Melnragė
Melnragė (deutsch Mellneraggen, früher auch Melkraggen) ist ein Stadtteil der Hafenstadt Klaipėda (Memel) in der litauischen Rajongemeinde Klaipėda.
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Strandort liegt an der Ostseeküste des historischen ostpreußischen Memellandes, zweieinhalb Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums von Klaipėda (Memel).
Der Stadtteil mit einem mehrere Kilometer langen, in nördliche Richtung verlaufenden Küstenstreifen hat zwei voneinander getrennte Wohnplätze, der nördlichere ist das sieben Kilometer vom Stadtzentrum entfernte Seebad Giruliai (Försterei). Letzterer Wohnort liegt mitten in einem Nadelwald, fünf Minuten Fußwegs vom Strand entfernt. Der Wald reicht im Norden noch etwa zwei Kilometer weit bis zu der Anhöhe Holländische Mütze, die Seefahrern, die den Seehafen der Stadt im Kurischen Haff ansteuern, als Landmarke dient und die als Standort Rundsicht über die See und die Küstenlandschaft bietet.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um 1785 befand sich hier eine aus einigen Fischerkaten bestehende kleine, zum Domänenamt Althof Memel gehörige Siedlung, die insgesamt nur sieben Feuerstellen (Haushaltungen) enthielt und noch kein eigenes Gemeindeland besaß. Da der Ausfluss des Haffs zur See hin, das Memeler Tief, für Handelsschiffe und Holzflöße freigehalten werden musste, hatten die Fischer von Mellneragge wie auch diejenigen des benachbarten Fischerdorfs Karkelbeck gewisse Auflagen einzuhalten; auch hatten sie zur Zeit des Lachsfangs staatlich reservierte Fanggebiete zu meiden.[1] Erst 1838, als das Dorf größer geworden war, wurden der Gemeinde 377 Morgen katastriertes Land zugeteilt; die erste Dorfschule wurde 1846 gegründet und hatte damals zwanzig Schüler.[2] 1897 begann man die Separation des Gemeindelandes.[2]
Försterei im Norden wurde als Villenkolonie von Memeler Kaufleuten gegründet.[3] Die Ortschaft, die einen guten Sandstrand hat, entwickelte sich bald zu einem beliebten Seebad, das auch von Russen besucht wurde. Die See hat hier meist Wellenschlag. Am Anfang des 20. Jahrhunderts gab es hier bereits ein Kurhaus, ein Hotel, Pensionen und abseits im Wald in ruhiger Lage mehrere Logierhäuser für Kur- und Badegäste.[4] Im Jahr 1912 betrug die Zahl der Badegäste 487.[3]
Vor 1923 und wiederum 1939–1945 war Mellneraggen eine Gemeinde im Landkreis Memel im Regierungsbezirk Gumbinnen der Provinz Ostpreußen des Deutschen Reichs.[5]
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Mellneraggen am Jahresende 1944 von der Roten Armee besetzt. Die Stadt Memel fiel am 28. Januar 1945. Nach Kriegsende wurde das Memelland mit Ausnahme militärisch genutzter Gebiete seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Litauischen SSR zur Verwaltung unterstellt.
1946 wurde Melnragė (Mellneraggen) zusammen mit Giruliai (Försterei) zur Stadt Klaipėda eingemeindet. Die deutschen Bewohner wurden in der Folgezeit mit wenigen Ausnahmen von der litauischen Administration vertrieben.
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Skulptur auf der Mole des Stadtteils
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Strandabschnitt bei dem Stadtteil
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Gebäude der öffentlichen Bibliothek des Stadtteils
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Anhöhe Holländische Mütze, nördlich des Seebads Giruliai (Försterei)
Kirchspiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis zum Jahr 1945 besuchten die Dorfbewohner größtenteils eine Kirche in Memel.
Demographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1785 | – | sieben Feuerstellen (Haushaltungen)[6] |
1818 | 50 | Eigenkätner[7] |
1831 | 106 | Fischerdorf ohne katastriertes Gemeindeland, mit 17 Fischern und sieben Instleuten[8] |
1848 | 175 | in 23 Wohngebäuden; davon 141 Evangelische und vier Katholiken[2] |
1858 | 263 | auf einer Gemarkungsfläche von 367 Morgen; in 26 Wohngebäuden; davon 261 Evangelische und zwei Katholiken; Umgangssprachen sind Litauisch und Deutsch[9] |
1861 | 263 | in nur 26 Feuerstellen; davon 261 Evangelische und zwei Katholiken[2] |
1864 | 353 | am 3. Dezember; auf einer Gemarkungsfläche von 5210 Morgen (Strandländereien)[10] |
1867 | 341 | am 3. Dezember[11] |
1871 | 370 | am 1. Dezember; in 37 Wohngebäuden und 69 Haushaltungen; davon 368 Evangelische und zwei Katholiken[11] |
1885 | 463 | evangelische Einwohner, in 79 Wohnhäusern[2] |
1898 | 750 | darunter 30 Letten (4 %); von den 548 Einwohnern bei der Fischerei verstehen fast alle (96 %) Lettisch[2] |
1910 | 384 | am 1. Dezember, einschließlich Seebad Försterei mit 150 Einwohnern[12][13] |
1925 | 446 | [5] |
1939 | 1069 | [14] |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Memel, Kreis Memel, Ostpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Memel und dem nördlich davon gelegenen Dorf Mellneraggen mit Seebad Försterei (meyersgaz.org).
- Franz Tetzner: Die Kuren in Preußen. In: Globus. Band LXXV, Nr. 6, vom 4. Februar, Braunschweig 1899, S. 89–96, insbesondere S. 94, linke Spalte (Google Books).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mellneraggen (genealogy.net)
- Seebad Försterei (genealogy.net)
- Amtsbezirk Mellneraggen (Territorial.de)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Neue Sammlung Königl. Preuß. und Churfürstl. Brandenburgischer, sonderlich in der Chur- und Marck-Brandenburg publicirten und ergangenen, Edicten, Mandaten, Rescripten, &c. &c. &c. Von 1791, 1792, 1793, 1794 und 1795. Band 9, Berlin 1796, S. 1020–1021, § 60–62 (Google Books).
- ↑ a b c d e f Franz Tetzner: Die Kuren in Preußen. In: Globus. Band LXXV, Nr. 6, vom 4. Februar, Braunschweig 1899, S. 89–96, insbesondere S. 94, linke Spalte (Google Books).
- ↑ a b Solbrig: Die Seebadeorte in Ostpreussen. In: Vierteljahresschrift für gerichtliche Medizin und öffentliches Sanitätswesen. Dritte Folge, XLVI. Band, Supplement-Heft, Jahrgang 1913, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1913, S. 1–24, insbesondere S. 24 (Google Books).
- ↑ Meyers Reisebücher: Ostseebäder und Städte der Ostseeküste. Bibliographisches Institut, 4. Auflage, Leipzig und Wien 1910, S. 210.
- ↑ a b Michael Rademacher: Ostpreußen: Stadt- und Landkreis Memel. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Volständige Topographie vom Litthauischen Cammer-Departement. Marienwerder 1785, S. 97 (Google Books).
- ↑ Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 3: Kr–O, Halle 1822, S. 185, Ziffer 1232 (Google Books).
- ↑ Leopold Krug: Die Preussische Monarchie; topographisch, statistisch und wirthschaftlich dargestellt. Nach amtlichen Quellen. Teil I: Provinz Preussen. Berlin 1833, S. 203, Ziffer 59 (Google Books).
- ↑ Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 157, Ziffer 197 (Google Books).
- ↑ Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg. Berlin 1866, 13. Abschnitt: Kreis Memel. S. 10–17, Ziffer 79 (Google Books).
- ↑ a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 6–7, Ziffer 152 (Google Books).
- ↑ Mellnerraggen, Kreis Memel, Ostpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912 (meyersgaz.org).
- ↑ Landkreis Memel, in: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 (U. Schubert, 17.09.2022).
- ↑ Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen einschließlich des Memelgebiets, des Soldauer Gebiets und des Regierungsbezirks Westpreußen (1919–1939). Königslutter 2005.