Michael Mertes

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Michael Mertes, 2014

Michael Mertes (* 26. März 1953 in Bonn) ist ein deutscher Jurist, politischer Beamter (CDU), Autor und literarischer Übersetzer.

Michael Mertes ist das älteste von insgesamt fünf Kindern der Eheleute Hiltrud Mertes geb. Becker und Alois Mertes. Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Einer seiner Brüder ist der Jesuitenpater Klaus Mertes. Als Sohn einer Diplomatenfamilie verbrachte er Kindheit und frühe Jugend bis 1966 größtenteils im Ausland (Marseille, Paris, Moskau).

1972 legte er das altsprachliche Abitur am Aloisiuskolleg in Bonn-Bad Godesberg ab. Während seiner zweijährigen Dienstzeit bei der Bundeswehr wurde er zum Reserveoffizier ausgebildet. Von 1974 bis 1980 studierte er Jura in Bonn, Tübingen und an der London School of Economics and Political Science (dort mit den Schwerpunkten Rechtsphilosophie, Wissenschaftstheorie und Völkerrecht).

Beruflicher Werdegang

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Nach dem ersten juristischen Staatsexamen arbeitete er 1981 als Bundestagsassistent von Carl Otto Lenz. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen war er 1984 zunächst als Vertragsreferent im Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, dann als Referent im Personalreferat des Bundeskanzleramtes tätig. 1985 wechselte er in das Referat für Kultur- und Kirchenangelegenheiten. Anfang Juni 1986 wurde er in den Aufbaustab des nach der Katastrophe von Tschernobyl gegründeten Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit berufen; dort übertrug ihm Walter Wallmann die Leitung des Ministerbüros.

Nachdem Wallmann zum Hessischen Ministerpräsidenten gewählt worden war, ging Mertes im Mai 1987 zurück ins Bundeskanzleramt, um dort die Leitung des Redenschreiberreferats zu übernehmen. Als Chefredenschreiber von Bundeskanzler Helmut Kohl war er unter anderem am Entwurf des „Zehn-Punkte-Programms zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas“ vom 28. November 1989 beteiligt.[1] 1993 wurde er Leiter der Planungsgruppe. Anfang 1995 übernahm er als Nachfolger von Ministerialdirektor Eduard Ackermann die Leitung der Planungs- und Kulturabteilung im Bundeskanzleramt. Nach dem Regierungswechsel 1998 versetzte ihn der neue Bundeskanzler Gerhard Schröder in den einstweiligen Ruhestand.

Im Dezember 1998 trat Mertes in die Redaktion der Wochenzeitung Rheinischer Merkur ein. 1999 wurde er stellvertretender Chefredakteur und Ressortleiter Innenpolitik; 2001 übernahm er die Leitung des Ressorts Außenpolitik. Anfang 2003 machte er sich als Partner des von ihm mitgegründeten Politikberatungsunternehmens „dimap consult GmbH“ selbstständig, aus dem er im Juli 2006 ausschied. Dem Rheinischen Merkur blieb er als freier Autor verbunden; daneben schrieb er unter anderem für das internationale Zeitungsnetzwerk Project Syndicate und – bis 2004 – für die deutsch-jüdische Zeitung Aufbau.

Von August 2006 bis zur Ablösung der Regierung Rüttgers durch die Regierung Kraft I im Juli 2010 war Mertes Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Bevollmächtigter des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund. Im Januar 2008 wurde er zusätzlich Staatssekretär für Medien. Zu seinem Verantwortungsbereich zählten unter anderem die Landesvertretung Nordrhein-Westfalens in Berlin und die Vertretung des Landes in Brüssel.

Von Juni 2011 bis Juli 2014 leitete er das Auslandsbüro Israel der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem.[2]

Tätigkeit als Autor

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Seit Mitte der 1980er Jahre veröffentlicht Mertes in deutschen und ausländischen Zeitungen und Zeitschriften (u. a. Dædalus, Die Politische Meinung, Foreign Affairs, Internationale Politik,[3] Neprikosnowénnij Sapás (Неприкосновенный запас)[4], Óbschtschaja Tetrád (Общая тетрадь)[5], Politique étrangère, Prospect, The Washington Quarterly, Transit, Israel Journal of Foreign Affairs[6], Stimmen der Zeit, Les Échos[7]) Beiträge zur europäischen Integration, zur Außenpolitik, zu Fragen des christlich-jüdischen Dialogs, zu gesellschaftlich-kulturellen und zu politisch-zeitgeschichtlichen Themen.

Gemeinsam mit Norbert J. Prill, dem damaligen Leiter der Planungsgruppe im Bundeskanzleramt, publizierte er im Juli 1989 einen Beitrag in der FAZ, der das von beiden Autoren entwickelte Konzept eines „Europas der konzentrischen Kreise“ vorstellte[8], das mit dem Konzept eines Europa der zwei Geschwindigkeiten, vor allem mit den Überlegungen des Schäuble-Lamers-Papiers von 1994, nahe verwandt ist. In ihrem Aufsatz forderten Mertes und Prill, dass sich die Europäische Gemeinschaft für neue Demokratien im zerfallenden Ostblock öffnen müsse. Zugleich plädierten sie für eine europäische „Kernföderation“ als „Kristallisationspunkt und Gravitationszentrum einer immer weiter wachsenden Gemeinschaft“.

Im Laufe der 1990er Jahre veröffentlichte Mertes zusammen mit dem Briten Timothy Garton Ash und dem Franzosen Dominique Moïsi mehrere „trilaterale“ Plädoyers für die Osterweiterung und die gleichzeitige institutionelle Modernisierung der EU[9] sowie für eine Aufnahme ostmitteleuropäischer Demokratien in die Nato.[10]

2006 veröffentlichte Mertes eine deutsche Übersetzung von William Shakespeares Sonetten (2. Aufl. 2014), 2017 von Gedichten, Elegien und Versbriefen John Donnes (Erweiterte Neuausgabe 2023) und 2021 von 50 Sonetten Luis de Góngoras. Daneben erschienen von ihm in verschiedenen Zeitschriften – namentlich Sinn und Form –, Sammelbänden und Werken anderer Autoren[11] Übertragungen von Gedichten William Shakespeares, John Donnes, Andrew Marvells, Lady Mary Wroths, Gerard Manley Hopkins’, John Henry Newmans, Emma Lazarus’ sowie italienischer, französischer und spanischer Renaissance-Dichter.

Mitgliedschaften und Engagements (Auswahl)

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1971 trat Mertes der CDU bei. Er war Mitglied der CDU-Grundsatzprogrammkommission 2006/07 und gehörte von 2009 bis 2011 dem Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung an. Er ist Mitglied der Kommission für Zeitgeschichte und war Gründungsmitglied des Trägervereins des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks. Seit 1994 engagierte er sich ehrenamtlich bei der „Moscow School of Civic Education“,[12] deren Internationalem Beirat er bis zur Schließung der Schule 2021 angehörte.[13] Er war Vorstandsmitglied des von 2001 bis 2009 bestehenden Institute for Human Sciences at Boston University.[14] Im Jahr 2006 erhielt er zusammen mit Rabbiner Nathan Peter Levinson und Pfarrer Johannes Hildebrandt den „Roncalli Award“ für interreligiöse Verständigung der International Raoul Wallenberg Foundation.[15] Im Jahr 2011 erhielt er das „Robert-Goldmann-Stipendium“ der Stadt Reinheim, das an Personen verliehen wird, „die sich mit Fragen von Rassismus und der Wahrung der Menschenwürde unter Beachtung insbesondere auch des deutsch-jüdischen Verhältnisses beschäftigen“.[16]

Veröffentlichungen

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Werke

Als Übersetzer

  • Du, meine Rose, bist das All für mich. Die Sonette von William Shakespeare ins Deutsche übertragen und kommentiert von Michael Mertes mit einem Nachwort von Arnold Stadler. Verlag Franz Schön, Bonn 2006, ISBN 978-3-9811154-0-6. Erweiterte Neuausgabe unter dem Titel Aus dem Tinten-Schwarz strahlt meine Liebe. Edition SIGNAThUR, Dozwil 2023, ISBN 978-3-906273-70-9
  • Schweig endlich still und lass mich lieben!. Ein John-Donne-Lesebuch. Verlag Franz Schön, Bonn 2017, ISBN 978-3-9816420-6-3. Zweite, überarbeitete Aufl. Verlag Franz Schön, Bonn 2020, ISBN 978-3-947837-02-1
  • Gold und Lilie, Staub und Nacht. 50 Sonette von Luis de Góngora ins Deutsche übertragen von Michael Mertes. Verlag Franz Schön, Bonn 2021, ISBN 978-3-947837-03-8

Als Herausgeber

Buchbeiträge (Auswahl)

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Einzelnachweise

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  1. Für eine ausführliche Darstellung siehe Wolfgang Jäger: Die Überwindung der Teilung. Der innerdeutsche Prozeß der Vereinigung 1989/90. DVA, Stuttgart 1998, S. 58ff. Vgl. auch Mertes’ eigene Darstellung – „Es war eine Stimmung der Unsicherheit“ – im Deutschlandfunk am 27. November 2009.
  2. Siehe Newsletter Juli 2014 der KAS Israel.
  3. Beispielsweise Im Visier des Kremls. Das neue russische NGO-Gesetz schwächt die Zivilgesellschaft. In: Internationale Politik 7/2006, S. 56f.
  4. Siehe Website Neprikosnowénnij Sapás. Hier: 1968-й как миф (4/2008).
  5. „Obshaya tetrad“ quarterly magazine (Memento vom 21. Juni 2021 im Internet Archive).
  6. Beispielsweise Standing the Test of Friendship: Germany, Israel, and the West, 18. Dezember 2023.
  7. France-Allemagne: l’indispensable entente (zusammen mit Dominique Moïsi). In: Les Échos vom 7. April 2024, abgerufen am 30. Mai 2024.
  8. Der verhängnisvolle Irrtum eines Entweder-Oder. Eine Vision für Europa. In: FAZ vom 19. Juli 1989. Zu diesem und anderen Konzepten abgestufter Integration vgl. Helene Sjursen (Hrsg.) in: Enlargement in perspective (Memento vom 25. Dezember 2015 im Internet Archive), dort S. 44 und 67; PDF; 759 kB.
  9. Siehe die entsprechenden Hinweise von Timothy Garton Ash in einem Leserbrief an die London Review of Books vom 6. Januar 2000 (A Ripple of the Polonaise). Der erste Artikel dieser „trilateralen“ Folgen von Debattenbeiträgen erschien in The New York Review of Books vom 24. Oktober 1991 (Let the East Europeans In!.)
  10. Engagement in Europe, Partnership With Russia. In: International Herald Tribune vom 3. Januar 1994, S. 4.
  11. Beispielsweise John Williams: Stoner. München 2013, S. 21; Jürgen Gutsch (Hrsg.): „…lesen, wie krass schön du bist konkret“. William Shakespeare, Sonett 18, vermittelt durch deutsche Übersetzer und Benutzer. Dozwil 2017. Ralph Dutli: Das Gold der Träume. Göttingen 2020; Manfred Pfister (Hrsg.): Izaak Walton: Drei Dichterleben. John Donne, Henry Wotton, George Herbert. Dozwil 2021. Martin von Koppenfels / Johanna Schumm (Hrsg.): Spanische und hispanoamerikanische Lyrik, Band 2. Von Luis de Góngora bis Rosalía de Castro. München 2022.
  12. Bis Mitte 2013 „Moscow School of Political Studies“. Die Schule wurde Ende 2014 von den russischen Behörden als „ausländischer Agent“, 2020 als „unerwünschte Organisation“ eingestuft; 2021 wurde sie aufgelöst. Zur Geschichte der Schule siehe Anne Applebaum: The Russian Empire Must Die, The Atlantic, Dezember 2022, und Association of Schools of Political Studies of the Council of Europe: Russian Federation – Moscow School of Civic Education (1992). Now dissolved, abgerufen am 16. Dezember 2022.
  13. Московская школа гражданского просвещения, Попечительский совет (Memento vom 13. Dezember 2021 im Internet Archive).
  14. Siehe Website The Institute for Human Sciences.
  15. Siehe In Berlin the Wallenberg Foundation distinguished three outstanding leaders, 31. Januar 2006.
  16. Siehe Das Robert Goldmann Stipendium, Internetseite der Stadt Reinheim, abgerufen am 30. Juli 2023.