Maria Chapdelaine

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Maria Chapdelaine ist der Titel eines im Jahr 1914 zunächst in einer Zeitung veröffentlichten und im Jahr 1916 als Buch erschienenen Romans von Louis Hémon (1880–1913). Erst nach dem Tod des Autors wurde das Buch ein internationaler Erfolg, in viele Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt.

Maria, Protagonistin des Romans, wächst in der sehr ländlichen und einsamen Umgebung von Peribonka in Québec (Kanada) auf. Der Roman stellt das harte, entbehrungsreiche Leben der Siedler dar, die sich immer weiter in die Wildnis vorarbeiten und den Boden fruchtbar machen. Maria, die älteste Tochter einer solchen Siedlerfamilie, ist im heiratsfähigen Alter und muss sich zwischen drei „Verehrern“ entscheiden, die jeder auf seine Art interessant für sie und ihr weiteres Leben sein könnten. Der Waldläufer François Paradis symbolisiert die Naturverbundenheit und Freiheit der Waldbauern; doch er kommt im Schneesturm um. Lorenzo Surprenant steht für die Verlockungen der Zivilisation und des Konsums; Maria zeigt sich nach dem Tod François’ nachgiebiger gegenüber seinen Werbungen. Nach dem Tod ihrer Mutter besinnt sich Maria auf die von den Ahnen ererbte bäuerliche Tradition und heiratet den schlichten Bauern Eutrope Gagnon.

Hémon macht das charakterfestes und gottesfürchtiges Bauernmädchen Maria zum Symbol einer bäuerlichen Volkskultur, was an den Jeanne-d’Arc-Mythos anknüpft. Beeinflusst ist der Roman offenbar vom Epos Mirèio Frédéric Mistrals, der 1904 den Nobelpreis erhalten hatte. Die bürgerlich-katholische Elite der Provinz Québec fand in dieser Gestalt eine Identifikationsfigur im Kampf gegen die zunehmende sozioökonomische Dominanz der Anglophonen. Das Buch war emblematisch für den agrokulturistischen Roman du terroir und trug so zur Entstehung eines frankophonen Nationalbewusstseins bei. U. a. bezog sich der katholische Priester und Autor Félix-Antoine Savard in einem patriotischen Roman über einen Flößer Menaud maître-draveur (Québec 1937) auf diese Vorlage.[1]

Zum internationalen Bestseller wurde das Buch, das allein in Frankreich eine Auflage von 1,5 Millionen erlebte, aufgrund des verbreiteten Unbehagens am Traditionszerfall und der kapitalistischen Modernisierung. Von der Blut-und-Boden-Literatur unterscheidet es sich durch das Fehlen jeglicher Aggressivität; die Melancholie über letztlich unlösbare Widersprüche bewahrt es vor den Peinlichkeiten der Heimatliteratur.[2]

Nach Maria Chapdelaine wurde die Bezirksgemeinde (Municipalité régionale de comté) Maria-Chapdelaine in der Provinz Québec benannt, die zu der Peribonka gehört.

Zahlreiche Übers. in alle Weltsprachen

  • Übers. Cornelia Bruns: Maria Chapdelaine. Rascher, Zürich o. J. (1923) u.ö.
  • Übers. Karin Meddekis: Maria Chapdelaine. Ein Klassiker der franko-kanadischen Literatur. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1999, ISBN 3-404-14221-7 S. 7 – 178[3]
  • in Französisch: Maria Chapdelaine, récit du Canada français . Tundra Books, Toronto 2004, ISBN 0-88776-697-8
  • Nicole Déchamps u. a.: Le mythe de Maria Chapdelaine. University Press, Montreal 1980, ISBN 2-7606-0496-9
  • Árpád Vigh: Le style de Louis Hémon et l'explication des québécismes. Edition Septentrion, Sillery, QC 2002, ISBN 2-89448-308-2
  • Joanna Warmuzinska-Rogbi: Est-il raisonnable de retraduire „Maria Chapdelaine“? In Europe - Canada. Transcultural perspectives. Hg. Klaus-Dieter Ertler u. a. Peter Lang, Bern 2013, S. 113–125
  • Patricia Demers: A Seasonal Romance. Louis Hemon's „Maria Chapdelaine“. ECW Press, Toronto 1993
  • 1934 - Menschen im Norden. Regie: Julien Duvivier, mit Madeleine Renaud als Maria Chapdelaine und Jean Gabin als François Paradis. Gedreht wurde der Film teilweise in Péribon.
  • 1950 - Das träumende Herz (Maria Chapdelaine) – Regie: Marc Allégret
  • 1972 - Tod eines Holzfällers (La mort d’un bûcheron) – Regie: Gilles Carle
  • 1983 - Maria Chapdelaine – Regie: Gilles Carle
  • 2021 - Maria Chapdelaine – Regie: Sébastien Pilote, mit Sara Montpetit als Maria Chapdelaine (in Québecer Französisch)

Project-Gutenberg-Text Public Domain

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Commons: Maria Chapdelaine – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Klaus-Dieter Ertler: Der frankokanadische Roman der dreißiger Jahre: Eine ideologieanalytische Darstellung. De Gruyter, Berlin 2000
  2. Louis Hémon, Kindlers neues Literatur-Lexikon, München 1996. Bd. 4: Gs-Ho, S. 669f.
  3. Zusätzlich enthalten, nur im Inhaltsverzeichnis erkennbar, sind 5 kürzere Erzählungen: Jérôme; Liette, die Schöne dort...; Die Alte; Das Schicksal der Miss Winthrop-Smith; Lizzie Blakestone. Sie stammen aus La Belle que voilà von 1923. Die französischen Fassungen stehen online: Zugang