Luise Walther

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Luise Walther (geboren als Luise Charlotte Freiin von Breitschwert am 10. Januar 1833 in Ulm; gestorben am 4. August 1917 in Stuttgart) war eine deutsche Porträtmalerin und Scherenschnittkünstlerin.[1]

Luise Walther: Der Lichtkarz, 1853

Luise von Breitschwert war eine Tochter des in Ulm tätigen Regierungsrats Gustav von Breitschwert (1798–1837) und seiner Frau Maria Luise (1810–1873), einer Porträtmalerin und Tochter des Mediziners und Naturforschers Carl Friedrich von Kielmeyer.[2] Ihr Vater starb früh, und sie wurde später die Stieftochter von Karl Wolff, dem damaligen Rektor des Königin-Katharina-Stifts in Stuttgart.[3] Von Jugend an war es ihr ein Bedürfnis, sich künstlerisch auszudrücken:

„Wie ich zehn Jahre alt war, zupfte ich einmal in der Schule mein Fließblatt so aus, dass das scharf markierte Profil des Lehrers zum Vorschein kam.“

Luise von Breitschwert: Meine Silhouetten zu Mörikes Hutzelmännlein
Luise Walther: Seppe und die Zauberschuhe, 1853

Eine künstlerische Ausbildung wurde ihr jedoch verwehrt, wie Johanna Schopenhauer und Luise Duttenhofer vor ihr. Dennoch nahm sie die Schere zur Hand und begann, sich selbst oder die Menschen ihrer Umgebung in Scherenschnitten festzuhalten.[4] Das Deutsche Literaturarchiv Marbach besitzt ein Selbstbildnis in Öl von ihr, das 1858 entstanden ist.[5]

Bebenhausen und Eduard Mörike

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Luise Walther verbrachte ihre Jugend in Bebenhausen, war befreundet mit Eduard Mörike und wurde Patentante von dessen Tochter Fanny.[4] Mörike widmete ihr zur Hochzeit ein Gedicht:

„An Frau Luise Walther geb. v. Breitschwert, zu ihrem Hochzeitstage 1858

Wie manchen Morgen, frisch und wohlgemut, / Im lichten Sommerkleid, Feldblumen auf dem Hut, / Trat sie bei uns, die edle Freundin, ein, / Und wie sie kam, da war es Sonnenschein!

Als ob sie weiter gar nicht wollte oder wüßte, / Nur daß sie jedermann zur Freude dasein müßte, / So lebte sie in klarer Gegenwart, / Neidlos bei andrer Glück, die Lachende, die Feine; / Doch heimlich sah ich’s oft in ahnungsvollem Scheine.

Hoch über dieses Scheitels Reine / Wie einen sel’gen Stern, der seiner Stunde harrt. / Nun ist’s geschehn! und mit verklärtem Blicke / Von ihres Lebens Gipfel lächelt sie; / Es war geschehn, kaum weiß sie selber wie, / Denn jäh erfüllen sich die himmlischen Geschicke.“

Eduard Mörike[6]

Am 13. September 1858 heiratete sie den Oberjustizrat Franz Konrad (von) Walther (1818–1878). Nach der Hochzeit zog sie mit ihm nach Ellwangen, später nach Esslingen und Stuttgart. Das Ehepaar hatte drei Töchter namens Clara, Marie und Karoline sowie einen Sohn namens Friedrich.[7]

Walther schuf seit 1850 mehrere Tausend Scherenschnitte, viele von bekannten Persönlichkeiten aus Württemberg. Unter anderem erstellte sie Scherenschnitte zu Mathilde Weber, Emilie Zumsteeg, Pieter-Francis Peters oder August Bassermann.[1] Da sie dem Freundeskreis der Schwäbischen Dichterschule angehörte, erstellte sie auch zahlreiche Scherenschnitte von Ludwig Uhland, Justinus Kerner, Karl Mayer, Friedrich Theodor Vischer, Karl Gerok, Eduard Mörike, Gustav Schwab (1849) und Ottilie Wildermuth (1854).[8]

Illustrationen nach Luise Duttenhofers und Luise Walthers Schnitten finden sich unter anderem im Heinrich-Heine-Hausbuch: Die schönsten Lieder, Gedichte, Reisebilder, Skizzen und Briefe.[8]

Walther trat 1893 dem Verein der Berliner Künstlerinnen (VdBK) bei.[1] Sie beteiligte sich an der ersten Ausstellung des neu gegründeten Württembergischen Malerinnenvereins.[9] Zusammen mit Künstlerkolleginnen des Württembergischen Malerinnenvereins vertrat sie auf der Weltausstellung Chicago 1893 das Königreich Württemberg mit Scherenschnitten.[10][11] Außerdem trug sie zur Fächerausstellung des Württembergischen Malerinnenvereins 1893 bei. Dafür wählte sie Dichtersilhouetten, die sie mit Blumen umrankte. Die Fächer gehörten zu den „Erinnerungsstücken“, die 2001 im Deutschen Literaturarchiv Marbach ausgestellt wurden.[12][4] Von 1894 bis 1896 war sie Mitglied im Württembergischen Malerinnenverein.[1]

Das Stuttgarter Hutzelmännlein

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Das Stuttgarter Hutzelmännlein ist ein Märchen von Eduard Mörike. Vor der Veröffentlichung hielt Mörike 1852 in Stuttgart eine Lesung des Manuskripts. Walther war Zuhörerin und erklärte sofort: „Die Leutlein stehen alle so lebendig vor mir, die muss ich ausschneiden!“ Sie überraschte Mörike mit einem Bilderbuch aus 47 geschnittenen Szenen. Mörike antwortete mit den Versen: „O kleine Welt voll Leben! Kenn ich sie?…“. Der Knapp Verlag verwendete im Buch zwei ihrer Szenen. Ansonsten wurden Darstellungen von Moritz von Schwind gedruckt.

Die meisten Szenen stellten ein Kombination aus Scherenschnitten und Federzeichnungen dar. Auch die Scherenschnitte waren zusammengesetzt und hintereinander geklebt. Bei einigen Szenen entwickelte Walther die von Luise Duttenhofer entwickelte Bodenperspektive weiter, so dass der Eindruck einer Guckkastenbühne entsteht. Alle 47 Illustrationen zum Hutzelmännlein wurden erst postum in einem eigenen Buch veröffentlicht.[4][13]

Werke von Walther befinden sich im Kernerhaus in Weinsberg und in der Schubartstube des Klosters Blaubeuren. Das Deutsche Literaturarchiv Marbach verwaltet ihren Nachlass mit Briefen und über 4.000 Scherenschnitten.[14] Im Folgenden sind einige bekannte Werke aufgelistet und – soweit bekannt – auch der aktuelle Ort.

Scherenschnitte, Porträts und Fächer

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Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

  • Margarete Mörike als Braut – Scherenschnitt von 1870

Stadtarchiv Stuttgart[15]

  • 75 Scherenschnitte und Silhouetten, darunter ein Blatt mit den Silhouetten des Lehrerkollegiums des Katharinenstifts inklusive Eduard Mörike.[16]

Deutsches Literaturarchiv Marbach[17]

  • 47 Scherenschnitte zu Mörikes Stuttgarter Hutzelmännlein. Zudem veröffentlicht in Meine Silhouetten zu Mörickes Hutzelmännlein und Die Scherenschnitte zu Mörikes Stuttgarter Hutzelmännlein.
  • Lebensgroße Aquarelle von Mörike von 1874, von seiner Schwester Klärchen und von seiner Tochter Fanny jeweils von 1871
  • Selbstbildnis in Öl von 1858
  • 7 Quarthefte mit 337 Folioblättern mit Duplikaten von Walthers Scherenschnitten,[4][18] darunter viele bekannte Persönlichkeiten Württembergs (Dichter, Künstler, Gelehrte, Fürsten, Staatsmänner) von 1850 bis 1910

Landesarchiv Baden-Württemberg (Staatsarchiv Ludwigsburg)

  • 16 Original-Scherenschnitte in einer Mappe mit dem Titel „Katharinenstifts-Köpfe“, darunter – neben dem Rektor und vielen Lehrerinnen und Lehrern – auch Eduard Mörike.[19]

Landesmuseum Württemberg

Scherenschnitte in Publikationen

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  • Meine Silhouetten zu Mörickes Hutzelmännlein. In: März. Halbjahreszeitschrift für deutsche Kultur. Band 3, 1907, S. 127–134.
  • Hanns Wolfgang Rath (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Theodor Storm und Eduard Mörike. Mit 25 bisher unveröffentlichten Bildnissen und 17 weiteren Beigaben. Hoffmann, Stuttgart 1919, DNB 576553905. Mit Silhouetten von Walther.[8]
  • Aus Mörikes Kreis und Stuttgarter Zeit. 50 Charakterköpfe in bisher meist unveröffentlichten Schattenbildern aus dem Gesamtwerk der Künstlerin ausgewählt von Hanns Wolfgang Rath und mit einer biographischen Einleitung von Friedrich Walther. In: Schriften der Gesellschaft der Mörike-Freunde. Band 3. Carl Friedrich Schulz, Ludwigsburg 1923, DNB 363008098.
  • Die Scherenschnitte zu Mörikes Stuttgarter Hutzelmännlein. Mit dem Text des Märchens von Eduard Mörike und den Scherenschnitten von Luise Breitschwert. In: Otto Güntter (Hrsg.): Veröffentlichungen des Schwäbischen Schillervereins. Band 14. Cotta, Stuttgart / Berlin 1932, DNB 578958759.
  • Heinrich Heine: Heinrich-Heine-Hausbuch. Die schönsten Lieder, Gedichte, Reisebilder, Skizzen und Briefe. Mit über 230 Illustrationen von Honoré Daumier und anderen Künstlern der Zeit. Hrsg.: Marianne Bernhard. Gondrom, Bayreuth 1983, ISBN 3-8112-0342-8. Luise Walther war unter den Künstlern.[8]
  • Gustav Schwab. 1792–1850. Aus seinem Leben und Schaffen. Eine Chronik. Katalog zur Ausstellung für den 200. Geburtstag von Gustav Schwab im Schiller-Nationalmuseum Marbach zwischen Juni und September 1992; mit Illustrationen von Luise Walther. In: Brigitte Schillbach und Eva Dambacher (Hrsg.): Marbacher Magazin. 2. Auflage. Band 61. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach am Neckar 1998, ISBN 978-3-928882-36-1 (Erstausgabe: 1992).[8]
  • Gustav Griesinger: Worte der Erinnerung an die verewigte Luise Freifräulein v. Breitschwert, gesprochen in der Kirche von Pfarrer Griesinger. Ernst Riecker, Tübingen 1868, OCLC 1175923942.
  • Martin Knapp (Hrsg.): Deutsche Schatten- und Scherenbilder aus drei Jahrhunderten. Der Gelbe Verlag, Dachau bei München 1916, OCLC 174519768.
  • Schwäb. Merkur. Band 3, 1917, S. 421.
  • 24. Rechenschaftsbericht des Schwäbischen Schillervereins. 1919, S. 78, 80, 83, 86.
  • Walther, Luise. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 35: Waage–Wilhelmson. E. A. Seemann, Leipzig 1942, S. 130 (biblos.pk.edu.pl).
  • Bernhard Zeller: Luise Walther, eine schwäbische Silhouetten-Künstlerin. Mit 11 Bildern. In: Librarium. Band 3. Zürich 1960, OCLC 699300343, S. 77–84.
  • Peter Lahnstein: Schwäbische Silhouetten (mit Scherenschnitte von Christiane Luise Duttenhofer und Luise Walther). Kohlhammer, Stuttgart 1962, DNB 452678595.
  • Gert Nagel: Breitschwert, Luise von. In: Schwäbisches Künstlerlexikon. Vom Barock bis zur Gegenwart. Kunst und Antiquitäten, München 1986, ISBN 3-921811-36-8.
  • Breitschwert, Luise von. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 13, Saur, München u. a. 1996, ISBN 3-598-22753-1, S. 92.
  • Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Zur Geschichte des Württembergischen Malerinnenvereins und des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs. 1. Auflage. Band I. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4, S. 156, 307, 393.
  • Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Zur Geschichte des Württembergischen Malerinnenvereins und des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs. 1. Auflage. Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN 3-608-94192-4, S. 62, 291, 299 f.
  • Hans Egon Holthusen: Eduard Mörike in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 11. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 978-3-499-50175-3 (Erstausgabe: 1971).
  • Michael Davidis und Gunther Nickel unter Mitwirkung von Sabine Fischer und Ulrike Weiß: Erinnerungsstücke. Von Lessing bis Uwe Johnson. eine Ausstellung des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs; 1. Juli bis 25. November 2001, Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach am Neckar 2001, ISBN 978-3-933679-55-0.
  • Otto Kirchner: Luise Walther, geb. von Breitschwert (geb. 10. Januar 1833 in Ulm – gest. 4. August 1917 in Stuttgart). In: Schwarz auf weiß. Monatszeitschrift des Deutschen Scherenschnittvereins. Oktober 2004, S. 6–11.
  • Irene Ferchl, Wilfried Setzler: Mit Mörike von Ort zu Ort. Lebensstationen des Dichters in Baden-Württemberg. Silberburg-Verlag, Tübingen 2004, ISBN 978-3-87407-577-0.
  • Jochen Schmidt-Liebich: Walther, Luise, geb. Freiin von Breitschwert. In: Lexikon der Künstlerinnen 1700–1900. Deutschland, Österreich, Schweiz. K. G. Saur, München 2005, ISBN 978-3-598-11694-0.
  • „Walther, Luise Charlotte, geb. Freiin von Breitschwert“. In: Frank Raberg: Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm 1802–2009. Süddeutsche Verlagsgesellschaft im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-8040-3, S. 454 f.
Commons: Luise Walther – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c d Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band 2. Stuttgart 1999, S. 156.
  2. Raberg, S. 454.
  3. Raberg, S. 455.
  4. a b c d e Antje Buchwald: Walther Luise geb. von Breitschwert. Deutscher Scherenschnittverein e. V., abgerufen am 22. Februar 2021.
  5. Bildnis Luise Walther (geb. Freiin von Breitschwert, 1833–1917): Marbach am Neckar, Deutschland. In: Gemälde in Museen – Deutschland, Österreich, Schweiz. K. G. Saur, 2009, abgerufen am 11. Februar 2022.
  6. Eduard Mörike: Gedichte. Projekt Gutenberg, abgerufen am 22. Februar 2021.
  7. Raberg, S. 454, 455.
  8. a b c d e Jochen Schmidt-Liebich: Walther, Luise. In: Lexikon der Künstlerinnen 1700–1900. 2005.
  9. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band I, 1999, S. 299.
  10. Schwäbische Kronik des Schwäbischen Merkurs. Zweite Abteilung. Nr. 297, 19. Dezember 1892.
  11. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band I, 1999, S. 291.
  12. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band I, 1999, S. 300.
  13. Otto Güntter (Hrsg.): Die Scherenschnitte von Luise von Breitschwert zu Mörikes Stuttgarter Hutzelmännlein. Cotta, Stuttgart/Berlin 1932.
  14. Breitschwert, Luise von. In: Allgemeines Künstlerlexikon online. Abgerufen am 11. Februar 2022.
  15. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band II. Stuttgart 1999, S. 307.
  16. Ursula Regener: Silhouetten des Lehrerkollegiums des Katharinenstifts. Bildunterschrift zu: Eduard Mörike (1804-1875). In: digitales Stadtlexikon Stuttgart. Stadtarchiv Stuttgart, 19. April 2018, abgerufen am 18. November 2022.
  17. Walther, Luise. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 35: Waage–Wilhelmson. E. A. Seemann, Leipzig 1942, S. 130 (biblos.pk.edu.pl).
  18. Anke Fröhlich-Schauseil: Duttenhofer, Christiane Luise. In: Allgemeines Künstlerlexikon online. K. G. Saur, 2020, abgerufen am 22. Februar 2021.
  19. Königin-Katharina-Stift Gymnasium Stuttgart / 1819–2015. Landesarchiv Baden-Württemberg, abgerufen am 12. Februar 2022.
  20. Schwäbische Kronik des Schwäbischen Merkurs. Zweite Abteilung (Hrsg.): Fächerausstellung des Württembergischen Malerinnenvereins im Württembergischen Kunstverein. Nr. 284, 4. Dezember 1984.
  21. Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg. Band II. Stuttgart 1999, S. 393.