Matronae Amfratninae
Die Amfratninae oder in der Nebenform Amratninae sind Matronen, die aus mehreren neugefundenen Weiheinschriften aus Eschweiler-Fronhoven überliefert sind und aus dem 2. bis 3. Jahrhundert stammen.
Auffindung und Inschriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Vorlauf der Erschließung des Braunkohletagebaugebiets „Zukunft West“ 1980 wurde im Eschweiler Ortsteil (heute abgebaggerten) Fronhoven nach ersten Prospektionen in der Flur „Domerberg“ ein römerzeitliches Heiligtum mit Apsis ergraben bei dem durch Funde zahlreicher Votivsteine für die bereits bekannte Matronae Alaferhviae zwölf Voten für die bis dato unbekannten Amfratnihenae ausgegraben wurde. In den Inschriften erscheint die Nebenform Amratninae in vier Inschriften, beziehungsweise Fragmenten. Die Matronen wurden durch eine insichriftlich belegte, männerbündische Kurie der curia Amartnina verehrt.[1]
„[Amf]ratnihen[is] / [---]aniae Titaca [et] / [---]is M[------ [2]“
„Matron(is) / Amratnine(is) / Optius Qua[r]/[tio? ------[3]“
„Amfratnichenis / C(aius) Iul(ius) Tertius / ex [im(perio) ip(sarum)] p(osuit) l(ibens) m(erito)[4]“
„Matronis / Amfratnineis / T(itus) Iulius Secun/dus v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito)[5]“
„Amfratninis / L(ucius) Nigrinius / Comes l(ibens) m(erito)[6]“
„Matronis / Amfratninechi[s] / C(aius) Ferenniu[s] / Opt[a]tus p[ro] / [se et suis? ------[7]“
„Matronis / [A]mfratnin(e)chis / Q(uintus) Quintinius / [-]p[------[8]“
„M(atronis) Amartn(i)n/[e]his T(itus) Iulius / Vitalis pro / se [et suis] v(otum) / s(olvit) l(ibens) m(erito)[9]“
„Matronis / Amfratnin/ehis Q(uintus) Asi[[10]“
„[A]mfra[tninehis] / [3] Anto[nius(?) 3]ar[3] / Ca[3] p(ro) se et s(uis) / v(otum) [s(olvit)] l(ibens) m(erito)[11]“
„Amratnin[eis] / [[12]“
„] / [A]mfrat[nineis(?)] / [3]sic[3] / [3]T[[13]“
Beiname und Deutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Deutung des Namens haben Günter Neumann und Robert Nedoma Lösungen vorgeschlagen, wobei Neumann von der Variante „Amratninae“ als Basis ausgeht und Nedoma die Hauptform, als ältere Form, für seine Deutung ansetzt. Theo Vennemann sieht in der Form zwei kompositale Glieder enthalten, die seiner Sicht nach geläufige „toponymische Basen“ zeigen, die er jedoch an keinem Toponym aus dem Umkreis von Eschweiler anbinden kann.
Neumann sieht in etymologische Deutung Schwierigkeiten passende Wortstämme als Basis festzustellen in der Relation der beiden Namenvarianten. Er präferiert die Nebenform Amratninae gegenüber der Form mit eingefügtem (Epenthese) Konsonanten f und postuliert einen Nominalstamm amra- der in den altgermanischen Sprachen als Homonym belegt ist und im Altnordischen die Bedeutung von „bitter“ hat und in althochdeutsch amaro die Getreideart des Sommerdinkels, beziehungsweise des Emmers bezeichnet und liegt im Ortsnamen Amorbach vor. Das Suffix -atn- sieht er ebenfalls als schwer anbindbar, sodass Neumann eine Verschreibung t aus þ für ein germanisches Suffix *þan- und konstruiert ein hypothetisches *amra-þan- = „Bitterkeit, mit Ampfer bewachsen“ anzusetzen wäre der Name eine Ableitung von einem Toponym darstellt. Er betont, dass kein Parallelfall mit dem Suffix -þan- besteht, weder in einem Orts-Pflanzennamen verwirklicht belegt ist.
Nedoma deutet aus den Schwierigkeiten heraus die Neumann festgestellt hat, die Hauptform als die ältere Form, da sie die schwieriger zu lesende ist (Lectio difficilior) und segmentiert anders als Neumann. Er trennt zunächst das Präfix am- aus *an(a)- = „an“ ab und erhält den Stamm -fraþn- zu althochdeutsch (gi)frad = „tüchtig, bewirkend, überzeugend“, somit würde der Beiname die Wirksamkeit, den günstigen Einfluss und das hilfreiche Wesen der Matronen bezeichnen.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Frank Biller: Kultische Zentren und Matronenverehrung in der südlichen Germania inferior. Verlag Marie Leidorf, Rahden/Westf. 2010, ISBN 978-3-89646-734-8, S. 246 ff.
- Anna-Barbara Follmann-Schulz: Die römischen Tempelanlagen in der Provinz Germania inferior. In: Wolfgang Haase (Hrsg.): Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Bd. II 18, 1 Religion (Heidentum: Die religiösen Verhältnisse in den Provinzen), de Gruyter, Berlin/New York 1986. ISBN 3-11-010050-9, S. 672–793; hier 762, 782, Tafel VIII.
- Wolfgang Gaitzsch: Ausgrabungen und Funde 1980: Eschweiler, Kr. Aachen. 1. In: Bonner Jahrbücher 182, 1982, S. 487–491.
- Robert Nedoma: Matronae Amfratninae. In: Beiträge zur Namenforschung N.F. 24 (1989), S. 292–294.
- Günter Neumann: Matronen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 19, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017163-5, S. 438–440 (Ansicht in der Google-Buchsuche).
- Günter Neumann: Die germanischen Matronenbeinamen. In: Matronen und verwandte Gottheiten (= Beihefte der Bonner Jahrbücher 44). Rheinland-Verlag, Köln / Habelt, Bonn 1987, ISBN 3-7927-0934-1, S. 103–132 = Astrid van Nahl, Heiko Hettrich (Hrsg.): Günter Neumann: Namenstudien zum Altgermanischen (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 59). de Gruyter, Berlin u. a. 2008, ISBN 978-3-11-020100-0, S. 253–289; hier 284 Anmerkung 22, sowie S. 64, 67, 233 ff., 265 (kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei de Gruyter).
- Christoph B. Rüger: Römische Inschriftenfunde aus dem Rheinland 1978–1982, mit einem Beitrag von Brigitte Beyer. In: Epigraphische Studien 13 (1983).
- Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X, S. 6, 123.
- Theo Vennemann: Die mitteleuropäischen Orts- und Matronennamen mit f, Þ, h und die Spätphase der Indogermania. In: George E. Dunkel et al. (Hrsg.): Früh-, Mittel-, Spätindogermanisch. Reichert, Wiesbaden 1994, ISBN 3-88226-735-6, S. 403–426; hier 408 f.
- Theo Vennemann: Morphologie der niederrheinischen Matronennamen. In: Edith Marold, Christiane Zimmermann (Hrsg.): Nordwestgermanisch (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde). Band 13. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 1995, ISBN 978-3-11-014818-3, S. 272–291; hier 277, 281 (kostenpflichtig Germanische Altertumskunde Online bei de Gruyter).