Maria Grün (Hamburg-Blankenese)
Die Kirche Maria Grün, eigentlich Sankt Mariä Himmelfahrt, in Hamburg-Blankenese ist eine katholische Pfarrkirche aus der Zeit der Weimarer Republik. Sie liegt am südöstlichen Rand des Stadtteils an der Kreuzung von Schenefelder Landstraße und Elbchaussee, unweit der Stadtteilgrenze zu Nienstedten auf ehemals zum Dorf Dockenhuden gehörenden Gebiet. Der Hirschpark und die ehemals ebenfalls eigenständige Siedlung Mühlenberg trennen die Kirche von der Elbe.
Bau und Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kirche wurde 1929 bis 1930 von Clemens Holzmeister errichtet und am 7. September 1930 geweiht. Damit ist sie der letzte katholische Kirchenneubau in Hamburg vor dem Ende der Weimarer Republik. Der ursprüngliche Name Maria im Grünen leitet sich von der baumbestandenen Umgebung (sieben Linden, Parklandschaft) ab. Dieser wurde bereits in den 1930er-Jahren zu Maria Grün verkürzt. Die Kirche ist ein herausragendes Beispiel für den Kirchenbau der Weimarer Republik. Der Bau mit seinen runden Raumkörpern, den beiden Zylindern und dem quaderförmigen Eingangs- und Glockenturm steht in Verbindung mit den Idealen des Neuen Bauens. Die Kreisform ist das überwiegende architektonische Formprinzip. Sie gilt als „sprechende“ Form, die seit der Antike als geometrische Bestimmung Gottes galt. Sie wurde traditionell genutzt, um Geborgenheit und Einheit zu symbolisieren. Diese Form findet sich in den Rundbogenfenstern und der halbrunden Apsis wieder, wo sie für eine konservative Note im Bauwerk sorgt.
Die Kirche Maria Grün ist eine stützenfreie Eisenbetonkonstruktion mit einer Fassade aus Unterelbe-Hintermauerungssteinen mit Oldenburger Klinkern, die das Äußere bestimmen. Holzmeister verwendete das seit Fritz Högers Chilehaus 1922/1924 für den Expressionismus typische Klinker Material, industriell hergestellte gesinterte Steine. Eine halbrunde Freitreppe trägt die Kreisform in den Kirchenvorplatz. Die Nordfassade wird durch die eckigen Formen des Turmes beherrscht, auf der Südseite dominiert ein umlaufendes Sockelgeschoss mit Nischen für Sakristei und Kapellen.
Nach einer Sanierung in den 1980er-Jahren wurde 2007 eine Grundsanierung vorgenommen, bei der insbesondere die Seitenkapellen lichter und zugänglicher gestaltet wurden. Über die Jahre wurde auch der vordere Zugangsbereich mehrfach umgestaltet und unter anderem um eine behindertengerechte Rampe ergänzt.
Ausstattung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Signifikant und prägend für den Innenraum sind die Kirchenfenster des Düsseldorfer Malers Heinrich Campendonk. Die fünf durch überlebensgroße Engelsfiguren dominierten Chorfenster erfüllen die Kirche bei Sonneneinstrahlung dank der Südrichtung mit den bestimmenden Farben Gelb, Orange und Rot. Die weiteren Symbolfenster im Kirchenschiff zeigen die Motive Liebe (Herz), Hoffnung (Anker) sowie Glaube (Kreuz). Ein Duplikat eines der Kapellenfenster befindet sich im Vatikanischen Museum. Die nach der Grundsanierung platzierten sakralen Orte und Objekte Altar, Ambo, Tabernakel, Kreuz und Taufbecken wurden nach einem Entwurf des Hamburger Designers Andreas Kasparek realisiert.[1]
Die Kirchenbänke folgen der Form der kreisrunden Wände des Innenraums, wodurch zum ersten Mal in einer katholischen Kirche Hamburgs der liturgische Bereich und die Gemeinde räumlich zusammengefasst wurden.
Fotografien und Karte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Koordinaten: 53° 33′ 41,6″ N, 9° 49′ 25″ O
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Ostseite
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Eingangsbereich
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Ansicht von Westen
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Orgel und Nordempore
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Deckenfenster im Hauptraum
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Eines der Südfenster
Orgel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1963 besitzt die Kirche eine Beckerath-Orgel. Ihre Disposition lautet:[2]
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- Koppeln: II/I, I/P, II/P
Glocken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu den Glocken der Kirche gehören zwei OTTO-Glocken, die von der renommierten Glockengießerei Otto aus Hemelingen/Bremen im Jahr 1936 gegossen worden waren und die die Glockenzerstörung der Nazis im Zweiten Weltkrieg überstanden haben.[3][4]
Gemeinde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum Gebäudebestand der Gemeinde gehörte anfangs ein in den 1980er-Jahren durch ein neues Gemeindehaus ersetztes Reetdachhaus. Des Weiteren verfügt die Pfarrei über eine dreizügige katholische Grundschule[5] und einen Kindergarten. Letzterer ist im „Paulushaus“ unmittelbar neben der Kirche angesiedelt. Seit den frühen 1990er-Jahren gehört auch ein neuerbauter Seniorenwohnstift in Hamburg-Rissen – nahe der schon vorher dort existierenden Kapelle der Gemeinde mit regelmäßigen Gottesdiensten – zum Gemeindegebiet. Die eigentliche Kapelle wurde 2005 abgerissen, Gottesdienste finden nun im Wohnstift statt.
Die Kirchengemeinde St. Paulus-Augustinus in Hamburg-Groß Flottbek ist seit 2006 mit der Gemeinde Maria Grün fusioniert und wird von der hiesigen Pfarrstelle mitversorgt.[6] Die Kirchengemeinde St. Bruder Konrad in Hamburg-Osdorf gehört seit Anfang 2015 zur Pfarrgemeinde Maria Grün. Seitdem befindet sich die Gemeinde in der Entwicklung eines Pastoralen Raumes mit ebenjener und der Pfarrgemeinde St. Marien in Hamburg-Ottensen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christian Fuhrmeister: Avantgarde in der Diaspora. Die katholische Kirche Maria Grün in Hamburg-Blankenese (1929/30). In: Das Münster. Zeitschrift für christliche Kunst und Kunstwissenschaft. Jg. 52, Nr. 4, 1999, ISSN 0027-299X, S. 331–344.
- Klaus-Detlef Herrn: 65 Jahre Maria Grün in Blankenese. Zur Erinnerung an die Kirchweihe am 7. September 1930. In: Blankenese. Monatszeitschrift des Blankeneser Bürger-Vereins e. V. Jg. 48, Nr. 9, 1995, ZDB-ID 291031-7, S. 3–4.
- Michael Jurk: Aus der Vergangenheit in die Zukunft. Festschrift zur Gründung der Pfarrei St. Maria. Hamburg 2018, (online).
- Ralf Lange: Architektur in Hamburg. Junius Verlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-88506-586-9, S. 283.
- Matthias Gretzschel: Hamburgs Kirchen: Geschichte, Architektur, Angebote. Axel Springer Verlag, Hamburg 2013, ISBN 978-3-86370-116-1, S. 270–275.
- Friedhelm Grundmann, Thomas Helms: Wenn Steine predigen. Medien Verlag Schubert, Hamburg 1993, ISBN 3-929229-14-5, S. 121 f.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Sakralraum 1 - Sakral-Raum-Gestaltung. Abgerufen am 17. Januar 2022.
- ↑ Eintrag in der Orgeldatenbank orgbase.nl. Abgerufen am 6. Oktober 2013.
- ↑ Gerhard Reinhold: Otto Glocken - Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto, Selbstverlag, Essen 2019, 588 Seiten, ISBN 978-3-00-063109-2, hier insbes. S. 539.
- ↑ Gerhard Reinhold: Kirchenglocken - christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen 2019, 556 Seiten, Diss. Radboud Universiteit Nijmegen, nbn:nl:ui:22-2066/204770, hier insbes. S. 498.
- ↑ Geschichte der katholischen Schule Blankenese. Abgerufen am 6. Oktober 2013.
- ↑ Artikel zur Fusion mit Sankt Paulus Augustinus. Abgerufen am 6. Oktober 2013.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- https://www.katholisch-im-hamburger-westen.de/
- Strasse der Moderne. Kirchen in Deutschland (Anja Becker-Chouati M. A., Köln; Deutsches Liturgisches Institut)
- sinnobjekte.de
- Heinrich Campendonk: Buntglasfenster Maria Grün (private Seite)
- Kulturdenkmal in Hamburg-Blankenese
- Pfarrkirche des Erzbistums Hamburg
- Mariä-Himmelfahrt-Kirche
- Kirchengebäude in Hamburg
- Bauwerk der Moderne in Hamburg
- Kirchengebäude der Moderne
- Disposition einer Orgel
- Kirchengebäude in Europa
- Erbaut in den 1920er Jahren
- Kirchengebäude des Neuen Bauens
- Bauwerk im Bezirk Altona