Liste der Ortsnecknamen im Landkreis Rottweil

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Deißlingen, Hageverwürgerbrunnen

Diese Liste umfasst die im Landkreis Rottweil überlieferten Ortsnecknamen.

Die ursprünglich als Spottnamen für die Dorfbewohner genutzten Bezeichnungen sind heute häufig Teil der örtlichen Folklore geworden. Vielerorts wurden Narrenzünfte mit entsprechend gestalteten Figuren nach dem Ortsnecknamen gegründet. In einigen Orten wurden die Ortsnecknamen auch in Denkmälern, Skulpturen oder Straßennamen verewigt.

Im Landkreis Rottweil wurde bei der Bildung von Ortsnecknamen besonders häufig auf die durch Jodmangel bedingte und in Süddeutschland verbreitete Neigung zur Kropfbildung in einigen Dörfern abgehoben, so z. B. in Aistaig, Bühlingen, Dietingen und Epfendorf.

Ort Neckname Bedeutung und Herkunft Reminiszenzen Bild
Aichhalden Säue/Sauen[1] weibliches Hausschwein
Aistaig Kropfer[1] Person mit Kropf. Bedingt durch jodarmes Wasser waren Kröpfe in Aistaig häufig.[2] Der Kropfer ist heute eine Figur der Aistaiger Fastnacht, die 1986 eingeführt wurde. Auch im Text des örtlichen Narrenmarsches heißt in Vers: „[...] und vorna hen mir d’Kröpf nahanga, dass mer nau no hirchla ka.“ (und vorne haben wir die Kröpfe hängen, dass man nur noch röcheln kann) Aistaiger Fastnachtsfiguren, der Kröpfer hinten, zweiter von rechts
Altoberndorf Hutzeln
Hutzelhafe[1]
„Dörrbirnen“ bzw. „Dörrbirnen-Töpfe“ Unter anderem die „Hutzel-Hexen“ als Figur der Altoberndorfer Fastnacht. Hutzeln
Altstadt Kabes[1]
Kabesköpf[1]
„Kohlköpfe“. Laut einer Überlieferung sollen die Altstädter sich auf den Anbau von Kohl verlegt haben, nachdem sie von der Stadt Rottweil in Notzeiten nach dem dreißigjährigen Krieg verpflichtet wurden, einen Teil der Getreideernte abzugeben.[3] Die Altstädter Narrenzunft nennt sich „Kabis-Zunft“ Kabes
Bergfelden Seiler[1] „weil sie alles in die Länge ziehen.“[1] Seiler
Bochingen Meidel[1] Bezeichnung für die Wilde Möhre oder die Pastinake
Bühlingen Kropfige[1] Person mit Kropf
Bösingen Speckmockel[4] „ein Stück Speck“. Wohl wegen des in Bösingen produzierten Räucherspecks. Speckmockelzunft Bösingen Speckmockel
Speckjäger[1]
Deißlingen Hageverwürger „Bullen-Erwürger“, Deißlinger sollen einmal versehentlich einen Zuchtbullen erwürgt haben als sie diesem einen Nasenring anlegen wollten.[5] Hageverwürgerbrunnen in der Ortsmitte und Hageverwürger-Zunft Hageverwürger-Zunft in Deißlingen
Dietingen Kropfer[1] bzw. Kröpfer Person mit Kropf „Dietinger Kröpfer“ wird als Narrenruf bei der Dietinger Fastnacht gerufen.
Dornhan Lauser[1] Allgemein Bezeichnung für einen frechen, vorlauten Jungen. Bezug zu Dornhan beruht auf der Geschichte, dass die Dornhaner einmal den Schultheißen durch eine Laus bestimmt haben sollen. Schultheiß sollte derjenige am Tisch werden, dem die Laus entgegenkrabbelte.[6] Narrenzunft Dornhaner Lauser
Dunningen Holzäpfel[1][7] Holzapfel“ vermutlich aufgrund des für den Obstbau wenig geeigneten Klimas, das nur robuste Apfelsorten gedeihen ließ. Die Dunninger Narrenzunft nennt sich Holzäpfel-Zunft. Dunninger Holzäpfel
Raupen[1]
Epfendorf Kropfer[1] Person mit Kropf
Glockenbohrer[1]
Gößlingen Schnabel[1][8] Schnabel ist auch eine Bezeichnung für geschwätzige Menschen.
Hardt Katzenrolle[1] „Kater“, laut Dorfchronik aus dem Jahr 1890 waren die Hardter wohl als sehr streitlustig verschrien. Katzenzunft Hardt Streitende Katzenrolle
Heuliecher[1] Heuhaken, der Heuliecher ist ein Werkzeug, um das Heu aus dem Heustock herauszuziehen, der Begriff wurde aber auch als Schimpfwort für dumme Menschen, teilweise auch für magere Menschen oder männliche Teenager Auch im Nachbarort Mariazell, dort gibt es die Heuliecherzunft. Heuliecher und Dreschflegel
Holzhausen Weinbeerlesdrescher[9] Figur der Holzhausener Fastnacht.
Irslingen Klopfhölzer[1] Als Klopfholz wird zwar jeder hölzerne Schlägel bezeichnet, in Irslingen wird es mit dem Dreschflegel identifiziert. „Klopf-Holz“ wird in der Irslinger Fastnacht als Narrenruf verwendet.
Oberndorf am Neckar Mehlsäck[1] „Mehlsäcke“
Milchsupper[1]
Rotenzimmern Güler[1][8] „Haushähne“
Rottweil Esel[1] Wohl aufgrund der zahlreichen Esel zum Transport zwischen Neckartal, wo sich die Mühlen befanden, und höher gelegener Stadt eingesetzt wurden.[10] Eine Erzählung berichtet von einer Malerei am abgegangenen Neukircher Tor (in anderen Versionen auf einer Kirchenfahne)[3][11], die die Flucht nach Ägypten darstellen sollte, wobei der Esel mit Öl und die Heilige Familie mit Wasserfarben gemalt worden sei. Ein Regen habe die Wasserfarben abgewaschen und der Esel blieb erhalten.[12] Esel
Küchlebratwurst[1] „Küchlein-Bratwurst“
Schramberg Hoabeerafüdle[1] „Heidelbeeren-Hintern“
Seedorf Raupen[1] „Raupe“, Herkunft ungeklärt Raupenzunft Seedorf
Sigmarswangen Heckabeerlesdrescher[1] „Stachelbeeren-Drescher“
Sulz am Neckar Hannikel[8] Nach dem in Sulz 1787 hingerichteten Räuberhauptmann Hannikel.
Trichtingen Mondfanger[1] „Mondfänger“
Zepfenhan die auf der Winterseite
Zimmern ob Rottweil Lattenstrecker[1]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad Schwäbisches Wörterbuch. Auf Grund der von Adalbert v. Keller begonnenen Sammlung und mit Unterstützung des Württembergischen Staates bearbeitet von Hermann Fischer. Zu Ende geführt von Wilhelm Pfleiderer. Bände I–VI.2 Tübingen 1901–1936.
  2. Hans-Dieter Wagner: Warum Narrenfigur "Kropfer" ungesund ist. In: Schwarzwälder Bote. Abgerufen am 22. November 2023.
  3. a b Eberhard Wucher: D'Esel und da Kabis. Abgerufen am 22. November 2023.
  4. Heinrich Hölsch: Speckmockelzunft bringt Kindern Brauchtum näher. In: Schwarzwäler Bote. 1. Februar 2023, abgerufen am 21. November 2023.
  5. Vereinsportrait Hageverwürgerzuft. Gemeinde Deißlingen, abgerufen am 21. November 2023.
  6. Wolfgang Carst: Lauser, Hurzeln und andere Figuren. Abgerufen am 21. November 2023.
  7. Darstellung auf der Internetpräsenz der Dunninger Holzäpfelzunft
  8. a b c Fritz Scheerer: Ortsnecknamen unserer Gegend. In: Heimatkundliche Vereinigung Balingen (Hrsg.): Heimatkundliche Blätter Balingen. Band 29, Nr. 10, 31. Oktober 1982, S. 373–374 (heimatkundliche-vereinigung.de [PDF; abgerufen am 26. November 2023]).
  9. Darstellung auf der Internetpräsenz der Baurawaldhexa Holzhausen e. V.
  10. Winfried Hecht: Esel in Rottweil und Rottweiler«Esel». In: Schwäbische Heimat. Band 52(2), 2001 (wlb-stuttgart.de [abgerufen am 23. November 2023]).
  11. Auf der Fahne blieb angeblich nur ein Esel. 12. Juni 2022, abgerufen am 23. November 2023 (deutsch).
  12. Die Esel von Rottweil. In: Stuttgarter Nachrichten. 2. April 2009, abgerufen am 13. Juli 2023.