Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald

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Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald (1754–1840).

Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald, Vicomte de (* 2. Oktober 1754 im Château le Monna bei Millau im heutigen Département Aveyron; † 23. November 1840 ebenda) war ein französischer Staatsmann und Philosoph. In seinen staatstheoretischen Werken vertrat Bonald einen politischen und kirchlichen Konservativismus und entwickelte sich so neben Joseph de Maistre (1753–1821) zu einem Vordenker der Ultraroyalisten während der Restauration der Bourbonen (1814–1830).

Herkunft und Ausbildung

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Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald „entstammte einer Familie alten französischen Landadels in der südlichen Provinz Rouergue“.[1] Im Jahr 1769 trat er in das von der katholischen Bruderschaft der Oratorianer geleitete Kolleg in Juilly ein, einem im 18. Jahrhundert vom französischen Adel bevorzugten Internat östlich von Paris. Von 1774 bis zu deren Auflösung Ende 1776 absolvierte er eine militärische Ausbildung bei den Musketieren. Danach heiratete er am 22. Februar 1778 Elisabeth-Marguerite Guibal de Combescure (* 30. Juli 1754 in Vigan), die Tochter des Kavallerieoffiziers im Régiment de la Reine Henri de Combescures und Marguerite Rolland († 21. Januar 1826 im Château le Monna). Sein Sohn Louis-Jacques-Maurice de Bonald (1787–1870) wurde Kardinal.

Politische Karriere

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Am 6. Juni 1785 wurde Bonald – trotz seines vergleichsweise jungen Alters – zum Bürgermeister seiner Heimatstadt Millau gewählt. 1790, ein Jahr nach Ausbruch der Französischen Revolution, gelangte er im Zuge der Verwaltungsneugliederung Frankreichs als Präsident an die Spitze des Départements Aveyron. In der Folge der Constitution civile du clergé mit der anschließenden Verfolgung der den Staatseid verweigernden Priester trat er am 31. Januar 1791 zurück und ging kurze Zeit später gemeinsam mit seinen beiden älteren Brüdern nach Heidelberg, um sich der konterrevolutionären Emigrantenarmee des Prinzen von Condé anzuschließen. 1797 kehrte er nach Frankreich zurück, lehnte aber jedes Amt im Kaiserreich ab. 1815 wurde er Abgesandter der Ultraroyalisten. Er vertrat eine prononcierte Familien- und Autoritätspolitik mit dem Ziel der Wiedervereinigung von Staat und Kirche. Mit der Reformation sei Aufruhr und Individualismus in die Welt gekommen, Modernität sei Niedergang. In seinem 1806 veröffentlichten Artikel Sur les Juifs finden sich zudem diverse antijüdische Anschuldigungen (vermeintlicher Parasitismus, Staat im Staate etc.). „Die Restauration markiert den Höhepunkt seiner Karriere: 1816 wird der Vicomte in die Académie française aufgenommen, 1823 zum Pair de France ernannt. Man überträgt ihm die Leitung der Zensur. Doch 1830, mit der Julirevolution, ist alles vorbei. Er weigert sich, den Treueeid auf die neue Ordnung zu leisten, und verliert das Zensoramt sowie sämtliche Pensionen. Der Bürgerkönig Louis Philippe ist ihm eine verächtliche Figur. Der Rest ist Rückzug.“[1]

De Bonald veröffentlichte zahlreiche Bücher und Essays über Staat, Recht, Gesellschaft, Religion, Philosophie und Literatur. Ihr Impetus ist Enttäuschung über die Resultate der Französischen Revolution. Aber: „Wer unter einem Reaktionär sich einen Menschen vorstellt, der mit Schaum vor dem Mund auf die Gegenwart keift, wird hier eines Besseren belehrt“,[1] schreibt Andreas Dorschel. „De Bonald ist ein Denker äußerster clarté. Dem Nebulösen gönnt er keinen Raum in seiner Prosa.“[1]

  • Œuvres complètes, 15 Bände. Paris 1817–1843, Neudruck Genf 1982, ISBN 2-05-100379-3
  • Théorie du pouvoir politique et réligieux dans la société civile (1796)
  • Essai analytique sur les lois naturelles de l’ordre social (1800)
  • Du divorce considéré au XIXe siècle (1801)
  • Législation primitive (1802)
  • Pensées sur divers sujets (1817)
  • Recherches philosophiques sur les premiers objets des connaissances morales (1818)
  • Réflexions sur l’intérêt général de l’Europe (1815)
  • Observations sur un ouvrage de Madame de Staël (1818)
  • Mélanges littéraires, politiques et philosophiques (1819)
  • Démonstration philosophique du principe constitutif de la société (1820)
  • Législation primitive considérée par les lumières de la raison (1821)
  • Opinion sur la loi relative à la censure des journaux (1821)
  • De la chrétienté et du christianisme (1825)
  • De la famille agricole et de la famille industrielle (1826)
  • Discours sur la vie de Jésus-Christ (1834)
  • Jacques Alibert: Les triangles d’or d’une société catholique. Louis de Bonald, théoricien de la Contre-Révolution. Téqui, Paris 2002, ISBN 2-7403-0925-2.
  • Louis de Bonald, Joseph de Maistre: Europa auf dem Pulverfass. Briefwechsel 1812–1821 (= Französische Bibliothek; 015). Herausgegeben und aus dem Französischen von Alexander Pschera. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-7518-0046-4.
  • David Klinck: The French counterrevolutionary theorist, Louis de Bonald (1754–1840) (= Studies in modern European history; 18). Lang, New York 1996, ISBN 0-8204-2797-7.
  • Gabriele Lorenz: De Bonald als Repräsentant der gegenrevolutionären Theoriebildung. Eine Untersuchung zur Systematik und Wirkungsgeschichte (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 13 / Französische Sprache und Literatur; 216). Lang, Frankfurt/M. 1997, ISBN 3-631-30658-X.
  • Rainer-Michael Lüddecke: Literatur als Ausdruck der Gesellschaft. Die Literaturtheorie des Vicomte de Bonald (= Bonner romanistische Arbeiten; 54). Lang, Frankfurt/M. 1995, ISBN 3-631-48315-5.
  • Paolo Pastori: Rivoluzione e potere in Louis de Bonald. Olschki, Florenz 1990, ISBN 88-222-3699-8.
  • Robert Spaemann: Der Ursprung der Soziologie aus dem Geist der Restauration. Studien über L. G. A. de Bonald. Klett-Cotta, Stuttgart 1998, ISBN 3-608-91921-X.
  • Michel Toda: Louis de Bonald. Théoricien de contre-révolution. Edition Clovis, Étampes 1997, ISBN 2-903122-88-1.
Commons: Louis de Bonald – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Andreas Dorschel: Aufgeklärte Gegenaufklärung. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 25, 30. Januar 2008, S. 16.