Mesitylensulfochlorid

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Strukturformel
Strukturformel von Mesitylensulfochlorid
Allgemeines
Name Mesitylensulfochlorid
Andere Namen
  • 2,4,6-Trimethylbenzolsulfochlorid
  • Mesitylen-2-sulfochlorid
  • englisch Mesitylene sulfochloride
Summenformel C9H11ClO2S
Kurzbeschreibung

hellgrauer[1] bzw. cremefarbener bis weißer kristalliner Feststoff[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 773-64-8
EG-Nummer 212-257-8
ECHA-InfoCard 100.011.143
PubChem 13046
ChemSpider 12504
Wikidata Q21099516
Eigenschaften
Molare Masse 218,72 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
Siedepunkt

150 °C bei 20 mm Hg[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 314
P: 280​‐​305+351+338​‐​310[1]
Toxikologische Daten

180 mg·kg−1 (LD50Mausi.v.)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Mesitylensulfochlorid ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Sulfonsäurechloride. Es ist ein räumlich anspruchsvolles aromatisches Sulfonsäurechlorid, das wegen seiner Reaktivität als Ausgangsverbindung von Mesitylensulfonylverbindungen dient, die besonders als biochemische Reagentien Verwendung finden. Fachsprachlich wird Mesitylensulfochlorid auch als MSCl oder Mts-Cl abgekürzt.

Die Darstellung von Mesitylsulfochlorid aus Mesitylen, Sulfurylchlorid und Aluminiumchlorid wurde bereits 1893 beschrieben.[5]

Reaktion von Mesitylen zu MSCl
Reaktion von Mesitylen zu MSCl

Nach einer Laborvorschrift[6] wird Mesitylensulfochlorid erhalten durch Zugabe von Chlorsulfonsäure zu Mesitylen bei Temperaturen zwischen −15 und 60 °C und anschließendem Ausfällen des entstandenen Sulfochlorids durch Eingießen in Eiswasser und Extraktion mit Dichlormethan. Das in einer Rohausbeute von 80 % anfallende Mesitylensulfochlorid erstarrt zu weißlichen Kristallen.

Reaktion von Mesitylen mit Chlorsulfonsäure
Reaktion von Mesitylen mit Chlorsulfonsäure

Sehr hohe Ausbeuten (94 %) werden nach einer neueren Methode bei der Umsetzung des Natriumsalzes der Mesitylensulfonsäure mit Cyanurchlorid in Gegenwart des Phasentransferkatalysators 18-Krone-6 in Aceton erzielt.[7]

Reaktion von Mesitylen mit Cyanurchlorid
Reaktion von Mesitylen mit Cyanurchlorid

Mesitylensulfochlorid ist ein weißer bis creme-farbener hygroskopischer Feststoff mit unangenehm stechendem Geruch, der sich unter Zersetzung in Wasser löst. Die dabei entstehende Mesitylensulfonsäure wirkt stark ätzend und korrosiv. In einer Vielzahl von trockenen organischen Lösungsmitteln ist die Substanz gut löslich. Zur Reinigung kann Mts-Cl aus Hexan oder Pentan umkristallisiert werden.[3]

Sulfonamidbildung

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Mesitylsulfochlorid findet zur Einführung der Mesitylsulfonyl-(Mst)-Schutzgruppe für Aminosäuren und Peptide breitere Anwendung.[8] Durch Umsetzung mit Mesitylensulfochlorid können Guanidinogruppen, wie z. B. in (an der α-Aminogruppe mit der p-Methoxybenzyloxycarbonyl-Gruppe geschütztem) L-Arginin mit der Mst-Schutzgruppe blockiert werden.[9]

MSCl als Schutzgruppe der Guanidinofunktion in Arginin
MSCl als Schutzgruppe der Guanidinofunktion in Arginin

Die Mesitylensulfonyl-Schutzgruppe kann mittels Methansulfonsäure (MSA), Trifluormethansulfonsäure (TFMSA)/Fluorwasserstoff[10] und mit TFMSA/Trifluoressigsäure (TFA)/Thioanisol[9] quantitativ abgespalten werden.

In ähnlicher Weise lässt sich die Indol-Gruppe der Aminosäure L-Tryptophan mit Mesitylensulfochlorid unter Bildung des entsprechenden Sulfonamids schützen und mit TFMSA/TFA oder Methansulfonsäure entschützen.[11]

Sulfonatbildung

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In Gegenwart von Pyridin können primäre und sekundäre Hydroxygruppen, z. B. in Mono- und Oligosacchariden durch Umsetzung mit Mesitylensulfochlorid blockiert werden.[12]

MSCl zur Einführung von Sulfonatschutzgruppen in Me-glucosid
MSCl zur Einführung von Sulfonatschutzgruppen in Me-glucosid

Dabei werden mit Methyl-α-D-Glucopyranosid Ausbeuten von 98 % des in 2,6-Stellung Mst-disubstituierten Methylglucosids erhalten.

Kondensationsreaktionen

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Mesitylensulfochlorid wurde auch zur Aktivierung von Carbonsäuren bei der Herstellung von Estern eingesetzt, wie z. B. der Verknüpfung der selektiv geschützten so genannten Nonactinsäure zum Dimeren

Synthese von Nonactin-Baustein mit MSCl-Aktivierung
Synthese von Nonactin-Baustein mit MSCl-Aktivierung

und anschließend zum Tetrameren, aus dem durch Ringschluss in Gegenwart von Silber-Ionen das Makrotetrolid-Antibiotikum Nonactin entsteht,[13] das kronenetherartige Eigenschaften aufweist.

Nucleotidsynthesen

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Mesitylensulfonylchlorid hat trotz längerer Reaktionszeiten im Vergleich zu komplizierter aufgebauten aromatischen Sulfochloriden, wie z. B. 1-Mesitylensulfonyl-3-nitro-triazol (MSNT) oder 1-(Mesitylsulfonyloxy)-4,6-dinitrobenztriazol, zusammen mit nucleophilen Katalysatoren, wie z. B. 3-Nitro-1H-1,2,4-triazol oder 1-Hydroxy-4,6-dinitrobenztriazol, Vorteile bei der Aktivierung von Phosphodiestern zur Umsetzung mit Nucleosiden nach dem Phosphotriester-Verfahren zum Aufbau von Oligonucleotiden.[14]

MSCl als Aktivierungsreagenz bei der Phosphotriester-Methode
MSCl als Aktivierungsreagenz bei der Phosphotriester-Methode

Weitere Verwendungen

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Die Reaktion von Mesitylsulfonylchlorid mit stickstoffhaltigen Heteroaromaten eignet sich zur Herstellung von Diarylsulfonamiden, die als spezifische Antagonisten für das Protein EPAC 2 (exchange protein directly activated by cAMP), das als cAMP-Mediator unterschiedliche biologische Funktionen steuert.

MSCl zur Synthese von EPAC 2-Antagonisten
MSCl zur Synthese von EPAC 2-Antagonisten

Das Sulfonamid mit 2,4-Dimethylpyrrol erwies sich als 133-mal wirksamer als cAMP.[15]

Aus Mesitylensulfonylchlorid und 3-Nitro-1H-1,2,4-triazol wird das Kondensationsmittel 1-(Mesityl-2-sulfonyl)-3-nitro-1H-1,2,4-triazol (MSNT) erhalten,[16] das als Aktivierungsagens für Nucleotidsynthesen Verwendung findet.[4]

MSNT-Synthese aus Mesitylensulfochlorid
MSNT-Synthese aus Mesitylensulfochlorid

Anstelle von Hydroxylamin-O-sulfonsäure wird häufig auch das wirksamere (aber erheblich teurere) O-Mesitylensulfonylhydroxylamin (MSH) für z. B. Aminierungsreaktionen eingesetzt.[17]

MSH-Synthese aus Mesitylensulfochlorid
MSH-Synthese aus Mesitylensulfochlorid

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Datenblatt Mesitylen-2-sulfochlorid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. Oktober 2021 (PDF).
  2. a b c d Datenblatt Mesitylene-2-sulfonyl chloride bei Alfa Aesar, abgerufen am 21. September 2015 (Seite nicht mehr abrufbar).
  3. a b V. Vaillancourt, M.M. Cudahy, D. Carbery: Mesitylenesulfonyl Chloride. In: e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis. 2008, doi:10.1002/47084289X.rm049.pub2.
  4. a b C.B. Reese, Z. Pei-Zhuo: Phosphotriester approach to the synthesis of oligonucleotides: a reappraisal. In: J. Chem. Soc., Perkin Trans. 1. 1993, S. 2291–2301, doi:10.1039/P19930002291.
  5. A. Töhl, O. Eberhard: Ueber die Einwirkung des Sulfurylchlorids auf aromatische Kohlenwasserstoffe. In: Ber. Dtsch. Chem. Ges. Band 26, 1893, S. 2940–2945, doi:10.1002/cber.189302603118.
  6. J.R. Reid, R.F. Dufresne, J.J. Chapman: Benzenesulfonic acid, 2,4,6-trimethyl-, hydrazide In: Organic Syntheses. 74, 1997, S. 217, doi:10.15227/orgsyn.074.0217; Coll. Vol. 9, 1998, S. 281 (PDF).
  7. G. Blotny: A new, mild preparation of sulfonyl chlorides. In: Tetrahedron Lett. Band 44, Nr. 7, 2003, S. 1499–1501, doi:10.1016/S0040-4039(02)02853-8.
  8. M. Bodanszky, A. Bodanszky: The Practice of Peptide Synthesis, 2nd. Ed. Springer, 1994, doi:10.1007/978-3-642-85055-4.
  9. a b H. Yajima, M. Takeyama, J. Kanaki, O. Nishimura, M. Fujino: Studies on Peptides. LXXX. NG-Mesitylene-2-sulfonylarginine. In: Chem. Pharm. Bull. Band 26, Nr. 12, 1978, S. 3752–3757, doi:10.1248/cpb.26.3752., pdf
  10. H. Yajima, M. Takeyama, J. Kanaki, K. Mitani: The mesitylene-2-sulphonyl group, an acidolytically removable NG-protecting group for arginine. In: J. Chem. Soc., Chem. Commun. 1978, S. 482–483, doi:10.1039/C39780000482.
  11. N. Fuji, S. Futaki, K. Yasumura, H. Yajima: Studies on Peptides. CXXI. NIn-Mesitylenesulfonyl-tryptophan, a New Derivative for Peptide Synthesis. In: Chem. Pharm. Bull. Band 32, Nr. 7, 1984, S. 2660–2665, doi:10.1248/cpb.32.2660., pdf
  12. S.E. Creasey, R.D. Guthrie: Mesitylenesulphonyl chloride: a selective sulphonating reagent for carbohydrates. In: J. Chem. Soc., Perkin Trans. 1. 1974, S. 1373–1378, doi:10.1039/P19740001373.
  13. H. Gerlach, K. Oertle, A. Thalmann, S. Servi: Synthese des Nonactins. In: Helv. Chim. Acta. Band 58, Nr. 7, 1975, S. 2036–2043, doi:10.1002/hlca.19750580718.
  14. C.B. Reese: The chemical synthesis of oligo- and poly-nucleotides by the phosphotriester approach. In: Tetrahedron. Band 34, Nr. 21, 1978, S. 3143–3179, doi:10.1016/0040-4020(78)87013-6.
  15. H. Chen, T. Tsalkova, O.G. Chepurny, F.C. Mei, G.G. Holz, X. Cheng, J. Zhou: Identification and Characterization of Small Molecules as Potent and Specific EPAC2 Antagonists. In: J. Med. Chem. Band 56, Nr. 3, 2013, S. 952–962, doi:10.1021/jm3014162.
  16. R. Petersen, J.F. Jensen, T.E. Nielsen: An Improved Protocol for the Synthesis of 1-(Mesitylenesulfonyl)-3-nitro-1,2,4-triazole (MSNT). In: Org. Prep. Proc. Int. Band 46, Nr. 3, 2014, S. 267–271, doi:10.1080/00304948.2014.903145.
  17. J. Mendolia et al.: Preparation, Use, and Safety of O-Mesitylenesulfonylhydroxylamine. In: Org. Process Res. Dev. Band 13, Nr. 2, 2009, S. 263–267, doi:10.1021/op800264p.