Monika Barz
Monika Barz (* 5. April 1953 in Castrop-Rauxel) ist in der Frauen- und Lesbenbewegung aktiv und war von 1993 bis 2016 Professorin für Frauen- und Geschlechterfragen an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Monika Barz studierte zunächst Mathematik und Sport und arbeitete als Grund- und Hauptschullehrerin. Aufbauend studierte sie Diplompädagogik an der Universität Tübingen. Sie promovierte an der Universität Hannover über die Identifikationsmöglichkeiten lesbischer Frauen in den Kirchen.[1]
Monika Barz ist in der autonomen Frauenbewegung aktiv. Sie ist Mitbegründerin des Autonomen Frauenhauses Tübingen und des Notrufs für vergewaltigte Frauen Nienburg/Weser. 1985 initiierte sie zusammen mit Herta Leistner und Ute Wild die ersten Lesbentagungen an der Evangelischen Akademie in Bad Boll, die sie bis 1997 jährlich mitverantwortete.[2]
1987 verfassten Monika Barz, Herta Leistner und Ute Wild das Buch Hättest Du gedacht, dass wir so viele sind. Lesbische Frauen in der Kirche.[3] Das Buch und die Tagungen wirkten wie eine Initialzündung im ganzen deutschsprachigen Raum: Die Tagungen wurden zu einem geschützten Raum, an dem erstmals lesbische Frauen in den Kirchen Netzwerke und politische Formen der Solidarität entwickeln konnten. So fanden Netzwerke, wie die LUK (Lesben und Kirche)[4], die MuM (Maria- und Martha Netzwerk)[5] in Bad Boll ihren Ursprung und zogen die Netzwerke Labrystheia und NKL (Netzwerk katholischer Lesben)[6] nach sich.
1993 promovierte Barz zusammen mit Herta Leistner in einer Gemeinschaftsdissertation an der Universität Hannover bei Helmut Kentler.[7]
Von 1993 bis 2016 lehrte Monika Barz als Professorin im Bereich „Theorie und Praxis Sozialer Arbeit mit Mädchen und Frauen“ an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg. Forschungsgegenstand waren Fragen der Frauen- und Geschlechterforschung.[1]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2015 Goldene Ehrennadel des Paritätischen Landesverbandes Baden-Württemberg[8]
- 2017 Bundesverdienstkreuz am Bande (Dezember 2017)[9]
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von 1985 bis 1993 war Monika Barz Stadträtin in Nienburg/Weser für die Wähler- und Wählerinnen Initiative für Demokratie und Umweltschutz (WIDU), 2013 stand sie auf der Landesliste der GRÜNEN für die Bundestagswahl.[10]
Monika Barz war von 1995 bis 2013 Mitglied im Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg und in den Jahren 2014 bis 2015 in dessen Aufsichtsrat.
Im Jahr 2012 war Monika Barz Mitbegründerin des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg, dem Zusammenschluss verschiedener Organisationen und Initiativen aus dem LSBTTIQ-Bereich.[11]
Sie ist Mitbegründerin der bundesweiten Dachkampagne RotlichtAus,[12] die 2016 vom Landesfrauenrat Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Verein Sisters – für den Ausstieg aus der Prostitution e.V. initiiert wurde.[13] Von 2018 bis 2022 war sie für den Verband Baden-Württembergischer Wissenschaftlerinnen Beisitzerin im Vorstand des Landesfrauenrats Baden-Württemberg.[14]
Monika Barz war langjähriges Mitglied von Terre des Femmes (TdF). Nachdem im Juni 2023 die TdF-Mitfrauenversammlung die Entscheidung des Vorstandes gebilligt hatte, ein von der Mitfrauenversammlung 2020 beschlossenes Positionspapier zu Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht[15][16] zurückzunehmen, trat Monika Barz gemeinsam mit Inge Bell, Ingrid Staehle und zahlreichen anderen Mitgliedern aus dem Verein aus. Sie begründete ihren Austritt damit, dass TDF vor neuen gesellschaftlichen Strömungen kapituliere, die die Illusion einer selbst bestimmbaren Geschlechtszugehörigkeit propagierten. Dieser Richtungswechsel sei ein historischer Fehler.[17]
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Körperloses Geschlecht – LSBTTIQ auf dem Irrweg. Persönliche Reflexion aus dem Innern der LSBTTIQ-Bewegung. In: Jan Feddersen, Marion Hulverscheidt, Rainer Nicolaysen (Hrsg.): Jahrbuch Sexualitäten. 2023, S. 82–110 (queernations.de [PDF]).
- Geschlecht – zentrale Kategorie der Sozialen Arbeit und Ausgangspunkt der Mädchenarbeit. In: Elke Schierer, Sylvia C. Reichle (Hrsg.): Handbuch Mädchen*(sozial)arbeit. Weinheim 2023, S. 71–88.
- Inklusion und ‚falsche‘ Körper. Zum besseren Verständnis verwirrender Entwicklungen. In: Bettina Bretländer, Dino Capovilla, Simone Danz, Marianne Hirschberg, Bettina Lindmeier, Vera Moser, Imke Niediek und Mario Schreiner (Hrsg.): Zeitschrift für Inklusion - Gemeinsam leben. Nr. 3, 2023, S. 176–179.
- Körperloses Geschlecht – LSBTTIQ auf dem Irrweg. Persönliche Reflexion aus dem Innern der LSBTTIQ-Bewegung. In: Jan Feddersen, Marion Hulverscheidt und Rainer Nicolaysen (Hrsg.): Jahrbuch Sexualitäten 2023. im Auftrag der Initiative Queer Nations. Göttingen 2023, S. 82–110.
- Geschlechtergerechtes Sprechen. Gender-Neusprech: Begriffsverwirrung und pädagogische Verantwortung. In: Karl-Heinz Dammer, Anne Kirschner (Hrsg.): Pädagogisches Neusprech. Zur Kritik aktueller Leitbegriffe. Stuttgart 2023, S. 95–123.
- Lesbisch, schwul, transsexuell … Fallstudie über Erfolgsfaktoren bei der Berufseinmündung sozialer Fachkräfte in Kirche, Diakonie und Caritas, hg. von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, Ludwigsburg 2020.
- Laudatio für Sabine Constabel anlässlich der Verleihung des Barbara-Künkelin-Preises am 11. März 2018 in Schorndorf, in: Stadtverwaltung Schorndorf (Hg.): Heimatblätter, Jahrbuch für Schorndorf und Umgebung, Band 31, S. 129–132.
- mit Lean Haug, Leyla Jagiella und Marion Römmele: Pflege, Biographie und Vielfalt. Begleitung von LSBTTIQ-Menschen in Baden-Württemberg, hg. von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg und dem Frauenberatungs- und Therapiezentrum Stuttgart e.V., Stuttgart 2019.
- mit Angela Jäger: Lesbische Sichtbarkeit sichern. In: Stefanie Kuhnen (Hrsg.): Lesben Raus. Für mehr lesbische Sichtbarkeit. Quer-Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-89656-257-9, S. 43–50.
- mit Bettina Staudenmeyer, Gerrit Kaschuba und Maria Bitzan: Vielfalt von Geschlecht und sexueller Orientierung in der Jugendarbeit in Baden-Württemberg. Landesweite Studie und Empfehlungen für die LSBTTIQ Jugendarbeit. In: Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg (Hrsg.): Eine Studie im Rahmen des Zukunftsplan Jugend. Stuttgart 2016.
- Konfliktfrei in die Arbeitswelt einfädeln? Lesbisch-Sein und Schwul-Sein als Konflikt bei der Berufseinmündung In: Wilhelm Schwendemann, Barbara Städler-Mach (Hrsg.): Krise und Konflikt (= Evangelische Hochschulperspektiven. Band 11). FEL-Verlag, Freiburg 2015, ISBN 978-3-932650-76-5, S. 45–65.
- Systematik der Genderperspektive – Grundlagen zur Vermittlung familienpolitischer Aspekte der Sozialen Arbeit. In: Wilhelm Schwendemann, Hans-Joachim Puch (Hrsg.): Familien(n)-Geschichte(n) (= Evangelische Hochschulperspektiven. Band 7). FEL-Verlag, Freiburg 2011, ISBN 978-3-932650-48-2, S. 156–170.
- Durch Daten und Fakten zu einem neuen Genderbewußtsein. Ein Lehrexperiment (= Schriftenreihe der Evangelischen Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg). Verlag der Evangelischen Gesellschaft, Stuttgart 2008
- mit Cornelia Helfferich: Häusliche Gewalt beenden: Verhaltensänderung von Tätern als Ansatzpunkt. Eine Evaluationsstudie (= Schriftenreihe der Landesstiftung Baden-Württemberg. Band 23). Landesstiftung Baden-Württemberg, Stuttgart 2006.
- mit Eva-Maria Garber und Carmen Rivuzumwami: geträumt – gewagt – gelebt. Bad Boller Anfänge der kirchlichen Lesbenbewegung. Evangelische Akademie Bad Boll, Bad Boll 2005, ISBN 978-3-936369-19-9.
- mit Hans-Ulrich Weth (Hrsg.): Potentiale Sozialer Arbeit (= Schriftenreihe der Evangelischen Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg. Band 2). Verlag der Evangelischen Gesellschaft, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-7918-7600-9.
- mit Geertje-Froken Bolle (Hrsg.): Göttlich lesbisch – Facetten lesbischer Existenz in der Kirche. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1997.
- mit Herta Leistner: Aus der Nicht-Existenz auftauchen – Der Beitrag von Tagungsarbeit zum Identitätsbildungsprozess lesbischer Frauen in der Kirche. Dissertation, Universität Hannover 1992.
- mit Herta Leistner und Ute Wild: Hättest du gedacht, dass wir so viele sind. Lesbische Frauen in der Kirche. Kreuz-Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 978-3-7831-0849-1 (2. Auflage unter dem Titel „Lesbische Frauen in der Kirche“, Kreuz-Verlag, Freiburg 1993).
- mit Angelika Wagner und anderen: Bewusstseinskonflikte im Schulalltag, Denkknoten bei Lehrern und Schülern erkennen und lösen. Beltz, Weinheim 1984, ISBN 978-3-40725-087-2.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Constanze Eylmann und Annette Rabe (Hrsg.): Geschlechterverhältnisse – Disziplinäre Facetten einer Hochschule. Festschrift für Monika Barz, Schriften der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-7918-8061-7.
- Rafael Binkowski: Eine Frau, die polarisiert und mobilisiert (Stuttgarter Zeitung 25. April 2016)
- Janna Werner: „Dann sind wir plötzlich Mensch“. Interview mit Monika Barz, Ludwigsburger Kreiszeitung vom 7. Mai 2016, S. 20.
- Kerstin Fritzsche: "Dass wir nicht vorkommen, ist einfach nicht zu akzeptieren",L.MAG, Das Magazin für Lesben, Heft Januar/Februar 2019, S. 20–23.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Monika Barz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kerstin Söderblom: Monika Barz: Eine Pionierin lesbisch-feministischer Bildungs- und Sozialarbeit
- Bewerbungsrede für die Landesliste der GRÜNEN Baden-Württemberg für die Bundestagswahl 2013
- Juliane Brumberg: Monika Barz. Strukturelle Missstände erkennen und verändern (veröffentlicht am 16. Oktober 2018)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Monika Barz. In: Evangelische Hochschule Ludwigsburg. Archiviert vom ; abgerufen am 2. Juni 2020.
- ↑ Herta Leistner: 20 Jahre Bad Boll. (PDF) 2005, abgerufen am 27. Oktober 2015.
- ↑ Monika Barz, Herta Leistner, Ute Wild: Hättest du gedacht, dass wir so viele sind? Lesbische Frauen in der Kirche. Stuttgart 1987.
- ↑ Die LuK. Abgerufen am 18. Dezember 2023.
- ↑ MuM Home. Abgerufen am 18. Dezember 2023.
- ↑ Das sind wir In: netzwerk-katholischer-lesben.de, abgerufen am 6. Februar 2018.
- ↑ M. Barz / H. Leistner: Aus der Nichtexistenz auftauchen… - Der Beitrag von Tagungsarbeit zum Identitätsbildungsprozeß lesbischer Frauen in der Kirche, Hannover 1993.
- ↑ Höchste Auszeichnung für Prof.’in Dr.‘in Monika Barz: Paritätischer Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg verleiht goldene Ehrennadel. In: paritaet-bw.de. 6. Februar 2015, archiviert vom ; abgerufen am 6. Februar 2018.
- ↑ Evangelischer Pressedienst. Nr. 242, 18. Dezember 2017.
- ↑ Landesparteitag – Listenaufstellung für die Bundestagswahl 2013 | Beate Müller-Gemmeke. In: mueller-gemmeke.de. Abgerufen am 27. Oktober 2015.
- ↑ Dann sind wir plötzlich Mensch. In: Ludwigsburger Kreiszeitung. 7. Mai 2016, S. 20.
- ↑ Prof. Dr. Monika Barz, Reutlingen. In: #ROTLICHTAUS. 12. Juni 2017, abgerufen am 2. August 2019 (deutsch).
- ↑ Sabine Schwieder: Performance im Schauspiel Nord: Kunstaktion für ausstiegswillige Prostituierte. In: Stuttgarter Zeitung. 16. Mai 2017, abgerufen am 2. August 2019.
- ↑ LFR-Vorstandsteam für 2018 bis 2020 hat seine Arbeit aufgenommen: Charlotte Schneidewind-Hartnagel und Sakia Ulmer neue Vorsitzende In: lfrbw.de, abgerufen am 6. Februar 2018.
- ↑ Positionspapier zu Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht von TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e. V. (PDF; 67,2 kB) In: fairplayfuerfrauen.org. 12. September 2020, abgerufen am 30. März 2023.
- ↑ Chantal Louis: Was ist los bei Terre des Femmes? Emma, 30. Juni 2023.
- ↑ Sabine Menkens, Terre des Femmes entzweit sich im Transgender-Streit: Die renommierte Frauenrechtsorganisation verzeichnet nach einer kontroversen Mitgliederversammlung zahlreiche Austritte, Die Welt vom 9. Juni 2023
Personendaten | |
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NAME | Barz, Monika |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Hochschullehrerin, Professorin für Frauen- und Geschlechterfragen |
GEBURTSDATUM | 5. April 1953 |
GEBURTSORT | Castrop-Rauxel |