Mainzer Zitadellengraben

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Der Mainzer Zitadellengraben (2016)

Mainzer Zitadellengraben ist die gängige Bezeichnung für den Geschützten Landschaftsbestandteil auf dem Gelände der Mainzer Zitadelle, gelegen im Innenstadtbereich, mit einer Größe von circa 8 ha. Das Gebiet wurde 1986 von der Stadt Mainz aus Naturschutzgründen als Geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen. Seine genaue Bezeichnung in der Rechtsverordnung lautet: Grünbestand der Zitadellenanlage mit Grabenbereich.

Gebietsbeschreibung

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Der Geschützte Landschaftsbestandteil umfasst den Zitadellengraben auf der südlichen Seite der Festung. Dazu kommen die dort stehenden Maueranlagen und weitere Flächen innerhalb der Zitadelle, die an die geschützten Mauern und den südlichen Zitadellengraben angrenzen.

„Die Flora und Fauna, die sich über Jahrzehnte auf Teilen der Zitadelle entwickelt hat, ist heute von unschätzbarem Wert,“ bewertet die Stadt Mainz das Gebiet[1]. Bei Untersuchungen wurden 447 Tier- und Pflanzenarten festgestellt, davon 66, die auf der „Roten Liste“ stehen; als Beispiele werden Braunes Langohr (Fledermaus), Mauereidechse, Langhornbienen, Zwerghirschkäfer, Eibe, Flockige Königskerze genannt. Von „bundesweiter Bedeutung“ seien die Mauern, weil in deren Hohlräumen über 170 Arten von Stechimmen (Wildbienen, Grabwespen) leben. Außerdem zählen diese Mauern mit einer Gesamtfläche von 19.000 Quadratmetern zu den „landesweit bedeutendsten Moos-Biotopen“. Neben der Artenvielfalt seien in dem Geschützten Landschaftsbestandteil seit Jahrhunderten ungestörte Lebensräume entstanden, die besondere und schützenswerte „genetische Reservoirs“ der dort vertretenen Arten bieten. Überdies stelle das Schutzgebiet eine „grüne Lunge“ für die Innenstadt dar, „die von Frischluftschneisen abgeschnitten ist.“[1]

„Schutzzweck ist die Erhaltung eines sehr strukturreichen, anthropogenen Gebietes mit seinen bemerkenswerten Mauerfugenbiotopen, die Erhaltung der dortigen Tier- und Pflanzenwelt (darunter Rote-Liste-Arten), die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts (Verbesserung des städtischen Kleinklimas) sowie die Belebung, Gliederung und Pflege des Ortsbilds.“[2]

Nach der Rechtsverordnung von 1986 sind alle Maßnahmen untersagt, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen, u. a. der Einsatz von Bioziden, das Beschädigen wildwachsender Pflanzen, jedwedes Stören von Tieren (Leinenpflicht für Hunde), das Errichten neuer Bauwerke etc. Die Tatsache, dass das Schutzgebiet in der kulturhistorisch bedeutsamen und unter Denkmalschutz stehenden Zitadellenanlage von Mainz angesiedelt ist, berücksichtigt die Rechtsverordnung wie folgt: „Bei den Arbeiten ist darauf zu achten, daß die für die Flora und Fauna notwendige Ritzen- und Fugenstruktur soweit als möglich erhalten wird“.[2]

Gelegentlich wird von einem „Kampf zwischen Denkmalschutz und Naturschutz“ in Bezug auf die Mainzer Zitadelle gesprochen, deren Mauerwerk über die Jahrhunderte in der gesamten Anlage deutlich an Stabilität verloren hat. „Dies ist ganz ohne Zweifel in erster Linie dem Alter des Bauwerks zuzuschreiben“.[3] Unstrittig ist allerdings auch, dass in das vorgeschädigte Mauerwerk Wurzeln von Bäumen eingedrungen sind, die den Schaden vergrößert haben. Der Verein Initiative Zitadelle Mainz e.V. (IZM) beklagt: „Die Zitadelle verfällt trotz Denkmalschutz“[4]; der Naturschutzbund Deutschland Mainz und Umgebung e.V. (NABU) möchte das „Grüne Kleinod in der Stadt“ erhalten und verweist darauf, dass Pflanzenbewuchs z. T. auch Mauern vor Verwitterung geschützt hat.[5]

Zwischen den Jahren 2006 und 2008 wurde an einem Teilsegment der Mauer in einem von der DBU geförderten Pilotprojekt eine „ökologische Mauersanierung“ als Test durchgeführt.[1] 2015 übernahm der NABU die Pflege einiger Flächen im Zitadellengraben von der Stadt.[6] Im Februar 2017 verkündeten die Mainzer Umwelt- und die Mainzer Baudezernentin gemeinsam mit NABU und IZM eine Einigung, wie Denkmalschutz und Naturschutz zusammen gebracht werden sollen: Von den 2550 Bäumen in der Anlage sollen 128 Bäume gefällt werden, die die Mauern gefährden. Zum Ausgleich dafür sind Neuanpflanzungen auf einem Sportplatz geplant, der zu dem Zeitpunkt noch auf dem Gelände des Zitadellengrabens existiert. Wichtigste Maßnahme ist die Verlegung von Wegen, mit dem Ziel, einen von Spaziergängern ungestörten Rückzugsraum für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Mindestabstände von Bäumen zu Mauern werden eingehalten.[7]

Einzelnachweise

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  1. a b c Landeshauptstadt Mainz: Das Grün der Zitadelle Mainz, abgerufen am 14. Mai 2017.
  2. a b Rechtsverordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil "Grünbestand der Zitadellenanlage mit Grabenbereich", Gemarkung Mainz vom 10. Januar 1986, abgerufen am 14. Mai 2017
  3. Hartmut Raible: Denkmalschutz & Naturschutz. In: Stefan Schmitz (Hg.): Mainz. Die Zitadelle auf dem Jakobsberg. Ein Kulturdenkmal im Aufbruch. Mainz 2017, Seite 56
  4. Initiative Zitadelle Mainz E.V.: Die Zitadelle zerfällt -Trotz Denkmalschutz (Memento des Originals vom 28. April 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.zitadelle-mainz.de abgerufen am 14. Mai 2017
  5. NABU Mainz und Umgebung: Ein grünes Kleinod mitten in der Stadt (Memento des Originals vom 6. März 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nabu-mainz.de, abgerufen am 14. Mai 2017.
  6. Merkurist Mainz: NABU übernimmt im Zitadellengraben, abgerufen am 14. Mai 2017.
  7. Allgemeine Zeitung: Zitadelle Mainz: Jetzt hängt es am Geld vom 16. Februar 2017 abgerufen am 14. Mai 2017

Koordinaten: 49° 59′ 30″ N, 8° 16′ 30,3″ O