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Matthias Moosdorf

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Matthias Moosdorf (* 20. April 1965 in Leipzig[1]) ist ein deutscher Cellist und Politiker (AfD). Seit 2021 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags.[2][3]

Matthias Moosdorf ist der Sohn des Leipziger Violinisten Otto-Georg Moosdorf.[4] Nach der Berufsausbildung (Elektronik) mit Abitur studierte er an der Hochschule für Musik in Leipzig bei Jürnjakob Timm, Wolfgang Weber und Gerhard Bosse. 1991 legte er das Konzertexamen ab und war bis 1996 Assistent an der Leipziger Hochschule, an der er anschließend bis 2006 einen Lehrauftrag für Violoncello und Kammermusik innehatte.[5]

Moosdorf war von 1988 bis 2019 Mitglied des Leipziger Streichquartetts, mit dem er über 120 CDs einspielte und in 60 Ländern gastierte. Gleichzeitig war er von 1991 bis 2001 Solocellist im Leipziger Kammerorchester. Von 2006 bis 2014 spielte er im Trio Ex Aequo mit Gerald Fauth (Klavier) und Matthias Wollong (Violine) sowie seit 2007 im Trio Ecco (!) mit Olga Gollej (Klavier) und Karl Leister (Klarinette). Bis 2018 war er künstlerischer Leiter der Musikreihe „Musique aux Salles de Pologne“. Er spielt auf einem Cello von Andrea Guarneri aus dem Jahr 1697.[5]

Seit August 2024 ist er Honorarprofessor an der Moskauer Gnessin-Musikhochschule.[6] Der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz kritisierte, dass diese Berufung zeige, wie eng die Drähte zwischen Moskau und der AfD seien. „Wie man als außenpolitischer Sprecher glaubhaft Politik machen will, während man sich aus Diktaturen über Honorarprofessuren finanzieren lässt, weiß wohl nur die AfD selbst“, sagte von Notz.[7]

Im September 2016 trat Moosdorf der Partei Alternative für Deutschland bei. Innerparteilich galt er zunächst als enger Vertrauter der Parteivorsitzenden Frauke Petry und ihres Gatten Marcus Pretzell, an deren Hochzeitsfeier er im Dezember 2016 mitwirkte. Er verfasste Texte für Petrys Blog „Der Blaue Kanal“ und fungierte als Berater der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag.[4] Nach einem Zerwürfnis mit Petry und Pretzell wandte sich Moosdorf dem rechten Parteiflügel zu.[8]

Gemeinsam mit Michael Klonovsky setzte er sich für die Gründung einer parteinahen Stiftung der AfD unter der Bezeichnung „Gustav-Stresemann-Stiftung“ ein. Etwa seit Januar 2018 war Moosdorf wissenschaftlicher Mitarbeiter des bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Hebner.[9][10] Er gehörte zu den Erstunterzeichnern der Gemeinsamen Erklärung 2018 gegen „illegale Masseneinwanderung“.[11]

Laut Berichten der Leipziger Volkszeitung, Redaktionsnetzwerks Deutschland und der Zeit im November 2018 war Moosdorf der hauptverantwortliche Treiber für die AfD-Kampagne gegen den UN-Migrationspakt.[12][13] Im Januar 2018 habe Matthias Moosdorf erstmals vom Migrationspakt erfahren, die AfD habe eine Debatte im Ausschuss des EU-Parlaments erzwungen. Moosdorf habe die Akten studiert, sich über das Büro Hebner international mit FPÖ, SVP, dem polnischen Botschafter und Italienern ausgetauscht und deutschlandweit Vorträge gehalten. Bis September 2018 sei es gelungen, die Widerstände in der Partei gegen das sperrige Thema zu überwinden.[14]

Seit Februar 2020 ist er Beisitzer im Parteivorstand der AfD Sachsen.[15]

Bei der Bundestagswahl 2021 zog Moosdorf mit 25,6 % der Erststimmen im Wahlkreis Zwickau als Direktkandidat in den Bundestag ein.[16] Von 2021 bis 2024 war er außenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion.[17]

Funktionen und Mitgliedschaften

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  • 2019 stellv. Vorsitz der Oswald-Spengler-Stiftung (vorher: Gustav Stresemann Stiftung)
  • Mitglied und Vorstand der Gesellschaft Harmonie Leipzig
  • Geschäftsführung der Pierrot Lunaire GmbH
  • Außerordentliches Mitglied des Goethe-Instituts

Preise und Auszeichnungen

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Kritik und Kontroversen

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Im März 2017 berichtete der Musikkritiker Arno Lücker im Musikblog der Neuen Musikzeitung kritisch über Moosdorfs politisches Engagement und Äußerungen, die Lücker als rechtspopulistisch charakterisierte. Er sei irritiert gewesen: „Also der postet halt jeden Tag mehrere Artikel gegen Flüchtlinge, veröffentlicht angebliche Statistiken von gestiegenen Vergewaltigungszahlen von Flüchtlingen. Und das geht eigentlich gar nicht.“ Moosdorfs Taktik, die Lücker an ausgewählten Screenshots seiner fast täglichen Beiträge darstellte, gehe so: „Aus den seriösen Medien sucht er sich einseitig diejenigen Meldungen heraus, in denen es um Kriminalität von Flüchtenden oder anderen Menschen mit Migrationshintergrund geht. […] Ein bedauerlicher Fall von Rechtspopulismus.“[18][19] Jan Sternberg (rnd) kommentierte, wer wie Trump und Moosdorf an eine von interessierter Stelle geförderte „no borders“-Ideologie glaube, sehe den Migrationspakt davon durchflossen. Jede Formulierung scheine dann den Beweis abzugeben, auch wenn der Text dies nicht meine.[20]

Im August 2018 schrieb Moosdorf in einem Blog-Kommentar dem ehemaligen Pfarrer der Leipziger Thomaskirche, Christian Wolff, eine Mitverantwortung für Gewaltdelikte in Deutschland zu: „Ärzte werden früh in ihrer Sprechstunde für andere Menschen von Migranten ermordet, Mädchen werden vergewaltigt und umgebracht. Jeden Tag. Und Leute wie Sie, die das alles von der unsäglichen Kanzel mit auf den Weg gebracht haben, sorgen sich um das Bild in der Öffentlichkeit.“ Ein Strafantrag Wolffs gegen Moosdorf wegen Verleumdung wurde von der Staatsanwaltschaft Leipzig zurückgewiesen.[21][22] Moosdorf bezeichnete die Vorwürfe auf Nachfrage als unsinnig, da Verleumdung Öffentlichkeit brauche, sein Kommentar aber nicht veröffentlicht worden sei.[23] Die Staatsanwaltschaft sah die Tatbestände der Verleumdung und der üblen Nachrede nicht erfüllt, da es sich um Werturteile handele, die wegen fehlender Veröffentlichung auch keine Behauptung gegenüber Dritten darstelle. Wolff kritisierte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft.[24] Moosdorf wurde außerdem von Christian Grimm (Augsburger Allgemeine) die Aussage zugeschrieben, Migranten seien „völlig unberechenbare, unserer Kultur fremde Menschen“.[25]

Moosdorf ist verheiratet und hat vier Kinder.[26]

  • Ludwig van Beethoven. Die Streichquartette. Bärenreiter 2007, ISBN 978-3-7618-2108-4
  • Gehört der Islam zu Deutschland? Broschüre der AfD, Redaktion Matthias Moosdorf.[27]

Einzelnachweise

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  1. Matthias Moosdorf, AfD. bundestag.de, abgerufen am 7. Oktober 2021.
  2. Gewählte 'M' - Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 28. September 2021.
  3. Matthias Moosdorf. In: AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Abgerufen am 30. August 2024 (deutsch).
  4. a b Inge Kloepfer: Wut, Bürger. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. April 2017, S. 22.
  5. a b Lebenslauf Matthias Moosdorf (Memento vom 14. Dezember 2018 im Internet Archive) auf der Website des Leipziger Streichquartetts, abgerufen am 30. August 2019.
  6. Politische Ausrichtung „interessiert mich nicht“: AfD-Bundestagsabgeordneter nimmt Professur an Moskauer Hochschule an. In: Tagesspiegel. 9. Oktober 2024, abgerufen am 9. Oktober 2024.
  7. Nebenjob in Moskau: AfD-Abgeordneter als Honorarprofessor tätig, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Oktober 2024, S. 4.
  8. Henriette Jedicke: Strippenzieher mit Verbindung zur extremen Rechten – Das sind die radikalen AfD-Hintermänner. In: Focus (online), 22. März 2018.
  9. Matthias Kamann: AfD-Gutachten rät Partei ab, Stiftung nach Stresemann zu benennen. In: Welt (online), 1. März 2018.
  10. Nicola Abé u. a.: Die Schlafwandler. In: Der Spiegel. Nr. 50/2018, 8. Dezember 2018, S. 16.
  11. Jan Sternberg: Tellkamp, Sarrazin, Broder: „Erklärung 2018“ besetzt rechte Positionen. In: Leipziger Volkszeitung (online), 20. März 2018.
  12. Jan Sternberg: Ein Leipziger Cellist steckt hinter der Anti-Migrationspakt-Kampagne. 20. November 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. November 2020; abgerufen am 24. Mai 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.maz-online.de
  13. Mariam Lau, Mark Schieritz, Michael Thumann: UN-Migrationspakt: Rekonstruktion eines Missverständnisses. In: Die Zeit. 29. November 2018, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 30. August 2024]).
  14. Leipziger Volkszeitung: AfD: Ein Leipziger Cellist steckt hinter der Anti-Migrationspakt-Kampagne. 20. November 2018, abgerufen am 30. August 2024.
  15. Urban weiter AfD-Chef in Sachsen www.sueddeutsche.de, 1. März 2020
  16. Ergebnisse Zwickau - Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 29. September 2021.
  17. Annika Leister: Zu russlandfreundlich: Moosdorf als Leiter des Arbeitskreis Außen der AfD abgesetzt. In: t-online.de. 12. November 2024, abgerufen am 12. November 2024.
  18. Arno Lücker: Rechtspopulismus und klassische Musik III - Matthias Moosdorf (Musiker im Leipziger Streichquartett) – Bad Blog Of Musick - nmz Klassik-Blog. In: Bad Blog Of Musick. 12. März 2017, abgerufen am 30. August 2024 (deutsch).
  19. Klaus Fischer: Musiker und Politik - Rechtspopulismus in der Klassikszene. In: deutschlandfunk.kultur. 27. März 2017, abgerufen am 30. August 2024.
  20. Jan Sternberg: AfD: Ein Leipziger Cellist steckt hinter der Anti-Migrationspakt-Kampagne. In: RedaktionsNetzwerk Deutschland. 20. November 2018, abgerufen am 30. August 2024.
  21. mdr.de: Pfarrer Wolff kritisiert Staatsanwaltschaft Leipzig scharf | MDR.DE. Abgerufen am 24. Mai 2019.
  22. Strafantrag gegen Matthias Moosdorf (AfD) – CHRISTIAN WOLFF. 3. September 2018, abgerufen am 30. August 2024 (deutsch).
  23. Leipziger Volkszeitung: Leipziger Ex-Pfarrer Wolff stellt Strafantrag gegen AfD-Mitarbeiter. 29. August 2018, abgerufen am 30. August 2024.
  24. Leipziger Volkszeitung: Strafantrag von Leipziger Pfarrer gegen AfD-Mitarbeiter zurückgewiesen. 19. September 2018, abgerufen am 30. August 2024.
  25. Christian Grimm: Wahlsieger AfD: Warum tickt der Osten auch 31 Jahre nach der Wiedervereinigung noch anders? In: Augsburger Allgemeine. 1. Oktober 2021, abgerufen am 30. August 2024.
  26. Matthias Moosdorf, AfD Musiker, auf bundestag.de
  27. Gehört der Islam zu Deutschland? (PDF; 0,4 MB)