Mistris Lee

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Achim von Arnim
(1781–1831)

Mistris Lee ist eine Erzählung von Achim von Arnim, die 1809 innerhalb der Sammlung „Der Wintergarten“ in der Realschulbuchhandlung Berlin erschien.[1]

Die schöne junge Mistris Lee trennt sich nach dreijähriger kinderloser Ehe ohne Scheidung von ihrem Gatten und lebt fortan in London ein paar Häuser weiter. Der alte Herr Lee unterstützt finanziell großzügig den neuen Haushalt seiner Gattin. Mistris Lee wird von einem Mädchen und einem Diener umsorgt. Zusammen aufgewachsen mit den Brüdern Laudon und Lockhart, hatte Mistris Lee seit Kindertagen eigentlich schon immer Lockhart geliebt. Die Liebe zu Laudon hatte sie dann als Jugendliche – von der Ungeschliffenheit des Jägers Lockhart irritiert – nur gespielt.

Laudon hatte in Westindien jahrelang als Offizier gedient und kehrt nach London zurück. Der mittlerweile 23-Jährige nimmt die alte, gespielte Zuneigung der jungen Frau für bare Münze und betet sie an. Spielerisch geht Mistris Lee auf einen Entführungsplan Laudons, der nach Wales führen soll, ein. Der gelegentlich unsichere Laudon sucht und findet während der Vorbereitung und Durchführung des Unternehmens Unterstützung bei seinem stets energischen Bruder. Als es ernst wird – die Kutsche mit den Brüdern fährt vor – zaudert Mistris Lee und verrät die Entführungsabsicht ihrem Dienstmädchen. Die beiden Bediensteten stellen sich den Entführern mutig entgegen, werden aber von Lockhart nach Jägerart mit der Waffe in Schach gehalten. Während der Flucht übernachten Mistris Lee und die Brüder in einem Gasthofe außerhalb von London. Mistris Lee fürchtet sich allein in ihrem Zimmer. Lockhart muss den Bruder mit Nachdruck überreden, der Geliebten über Nacht Gesellschaft zu leisten. Laudon schwängert Mistris Lee. Darauf geht die Frau zur Wirtin und eröffnet ihr, sie sei gewaltsam entführt worden. Die Brüder werden inhaftiert. Mistris Lee kehrt nach London zurück. Herr Lee ist hocherfreut. Seine Frau lebt wieder mit ihm zusammen und gebiert ihm neun Monate nach der Entführung ein Kind. Laudon und Lockhart werden nach Botanybay verbannt. Ihnen gelingt die Flucht auf eine Insel. Dort herrschen sie mit „furchtbarer Sittenstrenge“ über die Einheimischen.

  • Der Text gilt als Arnims erste eigene Prosa-Arbeit und beruht auf einem Londoner Prozess, den der Autor als Zuschauer besucht hat.[2] Fakten zu Arnims London-Aufenthalt finden sich bei Wingertszahn.
  • Schulz[3] geht auf den Wintergarten (siehe oben) ein. Arnim habe darin ältere Texte anderer Autoren teilweise wörtlich übernommen. Mistris Lee aber sei in der Wintergartensammlung das einzige[4] eigene Werk.
  • Ausgehend von der Durchleuchtung der drei erotischen Paarbildungen mit ein und derselben Frau untersucht der Luzerner Germanist Relationen zu familiären, beruflichen, politischen und sogar kosmischen Konstellationen auf das Genaueste.
  • Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 2. Das Zeitalter der Napoleonischen Kriege und der Restauration: 1806–1830. 912 Seiten. München 1989, ISBN 3-406-09399-X
  • Renate Moering (Hrsg.): Achim von Arnim. Sämtliche Erzählungen 1802–1817. Bd. 3 in: Roswitha Burwick (Hrsg.), Jürgen Knaack (Hrsg.), Paul Michael Lützeler (Hrsg.), Renate Moering (Hrsg.), Ulfert Ricklefs (Hrsg.), Hermann F. Weiss (Hrsg.): Achim von Arnim. Werke in sechs Bänden. 1398 Seiten. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1990 (1. Aufl.), ISBN 3-618-60030-5
  • Christof Wingertszahn: Arnim in England. S. 81–102 in: Heinz Härtl (Hrsg.), Hartwig Schultz (Hrsg.): Die Erfahrung anderer Länder. Beiträge eines Wiepersdorfer Kolloquiums zu Achim und Bettina von Arnim. 390 Seiten. Walter de Gruyter, Berlin 1994, ISBN 978-3-11-014289-1
  • Michael Andermatt: Verkümmertes Leben, Glück und Apotheose. Die Ordnung der Motive in Achim von Arnims Erzählwerk. 629 Seiten. Peter Lang, Bern 1996, ISBN 3-906756-15-7

Zitierte Textausgabe

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  • Achim von Arnim: Mistris Lee. S. 5–31 in Konrad Kratzsch (Hrsg.): Achim von Arnim: Erzählungen. 635 Seiten. Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1968 (1. Aufl.)
  • Der Text als Teil des Kapitels Die neuen Amazonen (Fünfter Winterabend) in der Novellensammlung Der Wintergarten (Berlin 1809), S. 200–240
  • Der Text bei Zeno.org
  • Der Text im Projekt Gutenberg-Desig

Einzelnachweise

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Quelle meint die zitierte Textausgabe

  1. Angaben zur Editionsgeschichte der Wintergarten-Sammlung finden sich bei Moering, S. 1052–1071 und zur Mistris Lee ebenda, S. 1060–1062. Vermutlich entstand die Erzählung Anfang 1809 in Berlin (ebenda S. 1061 unten).
  2. Kratzsch im Nachwort der Quelle, S. 608, 11. Z.v.u.
  3. Schulz, S. 405 unten
  4. Kratzsch im Nachwort der Quelle, S. 608, 12. Z.v.u.