Massai (Film)

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Film
Titel Massai
Originaltitel Apache
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1954
Länge 91 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Robert Aldrich
Drehbuch James R. Webb
nach dem Roman Broncho Apache von Paul I. Wellmann
Produktion Harold Hecht
Burt Lancaster (ungenannt)
Musik David Raksin
Kamera Ernest Laszlo
Schnitt Alan Crosland junior
Besetzung

Im Abspann ungenannt

Massai (Alternativtitel: Der große Apache und Massai – Der große Apache, Originaltitel: Apache) ist ein US-amerikanischer Western. Regisseur Robert Aldrich drehte ihn 1954 mit Burt Lancaster und Jean Peters in den Hauptrollen.

Als Geronimo 1886 kapituliert, versucht der junge Krieger Massai dies zu verhindern, indem er das Feuer eröffnet, während die indianischen Anführer mit der weißen Fahne auf die Kavalleristen zugehen. Er wird überwältigt und mit seinen Stammesbrüdern in einen Zug gesperrt, der ihn nach Florida deportieren soll. Unterwegs gelingt ihm die Flucht. Bei seinem Heimweg muss er durch besiedelte Gebiete, wobei sich zeigt, wie sehr ihn die Zivilisation verstört.

Im Oklahoma-Territorium bricht er bei einem Cherokee-Indianer ein, der ihn entdeckt und ihm hilft. Zum Abschied schenkt er Massai ein wenig Saatgut. Massai nimmt es mit, obwohl er die Lebensweise seines Gastgebers als Farmer und gehorsamer Ehemann verachtet.

Schließlich erreicht er die alte Heimat, sie ist ihm fremd geworden: Nicht deportiert wurden nur Frauen, Kinder, Greise und Angehörige der Armee. Man begegnet ihm mit Misstrauen. Um seine Freundin Nalinle wirbt der Armeescout Hondo, der von Nalinles Vater, dem trunksüchtigen Santos, bevorzugt wird. Santos verrät Massai, dieser wird gefangen genommen, kann aber ausbrechen. Er beginnt einen „erbarmungslosen Ein-Mann-Krieg“,[1] was nur aufgrund seiner guten Kenntnis des Terrains und seiner akrobatischen Fähigkeiten möglich ist.[2] Da er Nalinle einen Liebesverrat unterstellt, entführt und quält er sie; heiratet sie jedoch, nachdem er ihre ungebrochen treue Liebe erkannt hat, und geht mit ihr in die Berge.

Nalinle bemüht sich, Massais Hass auf die Weißen zu dämpfen; zunächst erfolglos. Die von dem Cherokee-Indianer geschenkten Mais-Körner wirft er nun verächtlich weg. Als Nalinle ein Kind erwartet und Massai sieht, dass die Mais-Körner gekeimt haben, betätigt er sich als Farmer: Er baut eine Hütte und bestellt ein Feld. Da Nalinle Saatgut und Kleidung gestohlen hat, wird ihr Versteck aufgespürt. Massai zieht – mit der Zustimmung Nalinles – in den aussichtslosen Kampf.

Die „Soldaten sind beeindruckt von der Wildheit seines Kampfes. Einen Augenblick tritt eine Atempause ein, bevor die Soldaten zum letzten Schlag ausholen. Da ertönt plötzlich der durchdringende Schrei eines neugeborenen Kindes aus der Hütte und Massai bleibt wie versteinert stehen. Langsam bewegt er sich dann wie unter einem Bann der Hütte zu, von niemandem gehindert, und Sieber sagt: ‚Er hat den Krieg erklärt, aber es scheint, als ob er jetzt Frieden machen wollte.‘ Massai, der Krieger, ist zu einem Familienvater und Bauern geworden, ein leuchtendes Vorbild allen Apachen. Seine rebellische Vergangenheit ist vergeben und vergessen.“[3]

Wie die Produktion das Ende des Films interpretiert, bezeichnet Joe Hembus als „pure[n] Hohn“,[4] denn „verherrlichen“ wolle der Film den „rebellierende[n] Massai, nicht de[n] Familienvater und Bauer[n], der froh sein darf, wenn ihm die Weißen ihre Vergebung gewähren.“[4]

Das Originaldrehbuch enthielt einen düsteren Schluss, demzufolge eine „Denunzierung der Weißen als Mörder“[4] vorgesehen war. Massai sollte nämlich beim Gang zu seinem Kind von hinten erschossen werden. Doch der Produzent Harold Hecht wollte ein optimistisches Ende und verlangte das Drehen eines Alternativschlusses. Nachdem er seinen anfangs widerstrebenden Mitproduzenten Burt Lancaster auf seine Seite gezogen hatte, wurde der Regisseur angehalten, zwei Schlüsse zu drehen. Wohl wissend, dass dann der Schluss genommen werden würde, den er nicht wollte, fügte Robert Aldrich sich, da er sonst ersetzt worden wäre.[5] Noch Jahre später grollte er:

„Die Sache ging verloren, weil ein 500-Dollar-pro-Woche-Regisseur sich niemals gegen Hecht-Lancaster und United Artists durchsetzen kann. Es war ein böser Kompromiß. Man macht einen Film über […] die Unausweichlichkeit von Massais Tod. Sein Mut wird an dieser Unausweichlichkeit gemessen. Die ganzen vorhergehenden zwei Stunden werden sinnlos, wenn er am Schluß einfach weggehen kann.“[6]

Massai zählt zu den unter Kritikern beliebtesten und am meisten geschätzten Filmen von Robert Aldrich, was deutlich wird an Urteilen wie „humanistische[r] Western“,[7] „besonders ‚Massai‘“ verdiene von Aldrichs Western „Anerkennung“[8] und er gehöre zu den „Filme[n] […], die man sehr liebt“,[9] wobei das Lob häufig verbunden ist mit einer kritischen Einstellung zu Aldrichs anderen Western. Im Western-Lexikon von Joe Hembus, das Sterne vergibt nach dem „Grad der Bedeutung von Filmen in der Geschichte des Western“,[10] ist Massai der einzige Western Aldrichs, der mit der Höchstwertung von drei Sternen versehen ist.

Diese Höchstwertung ist jedoch durchaus fragwürdig. Nicht nur das Regisseur Aldrich aufgezwungene "Happy-End" kann man als Schwäche des sicherlich brillant inszenierten Filmes sehen. Mehr als problematisch ist vor allem der Cherokee-Farmer in Oklahoma, der – so der Film – mit seiner Hinwendung zur Landwirtschaft den Weg des weißen Mannes gegangen ist, so einen Modus zur friedlichen Koexistenz mit den Weißen gefunden hat und damit zum Vorbild für die Wandlung von Massai am Ende des Films wird. Tatsächlich waren die Cherokee auf dem Weg der Weißen sehr erfolgreich und haben sogar eine eigene Schrift entwickelt (siehe Wikipedia-Artikel "Sequoyah"). Dies hat sie jedoch keineswegs vor der Deportation aus ihren Stammesgebieten im Osten der USA nach Oklahoma in den 1830er Jahren geschützt (siehe Wikipedia-Artikel "Pfad der Tränen").

Synchronisation

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Von der Ultra-Film Synchron GmbH in Berlin wurde 1954 eine Synchronisation produziert.[11]

Rolle Darsteller Synchronsprecher[11][12]
Massai Burt Lancaster Curt Ackermann
Nalinle Jean Peters Edith Schneider
Al Sieber John McIntire Eduard Wandrey
Hondo Charles Bronson Franz Nicklisch
Weddle John Dehner Siegfried Schürenberg
Santos Paul Guilfoyle Alfred Balthoff
Clagg Ian MacDonald Walther Suessenguth
Kolonialwarenhändler Paul E. Burns Hans Hessling

„[P]oetisch[] und feinfühlig[] […].“

François Truffaut, 1955[13]

„Im Mittelpunkt des ruhigen, sorgfältig inszenierten Western steht eine interessante Charakterstudie.“

„Wichtiger als Massais Kleinkrieg ist diesem Film seine allmählich wachsende Erkenntnis, daß die Reste seines Volkes nur als Bauern und nicht als Jäger überleben können. Der Schluß ist leider allzu sentimental und pathetisch geraten.“

„Sehr sehenswert[.]“

Uwe Nettelbeck: Filmtips, 1968, zur Wiederaufführung des Films in deutschen Kinos[15]

„Plädoyer für die Indianer[.]“

Barbara Buhl [?]: Filmtips, 1973[16]

„In der grandiosen, endlosen Fahraufnahme, in der Massai durch die Straßen von St. Louis läuft und die ihm fremde, unheimliche Welt der Zivilisation erlebt, ist die komplette Entfremdung der Indianer als historische Beschreibung wie als Vision fixiert.“

Joe Hembus: Western-Lexikon, 1976[17]

„Massai ist nicht nur der Indianer, er ist der freie Mensch überhaupt, der in der amerikanischen Gesellschaft keinen Platz hat.“

Georg Seeßlen: Western, 1979[18]

Einzelnachweise

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  1. a b Dieter Krusche unter Mitarbeit von Jürgen Labenski: Reclams Film-Führer. 5., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 1982 [1. Auflage 1973], ISBN 3-15-010205-7, S. 48.
  2. Vgl. das Standfoto, das den eine Felsspalte überspringenden Massai zeigt, in: Georg Seeßlen: Western. Geschichte und Mythologie des Westernfilms (= Grundlagen des populären Films). Überarbeitete und aktualisierte Neuauflage. Schüren, Marburg 1995 [1. Ausgabe 1979 von G. Seeßlen und Claudius Weil], ISBN 3-89472-421-8, S. 125.
  3. Inhaltsangabe der Produktion. Zitiert nach: Illustrierte Film-Bühne. Nr. 2612 [etwa 1954]. In: Illustrierte Film-Bühne IV. [Schwarz-Weiß-Reproduktionen von Filmprogrammheften zu] 50 Western. Ausgewählt und eingeleitet von Joe Hembus. Verlag Monika Nüchtern, München 1980, ISBN 3-922674-13-5. Teilweise zitiert in: Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 283.
  4. a b c Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 283.
  5. Vgl.: Robert Aldrich. In: Charles Higham, Joel Greenberg: The Celluloid Muse – Hollywood Directors Speak. Signet, New York, NY 1972 [Erstausgabe London 1969]. Deutsche Übersetzung einer längeren Passage in: Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 283.
  6. Robert Aldrich. In: Charles Higham, Joel Greenberg: The Celluloid Muse – Hollywood Directors Speak. Signet, New York, NY 1972 [Erstausgabe London 1969]. Zitiert nach der deutschen Übersetzung in: Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 283.
  7. Marcus Stiglegger: [Artikel] Robert Aldrich. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Auflage 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 7–10, hier 7.
  8. uwe [Uwe Nettelbeck]: Film. In: Die Zeit, Nr. 9/1964 [Kurzrezension zu Vier für Texas] .
  9. BB: Filmtips. In: Die Zeit, Nr. 35/1971 [Kurzrezension zu Schrei, wenn wir verrecken!].
  10. Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 30.
  11. a b Massai – Der grosse Apache. In: synchrondatenbank.de, Synchrondatenbank, abgerufen am 13. August 2019.
  12. Massai – Der große Apache. In: Deutsche Synchronkartei. Abgerufen am 13. August 2019.
  13. François Truffaut: Kiss Me Deadly [1955]. In: Ders.: Die Filme meines Lebens. Aufsätze und Kritiken. Deutsch von Frieda Grafe und Enno Patalas. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1979 [Erstausgabe der Übersetzung 1976, französisches Original 1975], ISBN 3-423-01449-0, S. 99 f., hier 100.
  14. Massai. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 22. März 2016.
  15. Uwe Nettelbeck: Filmtips. In: Die Zeit, Nr. 50/1968
  16. BB [Barbara Buhl?]: [Kurzrezension zu] Keine Gnade für Ulzana. In: EKP u. a.: Filmtips. In: Die Zeit, Nr. 14/1973 [Sammelrezension, Abschnitt „Fragwürdig“]. Das Kürzel B. B. wurde Barbara Buhl zugeschrieben, da es sich findet in: Thomas Koebner unter Mitarbeit von Kerstin-Luise Neumann (Hrsg.): Filmklassiker. Beschreibungen und Kommentare (= RUB. Nr. 9414–9418). 4 Bände. Reclam, Stuttgart 1995, ISBN 3-15-030011-8, Band 1, S. 17.
  17. Joe Hembus: Das Western-Lexikon. 1567 Filme von 1894 bis heute. [Erweiterte Neuausgabe von Benjamin Hembus] (= Heyne Filmbibliothek. Nr. 32/207). Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [Erstausgabe 1976], ISBN 3-453-08121-8, S. 284.
  18. Georg Seeßlen: Western. Geschichte und Mythologie des Westernfilms (= Grundlagen des populären Films). Überarbeitete und aktualisierte Neuauflage. Schüren, Marburg 1995 [1. Ausgabe 1979 von G. Seeßlen und Claudius Weil], ISBN 3-89472-421-8, S. 126.