Manfred Bruns

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Manfred Bruns (1986)

Manfred Bruns (* 17. Juli 1934[1] in Linz am Rhein; † 22. Oktober 2019 in Karlsruhe[2]) war ein deutscher Staatsanwalt. Bis zu seiner Pensionierung im Sommer 1994 war er Bundesanwalt am Bundesgerichtshof (Karlsruhe). Er war Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD), inzwischen LSVD+ – Verband Queere Vielfalt.

Manfred Bruns wurde 1934 in Linz am Rhein in ein katholisches Elternhaus geboren. 1961 heiratete er seine Frau Helga, mit der er über viele Jahre eine traditionelle Ehe führte, aus der drei Kinder hervorgingen.[3] 1963 begann seine Karriere bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Anfang der 1980er Jahre outete er sich gegenüber seiner Frau – und etwas später gegenüber seinen jugendlichen Kindern – als homosexuell. 1983 weihte er seinen damaligen Chef, Generalbundesanwalt Kurt Rebmann, ein, der ihn von allen Staatsschutzangelegenheiten abzog, da er ihn als Sicherheitsrisiko einstufte und auch versuchte, ihn strafrechtlich zu verfolgen.[4] 1985 berichtete die Boulevardzeitung Bild über Bruns: „Bundesanwalt Manfred Bruns bekennt: Ich bin schwul.“[5]

Seit 1993 lebte er mit seinem Lebensgefährten in Karlsruhe. Das Ehepaar ließ sich nie scheiden. „Ich habe sehr viel Glück gehabt“, sagte Bruns. „Ich habe eine wunderbare Frau gefunden, die mich so toleriert, wie ich bin.“[3] Bruns unterstützte die Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 175 am 11. Juni 1994, der seit 1872 bestand und bis 1969 sexuelle Handlungen von Männern (jedes Alters) untereinander, danach solche mit Jugendlichen unter 21 Jahren und ab 1973 nur noch mit männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland unter Strafe gestellt hatte.[3]

Manfred Bruns starb im Oktober 2019 im Alter von 85 Jahren.[6][7]

Homosexuellenrechte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bruns engagierte sich in zahlreichen Artikeln und Vorträgen für die Rechte der Homosexuellen und für Menschen mit AIDS. Er war für die SPD Mitglied der Enquete-Kommission „AIDS“ des Deutschen Bundestages.

Mit Volker Beck und Günter Dworek setzte Bruns sich für die Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften zunächst im (von 1986 bis 1997 existierenden) westdeutschen Bundesverband Homosexualität ein. Ab 1990 war er im SVD (Schwulenverband der DDR), dem späteren LSVD (Lesben und Schwulenverband in Deutschland) bzw. inzwischen LSVD+ – Verband Queere Vielfalt, aktiv. Er vermittelte Hilfe für Schwule und Lesben bei rechtlichen und sozialen Problemen.

Er vertrat den LSVD bei zahlreichen Anhörungen des Deutschen Bundestages und vor dem Bundesverfassungsgericht.

Bundespräsident Roman Herzog verlieh Bruns anlässlich seines Ausscheidens aus dem aktiven Dienst „für sein gesellschaftliches und gesellschaftspolitisches Engagement für die Emanzipation und Anerkennung Homosexueller, für den Schutz ihrer Rechte und für die Wahrung der Würde von Menschen, die HIV-positiv oder an AIDS erkrankt sind“, am 27. Oktober 1994 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.[8] Er erhielt die Magnus-Hirschfeld-Medaille 2002 für besondere Verdienste um die Sexualreform.

2012 erhielt Bruns den ersten „Preis für das Engagement gegen Diskriminierung“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.[9] Aus diesem Anlass veröffentlichte die Hirschfeld-Eddy-Stiftung eine Festschrift zu Ehren von Bruns.[10]

2017 erhielt er die „Kompassnadel“ des Schwulen Netzwerks NRW für seinen Einsatz für die Rehabilitation der nach § 175 verurteilten Männer sowie seinen Einsatz für die gleichgeschlechtliche Ehe.

  • Gregor Schorberger: Liebende diskriminiert und verurteilt. Römisch-Katholische „175er“ und ihre Kirche. Kohlhammer, Stuttgart 2024, ISBN 978-3-17-044700-4, S. 67–88.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. lsvd.de: Gedenken an Manfred.
  2. Hasso Suliak: Vorkämpfer für Homosexuellen-Rechte gestorben. Nachruf In: Legal Tribune Online. 23. Oktober 2019. (lto.de, abgerufen am 23. Oktober 2019)
  3. a b c 20 Jahre Doppelleben. In: Spiegel online Einestages. 5. Juni 2014, abgerufen am 20. März 2015.
  4. Gregor Schorberger: Liebende diskriminiert und verurteilt. Römisch-Katholische „175er“ und ihre Kirche. Kohlhammer, Stuttgart 2024, ISBN 978-3-17-044700-4, S. 71.
  5. Kampf für die Homo-Ehe „Das wollen wir auch“. In: Spiegel online Einestages. 15. Dezember 2015.
  6. Trauer um Manfred Bruns, queer.de, erschienen und abgerufen am 22. Oktober 2019.
  7. Volker Beck: Sein Lebensweg war krumm, gradlinig war nur er. Nachruf. In: Tagesspiegel. 24. Okt. 2019. (tagesspiegel.de)
  8. Kleine Geschichte des LSVD
  9. Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Lüders: „Bruns ist ein Vorbild für alle, die für Gleichbehandlung streiten“ (Memento vom 10. Juni 2015 im Internet Archive) vom 27. September 2012, abgerufen am 21. August 2013.
  10. Hirschfeld-Eddy-Stiftung: Vom Verbot zur Gleichberechtigung. Die Rechtsentwicklung zu Homosexualität und Transsexualität in Deutschland. Festschrift für Manfred Bruns. Schriftenreihe der Hirschfeld-Eddy-Stiftung, Band 3. Berlin, 2012. (Memento vom 28. September 2013 im Internet Archive) (PDF; 3,3 MB)