Maliana (Verwaltungsamt)

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Verwaltungsamt Maliana
Reisfelder bei Maliana
Verwaltungssitz Maliana (Holsa)
Fläche 237,04 km²[1]
Einwohnerzahl 32.689 (2022)[2]
Sucos Einwohner (2022)[2]
Holsa 5.755
Lahomea 5.098
Odomau 3.668
Raifun 3.099
Ritabou 7.627
Saburai 2.594
Tapo/Memo 4.848
Übersichtskarte
Verwaltungsgliederung von Maliana
Maliana (Verwaltungsamt) (Osttimor)
Maliana (Verwaltungsamt) (Osttimor)

Maliana ist ein osttimoresisches Verwaltungsamt (portugiesisch Posto Administrativo) in der Gemeinde Bobonaro. Der Verwaltungssitz befindet sich im Suco Holsa in der Stadt Maliana.[3]

Flüsse und Orte von Maliana (Grenzen bis 2015)

Bis 2014 wurden die Verwaltungsämter noch als Subdistrikte bezeichnet. Vor der Gebietsreform 2015 hatte Maliana eine Fläche von 239,35 km².[4] Nun sind es 237,04 km².[1] Die Grenzen wurden dabei nicht merklich verändert.[5]

Das Verwaltungsamt Maliana teilt sich in sieben Sucos: Holsa, Lahomea, Odomau (Odamau, Oromau), Raifun (Rai Fun), Ritabou, Saburai (Sebura) und Tapo/Memo (Tapo Memo).

Südwestlich des Flusses Malibaka liegt das indonesische Westtimor. Der Malibaka vereinigt sich mit dem Talau und bildet nun als Nunura im Westen die Grenze zu den osttimoresischen Verwaltungsämtern Balibo und Atabae. Der Fluss Bulobo entspringt nahe der Stadt Maliana und bildet ein Stück der Grenze zum Verwaltungsamt Cailaco im Norden, bis er in den Nunura mündet. Südöstlich vom Verwaltungsamt Maliana liegt das Verwaltungsamt Bobonaro und an der Südspitze das Verwaltungsamt Lolotoe. Der Leolaco dominiert als höchster Berg der Region (1929 m) die Landschaft.[6] In Lahomea befindet sich ein Wiederaufforstungsprojekt.

An der Straße von Maliana nach Tunu Bibi befindet sich einer der wenigen hinduistischen Tempel des Landes.[7]

In Maliana leben 32.689 Menschen (2022), davon sind 16.392 Männer und 16.297 Frauen.13.078 von ihnen wohnen in einer urbanen Umgebung in der Stadt Maliana. Im Verwaltungsamt gibt es 6.076 Haushalte.[2] Der Altersdurchschnitt beträgt 19,1 Jahre (2010,[4] 2004: 18,5 Jahre[9]). Die größte Sprachgruppe bilden die Sprecher der Nationalsprache Kemak. In Tapo/Memo, Saburai, Holsa und Odomau wird aber Bunak gesprochen.[10] Als Zweitsprache ist die Amtssprache Tetum weit verbreitet. Bahasa Indonesia wurde während der Besatzungszeit verwendet, die Älteren sprechen noch Portugiesisch. Dieses wird auch in den Schulen unterrichtet.[11]

Holzschnitzereien aus Oe-Cusse Ambeno und Maliana (rechts), um 1900
Fest in Maliana (1969)

Der heutige Verwaltungsamt Maliana gehörte früher zum Bunak-Reich von Lamaquitos (Lamakitu), dass ein Gebiet zwischen Cailaco im Norden und Maucatar im Süden beherrschte.[12][13]

1719 vereinbarten mehrere timoresische Herrscher (Liurai) ein Bündnis gegen die Portugiesen; der Beginn der Cailaco-Rebellion. Das Lamaquitos benachbarte Cailaco wurde zum Hauptquartier der Rebellen. Im Marobotal mit den Flüssen Marobo und Lóis lebten damals relativ isoliert 40.000 Menschen. 1726 entsandte der portugiesische Gouverneur António Moniz de Macedo Truppen aus Dili und Batugade gegen die Pedras de Cailaco (Felsen von Cailaco). Die Steilwände des Leolaco boten dem Reich von Cailaco eine natürliche Festung und galten als uneinnehmbar. Am 23. Oktober versammelten die Portugiesen am Fuße des Berges insgesamt 4.000 Mann, zu denen auch Topasse und verbündete Timoresen gehörten. Nach 40 Tagen mussten sie aber im Dezember die Belagerung aufgeben, auch wegen schwerer Regenfälle.[14]

Im Vertrag von Lissabon (1859) legten die Kolonialmächte die Grenze zwischen ihren Herrschaftsgebieten auf Timor fest. Lamaquitos bildete die Grenze des portugiesischen Territoriums. 1897 kam es zum Krieg zwischen Lamaquitos und dem südlich gelegenen Bunak-Reich Lakmaras um Gebiete im dazwischen liegenden Lamaknen.[15] Da Lamaquitos zum portugiesischen Herrschaftsbereich gehörte, Lakmaras und Lamaknen aber zum niederländischen, kam es in Lakmaras auch zu Scharmützeln mit Toten zwischen den beiden Kolonialtruppen. Zudem stellte Lakmaras die einzige Verbindung zur niederländischen Region Maucatar dar, das nun als Enklave in portugiesischen Gebiet lag.[16][13][17] 1902 versuchten sich die beiden Kolonialmächte durch Verhandlungen zu einigen. Mit der Den Haag-Konvention vom 1. Oktober 1904 wurde ein Kompromiss geschlossen. Portugal sollte Maucatar erhalten und verzichtete dafür auf Lamaknen. Doch erst 1916 wurde die Grenze endgültig festgelegt. Lakmaras blieb dadurch auf der niederländischen Seite.[18]

Erst vor wenigen Generationen wurden von Bunak aus dem Osten Dörfer im Flachland um Maliana gegründet, so zum Beispiel Tapo/Memo. Noch heute haben diese Dörfer rituelle Beziehungen zu ihren Stammdörfern im Hochland.[19]

Während der Entkolonisierung Portugiesisch-Timors kam es 1975 zum Bürgerkrieg zwischen UDT und FRETILIN. Ehemalige Soldaten des 5. portugiesischen Kavallerieschwadrons in Bobonaro, die die FRETILIN unterstützten, kamen nach Maliana und zwangen Anhänger von UDT und APODETI, unter anderem auch den Liurai von Memo und Einwohner aus Odomau, Holsa und Raifun, zur Flucht nach Westtimor. Einige Einwohner wurden auch vom Liurai und der UDT gezwungen nach Westtimor mitzugehen, um dort von den indonesischen Streitkräften rekrutiert zu werden. Am Ende floh die gesamte Bevölkerung aus Memo, Odomau und 500 Menschen aus Raifun nach Westtimor.[20] Ab Mitte 1975 begann Indonesien mit der Besetzung der Grenzregionen Portugiesisch-Timors. Am 16. Oktober drangen indonesischen Truppen in Maliana ein. Erst ab dem 7. Dezember führte Indonesien mit der Invasion von Dili die militärische Besetzung Osttimors offen durch.

1995 kam es in Osttimor zu gewaltsamen Ausschreitungen, nachdem sich ein indonesischer Beamter abfällig über den katholischen Glauben geäußert hatte. In Maliana wurde der Marktplatz fast völlig niedergebrannt.[21]

Vor und nach dem Unabhängigkeitsreferendum von Osttimor 1999 kam es in Maliana zu Gewalttaten durch indonesische Soldaten und pro-indonesische Milizen. Mehrere Menschen wurden bereits im März durch Soldaten ermordet. Unabhängigkeitsaktivisten, wie der lokale CNRT-Führer José Andrade da Cruz wurden bedroht, verhaftet und geschlagen.[22] Am Tag der Abstimmung stütmten pro-indonesische Milizen die Stadt, so dass 54 UN-Helfer nach Dili evakuiert werden mussten. Hunderte von Unabhängigkeitsgegnern belagerten die UN-Vertretung. Die UN-Helfer und ihre Familien flüchteten sich am 3. September 1999 in die Polizeiwache. Als am nächsten Tag das Ergebnis des Referendums bekannt wurde, bedrohten die Milizen die mehreren hundert Flüchtlinge. Am Nachmittag des 8. Septembers wurden Milizionäre der Dadarus Merah Putih in Holsa, Lahomea und Ritabou vom indonesischen Militär auf den Angriff auf die Polizeistation vorbereitet. Die Milizen wurden vom regionalen Milizenchef João Tavares und dem indonesischen Leutnant Sutrisno angeführt. In Ritabou erhielten sie eine Todesliste. Die Milizen, darunter auch die Halilintar Miliz und indonesische Soldaten, drangen am Abend des 8. Septembers in den Komplex der Polizeistation ein und begannen die Flüchtlinge mit Messern, Macheten und Schwertern anzugreifen, während die Polizisten untätig blieben. Sie schlossen nur die Tür zu ihrem Büro. Insgesamt wurden 14 Menschen ermordet, darunter Julio Barros, ein ehemaliger Administrator des damaligen Subdistrikts Maliana und Domingos Gonçalves Pereira, der Chefe de Suco von Ritabou. Das Opfer José Barros Soares war erst zwölf Jahre alt. Die Leichen der Opfer wurden nach Batugade gebracht und dort im Meer versenkt.[23][24] Andere Quellen berichten von 47 Toten.[25] Weitere 13 Personen, denen zunächst die Flucht aus der Station gelang, wurden am nächsten Tag in der Nähe von Maliana umgebracht. Insgesamt wurden zwischen dem 2. und dem 29. September 71 Menschen im Subdistrikt Maliana ermordet.[26] Außer der Kirche wurde der gesamte Ort Maliana durch die Milizen niedergebrannt.

2001 kämpften Martial-Arts-Gruppen auf dem Markt von Maliana gegeneinander. Dabei gab es Tote.[27]

Stützpunkt der Unidade de Patrulhamento de Fronteira in Mozon (Tunu Bibi)

Bei einem Schusswechsel am 21. April 2005 bei Maliana, zwischen indonesischen Soldaten und osttimoresischen Polizisten der Unidade de Patrulhamento de Fronteira (UPF) wurde ein indonesischer Soldat verletzt.[28]

Am 30. Januar 2010 wurde die Stadt Maliana zum Sitz der dritten Diözese Osttimors erklärt, dem Bistum Maliana.[29]

Die Zugehörigkeit eines Gebietes von 37 Hektar zwischen dem osttimoresischen Ort Memo (Suco Tapo/Memo) und dem indonesischen Dilumil (Regierungsbezirk Belu) war längere Zeit umstritten.[30] Erst im März 2013 konnte eine Einigung über die Grenzziehung zwischen den beiden Ländern erzielt werden.[31]

Der Administrator des Verwaltungsamts wird von der Zentralregierung in Dili ernannt. 2014 war dies Adelino Goveia Brito[32] und 2015/2016 Alípio Moniz.[33][34] 2021 wurde Tomas Lacu Loi zum Administrator ernannt.[35] Am 29. Januar 2024 wurde Augusto Caetano zum Administrator ernannt.[36]

Der ehemalige Administrator Malianas Julio Barros wurde zusammen mit anderen am 8. September 1999 beim Sturm auf die Polizeistation durch pro-indonesische Milizen ermordet.

Die 2019 eingeweihte 17 Kilometer lange Straße von Maliana nach Atos (Suco Gildapil) in Saburai

39 % der Haushalte in Maliana bauen Kokosnüsse an, 48 % in der fruchtbaren Ebene des Nunura Reis, 40 % Maniok, 49 % Mais, 31 % Gemüse und 10 % Kaffee.[37]

Am 4. Juli 2012 wurde die Maliana power substation eröffnet, die das Verwaltungsamt nun 24 Stunden am Tag mit Strom versorgt.[38]

Persönlichkeiten

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Commons: Maliana – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Direcção-Geral de Estatística: Ergebnisse der Volkszählung von 2015, abgerufen am 23. November 2016.
  2. a b c Institutu Nasionál Estatístika Timor-Leste: Final Main Report Census 2022, abgerufen am 18. Mai 2022.
  3. Jornal da República: Diploma Ministerial n.o 24/2014 de 24 de Julho – Orgânica dos Postos Administrativos (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  4. a b Direcção Nacional de Estatística: 2010 Census Wall Chart (English) (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) (PDF; 2,5 MB)
  5. Ministério da Administração Estatal: Karte des Verwaltungsamts Maliana, abgerufen am 22. August 2020.
  6. Karte von 1989
  7. Geologia e Petroleo 2019: Hindu temple in Bobonaro, 23. September 2022, abgerufen am 24. September 2022.
  8. a b c Seeds of Life
  9. Direcção Nacional de Estatística: Census of Population and Housing Atlas 2004 (Memento vom 13. November 2012 im Internet Archive) (PDF; 14 MB)
  10. Friends of Balibo
  11. Bobonaro District Development Plan 2002/2003 (Memento vom 28. März 2009 im Internet Archive) (PDF-Datei; 566 kB)
  12. Timorlorosae2000
  13. a b Hague Justice Portal: Island of Timor: Award, 25. Juni 1914 (englisch)
  14. History of Timor – Technische Universität Lissabon (Memento vom 24. März 2009 im Internet Archive) (PDF; 824 kB)
  15. Antoinette Schapper: Finding Bunaq: The homeland and expansion of the Bunaq in central Timor (Memento vom 24. Oktober 2013 im Internet Archive), S. 163–186, in: Andrew McWilliam, Elizabeth G. Traube: Land and Life in Timor-Leste: Ethnographic Essays, 2011, S. 171
  16. Antoinette Schapper: Crossing the border: Historical and linguistic divides among the Bunaq in central Timor, S. 7–8.
  17. Schapper: Finding Bunaq, S. 174.
  18. Geoffrey C. Gunn: History of Timor. (Memento vom 24. März 2009 im Internet Archive), S. 77, Technische Universität Lissabon (PDF-Datei; 805 kB).
  19. Schapper: Finding Bunaq, S. 173.
  20. „Chapter 7.3 Forced Displacement and Famine“ (Memento vom 28. November 2015 im Internet Archive) (PDF; 1,3 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
  21. TAZ: Suharto droht Osttimor, 12. September 1995 (Memento vom 12. März 2007 im Internet Archive)
  22. Refugee Transitions Issue 5: Escaping East Timor, Februar 2000, abgerufen am 24. Juli 2020.
  23. „Chapter 7.2 Unlawful Killings and Enforced Disappearances“ (PDF; 2,3 MB) aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
  24. Master of Terror: Natalino Monteiro, abgerufen am 21. Mai 2024.
  25. Master of Terror: Maliana - 8/09/1999 - Maliana police station massacre
  26. 1999 East Timor Crimes Against Humanity: Maliana Police Station Massacre, 8. September 1999 (Memento vom 3. Februar 2011 im Internet Archive)
  27. Fundasaun Mahein: Victims of Independence, abgerufen am 26. Mai 2012
  28. Sukehiro Hasegawa: Routledge Revivals: Peacebuilding and National Ownership in Timor-Leste (2013). eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche, 21. April 2005
  29. 30. Januar 2010, Catholic News Agency, Benedict XVI erects new diocese in East Timor
  30. Vivanews, 7. November 2009, Indonesia – E Timor under Borderline Dispute (Memento vom 25. Februar 2010 im Internet Archive)
  31. Suara Timor Lorosae: Batugade and Suai borders have had agreement, 11. März 2013
  32. Ministerium für Staatsadministration: Maliana, abgerufen am 19. Juni 2020.
  33. Ministério da Administração Estatal: Administração Municipal (Memento vom 1. Juni 2016 im Internet Archive)
  34. Jornal da República: RESOLUÇÃO DO GOVERNO N.º 34/2016 de 12 de Outubro, abgerufen am 12. Januar 2024.
  35. Jornal da República: DESPACHO Nº 49 / M - MAE / IX / 2021, 1. September 2021, abgerufen am 22. Dezember 2023.
  36. Jornal da República: DESPACHO N.º 12 / M-MAE / I / 2024 – Nomeação dos Secretários Municipais, dos Diretores dos Serviços Municipais e dos Administradores dos Postos Administrativos da Autoridade Municipal de Bobonaro, 29. Januar 2024, abgerufen am 23. Juli 2024.
  37. Direcção Nacional de Estatística: Suco Report Volume 4 (englisch) (Memento vom 9. April 2015 im Internet Archive) (PDF; 9,8 MB)
  38. Government of Timor-Leste: Government Opening of the Maliana Power Substation, 16. Juli 2012, abgerufen am 29. Juli 2012

Koordinaten: 9° 0′ S, 125° 13′ O