Ludwig Gruber (Grafiker)
Ludwig Gruber (* 4. September 1935 in Mainburg/Niederbayern) ist ein deutscher Erwachsenenbildner und Druckgrafiker.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kindheit und Werdegang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ludwig Gruber wurde als drittes Kind der Damenschneidermeisterin Maria Gruber und des Bau- und Möbelschreiners Ludwig Gruber geboren.[1] Als Neunjähriger wurde er Augenzeuge des KZ-Todesmarsches durch Mainburg. Ein Häftling wurde neben ihm niedergeschlagen und reglos weitergeschleift. Gruber besuchte bis zur Mittleren Reife das Gymnasium in Scheyern[2] und die Realschule in Mainburg.[3] Ab 1952 machte er 18 Monate lang ein Praktikum am Vermessungsamt Abensberg. 1953 begann er ein Studium der Vermessungstechnik an der Staatsbauschule München, das er als Vermessungsingenieur[3] abschloss. 1956 wurde er Beamtenanwärter am Bayerischen Landesvermessungsamt München und wechselte später als Straßenplaner an das Straßenbauamt Rosenheim.[4]
1961 übernahm Gruber als Gründungsvorsitzender des Sozialseminars Rosenheim seine erste ehrenamtliche Tätigkeit in der Erwachsenenbildung (bis 1970). 1964 wurde er als Sozialreferent und Landessozialsekretär der Christlich-Sozialen Arbeitnehmerschaft (CSA) in die Landesleitung berufen.[5] Es begann eine langjährige Freundschaft mit Norbert Blüm[6] und Heiner Geißler. Meinungsverschiedenheiten mit Franz Josef Strauß[7] über die Paritätische Mitbestimmung führten 1969 dazu, dass er die Landesleitung verließ. 1970 ging er mit seiner Familie als Entwicklungshelfer im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung nach Bolivien.[3] Gruber beschäftigte sich intensiv mit den indigenen Kulturen.[8]
Nach Deutschland zurückgekehrt, übernahm er 1971 die Leitung des Bildungswerks Rosenheim[3] und damit auch die Verantwortung für den Bau des Bildungszentrums Rosenheim.[9] Er arbeitete im Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen in den Arbeitsfeldern Stadtentwicklung und Atomenergie mit und war für vier Jahre dessen Vorsitzender. Im Jahr 1977 wurde das Bildungszentrum Rosenheim eingeweiht, dessen Leitung Gruber bis zu seinem Renteneintritt 1998 ausübte.[10]
Künstlerisches Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gruber begann früh mit dem Zeichnen von Landkarten, Stadtplänen und Schriften. Während seines Praktikums in Abensberg 1952/53 lernte er als Laienspieler den Bühnenbildner, Maler und Grafiker Ferdinand Kieslinger kennen, mit dem er Publikationen gestaltete. Als Autodidakt lernte Gruber unter anderem bei Heinz Kaufmann (Rosenheim), Gerd Scheuerer (München), Eva Möseneder und Anton Drioli, Kunito Nagaoka[11] und Stefan Wehmeier (Fürstenfeld). Während seiner beruflichen Tätigkeit in Rosenheim arbeitete er ab 1971 mit dem Maler und Grafiker Rainer Dillen[12] zusammen und begann ab 1975 wieder aktiv zu malen und zu zeichnen.
Nachdem Gruber 1977 die Leitung des Bildungszentrums in Rosenheim[13] übernommen hatte, führte er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1998 viele Kunstausstellungen durch. 1981 begegnete er dem Zeichner Paul Flora[14], mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verband. 1983 organisierte er nach einer dreiwöchigen Südafrikareise im Auftrag des Hilfswerkes Misereor die Wanderausstellung „Schwarze Kunst aus Südafrika“, die durch 24 deutsche Städte führte.
1988 stellte er zum ersten Mal eigene grafische Arbeiten in den Atelierräumen des Bildhauers Josef Hamberger[15] aus. Eine Zeichnung wurde durch die Stadt Rosenheim angekauft. Nach Eintritt in den Ruhestand machte er 1999 eine fünfwöchige Kur auf der Insel Amrum, wo sich ihm die Tür zur Abstraktion öffnete. Im Jahr 2000 gab er im Auftrag des Kulturamtes der Stadt Rosenheim das Buch Josef Hamberger. Ein Bildhauerleben heraus. 2004 wurde er zur Mitarbeit an der Neugestaltung der Pfarrkirche St. Nikolaus in Rosenheim eingeladen. Er gestaltete eine hebräische und eine griechische Schriftwand, elf Gewölbeschlussscheiben und weitere Schriftbilder. Zusammen mit Kunito Nagaoka führte er die Ausstellung von sieben japanischen Gegenwartskünstlern in der Städtischen Galerie Rosenheim durch.
Privates
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1958 war Gruber mit Anna Barthuber (1929–2011) verheiratet, aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor[16]. Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratete er 2018 die Diplom-Psychologin und Malerin Maria Wagner.[17] Mit ihr lebt und arbeitet er in Vaterstetten bei München.
Reisen und Arbeitsaufenthalte führten ihn nach Bolivien[18], Südafrika[19], Brasilien (Amazonien), Israel, Chile (mit Feuerland)[20], Peru, Kolumbien, Karibik (San Andres), Costa Rica, Nicaragua, Guatemala, Mexiko, Norwegen, Schweden, Finnland, Italien, Frankreich, Türkei, Schweiz, Niederlande, Tibet[21], Nepal, Ägypten und Polen.
Ausstellungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1988: Atelier Hamberger, Rosenheim
- 1996: Bildungszentrum Rosenheim
- 1997: Stadtbibliothek Rosenheim
- 2000: Städtisches Museum Rosenheim
- 2002: Kunstverein Bad Aibling
- 2005: Salzburg, „English Elements“ (Gruppenausstellung)
- 2006: Vereinigung Bildender Künstler Straubing (Gruppenausstellung)
- 2007: Volkshochschule Prien
- 2008: Kunstzeile Rosenheim
- 2008: Bildungszentrum Freising
- 2008: Seidlvilla München (Gruppenausstellung)
- 2009: Kleine Werkraumgalerie, Rosenheim
- 2010: Kunstverein Bad Aibling
- 2011, 2016, 2020: Abtei Venio, München
- 2012: Städtisches Museum Heppenheim
- 2013: Seminarhaus Schmiede, Welschbillig bei Trier
- 2015: Klosteranlage Germerode
- 2018: Galerie zwischen Wetterstein und Bodensee, Leutkirch (Gruppenausstellung)
- 2020: Galerie im Bayer. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, München
- Beteiligung an Jahresausstellungen der Kunstvereine Rosenheim, Bad Aibling und Prien
Im Jahr 2016 fertigte Gruber nach einem Konzerterlebnis einen aus 25 Teilen bestehenden Holzschnitt (335 × 270 cm) und nannte ihn „Mein kleines Universum“. Mit Texten aus dem Buch „Eine Hand voll Sternenstaub“ des Berner Schriftstellers Lorenz Marti stellte er ihn dreimal der Öffentlichkeit vor: in Rosenheim (2017), Leutkirch (2018) und Baldham (2018).
Öffentliche Ankäufe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
- Stadt Rosenheim
- Stadt Bad Aibling
- Viking Linien Marieham/Aland (Finnland)
- Beiträge zur Neugestaltung der St. Nikolaus in Rosenheim
- Christuskirche, Berchtesgaden
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ich denke an Bolivien. Begegnungen mit der Welt der Aymara-Indianer. Pfeiffer, München 1988.
- als Hrsg.: Josef Hamberger. Ein Bildhauerleben. Arbeiten aus einem halben Jahrhundert. Unter Mitarbeit von Josef Hamberger. Städtisches Museum, Rosenheim 2000.
- ZeitSpuren. Grafische Arbeiten aus 40 Jahren. Eigenverlag Vaterstetten 2015.
- 4 Farbholzschnitt-Zyklen: entsprossen – ersonnen – gesponnen – verbunden. Eigenverlag Vaterstetten 2017.
- Tanz der Asteroiden – 19 Farbradierungen und weitere Fragen zwischen Himmel und Erde. Eigenverlag Vaterstetten 2020.
- Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag Vaterstetten 2021.
- Verleihung des Kulturpreises 2021 der Stadt Rosenheim am 13. Mai 2022. Eine Dokumentation. Eigenverlag Vaterstetten 2022
- Geschichten von unterwegs. 22 Texte von Ludwig Gruber, 23 Malereien von Maria Wagner. Eigenverlag, Vaterstetten 2022, ISBN 978-3-00-073259-1.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1996: Dankeszeichen der Kath. Akademie in Bayern
- 2019: Preisträger der Mitgliederausstellung des Kunstvereins Bad Aibling
- 2021: Kulturpreis der Stadt Rosenheim (Verliehen 2022)[22][23][24]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dokumentation Verleihung des Kulturpreises 2021 der Stadt Rosenheim am 13. Mai 2022 (PDF; 0,7 MB)
- Ludwig Gruber auf der Website Wachstums-impulse.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ludwig Gruber: Sprung hinein ins Leben. Erste Begegnungen mit meinen Eltern. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 9.
- ↑ Ludwig Gruber: Eine harte Schule. Wie aus Scheitern Zukunft wurde. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 18.
- ↑ a b c d Dokumentation Verleihung des Kulturpreises 2021 der Stadt Rosenheim am 13. Mai 2022 (PDF; 0,7 MB)
- ↑ Ludwig Gruber, Druckgrafiker, abgerufen am 18. August 2022
- ↑ Ludwig Gruber: Ein Lehrmeister in Politik. Meine Jahre mit Hans Schütz. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 89.
- ↑ Ludwig Gruber: "Wo i den Bua gar net kennt hab" Die ziemlich lange Freundschaft mit Norbert Blüm. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 80.
- ↑ Ludwig Gruber: Ein schlecht gesichertes Kraftwerk. Franz Josef Strauß aus der Nähe. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 95.
- ↑ Ludwig Gruber: Robertos Zaubermittel ist die Musik. Unterwegs in den bolivianischen Anden. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 150.
- ↑ Ludwig Gruber: Ein Bischofswort mit Gewicht. Meine kurze, aber folgenreiche Begegnung mit Kardinal Döpfner. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 119.
- ↑ Ludwig Gruber: Dicke Luft auf der Ratzinger Höhe. Was ein Brief auslösen kann. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 156.
- ↑ Ludwig Gruber: Ein japanischer Grenzgänger. Wie ich Kunito Nagaoka begegnete. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 187.
- ↑ Ludwig Gruber: Kraft, die aus der Stille kam. R. D., ein Rosenheimer mit Leib und Seele. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 136.
- ↑ Rainer W. Janka: Vom Straßenplaner zum Künstler – Warum Ludwig Gruber den Rosenheimer Kulturpreis erhalten hat. In: OVB online. 17. Mai 2022, abgerufen am 18. Juli 2022.
- ↑ Ludwig Gruber: Unüberbietbar großherzig. Paul Flora als Zeichner und Freund. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 166.
- ↑ Ludwig Gruber: Ein Meister des klingenden Raumes. Mit Sepp Hamburger lernte ich Kunst verstehen. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 67.
- ↑ Ludwig Gruber: Im Würgegriff der Drogen. Ein Weckruf an die Jugend. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 224.
- ↑ Maria Wagner: Mixed Media. In: wachstums-impulse.de. 2022, abgerufen am 3. August 2022.
- ↑ Ludwig Gruber: Im Kugelhagel des Diktators. Entwicklungshilfe braucht Schutzengel. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 104.
- ↑ Ludwig Gruber: Afrika ist überall. Die langen Fangarme der Rassenverfolgung. In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 174.
- ↑ Ludwig Gruber: Der Zufall wird's schon richten. Begegnungen am "Ende der Welt". In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 109.
- ↑ Ludwig Gruber: In der Mitte des größten Mandalas. Ein Geburtstag auf dem "Dach der Welt". In: Weichenstellungen. Begegnungen mit Menschen, Kulturen und Landschaften. Eigenverlag, Vaterstetten 2021, S. 195.
- ↑ Karin Wunsam: Kulturpreis für Ludwig Gruber. 14. Mai 2022, abgerufen am 18. Juli 2022.
- ↑ Rainer W. Janka: Vom Straßenplaner zum Künstler – Warum Ludwig Gruber den Rosenheimer Kulturpreis erhalten hat. In: OVB online
- ↑ Karin Wunsam: Kulturpreis für Ludwig Gruber. In: innpuls.me
Personendaten | |
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NAME | Gruber, Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Erwachsenenbildner und Druckgrafiker |
GEBURTSDATUM | 4. September 1935 |
GEBURTSORT | Mainburg/Niederbayern |