Maria Orska

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Maria Orska, gebürtig Rahel Blindermann, russisch Мария Орская/Marija Orskaja (4. Märzjul. / 16. März 1893greg. in Nikolajew, Russisches Kaiserreich16. Mai 1930 in Wien) war eine Theater- und Kinoschauspielerin russisch-jüdischer Herkunft.

Aufnahme von Alexander Binder
Daisy Orska als Salome. Foto von Arnold Mocsigay, um 1911

Maria Orska entstammte einer angesehenen Familie, ihr Vater war Rechtsanwalt und Mitglied des Stadtrats von Nikolajew. Bereits in ihrer Jugend fiel sie durch ihre große Spielfreude und schauspielerisches Talent auf. Sie wurde von dem deutschen Schauspieler Ferdinand Gregori in St. Petersburg entdeckt und 1909 an das von ihm geleitete Konservatorium in Wien geholt. 1910 folgte sie Gregori an das Hoftheater Mannheim, wo sie als „Daisy Orska“ debütierte und in Stücken von Strindberg und Schnitzler auf sich aufmerksam machte. 1911 kam sie an das Schauspielhaus in Hamburg und wechselte im Sommer 1914, unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs, nach Berlin. Im gleichen Jahr wurde sie Edith Andreae „als junge Anfängerin ans Herz gelegt“, womit eine langjährige intensive Freundschaft begann.[1]

In Berlin besetzte die Exil-Russin mehrfach weibliche Hauptrollen in Werken Strindbergs, Wedekinds und Pirandellos. Seit 1915 wirkte sie auch in Stummfilmen mit, wiederholt unter der Regie von Max Mack. Das Theater blieb jedoch ihr hauptsächliches Arbeitsgebiet, besonders das Hebbel-Theater, wo sie sich in den 1920er Jahren mit ihrer intellektuell-ästhetisierenden Spielweise großer Beliebtheit erfreute. Im von der Hungersnot bestimmten Kriegswinter 1916 stieß die Schauspielerin in der Rolle der Lulu im Theaterstück Der Erdgeist von Frank Wedekind beim Berliner Publikum auf Begeisterung. 1927 folgte eine Aufführung von Hans Kaltnekers Mysterienspiel Die Schwester am Theater in der Königgrätzer Straße in Berlin, in der Orska die lesbische Ruth spielte.

1920 heiratete sie den Bankier Hans von Bleichröder (1888–1938), einen Enkel von Gerson von Bleichröder. Die Ehe wurde 1925 geschieden. Maria Orska litt unter einer schon länger bestehenden Suchterkrankung und war abhängig von Tabletten und Opiaten, was 1930 letztendlich zu ihrem Suizid führte.

Im September nach ihrem Tod wurden in ihrer Wiener Wohnung die Kunstgegenstände und das Mobiliar versteigert. Kurze Zeit später ergriffen die Nationalsozialisten die Macht und damit schwand das Interesse daran, die Erinnerung an eine freie und moderne jüdische Frau wachzuhalten.

„Maria Orska war der Berauschung der Bühne völlig untertan, bis sie darunter zusammenbrach. An dieser seltsamen Erscheinung ließ sich erfahren, wie schwer das Phänomen des Schauspielerischen zu deuten ist. Sie schien ebenso von Kulissenluft eingehüllt, wie sie dann wieder von letzter Schlichtheit war. Sie war Theaterschlange und rechthaberischer Star, etwa in Wildes ‚Salome‘, und war auch die bescheidenste Hedwig in der ‚Wildente‘ [Ibsen]. Sie war heiß und kalt, sie spielte und sie lebte“

Fritz Engel[2]
  • Ursula Overhage: „Sie spielte wie im Rausch“. Die Schauspielerin Maria Orska. Henschel Verlag, Leipzig 2021, ISBN 978-3-89487-816-0.
  • Frank Noack: Maria Orska – Schauspielerin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. Lieferung 40, 2005.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 6: N – R. Mary Nolan – Meg Ryan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 78.
  • Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk, Rowohlt, Reinbek 1993, ISBN 3-499-16344-6.
  • Salomon Wininger: Große jüdische National-Biographie. Band 4. Arta, Czernowitz o. J. [1929], S. 588 (Digitalisat).
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Commons: Maria Orska – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ursula von Mangoldt: Auf der Schwelle zwischen Gestern und Morgen - Erlebnisse und Begegnungen. O. W. Barth, Weilheim/Oberbayern 1963, S. 119
  2. Zitiert nach Fritz Engel. In: Siegmund Kaznelson: Juden im deutschen Kulturbereich. Jüdischer Verlag, Berlin 1962, Seite I11