Meister mit dem Brustlatz

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Detail der Anna-selbdritt-Gruppe. Johannesaltar, St. Valentinus, Kiedrich

Meister mit dem Brustlatz ist der Notname eines mittelrheinischen, spätgotischen Künstlers und Holzbildhauers, dessen Wirkungszeit zwischen 1486 und 1515 lag. Seine Werkstatt wird in Mainz oder im Mainzer Raum vermutet.

Zum Ende des 15. Jahrhunderts entstanden am Mittelrhein Werke von Künstlern und ihren Werkstätten, die den Übergang der Spätgotik in die Renaissance markieren. Zu ihnen zählen die Werke des Meisters mit dem Brustlatz, dessen weibliche Heiligenstatuen sich überwiegend durch einen zierenden Brustlatz über dem Dekolleté auszeichnen. Der daraus abgeleitete Name wurde 1925 von der Kunsthistorikerin Grete Tiemann eingeführt.[1]

Besonders reich an Werken des Brustlatzmeisters und seiner Werkstatt ist die Kirche St. Valentinus in Kiedrich im Rheingau. Im dortigen Retabel des Johannesaltars weisen die Lindenholz-Figuren der Anna-selbdritt-Gruppe und insbesondere die namensgebenden Figuren des Evangelisten Johannes und Johannes des Täufers in der Ausgestaltung individueller Wesenzüge sowie der Körperbildung über die Kunst der Spätgotik hinaus. Weitere, einfacher gehaltene Heiligenfiguren im Gesprenge des Altars sowie in der Kirche werden hingegen der Werkstatt des Meisters zugeordnet.

Die Kirche St. Markus in Erbach im Rheingau verfügt mit der Schnitzfigur des Evangelisten Markus am Schreibpult über ein Hauptwerk des Meisters.[2] Der schreibende Markus verkörpert eine humanistische Gelehrsamkeit, eine geistige Strömung, die typisch war für das ausgehende Spätmittelalter.

Die der Werkstatt des Meisters mit dem Brustlatz zugeordneten Werke zeigen einen kennzeichnenden Kanon an Typen und Formen, beispielsweise hinsichtlich der Schemata von Gewändern oder der weitgehend starren gotischen Körperbildung. Ein einmal herausgebildeter Typus wird immer wieder verwendet, jedoch erfahren einmal gefundene Formen eine Entwicklung. Im Laufe wird die Körperbildung der Figuren weniger hart, die Stoffbildung der Gewänder nicht mehr eckig und scharf, sondern schwungvoller, anmutiger und runder – eine Entwicklung, die besonders augenscheinlich wird bei einem Vergleich der Selbdritt-Gruppen aus Hamburg, Kiedrich und Limburg. Ein Heraustreten aus spätgotischen Traditionen ist dem Meister jedoch nicht zuzuschreiben.

Innerhalb der mittelrheinischen Plastik gab es um diese Zeit wahrscheinlich Verbindung zum Bildhauer Hans Backoffen.[3]

Die Auswahl an Werken unterliegt einer ungefähren zeitlichen Reihenfolge.

Einzelnachweise

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  1. Grete Tiemann: Beiträge zur Geschichte der mittelrheinischen Plastik um 1500. Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, 8. Auflage 1930. S. 71
  2. Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler – Hessen II: Der Regierungsbezirk Darmstadt, S. 226, Deutscher Kunstverlag München 2008, ISBN 978-3-422-03117-3
  3. Peter Metz: "Backoffen, Hans, von Sulzbach". In: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 506 f. (Onlinefassung)
  • Wolfgang Riedel: Der Meister mit dem Brustlatz. Beiträge zum Werkkatalog eines mittelrheinischen Bildhauers der Spätgotik. In: Mainzer Zeitschrift, 71/72, 1976/77
  • Wolfgang Riedel: Der Meister mit dem Brustlatz. Aspekte zu seinem Werk in der Pfarrkirche zu Kiedrich. In: St. Valentinuskirche in Kiedrich 1493-1993 zur 500-Jahrfeier ihrer Vollendung. Verlag Walter’s, Eltville 1993, ISBN 3-921865-04-2
  • Paul Claus: Marienbilder der Gotik im Rheingau, Georg August Walter’s Druckerei & Verlag, Eltville im Rheingau 1995, ISBN 978-3-921865-06-4
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