Heimat allerdings ähnliche, "aus porösem Stein" bestehende Stückchen gab, bezweifelte er diese Theorie.[3]
Nach Johann Friedrich Blumenbachs Buch Abbildungen naturhistorischer Gegenstände soll es sich um versteinerte Conchylien, also Schalenweichtiere, handeln.[4] Anderen Quellen zufolge bestehen die auch als Pfennigstein oder Nummuliten bekannten Fossilien aus versteinerten Foraminiferen.[3]
Sagen und Legenden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Österreich gibt es eine Sage mit dem Titel „Die steinernen Linsen von Guttaring“, nach der ein Bauer, der trotz Ermahnung einem wichtigen Kirchgang fernblieb um Linsen zu säen, damit bestraft wurde, dass seine Linsen zu Stein wurden.[5]
Nach einer weiteren, christliche Legende ist der heilige Missionar Bonifatius Namensgeber der Synonyme Pfennigstein bzw. Bonifatiuspfennig, die aus versteinerten Stielgliedern von Seelilien bestehen, die entweder von den heidnischen Germanen eingezogen wurden, die sich nicht bekehren lassen wollten (siehe auch Erkeroder Trochitenkalk#Mystik)[6] oder dadurch entstanden, weil Bonifatius als Geld in einem Land verfluchte, dass ihm bei seiner Christianisierung heftigen Widerstand leistete und von ihm Geld und Gut forderte.[3]
Maria-Eck-Pfennige bzw. Eckernpfennige sollten nach Johann Nepomuk Sepp (Altbayerischer Sagenschatz. S. 309.[3]) diejenigen mitbringen, die eine Wallfahrt zum Kloster Maria Eck unternahmen. Ursache dieser Legende sind die im Umfeld des Klosters zu findenden, versteinerten Nummuliten.[7]
Weitere Synonyme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lateinisch: Lapis numismalis oder Lapis nummularius bzw. neulateinisch Lapis lenticularis[3]
- Fruchtstein[8]
- Wichtelpfennige, Hexengeld[6]
- Bauernpfennige, Teufelsgeld[3]
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da Nummuliten sehr häufig vorkommen, leicht zu erkennen sind und in bestimmten Biozonen lebten, werden sie als Leitfossilien verwendet. Hervorzuheben ist, dass es dank des Auftretens von Nummulites tavertetensis in der flachen bentischen Zone 15 (SBZ 15) möglich war, die ältesten fossilen Überreste von Sirenia in Westeuropa zu datieren, die in Santa Brígida (Selva, Katalonien, Spanien).[9]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 2. Bauer, Wien 1811, S. 2077 (Digitalisat bei MDZ [abgerufen am 6. Mai 2024]).
- ↑ Johann Georg Krünitz: Oekonomisch-technologische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft, wie auch der Erdbeschreibung, Kunst- und Naturgeschichte, in alphabetischer Ordnung. Band 79. J. Pauli, Berlin 1800, S. 376 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b c d e f Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 266, 291–292.
- ↑ Johann Friedrich Blumenbach: Abbildungen naturhistorischer Gegenstände. Band 1. Heinrich Dieterich, Göttingen 1810, S. 191, 40. Phacites Fossilis. Linsenstein (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 6. Mai 2024]).
- ↑ Die steinernen Linsen von Guttaring. In: sagen.at. Abgerufen am 6. Mai 2024 (Quelle: Hans Fraungruber: Österreichisches Sagenkränzlein. 1911).
- ↑ a b Torsten Purle: Bonifatiuspfennig. In: steine-und-minerale.de. 24. April 2024, abgerufen am 6. Mai 2024.
- ↑ Karl Emil von Schafhäutl: Beiträge zur näheren Kenntnis der bayerischen Voralpen. In: Gelehrte Anzeigen der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 22, Nr. 89, 5. Mai 1846, S. 717 (Digitalisat bei MDZ [abgerufen am 6. Mai 2024]).
- ↑ . In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden, 1854–1960. S. Hirzel, Leipzig.
- ↑ Raimon Fuentes Buxó, Alex Fuentes Buxó: Troballa de restes de sireni al Lutecià (Eocè mitjà) de Santa Brígida (Amer, La Selva, Girona). In: Treballs del Museu de Geologia de Barcelona. Band 22, 2016, S. 19–24, doi:10.32800/tmgb.2016.22.0019 (katalanisch).