M. Neldel
M. Neldel war ein Speditions- und Lagerhaus in Hannover und Königlich Preußischer Hof-Spediteur.[1] In der Provenienzforschung spielen das Unternehmen und seine Protagonisten eine Rolle aufgrund der Beteiligung an der Verwertung sogenannter „Judenmöbel“ im Dritten Reich.[2]
Hannoversches Speditions- und Lagerhaus M. Neldel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1885 gründete Max Neldel senior (1857–1923) die Firma Hannoversches Speditions- und Lagerhaus[3] mit Sitz in der Nikolaistraße 31 und 31a.[4] Zunächst bestand der Fuhrpark nur aus einem Pferd und einer Kutsche.[3]
1903 wurde Neldels „rein mechanische Zugdeckung“ für die Anwendung bei Eisenbahn-Waggons während der Fahrt erfunden und vom Kaiserlichen Patentamt unter Nummer 11.3259 Klasse 20 i patentiert.[5]
Im 19. Jahrhundert wirkte Neldel in verschiedenen Speditionsverbänden,[3] später auch als Vorsitzender in verschiedenen Verkehrsverbänden.[6]
Anfang des 20. Jahrhunderts richtete Neldel ein Gesuch für das Prädikat als Hoflieferant an Kaiser Wilhelm II.,[1] und wurde am 19. Oktober 1900 zum kaiserlich königlichen Hofspediteur ernannt.[3]
Neben Funktionen in kommunalen Behörden übernahm Neldel am Amtsgericht Hannover das Amt des Handelsrichters, bevor er zum Handelsgerichtsrat ernannt wurde.[3]
Durch die Deutsche Hyperinflation geriet das Unternehmen in Schwierigkeiten,[4] zudem starb Neldel senior am 21. Juli 1923 im Alter von 66 Jahren. Sein einziger Sohn und Erbe Max Neldel junior führte die Spedition fort.[3]
Ebenfalls zur Zeit der Weimarer Republik meldete der Dreher Wilhelm Apel aus Leinhausen Mitte 1923 seinen 15-jährigen Sohn Wilhelm Apel in der Firma M. Neldel in der Nikolaistraße als Lehrling an. Am 17. April 1924 kam der Junge nach seiner morgendlichen Fahrt zu Neldel nicht in der Firma an und gilt seitdem als spurlos verschwunden. Die von seiner Mutter selbst genähte Bekleidung des Jugendlichen wurde später bei dem Massenmörder Fritz Haarmann beschlagnahmt.[7]
Zur Zeit des Nationalsozialismus war die Spedition M. Neldel nach der Reichspogromnacht im Zuge der „Aktion Lauterbacher“ 1941 beteiligt am Transport von Juden beschlagnahmtem Hausrat und Mobiliar, den sogenannten „Judenmöbeln“. Neldes Beteiligung, dokumentiert im Stadtarchiv Hannover, wurde für die spätere Provenienzforschung in Niedersachsen wichtig.[2]
Im Zweiten Weltkrieg war der Kaufmann H. Behrens Inhaber des auch auf Wohnungs-Nachweise spezialisierten Unternehmens in der Nikolaistraße 30 und 31a.[8]
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Betriebsgebäude während der Luftangriffe auf Hannover im Jahr 1945 zerstört.[4]
In der frühen Nachkriegszeit übernahm Karl Nelke mit Genehmigung der Britischen Militärbehörden 1945 das Hannoversche Speditions- und Lagerhaus und gliederte das Unternehmen seiner eigenen Firma an.[4]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nelke. Ein Feuerwerk aus Ideen und Lösungen. 40 Jahre Nelke-Spedition, mit Fotos von Ilse Charlotte Kik und aus dem Firmenarchiv, hrsg. von der Nelke-Spedition GmbH & Co. KG, Hannover: Druckerei Josef Grütter, [o. D., 1988]
- Waldemar R. Röhrbein: Nelke – Karl N. Spedition In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 464
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- M. Neldel, Spedition, Hannover auf der Seite vom Netzwerk Provenienzforschung in Niedersachsen
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Oberhofmarschallamt // Hofökonomie / Hoflieferanten und -handwerker, Prädikate / Hofprädikatsgesuche. Einzelfälle, Bd. 47: BPH, Rep. 113, Nr. 2386 auf der Seite des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz
- ↑ a b o. V.: M. Neldel, Spedition, Hannover auf der Seite provenienzforschung-niedersachsen.de [ohne Datum], zuletzt abgerufen am 20. März 2023; mit Verweis auf die Archivalie StAH, Rechtsamt Nr. 7
- ↑ a b c d e f Paul Siedentopf (Hauptschriftleiter): Hannoversches Speditions- und Lagerhaus / Hofspediteur Max Neldel, Hannover, Nikolaistr. 31 u. 31a, in ders.: Das Buch der alten Firmen der Stadt Hannover im Jahre 1927, unter Mitwirkung von Karl Friedrich Leonhardt (Zusammenstellung des Bildmaterials), Jubiläums-Verlag Walter Gerlach, Leipzig 1927, S. 423; Digitalisat mit Volltextrecherche-Möglichkeit über die Technische Informationsbibliothek (TIB)
- ↑ a b c d o. V.: Karl Nelke / Internationaler Spedition-, Güterfern-, Übersee- und Luftfrachtverkehr / Export, Import und Lagerung / Nordring 1–2, Möckernstraße 37. In: Das Buch der alten Firmen der Stadt Hannover 1954. Unter textlicher und redaktioneller Mitarbeit von Heinz Lauenroth (Direktor vom Städtischen Presseamt), Ewald Brix (Industrie- und Handelskammer Hannover), Herbert Mundhenke (städtischer Archivrat) und der Handwerkskammer Hannover, Adolf Sponholtz Verlag, Hannover 1954, S. 376–377
- ↑ Österreichische Eisenbahn-Zeitung. Zeitschrift des Klub österreichischer Eisenbahn- und Schiffahrtsbeamten, Bd. 26 (1903), S. 305; Vorschau über Google-Bücher
- ↑ Jahrbuch des deutschen Verkehrswesens. In Verbindung mit dem Reichsverkehrsministerium und dem Reichspostministerium, Bd. 1, Berlin: Verlag für Politik und Wirtschaft, 1922, S. 379, 385; Vorschau über Google-Bücher
- ↑ Theodor Lessing: Zwischenspiel // 21. Wilhelm Apel aus Leinhausen, geboren 4. Juni 1908, verschwand 17. April 1924], in ders.: Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfs ( = Außenseiter der Gesellschaft – Verbrechen der Gegenwart, Bd. 6), Berlin: Verlag Die Schmiede, 1925; Transkript auf der Seite der digitalen Bibliothek Project Gutenberg
- ↑ Adreßbuch der Stadt Hannover 1943, 141. Ausgabe, unter Benutzung amtlicher städtischer Quellen, Teil 1: Haushaltungsvorstände, handelsgerichtlich eingetragenen Firmen und Gewerbebetriebe nach Namen geordnet, Verlag August Scherl Nachfolger, Prinzenstraße 1, Hannover: 1943, S. 389; Digitalisat der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek über den DFG-Viewer der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Koordinaten: 52° 22′ 52,2″ N, 9° 43′ 42,2″ O