Mercedes-Benz OM 401/OM 402/OM 403/OM 404

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Mercedes-Benz OM401)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Mercedes-Benz
Mercedes-Benz OM403 im Antriebsblock eines Spähpanzer Luchs
Mercedes-Benz OM403 im Antriebsblock eines Spähpanzer Luchs

Mercedes-Benz OM403 im Antriebsblock eines Spähpanzer Luchs

Motorenbaureihe OM 40x
(OM 401, OM 402, OM 403, OM 404)
Produktionszeitraum: seit 1970
Hersteller: Mercedes-Benz
Funktionsprinzip: Diesel
Motorenbauform: Reihen- und V-Motoren
Zylinder: R5, R6, V6, V8, V10, V12
Ventilsteuerung: OHV
Hubraum: 9.204–20.911 cm3
Gemischaufbereitung: Direkteinspritzung
Motoraufladung: Saugmotor, turbogeladen mit oder ohne Ladeluftkühlung
Leistung: 120–370 kW
Vorgängermodell: OM 300 (groß)
Nachfolgemodell: OM 50x

Die Motorenbaureihe OM 4xx (häufig OM 400 gesprochen und geschrieben) waren mehrere Generationen von Dieselmotoren von Daimler-Benz überwiegend in V-Anordnung und überwiegend für den Einsatz in Nutzfahrzeugen.

In Abgrenzung dazu wird als Motorenbaureihe OM 40x (ebenfalls häufig OM 400 gesprochen und geschrieben) die erste Generation dieser Motoren bezeichnet. Sie hatte zu Anfang einen Leistungsbereich von rund 120 kW (163 PS) bis geschätzt 370 kW (503 PS), in Standard-LKW bis 235 kW (320 PS)[1] und ergänzten und ersetzten die großen Reihensechszylinder der Baureihe Baureihe OM 300.

Ab Januar 1972 sollte die Mindestmotorisierung von 8 PS/t auch auf große Lastkraftwagen und -züge über 28,5 Tonnen ausgedehnt werden. Bei einem maximal erlaubten Gewicht von 38 Tonnen wurden also 224 kW (304 PS) benötigt, mehr als die bestehenden Motoren (als Saugmotoren) hätten leisten können. Die Entwicklung und Fertigung der neu benötigten Motoren erfolgte an der Schwelle zur beginnenden Ära der turbogeladenen Motoren: Seit mindestens 1954 bot auch Daimler-Benz einzelne Motoren mit Turboaufladung an. Um die benötigte Motorleistung zu erreichen, hätte man also den vorhandenen OM 355 aufladen können oder es hätte ausgereicht, einen neuen Sechszylindermotor zu entwickeln. Stattdessen entschied man sich für eine ganze Baureihe von V-Motoren plus zwei Reihenmotoren mit fünf bzw. sechs Zylindern: die Baureihe OM 40x.

Mit den V-Motoren der Baureihe OM 40x wurden sehr kompakte und gewichtssparende Motoren geschaffen, die auch als Saugmotoren allen Leistungsforderungen eines Nutzfahrzeugs damaliger Zeit entsprachen. Mit den 6-, 8- und 10-Zylinder-Motoren konnte man je eine passende Lösung für den mittelschweren Verteilerverkehr sowie im Fernverkehr für die etablierten 32-Tonner und die neuen 38-Tonner aus einem Baukasten liefern. Der 12-Zylinder bot dann noch reichlich Leistungsreserve für Sonderfahrzeuge. Durch das Baukastenprinzip war der Grundaufbau der Motoren immer gleich und viele Teile konnten auf einheitlichen Fertigungseinrichtungen mechanisch bearbeitet werden, wichtige Komponenten waren immer gleich und konnten in größeren Stückzahlen günstiger eingekauft werden. Zudem schloss die Baureihe eine Lücke zwischen den „kleinen“ LKW-Motoren und den größeren Motoren für Lokomotivantrieb und ähnliche Einsatzzwecke.

Die Baureihe OM 40x waren V-Motoren mit einem Zylinderwinkel von 90 Grad mit 6, 8, 10 oder 12 Zylindern. Jede Iteration unterschied sich von der nächstkleineren durch je eine zusätzliche Zylindereinheit pro Zylinderbank sowie die um eine zusätzliche Kröpfung verlängerte Kurbelwelle. Die Zylinderbohrung betrug einheitlich 125 mm, der Kolbenhub bis einschließlich des 10-Zylinder-Motors 130 mm. Schwungradseitig befand sich der Rädertrieb zum Antrieb der übereinander im Zylinderwinkel angeordneten zentralen Nockenwelle und Reiheneinspritzpumpe, sowie weiterer Hilfsaggregate. Die Motoren hatten nasse Zylinderlaufbuchsen und Einzelzylinderköpfe. Für Nutzfahrzeuge lag die Nenndrehzahl typisch bei 2500 min−1. Die Motoren waren auch für Turboaufladung und Ladeluftkühlung ausgelegt, selbst der kleinste V-Motor OM 401 wurde als Industriemotor von Beginn an so angeboten. Für Standard-LKW beschränkte man sich aber auf Saugmotoren, katalogmäßig wurde nur der 12-Zylinder mit Turboaufladung (aber ohne Ladeluftkühlung) angeboten. Der 1969 auf der IAA vorgestellte Zehnzylindermotor OM 403 erreichte mit einem spezifischen Kraftstoffverbrauch von 223 g/kWh bei Nennleistung einen seinerzeit beachtlichen Wirkungsgrad von etwa 0,39, bemerkenswert war zudem die geringe Eigenmasse von nur 910 kg.[2]

Der V6-Motor hatte zwar ein sehr geringes Gewicht und sehr kompakte Abmessungen, der innerhalb der Baureihe einheitliche Zylinderwinkel von 90 Grad bedingte aber einen recht unruhigen Motorlauf, da die Bauweise einen ungleichmäßigen Zündabstand ergab. Durch die Verwendung einer Kurbelwelle mit Hubzapfenversatz wurde dieser Komfortmangel beim OM 441 behoben.

Die V12-Motoren mit und ohne Turboaufladung wurde u. a. in Sonderfahrzeuge eingesetzt, z. B. Schwerlastzugmaschinen oder Flugfeldlöschfahrzeuge. Diese Motoren nahmen mit 142 mm den größeren Kolbenhub der Folgegenerationen der Motoren vorweg.

Mutmaßlich für Omnibusse wurden auch bauähnliche Reihenmotoren mit fünf und sechs Zylindern eingeführt, der 6-Zylinder auch als Unterflurmotor in liegender Ausführung. Die Motoren verfügten über einen etwas vergrößerten Kolbenhub von mutmaßlich einheitlich 150 mm. Die Nenndrehzahl lag vermutlich etwas niedriger als bei den V-Motoren.

Technische Daten Nutzfahrzeug

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Baumuster Zylinder Hubraum [cm³] Bohrung × Hub [mm] Leistung [kW (PS) @ min−1] Bemerkungen
OM 401 V6 9.572 125 × 130 141 (192) @ 2500
OM 402 V8 12.763 188 (256) @ 2500 834 Nm @ 1400 min−1
OM 403 V10 15.953 235 (320) @ 2500 1010 Nm @ 1500 min−1
OM 404 V12 20.911 125 × 142 316 (430) @ ?
OM 404 A
OM 409 R5 125 x
OM 409 LA 9.204 125 x 150
OM 407 R6 125 x
OM 407 LA
OM 407h R6 liegend
OM 407h A
2. Serie
OM 401 LA V6 9.572 125 x 130 180 (245) 1991–1994 Euro I
200 (272)
230 (313)
OM 402 LA V8 12.763 280 (381)
Die Leistungsangaben der 2. Serie basieren auf ISO und sind ca. 7,3 kW (10 PS) höher als die älteren DIN-Angaben.

Über eine Entwicklungsgemeinschaft zwischen Daimler-Benz und MAN im Vorfeld der 1969 erfolgten Beteiligung von MAN an MTU ist nichts bekannt, die neuen Motoren wurden im selben Jahr auf der IAA vorgestellt und im Folgejahr geliefert. Der gemeinsame Werbesprech dazu lautete: „Gemeinschaftlich entwickelt und gefertigt“. Tatsache ist, dass diese Zusammenarbeit beiden Firmen geholfen hatte, beide konnten die neuen V-Motoren nutzen, die Motoren waren in der Herstellung bis auf wenige Teile wie Kolben und Einspritzdüsen gleich (MAN nutzte damals noch das M-Verfahren, Mercedes-Benz damals wie heute Direkteinspritzung). MAN bevorzugte turbogeladene Sechszylindermotoren über die V-Motoren, während Daimler-Benz sich verpflichtet hatte, den ‚gemeinsamen Reihensechszylinder‘ nicht in LKW in Europa zu nutzen.[3] Später zog sich MAN aus der Beteiligung an MTU und dem Projekt der gemeinsamen Motoren zurück, nutzt aber noch heute (2024) die V-Motoren außerhalb des Nutzfahrzeugsektors.

Industriemotoren

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch wenn die Motoren überwiegend für eigene Nutzfahrzeuge verwendet wurden, eingesetzt wurden sie immer auch für Sonderfahrzeuge und als Industriemotoren. Während die Vertriebsrechte für diese Motoren früher bei Daimler-Benz selbst gelegen zu haben scheinen, gingen sie später an die MTU über. Hier sind keinerlei Leistungsangaben für Industriemotoren dieser Baureihe gemacht, da diese in weiten Grenzen schwanken können: Für Stromerzeuger benötigt man häufig eine Synchrondrehzahl von 1500 min-1 oder 1800 min-1 (Nenndrehzahl um 40 % reduziert bedeutet vereinfacht, dass auch die Leistung um 40 Prozent reduziert ist. Dauerbetrieb bedeutet, dass die Leistung um weitere 15 bis 20 Prozent reduziert sein kann), bei einem Flugfeldlöschfahrzeug können aufgeladene Motoren auf extrem hohe Leistungen eingestellt werden (weil die Einsatzzeit nur wenige Stunden pro Jahr beträgt und die Nennleistung pro Einsatz nur für wenige Minuten gefordert wird). Hinzu kommen die normalen Korrekturen für die Aufstellbedingungen.

Weiterentwicklungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1980 wurden mit dem OM 42x modernisierte und etwas leistungsstärkere Nachfolger eingeführt, die wiederum 1985 durch die nochmals weiterentwickelten OM 44x abgelöst wurden. Als absehbar war, dass Saugmotoren nicht mehr die gesetzlich vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte würden einhalten können, erlebte die Baureihe OM 40x ein Revival als (oben 2. Serie genannte) abgasoptimierte Motoren mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung. Zusätzlich erhielten die LKW-Motoren auch ein Dekompressionsventil für eine erhöhte Motorbremsleistung. Mutmaßlich dürfte die Nenndrehzahl dieser Motoren niedriger als bei den Motoren der ersten Serie gelegen haben.

1980 wurden die Motoren überarbeitet zur Baureihe OM 42x. Die Zylinderbohrung wurde vergrößert auf 128mm, bei den V-Motoren der Kolbenhub vereinheitlicht auf 142 mm, die Motordrehzahl leicht abgesenkt auf typisch 2300 min−1. Die Baureihe OM 42x markiert für LKW von Daimler-Benz den Beginn der Abkehr vom Saugmotor hin zu turbogeladenen Motoren. Mutmaßlich wurde der Kolbenhub bei allen Reihenmotoren einheitlich etwas vergrößert auf 155 mm.

Bauzeit Baumuster Zylinder Hubraum [cm³] Bohrung × Hub [mm] Leistung [kW (PS) @ min−1] Bemerkungen
OM 421 V6 10.964 128 x 142 159 (216)
OM 422 V8 14.618 128 x 142 206 (280) auch 184 kW (250 PS)
1980- OM 422 A V8 14.618 128 x 142 243 (330) 1400 Nm
1980- OM 422 LA V8 14.618 128 x 142 276 (375) 1550 Nm
OM 423 V10 18.273 128 x 142 261 (355)
1984–1994 OM 423 LA V10 18.273 128 x 142 368 (500) Euro I, auch 401 kW (545 PS), für Flugfeld 515 kW (700 PS)
OM 429 LA R5 9.973 125 x 155
OM 427 R6 128 x
OM 427 A 128 x
OM 427h R6 liegend 128 x
OM 427h A 128 x

Bereits ab 1985 wurden mit den OM 44x erneut überarbeitete Motoren geliefert, die jetzt eine „elektronische Dieselregelung“ an der weiterhin vorhandenen Reiheneinspritzpumpe erhielten. Ab 1988 hatten alle Motoren Euro I, ab 1994 Euro II dank einer neuen Hubschieber-Einspritzpumpe und Ladeluftkühlung. Die Bohrung für die zeitweilig gelieferten Saugmotoren wurde weiter vergrößert auf 130mm (bei den aufgeladenen Motoren blieb sie dagegen unverändert bei 128mm), die Nenndrehzahl wurde wiederum leicht abgesenkt auf typisch 2100 min−1.

Bauzeit Baumuster Zylinder Hubraum [cm³] Bohrung × Hub [mm] Leistung [kW (PS) @ min−1] Bemerkungen
1989–1994 OM 441 V6 11.309 130 x 142 160 (218)
1988–1992 OM 441 LA V6 10.964 128 x 142 249 (339)
1994–1998 OM 441 LA Euro II V6 10.964 128 x 142 180 (245)
1994–1998 OM 441 LA Euro II V6 10.964 128 x 142 200 (272)
1994–1996 OM 441 LA Euro II V6 10.964 128 x 142 230 (313)
1994–1996 OM 441 LA Euro II V6 10.964 128 x 142 250 (340)
1989–1994 OM 442 V8 15.078 130 x 142 195 (265)
1988–1994 OM 442 V8 15.078 130 x 142 218 (296)
1985- OM 442 A V8 14.618 128 x 142 257 (350)
1988–1994 OM 442 A V8 14.618 128 x 142 269 (366) 1600 Nm
1994–1996 OM 442 LA Euro2 V8 14.618 128 x 142 280 (381)
1985– OM 442 LA V8 14.618 128 x 142 320 (435) 1765 Nm
1991–1994 OM 442 LA V8 14.618 128 x 142 320 (435)
1994–1996 OM 442 LA Euro II V8 14.618 128 x 142 320 (435)
1988–1994 OM 442 LA V8 14.618 128 x 142 362 (492) 2000 Nm
1991–1994 OM 442 LA V8 14.618 128 x 142 370 (503)
1994–1996 OM 442 LA Euro II V8 14.618 128 x 142 390 (530) 2300 Nm
OM 449 LA R5
OM 447 R6
OM 447 A
OM 447h R6
OM 447h A
Leistungsangaben nach ISO, d. h. ca. 7,3 kW (10 PS) höher als nach der älteren DIN.

Die nächste (und aus Sicht von Mercedes-Benz letzte) Entwicklungsstufe der V-Motoren war die 1996 eingeführte Baureihe OM 50x, die in Nutzfahrzeugen dann von neuen Reihenmotoren mit 6 Zylindern und Common-Rail-Einspritzung beerbt wurden: der Baureihe OM 47x. Allerdings hat MTU die V-Motoren als Industriemotoren weitergeführt und bedeutend weiterentwickelt zur Baureihe 2000 mit nun 8 bis 20 Zylindern, Common-Rail-Einspritzung etc.

Mit der Umstellung der V-Motoren von OM 44x auf OM 50x wurden die Reihenmotoren offensichtlich nicht mehr als Teil derselben Baureihe betrachtet. Nur der Sechszylinder überlebte als OM 457 mit ähnlichen Änderungen, wie sie auch die OM 50x erfahren hatten (z. B. Einzel-Einsteckpumpen). Darauf folgte der nochmals langhubiger ausgelegte OM 460LA, der dann wie die V-Motoren im LKW von der Baureihe OM 47x abgelöst wurde. Auch diese Motoren wurden bzw. werden von MTU als Industriemotoren vertrieben.

Verwendete Literatur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das größte Wohnmobil der Welt, gebaut und erstzugelassen in seinem Ursprung als Bus Ende der 1970er, wurde noch 1997 von einem Motor OM 404 mit 324 kW (440 PS) angetrieben, da trotz zwischenzeitlich eingeführter Abgasgesetzgebung Bestandsschutz besteht.[4]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. mercedes-benz-publicarchive.com Mercedes-Benz Pressemappe 1973/1974
  2. Neue LKW-Dieselmotorenreihe. In: Kraftfahrzeugtechnik. 3/1970, S. 73.
  3. eurotransport.de Eurotransport März 1993: Kleiner V6 statt großem V8 bzw. „Turbo-Sechszylinder löst Saug-V8 ab“
  4. Doppeldecker-Gelenkzug der Fa. Neoplan – Jumbocruiser N138 www.derbus.de, abgerufen am 7. Dezember 2020.