Matronae Albiahenae

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Albiahenae sind Matronen, die durch vier Weiheinschriften aus dem 2./3. Jahrhundert aus Elvenich, Kreis Euskirchen überliefert sind.

Auffindung und Inschriften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Weihesteine wurde durch das Bonner Provinzialmuseum um 1862 bei einem Kölner Antikenhändler erworben, der versicherte, dass die Steine aus Ober-Elvenich bei Zülpich stammen und dort in der Flur im „Heidenfelde“ gefunden wurde und vermutlich aufgrund ihres behauenen, fragmentarischen Zustand als Spolien für die Verwendung als spätantike/völkerwanderungszeitliche Grabwandungen dienten.[1]

„[Matronis] Albia/[henis 3] tiae / [ 3]vera / [v(otum) s(olvit)] l(ibens) [m(erito)][2]

„[Albi]ahenis / [3 Da]gionius / [Ro]manus(?) et(?) / [L]ucilius Da/[g]ionius Su/[p]er v(otum) s(olverunt) l(ibentes) m(erito)[3]

„Albiahen[is] / Macrin[ius] / [3]VI[[4]

„A]lbiahenis / [S]uperini[us] / [I]ustin[us] / [v(otum)] s(olvit) [l(ibens) m(erito)][5]

Die Namen der Dedikanten deuten auf eine einheimische romanisierte ubische Herkunft hin. Die Formen Dagionius gehören zur keltischen Schicht der überlieferten Namen der Ubier und leiten sich von keltisch dago- = „gut“ ab (vgl. weiblicher Name „Dagina“[6]). Das Patronymikon „Macrinius“ zeigt die für das niederrheinische Spektrum einschlägige -inius Endung auf Basis römischer Gentilnamenvorlagen.[7]

Beiname und Deutung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Beiname zählt zur Gruppe der Matronenbeinamen, die das Suffix -nehae zeigen, das eine germanische Ableitung vom keltischen Ortsnamensuffix -iacum ist und daher zur großen Gruppe der Beinamen nach einem Ortsnamen (Toponym) gehört. Gutenbrunner konstruierte daher die keltische Vorlage *Albiacum (daraus das heutige Elvenich). Diese Deutung Gutenbrunners hat sich etabliert mit teilweise unterschiedlichen funktionellen Deutungen der Albiahenae.

Günter Neumann hält aufgrund von Beiträgen Hans Krahes zur alteuropäischen Hydronomie (Gewässernamen) eine Ableitung der Albiniehae von einem Gewässernamen für möglich und zieht dazu die Belege der Almaviahenae, Aumenahenae, Nersihenae und Renahenae hinzu. Krahe hatte darauf hingewiesen, dass gleiche Gewässernamen, beziehungsweise deren Stammwörter, öfters in überregionalen Kontexten erscheinen. Neumann vergleicht den Stamm Albi- mit dem im Namen der Elbe, sowie analog die Stämme der Nesinehae und Almaviahenae (Nersi-, Alma-) mit den Flussnamen der Niers und Alme.

Theo Vennemann leitet in der Folge der älteren Forschung (Gutenbrunner) den Namen streng von einem gallorömischen Ortsnamen *Albiniiacum ab, der möglich aus einem Hydronymstamm *Alb-a gebildet wurde. Aus der von ihm angenommenen Zwischenform eines gallorömischen Matronenbeinamens *Albiacinae wurde durch die ubischen Dedikanten die überlieferte latinisierte germanische Form des Beinamens gebildet.

Patrizia de Bernardo Stempel deutet den Beinamen als ein keltisch-germanisches Kompositum mit der Bedeutung als Matronen „die zur diesseitigen Welt gehören“.

Die Funktion der Matronae Albiahenae liegt nach Simek in der Schutz- und Segenspendung und Wahrung für die ländliche Vicus/Villa (einheimische romanisierte) Bevölkerung der südlichen Germania inferior und speziell für die Siedlung, die sich namentlich im heutigen Ortsnamen Elvenich fortsetzt.

  • Siegfried Gutenbrunner: Die germanischen Götternamen der antiken Inschriften. Max Niemeyer, Halle an der Saale 1936, S. 188 ff.
  • Hans Krahe: Zu einigen Namen westgermanischer Göttinen. In: Beiträge zur Namenforschung. Band 13, 1962, S. 268–276.
  • Günter Neumann: Die germanischen Matronenbeinamen [Matronen und verwandte Gottheiten (1987), S. 103–132. Beihefte der Bonner Jahrbücher 44]. In: Astrid van Nahl, Heiko Hettrich (Hrsg.): Günter Neumann – Namenstudien zum Altgermanischen (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde). Band 59. de Gruyter, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-11-020100-0, S. 262–263 (kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei De Gruyter online).
  • Ders.: Matronen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 19, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017163-5, S. 438–440.
  • Rudolf Simek: Religion und Mythologie der Germanen. WBG, Darmstadt 2003, S. 123.
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X, S. 6, 123.
  • Theo Vennemann: Morphologie der niederrheinischen Matronennamen. In: Edith Marold, Christiane Zimmermann (Hrsg.): Nordwestgermanisch (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde). Band 13. de Gruyter, Berlin u. a. 1995, ISBN 978-3-11-014818-3, S. 272–291; hier 277, 281 (kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei de Gruyter).
  • Ders.: Die ubischen Matronae Albiahenae und der kelto-römische Mercurius Cimiacinus. Mit einem Anhang über den Weißenburger Mercurius Pro[i]tium*. In: Beiträge zur Namenforschung. Neue Folge, Band 28, 1993, S. 271–300.
  1. J. Freudenberg: Neue Matronensteine und Inschriften. In: Bonner Jahrbücher. Band 33/34, 1863, S. 192 ff. (Digitalisat).
  2. CIL 13, 7933
  3. CIL 13, 7934
  4. CIL 13, 7935
  5. CIL 13, 7936
  6. CIL 13, 8481
  7. Leo Weisgerber: Die Namen der Ubier. S. 77, 86, 115, 157, 175, 353f.