Marco Scacchi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Marco Scacchi (* um 1605 in Gallese bei Viterbo; † 11. September 1662[1][2] ebenda) war ein italienischer Kapellmeister und Komponist des Barocks.

Nach seiner Ausbildung in Rom bei Giovanni Francesco Anerio zog es ihn nach Warschau, wo er ab 1624 als Violinist in der königlichen Kapelle von Sigismund III. wirkte und er 1630, nach dem Tod von Anerio, die Stelle als Kapellmeister übernahm. 1635 heiratete er die Deutsche Regina Keller. Erst im Jahre 1649 kehrte er aus gesundheitlichen Gründen in seine Heimatstadt zurück, widmete sich dem Unterrichten und schrieb musiktheoretische Abhandlungen. Sein Schüler Angelo Berardi zitiert Scacchi mehrmals und ausdrücklich in seinen Documenti armonici von 1687.

In der Zeit seines Wirkens in Polen unterhielt er rege Kontakte zu italienischen und deutschen Musikern, wie Heinrich Schütz, Johann Stobaeus, Ambrosius Profe (1589–1661), insbesondere aber mit dem Danziger Organisten und Kapellmeister Kaspar Förster dem Jüngeren. Im Streit Kaspar Försters des Älteren mit dem Danziger Organisten Paul Siefert stellte sich Scacchi auf Försters Seite. Siefert und Scacchi veröffentlichten im Streit mehrere Musiksammlungen.[3][4][5] Auch mit Romano Micheli (um 1575 – nach 1659) führte er eine polemische Kontroverse über die Urheberschaft bestimmter kontrapunktischer Kompositionstechniken. Andererseits konnten unter seinem Einfluss polnische Komponisten und Mitglieder der Hofkapelle, wie Marcin Mielczewski oder Franciszek Lilius ihren Stil entwickeln.

Marco Scacchi, der häufig in seinen Werken die mehrchörige Technik anwandte, schuf etliche Werke geistlicher Vokalmusik, darunter Messen und Madrigale. Ein Oratorium und fast alle seine Bühnenwerke sind verloren. In seinen Kompositionen findet sich eine Synthese aus dem römischen Einfluss seines Lehrers Anerio und dem Stil Claudio Monteverdis.

Des Weiteren war Scacchi während des 17. Jahrhunderts als Autor von musiktheoretischen Schriften bekannt, die sich auf Diskussionen um die Prima pratica und die Seconda pratica bezogen. Hier sind seine Schriften Cribrum Musicum von 1643 oder Breve discorso von 1649 zu erwähnen.

  • Wolfgang Budday: Die Kanons in Marco Scacchis Cribrum musicum (1643). In: Heinrich Deppert, Reinhard Gerlach (Hrsg.): Musik als Schöpfung und Geschichte: Festschrift Karl Michael Komma. Laaber-Verlag, Laaber 1989, ISBN 3-89007-199-6, S. 21–52.
  • Tim Carter (Hrsg. und Übers.): Polemics on the ‘Musica moderna’. Musica Iagellonica, Krakau 1993, ISBN 83-7099-004-5, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  • Claude V. Palisca: The Genesis of Mattheson’s Style Classification. In: George J. Buelow, Hans Joachim Marx (Hrsg.): New Mattheson Studies. Cambridge University Press, Cambridge 1983, ISBN 0-521-25115-X, S. 409–423.
  • Claude V. Palisca: Marco Scacchi’s Defence of Modern Music (1649). In: ders.: Studies in the history of Italian music and music theory. Clarendon Press, Oxford 1994, ISBN 0-19-816167-0, S. 88–145.
  • Claude V. Palisca, Zygmunt M. Szweykowski: Scacchi, Marco. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  • Aleksandra Patalas: Marco Scacchi’s Characterisation of the Modes in his “Missa omnium tonorum”. In: Musica iagellonica. 2, 1997, ISSN 1233-9679, S. 103–129.
  • Aleksandra Patalas: Scacchi, Marco. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 14 (Riccati – Schönstein). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2005, ISBN 3-7618-1134-9, Sp. 1058–1061 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  • Aleksandra Patalas: Scacchi, Marco. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 91: Savoia–Semeria. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2018.
  • Aleksandra Patalas: Die Kompositionen von Christoph Werner als Quelle der Inspiration für Marco Scacchi. In: Peter Wollny (Hrsg.): Mitteldeutschland im musikalischen Glanz seiner Residenzen. Sachsen, Böhmen und Schlesien als Musiklandschaften im 16. und 17. Jahrhundert (= Ständige Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V., Jahrbuch 2004). Ortus, Beeskow 2005, ISBN 3-937788-03-4, S. 237–249.
  • Barbara Przybyszewska-Jarmińska: Recepcja repertuaru kapeli Władysława IV Wazy w EuropieŚrodkowej i Północnej w świetle »Iudicium Cribri musici« Marka Scacchiego [Die Rezeption des Repertoires der Kapelle von Ladislaus IV. Wasa in Mittel- und Nordeuropa im Licht von M. Scacchis »Iudicium Cribri musici«]. In: Barok 1, 1996, Nr. 2, ISSN 1232-3233, S. 95–102.
  • Zygmunt M. Szweykowski: Marco Scacchi and his Pupils on the Polychoral Technique. In: Musica iagellonica, 2 1997, ISSN 1233-9679, S. 131–150.
  • Anna Szweykowska, Zygmunt M. Szweykowski: Włosi w kapèli królewskiej polskich Wazów [Italians in the royal chapel of the Polish Vasa kings]. Musica Iagellonica, Krakau 1997, ISBN 83-7099-054-1, S. 103–112, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  • Agostino Ziino: La policoralità in alcuni teorici italiani del Seicento. In: La policoralità in Italia nei secoli XVI e XVII. Testi della Giornata internazionale di Studi (Messina, 27 dicembra 1980). Edizioni Torre D’Orfeo, Rom 1987, ISBN 88-7702-148-9, S. 119–133.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Sterbedatum laut MGG, nach Grove Music Online am 7. September 1662.
  2. In älteren Nachschlagewerken wird häufig ein vermutetes Sterbedatum um 1685 angegeben, basierend darauf, dass Angelo Berardi ihn in seinen Ragionamenti musicali (1681) beschreibt, aber erst in seinen Documenti armonici (1687) als eines Toten gedenkt. Vgl. Claude V. Palisca: Scacchi, Marco. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 11 (Rasch – Schnyder von Wartensee). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1963, DNB 550439609, Sp. 1466–1469
  3. Michael Heinemann: Die „alte“ Musik im 17. Jahrhundert. Der Streit zwischen Marco Scacchi und Paul Siefert (= Schütz-Dokumente. Band 3). Dohr, Köln 2014, ISBN 978-3-86846-113-8.
  4. Michael Heinemann (Hrsg.): Marco Scacchi. Cribrum Musicum. Kommentierte lateinisch-deutsche Edition der Ausgabe Venedig 1643 inkl. Auflösung des Rätelkanons (= Schütz-Dokumente. Band 4). Dohr, Köln 2014, ISBN 978-3-86846-114-5.
  5. Michael Heinemann (Hrsg.): Iudicium Cribri Musici. Dokumente zum Streit zwischen Marco Scacchi und Paul Siefert. Kommentierte lateinisch/italienisch-deutsche Edition der Schriften von Paul Siefert, Marco Scacchi und Hieronymus Ninius (= Schütz-Dokumente. Band 5). Dohr, Köln 2014, ISBN 978-3-86846-115-2.