Mellum

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Mellum

Mellum und davorliegendes Watt von Südosten
Gewässer Nordsee
Geographische Lage 53° 43′ 16″ N, 8° 8′ 58″ OKoordinaten: 53° 43′ 16″ N, 8° 8′ 58″ O
Mellum (Niedersachsen)
Mellum (Niedersachsen)
Länge 3 km
Breite 1,8 km
Fläche 3 km²
Höchste Erhebung (Weißdünen)
m ü. NN
Einwohner unbewohnt
Hauptort Naturschutzstation Mellum
Karte der Insel
Karte der Insel
Lage von Mellum in der Wesermündung

Mellum (auch Alte Mellum) ist eine relativ junge Düneninsel in der Nordsee, neun Kilometer östlich von Horumersiel im Land Niedersachsen. Die Insel entwickelte sich im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts aus einem Hochsand und liegt an der Nordspitze des Hohe-Weg-Wattrückens, eines Geestrückens, der von Butjadingen im Süden bis zur Insel Mellum im Norden reicht. Er stellt die Wattwasserscheide zwischen Jade und Weser dar. Die Mellum ist den Nordseeküstenorten Horumersiel sowie Schillig vorgelagert und eine von drei unbewohnten Inseln im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Ob Mellum zu den Ostfriesischen Inseln zählt, ist umstritten, da die Insel östlich von Wangerooge und der Außenjade liegt. Nach der Abgrenzung durch das Bundesamt für Naturschutz gehört die Mellum nicht mehr zu den Ostfriesischen Inseln, sondern zu den Watten im Elbe-Weser-Dreieck.[1] Knapp sieben Kilometer nordöstlich liegt die gelegentlich trockenfallende, rund 0,4 Quadratkilometer große Sandplate West-Eversand. Weitere neun Kilometer nordöstlich liegt der Hohe Knechtsand.

Begrüßungsschild auf Mellum

Die Insel hat eine Südwest-Nordost-Ausdehnung von etwa drei Kilometern. In Nordwest-Südost-Richtung erstreckt sich die Insel über rund 1,8 Kilometer. Sie besteht heute hauptsächlich aus Dünen und Salzwiesen. Durch Strömung und Wind ändert sich ihre Form ständig. Das Grünland mit der Salzwiese wächst und dehnt sich weiter aus. Dieser Inselbereich wird von bis zu zwei Meter tiefen Prielen durchschnitten.

Die Fläche des Grünlands belief sich 1903 auf zehn Hektar und wächst seitdem an:

  • 1913: 13 Hektar
  • 1924: 23 Hektar
  • 1932: 38 Hektar
  • 2006: 75 Hektar

Die Sandzufuhr bei Mellum, und damit die Vergrößerung der Insel, erfolgt durch Riffe und Platen, die von See her kommend, mit der Insel verschmelzen. Aber auch Sandverklappungen von Baggergut im Riffkomplex von Mellum können in jüngster Zeit dafür verantwortlich sein. Das Inselwachstum schritt aber nicht immer so ruhig voran. Im Jahr 1937 beispielsweise wurde im Protokoll des Mellumrats vermerkt, dass die Winterstürme die Insel völlig überspült hatten und die Düne auf einer Länge von 50 Metern etwa zehn Meter breit abgetragen wurde.

Nach dem Auffinden einer Süßwasserlinse im Jahre 1983 erübrigte sich der teils schwierige Transport von Süßwasser zur Versorgung der stationierten Naturschutzwarte. Als Notreserve wird zudem Regenwasser auf dem Dach des Stationshauses aufgefangen und in eine Zisterne geleitet.

Naturräumliche Zuordnung

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Mellum gehört auf dem Wattrücken Hoher Weg in der naturräumlichen Haupteinheitengruppe Ems- und Wesermarschen (Nr. 61) zum Naturraum Watten im Elbe-Weser-Dreieck Jadebusen.[1] Auf oberer Ebene gehört er als Teil des Marschlands zur Großregion Norddeutsches Tiefland.

Die Insel ist laut LSKN (Stand 28. Oktober 2009) nicht inkommunalisiert, das heißt Mellum gehört zu keiner Gemeinde, zu keinem Landkreis und ist auch kein gemeindefreies Gebiet. Mellum besitzt daher laut LSKN auch keinen Gemeindeschlüssel.[2] Anderen mutmaßlichen jetzigen oder ehemaligen Zugehörigkeiten Mellums widerspricht auch der Landesbetrieb Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) ausdrücklich.[3]

Im Gegensatz dazu zeigt der GeobasisdatenViewer Niedersachsen des LGLN (Stand 30. September 2022) ein rund 7,9 Hektar großes, oval abgegrenztes Gebiet im Süden der Insel Mellum rund um ein Gebäude (Naturschutzstation Mellum) als gemeindezugehörig.[4] Die Shapefiles des LGLN mit Fluren, Gemarkungen und Gemeinden vom 25. März 2022 zeigen dieses Gebiet als Flur 023 der Gemarkung Langwarden, Gemeinde Butjadingen, Landkreis Wesermarsch. Ein ähnlicher kartographischer Hinweis findet sich bei Geolytics.[5]

Grundeigentümer ist größtenteils das Land Niedersachsen. Ein kleiner Teil (ehemals Flurstück 1 der Flur 23 der Gemarkung Langwarden mit einer Größe von 4522 Quadratmetern, seit 1950 bebaut mit der Naturschutzstation Mellum) gehört dem Oldenburger Landesverein für Geschichte, Natur- und Heimatkunde.

Die Insel entstand Ende des 19. Jahrhunderts an der Wattwasserscheide im Wattenmeer zwischen Jadestrom und Weser vor der Halbinsel Butjadingen. Der Flutstrom, der von Nordwesten aufläuft, transportiert Sand heran, aus dem sich Strandriffe aufbauen. Die Brandung schiebt den Sand hoch und bildet einen Strandwall, der auf alten Seekarten als „Hochdünkirchen“ bezeichnet ist.

Menschliche Eingriffe in die Natur der Insel fanden nur in begrenztem Umfang statt. Im Süden befindet sich ein Ringdeich, der im Zweiten Weltkrieg errichtet wurde, als dort eine Flakbatterie stationiert war. Dies ist der einzige sturmflutsichere Bereich der Insel. Die Größe der eingedeichten Fläche beträgt rund vier Hektar. Vom Ringdeich verläuft in südwestlicher Richtung ein Pfad an den Südstrand der Insel. An diesem Pfad befindet sich ein Gedenkstein des 312. Marine-Festungspionierbataillons.

Wissenschaftliche Entdeckung

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Reste von Flakstellungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs
Gedenkstein an die militärische Vergangenheit

Als Zeitpunkt der „Entdeckung“ der Insel Mellum in der Jade-Weser-Mündung gilt das Jahr 1903. Die Oldenburger Heinrich Schütte und Karl Sartorius verfolgten die Entwicklung genau, notierten alle Veränderungen und legten entscheidende Grundsteine für die heutigen wissenschaftlichen Arbeiten. Noch 1906 wurde an der Stelle der Insel in einer Karte der Mündungen von Jade, Weser und Elbe die Mellum nicht als Insel eingetragen (siehe die Abbildung rechts).

Den ersten Bericht über die neu entstandene Insel im Wattenmeer lieferte Rektor Heinrich Schütte, der „Entdecker“ Mellums und Gründungsvater des Mellumrats, dem später für seine bahnbrechenden küstengeologischen Forschungen der Ehrendoktortitel verliehen wurde. Er schrieb im Jahre 1924:

„Im Sommer 1903 erfuhr ich durch Anwohner der jeverländischen Jadeküste, dass auf der Alten Mellum, dem hohen Sandwatt zwischen Jade- und Wesermündung, ein grünes Eiland in der Bildung begriffen sei. Kein Meßtisch- oder Generalstabsblatt, keine Admiralitätskarte meldete die Lage dieses Neulandes, keine heimatkundliche Schrift wußte etwas von ihm. Das mußte ich bei nächster Gelegenheit sehen.“

Diese „Entdeckung“ der Insel kann ebenfalls als Geburtsstunde des Naturschutzes auf Mellum angesehen werden. Im Jahre 1905 fuhren Schütte, Wilhelm Olbers Focke sowie der Oldenburger Lehrer und Ornithologe Karl Sartorius auf die Insel. Die drei Wissenschaftler erkannten die Bedeutung dieses Eilandes als Brutgebiet für Seeschwalben und andere Strandvogelarten. Im Gegensatz zu den anderen ostfriesischen Inseln, wo durch Küstenschutzmaßnahmen in die Dynamik der Inselentwicklung eingegriffen worden ist, lassen sich die küstengeologischen Vorgänge auf Mellum ungestört beobachten. Im Jahre 1912 pachtete die Ortsgruppe Kiel des Bundes für Vogelschutz die Insel für zwölf Jahre vom Großherzogtum Oldenburg und setzte in den Sommermonaten zur Betreuung und Bewachung einen Vogelwärter ein.

Bereits im Ersten Weltkrieg gehörte Mellum zum Festungsbereich Wilhelmshaven. Während des Krieges konnte keinerlei Vogelschutz ausgeübt werden. Zwar war das unbefugte Betreten der Insel streng verboten, aber Erfolg war diesem Verbot kaum beschieden. In den 1920er Jahren wurde die Mellum-Plate oft von Eiersammlern und Schützen heimgesucht.

Angebliche Burg Mellum

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In alten Chroniken wird häufig eine Burg Mellum oder gar ein Schloss Mellum erwähnt. Selbst Wilhelm Olbers Focke schreibt 1901 dazu in den Abhandlungen herausgegeben vom Naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen: „… ehemalige Insel in der Wesermündung, soll im 9. Jahrhundert ein festes Schloss besessen haben, welches angeblich 1066, wahrscheinlich aber, falls es überhaupt vorhanden war, schon früher durch Fluten zerstört wurde. Die Insel soll 1086 ziemlich vollständig verschwunden sein, doch scheint es nach Karten aus dem 17. Jahrhundert, als ob selbst damals noch ein unbedeutender Rest vorhanden gewesen sei. Jetzt (Anm.: Ende 19. Jh.) eine Sandbank mit Leuchtturm. Fundamente, welche nordwestlich vom Leuchtturme aufgefunden wurden, hat man für Reste des Schlosses gehalten.“[6]

In einem umfangreichen Beitrag von Alfred Führböter[7] werden Ergebnisse einer eingehenden Recherche zur Existenz einer Burg Mellum dargelegt. Mit Hinweis auf die Bedeutung einer früheren Burg Mellum im Rahmen der historischen Gebietsstreitigkeiten zwischen Oldenburg und Bremen wird auf den strategischen Wert eines festen Bauwerks auf Mellum im Zusammenhang mit den Raubzügen der Normannen zu dieser Zeit hingewiesen. Im Fazit der Arbeit verbleibt die Burg Mellum im Niemandsland zwischen Sage und Geschichte.

Es liegen keine archäologischen Erkenntnisse über eine Burg vor. Gesichert ist eine 1457 errichtete Bake, deren Reste möglicherweise als Fundament eines Leuchtturms oder einer Burg interpretiert wurden.[8]

Zweiter Weltkrieg – Flakbatterie Mellum

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Vegetation auf Mellum

Während des Zweiten Weltkriegs erfolgte in den Jahren 1940–1942 der einzige künstliche Eingriff in die natürliche Entwicklung der Insel: Auf der Südhälfte wurde durch Sandaufspülung ein Ringdeich errichtet. Die 1. und 3. Kompanie des 312. Marine-Festungspionierbataillons errichteten hier eine Flakbatterie mit Geschütz- und Scheinwerferstellungen. Auch ein asphaltierter Exerzierplatz gehörte zu den Veränderungen. Die Nordseite der eingedeichten Fläche nahm den größten Bunker und die Hauptflakstellung auf. Weitere Flak- und Scheinwerferbatterien befanden sich im Nordwesten, im Südosten und im Süden des Ringdeichs. Alle Stellungen sind noch heute durch Bunkerruinen und Betonfundamente der Geschütze sichtbar.

Nach dem Krieg ließ die britische Militärverwaltung die meisten Bunker sprengen. Dies war allerdings nur teilweise erfolgreich, wie der große Bunker mit Aussichtsplattform noch heute belegt. Die Sprengung des Bunkers misslang und faltete die Deckenplatte des Gebäudes wie ein umgedrehtes „V“ auf. Im Jahr 1955 wurde von den Vogelwarten aus angeschwemmtem Holz eine Aussichtsplattform an der Seite der gesprengten Bunkerdecke errichtet. Sie ist heute der höchste begehbare Punkt der Insel.

2009 – Flächenbrand auf Mellum

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Apfelbaum auf Mellum
Verbrannte Vegetation auf Mellum

Auf Mellum brach am 17. Juni 2009 aus unbekanntem Grund ein Flächenbrand aus. Weil es auf der Insel kein Löschwasser gibt, konnte das Feuer nur mit Feuerpatschen der Freiwilligen Feuerwehren und Wasser aus Löschhubschraubern bekämpft und erst drei Tage später endgültig gelöscht werden.[9] Zehn Hektar verbrannten, darunter die Brutgebiete einer Silbermöwen- und einer Austernfischerkolonie.[10] Laut Naturschutzbund Deutschland verendeten bei dem Brand rund 2.000 Jungvögel.[11]

Flora und Fauna

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Landschaft auf der Insel, rechts Bunkerrest
Vegetation innerhalb des Ringdeichs mit Nadelbaum

Die Vegetationsentwicklung ging kontinuierlich vonstatten. Wurden im Jahr 1906 lediglich 27 Pflanzenarten festgestellt, so sind es heute über 200 Arten, wobei allerdings ein beträchtlicher Teil durch menschliches Zutun während des Zweiten Weltkriegs auf die Insel gelangt ist.

Im Jahr 1946 wurden neben typischen Gartenunkräutern noch Küchenzwiebel, Petersilie, Saubohne, Erbse und Rotkohl auf der Insel dokumentiert. Bis auf den heutigen Tag haben sich beispielsweise der Schnittlauch und die Schwarzwurzel im östlichen Teil der eingedeichten Fläche erhalten, und auch die Osterglocken zur Frühjahrszeit zeugen immer noch von den Eingriffen des Menschen im Zweiten Weltkrieg.

Heute sind neben Dünengräsern, Strand-Astern und Quellern folgende größere Pflanzen (vornehmlich im „Eingedeichten“) zu finden:

Der Teich neben dem Stationshaus war ursprünglich der Löschwasserteich der Flak-Batterie im Zweiten Weltkrieg und ist heute ein Biotop mit Vogelbeobachtungshäuschen.

Im August 2002 wurden mykologische Studien auf Mellum durchgeführt. Dabei wurden 38 verschiedene Pilzarten auf der Insel nachgewiesen. Fünf Arten sind in der Roten Liste Niedersachsen als „gefährdet“ eingestuft, eine gilt als „stark gefährdet“ und wird auch deutschlandweit als „gefährdet“ geführt. Eine Pilzart wurde erstmals für Niedersachsen nachgewiesen.[12]

Ringdeich von außen
Löschwasserteich

Anfangs war Mellum eine Insel der Seeschwalben. In den 1920er Jahren brütete dort eine Population von rund 7000 Tieren. Mit der Veränderung der Vegetation änderte sich in den 1930er Jahren die Zusammensetzung der Brutvogelarten. Der Bestand der brütenden Silbermöwen nahm beständig zu, der der Seeschwalben nahm ab.[13]

Die wesentlichen Ursachen für die Veränderungen im Artenspektrum dürften Biotopveränderungen (Zunahme hoher und dichter Vegetation), Nistplatzkonkurrenz, Brutverluste der Seeschwalben durch Hochwasser und Raub der Eier und Küken durch Möwen gewesen sein. Der Ausbreitung der Silbermöwe und dem Rückgang der Seeschwalben widmete man jahrzehntelang besonders viel Aufmerksamkeit.

Als Maßnahme der Bestandslenkung der Silbermöwe wurden Brutvögel getötet. Ihren Höhepunkt erreichte die Silbermöwenbekämpfung im Jahre 1939, als rund 12.000 Eier abgesammelt und 4500 Jung- und 150 Altvögel abgeschossen wurden.

Mellum ist heute eine Insel der Möwen. Wurde vor wenigen Jahren der Höhepunkt mit etwa 13.000 Brutpaaren überschritten, so brüten auf Mellum zurzeit etwa 7000 Paare Silber- und Heringsmöwen. Zudem ist der Austernfischer mit rund 400 Brutpaaren vertreten.

Heute brüten auf Mellum über 30 Vogelarten. 1991 kam als neuer Brutvogel der Kormoran hinzu, 1996 der Löffler, 1997 die Mantelmöwe und 1998 die Schwarzkopfmöwe. Auch seltenere Arten wie Kornweihe, Zwergseeschwalbe und Merlin-Falke kommen vor.

Im Herbst und Frühjahr suchen weitere Arten von Wat- und Wasservögeln die Insel und die sie umgebenden Sandplaten und Wattflächen auf. Hier können sie ungestört rasten und fressen ‒ entscheidende Voraussetzungen, um das nötige Fettpolster für den Weiterflug ins Winterquartier oder ins Brutgebiet anlegen zu können.

Offshore-Windpark im Hintergrund
Seehund und Kegelrobben auf Mellum

Neben Seehunden, Kegelrobben und Menschen sind Waldmäuse die einzigen Säugetiere auf Mellum. Sie wurden während des Zweiten Weltkriegs mit Pflanzmaterial eingeschleppt, das zur Errichtung des Ringdeichs benötigt wurde.

Mellum und das südlich angrenzende Hohe-Weg-Watt mit seinen zahlreichen Sandbänken ist einer der wichtigsten Seehund-Lebensräume im Nationalpark.

Auf der Karte von 1906 ist die Alte Mellum noch als überflutete Sandbank dargestellt

Die gesamte Insel und die sie umgebenden Platen, Sände und Wattflächen, gehören zur Schutzzone I (Ruhezone) im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und dürfen daher nur mit einer Ausnahmegenehmigung betreten werden.

Mellum kann darüber hinaus im Rahmen einer Exkursion betreten werden. Die Exkursionen des Mellumrats finden außerhalb der Brutzeit von August bis Oktober statt.

Im Jahre 1909 erfolgte die erste Anordnung des Oldenburgischen Ministeriums des Inneren zum Schutz der Seevögel auf Mellum.[14] 1938 wurde das Naturschutzgebiet „Vogelfreistätte Insel Mellum“ mit einer Größe von 25 ha ausgewiesen. 1953 wurde die Schutzfläche auf 3.500 ha erweitert. 1983 fand eine Neuausweisung von 6.500 ha unter dem Namen „Naturschutzgebiet Mellum“ statt.[15] Mit der Gründung des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer im Jahr 1986 wurde das Naturschutzgebiet mit dem unmittelbar südlich angrenzenden Naturschutzgebiet „Hohe-Weg-Watt“ in den Nationalpark integriert.

Am 28. Februar 1925 wurde unter Vorsitz von Heinrich Schütte der „Verwaltungsrat für das Naturschutzgebiet Alte Mellum“ – kurz „Mellumrat“ genannt – gegründet. Gründungsmitglieder waren folgende Organisationen:

  • die Landesgruppe Oldenburg des Bundes für Vogelschutz
  • der Heimat-, Natur- und Vogelschutzverein Wilhelmshaven
  • die Gesellschaft zum Schutz der heimischen Vögel in Bremen
  • der Reichsbund Vogelschutz
  • die Vogelwarte Helgoland

Der Mellumrat e. V. betreut die Insel seit dem Jahre 1925 und sorgt für eine kontinuierliche Naturschutzarbeit. Auf Mellum, Wangerooge, Minsener Oog und in weiteren Schutzgebieten in Niedersachsen unterhält der Verein Stationen. Sie sind Ausgangspunkt für Betreuungs-, Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit des ehrenamtlich tätigen Naturschutzverbandes.

Lebensbedingungen der Naturschutzwarte

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Blick vom Vogelausguck zur Naturschutzstation am Ringdeich
Vogelausguck auf gesprengtem Bunkerrest auf dem Ringdeich
Abfahrt einer Exkursionsgruppe von der Insel, im Hintergrund Industrieanlagen von Wilhelmshaven

Unterkunft des Vogelwarts war in den ersten Jahrzehnten die Wohnbake von 1907 im Norden der Insel, später die 1922 errichtete Spitzbake etwa 600 Meter südwestlich des Grünlandes im Sandwatt. Die Bake war 22 Meter hoch und stand bei mittlerem Hochwasser ungefähr zwei Meter im Wasser. Das Betreten war nur über eine steile, neun Meter lange Leiter möglich. Alle Lasten, Verpflegung, Treibholz, Kohle und Wasser mussten mittels eines Flaschenzugs nach oben gehievt werden. Geheizt werden musste auch im Hochsommer immer, denn trotz doppelter, isolierter Wände war es in der luftigen Höhe kalt. Ein kleiner Kanonenofen stand zum Kochen bereit. Die Bake hatte zwei Räume: einen Wohn-/Schlaf- und Kochraum mit zwei Schlafplätzen für die Vogelwarte und einen weiteren Raum als Notlager. Die Versorgung der Vogelwarte war sehr mühsam – das Trinkwasser musste in 40 Liter fassenden Kannen herbeigeschleppt werden.

1933 wird erstmals ein fester Unterstand auf Mellum erwähnt, der den Vogelwarten vor allem als Schutz bei Schießübungen diente. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten die Vogelwarte unter schwierigen Bedingungen in Notunterkünften. Im Jahr 1950 ließ der Mellumrat auf dem Fundament des ehemaligen Flakgebäudes ein Backsteingebäude als feste Station errichten. Das Stationsgebäude mit seinen sieben Zimmern, heute verputzt und weiß gestrichen, bietet den Naturschutzwarten sowie Gastforschern Wohn- und Arbeitsmöglichkeit. Bis zu zehn Personen können hier gleichzeitig unterkommen. Das Dach des Gebäudes wurde 2004 neu eingedeckt. Im Laufe der Zeit entstanden als Erweiterung der Arbeitsmöglichkeiten zwei Schuppen am Stationshaus. Im Jahr 1972 erfolgte der Anschluss an das Stromnetz und später die Errichtung eines kleinen Trafo-Häuschens aus Backsteinen im Ostteil des eingedeichten Gebiets. Über die Stromleitung zum Festland werden außer dem Stationshaus auch einige Leuchttürme in der Umgebung mit Elektrizität versorgt. Mit der Außenwelt ist die Vogelwarte heute mobil verbunden. Eine direkte Telefonleitung bestand bis 2009.[16] Durch Schäden an den Unterseekabeln zur Stromversorgung des Leuchtturms Mellumplate fiel Anfang 2023 die Stromversorgung für das Stationshaus aus. Um den Stationsbetrieb aufrechtzuerhalten, wurde Anfang März 2023 eine durch Spenden finanzierte Photovoltaikanlage installiert.[17] Die Naturschutzwarte halten sich in der Regel von März bis Oktober auf Mellum auf.

Jährlich werden mehrere Tonnen Müll auf der Insel vorgefunden.[18] Da sie unbewohnt ist, kommt ihr eine Indikatorfunktion für die Zivilisation zu. Gemäß Stichproben sind etwa drei Viertel des Mülls Kunststoffe, die auf Plastikmüll in den Ozeanen zurückgeführt werden.

  • W. Janssen: Mellum-Tagebuch – In: Natur- und Umweltschutz (Zeitschrift des Mellumrats), Heft 2/2007
  • Th. Clemens: Einhundert Jahre Mellum – eine Insel im Wandel In: Natur- und Umweltschutz (Zeitschrift des Mellumrats), Heft 2/2003 (Online, PDF-Datei, 140 kB)
  • F. Goethe: Ein alter „Mellumer“ erinnert sich In: Natur- und Umweltschutz (Zeitschrift des Mellumrats), Heft 1/2003
  • P. H. Becker: Kann sich die Flussseeschwalbe auf Mellum vor Brutverlusten durch die Silbermöwe schützen? – In: Mellum. Portrait einer Insel. Senckenberg-Buch 63; Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main: 281–292, 1987
  • P. Blaszyk: Geschichte und Aufgabe des Naturschutzes auf Mellum. In: Mellum. Portrait einer Insel. Senckenberg-Buch 63; Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main: 9–16, 1987
  • F. Goethe: Die Vogelinsel Mellum (Beiträge zur Monographie eines deutschen Seevogelschutzgebietes). Abh. Gebiet der Vogelkunde 4: 1–110, 1939
  • F. Goethe: Das Vogelleben auf Mellum. In: Mellum. Portrait einer Insel. Senckenberg-Buch 63; Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main: 293–309, 1989
  • S. u. H. Janssen, TABKEN: Pflanzenbestandsaufnahme von Mellum 1946. An den Mellumrat (im Manuskript vervielfältigt)
  • H. Kuhbier: Das Pflanzenkleid der Insel Mellum. In: Naturschutzgebiete im Oldenburgerland. Holzberg-Verlag, 1975
  • W. Leopold: Mellum. Die Bedeutung der Pflanzengesellschaften für das Wachstum der Insel. Senckenbergiana, Bd. 14/6: 410–427, 1932
  • J. u. L. Leyrer, Nilsson: Jahresbericht Mellum. (Unveröff.; Archiv Mellumrat), 1996
  • Hartwig Prange: Mellum – eine Vogelinsel im niedersächsischen Wattenmeer. In: Albrecht GmbH (Hrsg.): fachpraxis. Nr. 52. Aulendorf Dezember 2007, S. 34–37.
  • H.-E. Reineck: Morphologische Entwicklung der Insel Mellum. In: Mellum – Portrait einer Insel. Senckenberg-Buch 63; Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main: 87–99, 1987
  • W. Schäfer: Inselentwicklung und Biotopwandel. – Abhandlungen naturwissenschaftlicher Verein Bremen 33: 391–406, 1954
  • Heinrich Schütte: Mellum als Neuland. – Das Jadegebiet 1: 12–15, 1924
  • P. und B. Südbeck, Hälterlein: Brutvogelbestände an der deutschen Nordseeküste im Jahr 1997 – 11. Erfassung durch die Arbeitsgemeinschaft „Seevogelschutz“. – Seevögel 20/1: 9–16, 1999
  • R. Tantzen: Mellum – Ein Beitrag zur Geschichte des Naturschutzgebietes im Oldenburger Land. Hrsg.: W. Hartung, Oldenburg, 1950
  • K. Taux: Die Oldenburgischen Naturschutzgebiete. Heinz Holzberg Verlag, Oldenburg, 1986
  • Christoph Heilscher: Mellum – Die einsame Insel nebenan. 1. Auflage. Carl Schünemann, Bremen 2014, ISBN 978-3-944552-21-7.
  • Volker Haeseler: Entstehung und heutiger Zustand der jungen Düneninseln Memmert und Mellum sowie Forschungsprogramm zur Besiedlung durch Insekten und andere Gliederfüßer. In: Drosera ’88 (1/2). Isensee Verlag, Oldenburg 1988, ISBN 3-920557-80-8
Commons: Mellum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Mellum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b Landschaftssteckbrief: Watten im Elbe-Weser-Dreieck Jadebusen (Memento vom 16. September 2011 im Internet Archive), Bundesamt für Naturschutz, abgerufen am 4. Oktober 2024
  2. Auskunft des Landesbetriebs für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) (Anfragen) an Benutzer:DW18 vom 28. Oktober 2009. Wortlaut der Auskunft des LSKN: „Die Insel Mellum wird in der amtlichen Statistik nicht als gemeindefreies Gebiet geführt. Deshalb ist Mellum auch in unserer Datenbank LSKN-ONLINE nicht zu finden. Wo der Schlüssel in der Veröffentlichung des LGN „03461501“ […] herkommt kann ich Ihnen leider nicht mitteilen. Wie Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte, gibt es im niedersächsischen Wattenmeer noch eine Anzahl von Inseln (Sandbänken) die keinen amtlichen Gemeindeschlüssel führen z. B. Minsener Oog, Hoher Knechtsand und andere.“
  3. Anmerkung zu anderslautenden Angaben: Laut Angaben der Koordinierungsstelle GDI-NI beim Landesbetrieb Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) im Geoportal Niedersachsen (amtliche Kartenwerke etc.) war die Insel (Stand 28. Mai 2008) ein gemeindefreies Gebiet (Gemeindeschlüssel 03461501) des Landkreises Wesermarsch in Niedersachsen. Quelle: Koordinierungsstelle GDI-NI beim Landesbetrieb Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen: Angaben zum Ortsverzeichnis (Memento des Originals vom 20. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/geoportal.geodaten.niedersachsen.de. In: Geoportal Niedersachsen. Abfrage: Oktober 2009. Originäre Quelle: Ortsverzeichnis des Landes Niedersachsen (Stand: 28. Mai 2008). Hinweis zur Abfrage: Layer „Verwaltungsgrenzen u. Orte → Ortsbezeichnungen “ aktivieren. Abfrage über Werkzeug Info (Symbolleiste oben) und Klick in Umriss beim Vogelwärterhaus. Link mittlerweile (Stand November 2009) deaktiviert.) Dieser Darstellung widersprach das LGN auf Nachfrage aber und wies diese Information als falsch zurück. Gemäß Klarstellung des LGN an Benutzer:DW18 vom 6. November 2009 ist die Insel Mellum kein gemeindefreies Gebiet. Der Auslöser für die unrichtige Verschlüsselung im Geoportal Niedersachsen (s. o.) als „gemeindefreies Gebiet“ ist nicht mehr feststellbar. Die erwähnte Information im Geoportal Niedersachsen wurde daraufhin korrigiert. Wortlaut der Auskunft des LGN: „Vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie die Verschlüsselung der Vogelschutzinsel „Alte Mellum“ als „gemeindefreies Gebiet“ angesprochen haben. Nach längerer Recherche, u. a. auch bei dem für Kommunalangelegenheiten zuständigen Referat beim Innenministerium, kann ich Ihnen mitteilen, dass Sie Recht haben. Warum und aufgrund welcher Unterlagen die Verschlüsselung seinerzeit vorgenommen wurde, ließ sich nicht mehr rekonstruieren. Es gab zwar bereits in den 1990er Jahren Bestrebungen, u. a. auch die Vogelschutzinsel „Alte Mellum“ zu inkommunalisieren […], jedoch scheint das Interesse bei allen Beteiligten mehr oder weniger erloschen zu sein, so dass die „Insel“ als „bessere Sandbank“ unmittelbar dem Land Niedersachsen untersteht. Ein neues „Ortsverzeichnis“ ist an die zuständige Stelle, die die Internetpräsentation „geodaten.geoportal.niedersachsen“ betreut, mit der Bitte um Austausch gesandt worden.
    Mit freundlichen Grüßen, Martin Bremer, LGN – Landesvermessung + Geobasisinformation Niedersachsen Topographische Informationsbeschaffung – Geobasis-Informations-Management (GIM)“. Auch war die Insel in älteren Karten teils zur (damaligen) Gemeinde Langwarden (seit 1974 Ortsteil von Butjadingen) im niedersächsischen Landkreis Wesermarsch zugehörig vermerkt (Quelle: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen: Amtliche Karte TK 1:50.000 (L 2314 Hooksiel). Stand 1966. Auch der „Niedersachsenatlas“ von 1967 enthält eine Übersichtskarte der Gemeindegrenzen (Stand 1. April 1967), auf der die Insel Mellum der damaligen Gemeinde Langwarden zugeordnet ist. Auch diese ehemalige Zugehörigkeit, die sich aus den letzteren zitierten Kartenwerken ergibt, schließt das LGN ausdrücklich aus. Laut LGN war die Insel nie inkommunalisiert (Auskunft des LGN vom 13. November 2009 an Benutzer:DW18), mindestens aber seit der Kommunalreform 1974 nicht (Auskunft des LGN vom 25. November 2009 an Benutzer:DW18).
  4. LGLN: GeobasisdatenViewer Niedersachsen: Mellum
  5. Geolytics: Gemarkung Langwarden
  6. Untergegangene Ortschaften an der deutschen Nordseeküste In: Abhandlungen herausgegeben vom Naturwissenschaftlichen Verein zu Bremen. Band 15, Beiträge zur nordwestdeutschen Volks- und Landeskunde. Heft 1, Bremen 1901, S. 66.
  7. Alfred Führböter: Burg Mellum – Sage oder Geschichte? In: Gisela Gerdes, Wolfgang E. Krumbein, Hans-Erich Reineck (Hrsg.): Mellum – Porträt einer Insel. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt 1987.
  8. Volker Haeseler: Entstehung und heutiger Zustand der jungen Düneninseln Memmert und Mellum sowie Forschungsprogramm zur Besiedlung durch Insekten und andere Gliederfüßer. In: Drosera '88 (1/2). 1. Auflage. Isensee Verlag, Oldenburg 1988, ISBN 3-920557-80-8, S. 18.
  9. Mathias Heckroth, Thomas Clemens: Flächenbrand auf der Insel Mellum - Chronologie der Ereignisse. In: Der Mellumrat e.V. (Hrsg.): Natur- und Umweltschutz. Band 8, Nr. 2, November 2009, ISSN 1619-8565, S. 48–55 (mellumrat.de [PDF; abgerufen am 11. August 2021]).
  10. Feuerwehr bekämpft Glutnester auf Mellum. Norddeutscher Rundfunk, 19. Juni 2009, archiviert vom Original am 21. Juni 2009; abgerufen am 7. November 2009.
  11. Flächenbrand auf der Vogelinsel Mellum (Memento vom 18. März 2014 im Internet Archive)
  12. Der Mellumrat e. V.: Flora von Mellum. Abgerufen am 2. September 2013.
  13. Der Mellumrat e. V.: Fauna von Mellum. Abgerufen am 2. September 2013.
  14. mellumrat.de
  15. Klaus Taux: Die oldenburgischen Naturschutzgebiete. Oldenburg. Heinz Holzberg Verlag. 1986, S. 263–273.
  16. Der Mellumrat e. V.: Naturschutzwarte. Abgerufen am 2. September 2013.
  17. Stefan Czybik, Jonas Frey: Neue Solaranlage auf Mellum. In: Mellumrat (Hrsg.): Natur- und Umweltschutz. Band 22, Nr. 1, 2023, ISSN 1619-8565, S. 7, 8 (mellumrat.de [PDF; abgerufen am 14. Dezember 2023]).
  18. Clemens, Thomas: Untersuchung zur Müllbelastung der Insel Mellum 1991. — Seevögel. Bd. 13, 1992, S. 55–60.
westlich davonOstfriesische Inselnöstlich davon
Minsener OogMellumNigehörn