Max Wittwer

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Max Wittwer (22. August 1896[1] in Regensburg[2]; † 1977) war ein deutscher Chemiker und Werkleiter einer Rüstungsfabrik der I.G.-Farben-Konzerntochter Anorgana in Gendorf.

Ausbildung und Anorgana-Werkleiter

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Wittwer brachte es im Ersten Weltkrieg bei der Artillerie und später beim Luftkorps zum Leutnant, studierte anschließend in Freiburg im Breisgau Chemie und promovierte 1923.[3] Seine erste Anstellung erhielt er am I.G.-Farben-Standort Ludwigshafen, wo er an der Entwicklung des Chlorhydrin-Verfahrens zur Herstellung von Ethylenoxid beteiligt war.[4] Im Dezember 1940 wurde er erster Werkleiter der neu errichteten Anorgana-Niederlassung im oberbayerischen Gendorf (Landkreis Altötting). Im nahen Trostberg war sein Bruder Dr. Wilhelm Wittwer Wehrwirtschaftsführer und Leiter der kriegswichtigen Bayerischen Stickstoffwerke AG. Der als „Waschmittelfabrik“ getarnte Anorgana-Rüstungsbetrieb im Eigentum der Wehrmacht sollte unter der (verschleierten) Regie der I.G.-Farben-Industrie der Herstellung von Giftgas und anderen kriegswichtigen Stoffen dienen und beschäftigte neben einheimischen Arbeitern zahlreiche Ausländer, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, sowie KZ-Häftlinge aus Dachau. Vorgesetzter von Wittwer, seit dem 1. August 1941 NSDAP-Mitglied, war Anorgana-Geschäftsführer Otto Ambros, ebenfalls Oberpfälzer, der auch für die I.G.-Farben-Fabrik in Auschwitz zuständig war.

Umgang mit Arbeitskräften

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Als Werkleiter hatte sich Wittwer um gravierende technische Probleme, vor allem aber um den im Kriegsverlauf zunehmenden Arbeitskräftemangel und fehlende Unterkünfte zu kümmern. So beschwerte er sich 1942 darüber, dass die sowjetischen Arbeiter, die das Arbeitsamt nach Gendorf geschickt hatte, zum Teil minderjährig waren und ausschließlich Erfahrung in der Landwirtschaft hatten. Den US-Untersuchungsbehörden beschrieb Wittwer die unübersichtliche Rekrutierungspolitik so: „Die Russen kamen über das Arbeitsamt. Die italienischen Militärinternierten und die Kriegsgefangenen kamen aus Straflagern, wir zahlten für sie etwa den gleichen Betrag wie für die Häftlinge aus Dachau. Italienische Zivilarbeiter wurden durch das Lagerbüro angestellt, nachdem die zuständigen Behörden unseren Bedarf genehmigt hatten. Die französischen Arbeiter bekamen wir teilweise über Arbeitsagenturen in Frankreich. Die Griechen und die anderen Nationalitäten bekamen wir, wie die zivilen Italiener, über das Arbeitsamt.“[5] Zahlreiche Arbeiter starben bei Unfällen, durch gepanschten Alkohol, Mangelernährung und Gewalttätigkeiten. Nahe dem Werksgelände wurde eine Entbindungsanstalt für „Ostarbeiterinnen“ errichtet, in der etwa 150 Neugeborene an Kälte und Unterernährung starben.

NS-Propagandist

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Im Gegensatz zu seinem Bruder war Wittwer, der ab 3. April 1942 zum „stellvertretenden Geschäftsführer“ der Anorgana aufgestiegen war, kein fanatischer Nationalsozialist, gab sich aber absolut linientreu und mühte sich in seinen Reden vor der Belegschaft die Arbeitsmotivation zu steigern: „So kämpfen Sie hier mit ihrer Arbeit genauso für diesen Sieg, wie deutsche Soldaten mit ihren italienischen Waffenbrüdern in Afrika, und die italienischen Divisionen in der UdSSR mit deutschen Truppen! Vergessen Sie nicht, dass Ihre Leistungen und Ihre Strapazen und Unannehmlichkeiten, die sie hier auf der Arbeitsstelle zu erdulden haben, klein sind, im Vergleich zu den ungeheuren Anstrengungen unserer Soldaten, die ihr Leben und ihre Gesundheit einsetzen müssen für unseren Sieg.“[5]

Kriegsende und Festnahme

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In den letzten Kriegstagen verhinderte Wittwer gemeinsam mit seinem Bruder und Otto Ambros die Sprengung der verkehrswichtigen Alzbrücke. Am 10. Juni 1945 wurde er von der US-Militärpolizei verhaftet und in das Internierungslager und Verhörzentrum „Dustbin“ auf Schloss Kransberg im Taunus bei Frankfurt am Main gebracht. Unter den Häftlingen waren der prominente Biologe und Pharmakologe Gerhard Böttger, Dr. Otto Ambros, Dr. Walter Reppe und Dr. Jürgen von Klenck. Die Spruchkammer stufte Wittwer zunächst als »Mitläufer« ein, in einem zweiten Verfahren wurde er jedoch als »entlastet« bezeichnet. Wittwer ging daraufhin in ein I.G. Farbenwerk bei Gersthofen, das von 1945 bis 1952 unter US-Verwaltung stand („Lech-Chemie“) und anschließend von der Firma Hoechst übernommen wurde.[4]

Einzelnachweise

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  1. Staatsarchiv Nürnberg, Nürnberger Prozesse, KV-Anklage, Interrogations W 12: Akte Wittwer, Max, Dr. chem., geb. 22.08.1896 in Regensburg, Betriebsführer des Werkes, Gendorf - IG-Farben. Url: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/BLQR4ZMZCSXPEN4T4IERD7X6UDWZ3RZE
  2. Unvollständiges Geburtsdatum nach der NSDAP-Personalakte. Wittwer hatte die Mitgliedsnummer 9 012 961
  3. Universitätsarchiv Freiburg B0031 520: Promotionsakte Max Wittwer, 1923. Peter Jungblut: Rein strategische Gesichtspunkte. Gendorf 1939 - 1945, Berlin 2001, S. 18
  4. a b Michael Kamp/Florian Neumann: Verantwortung leben. Vom Gendorfer Werk zum Industriepark, Burgkirchen 2014, S. 85
  5. a b Peter Jungblut: Rein strategische Gesichtspunkte. Gendorf 1939 - 1945, Berlin 2001, S. 22