Montaillou
Montaillou Montalhon | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Okzitanien | |
Département (Nr.) | Ariège (09) | |
Arrondissement | Foix | |
Kanton | Haute-Ariège | |
Gemeindeverband | Haute Ariège | |
Koordinaten | 42° 47′ N, 1° 54′ O | |
Höhe | 1181–1806 m | |
Fläche | 8,61 km² | |
Einwohner | 17 (1. Januar 2021) | |
Bevölkerungsdichte | 2 Einw./km² | |
Postleitzahl | 09110 | |
INSEE-Code | 09197 | |
Montaillou – Ortsbild mit Kirche |
Montaillou okzitanisch Montalhon ist ein südfranzösischer Ort und eine Gemeinde (commune) mit 17 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Ariège in der Region Okzitanien.
Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Montaillou liegt in einer Höhe von ca. 1280 Metern ü. d. M. auf einem kleinen Höhenzug, dem Mont d’Alion im Pays d’Aillou in den französischen Pyrenäen. Die Kleinstadt Ax-les-Thermes ist etwa 20 Kilometer (Fahrtstrecke) in südwestlicher Richtung entfernt, die Städte Foix und Pamiers befinden sich etwa 58 bzw. 78 Kilometer nordwestlich.
Bevölkerungsentwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2006 | 2017 |
Einwohner | 49 | 45 | 37 | 20 | 27 | 14 | 10 | 17 |
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts (der Ort hatte damals etwa 320 Einwohner) sank die Bevölkerungszahl kontinuierlich bis auf die Tiefstwerte der letzten Jahrzehnte ab.
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bevölkerung des Bergdorfs lebte jahrhundertelang von ein wenig Ackerbau (Gerste) und von der Viehwirtschaft (Milch, Käse, Fleisch); die Forstwirtschaft spielte wegen der abgeschiedenen Lage des Ortes kaum eine Rolle. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen Einnahmen aus dem Tourismus hinzu, z. B. in Form der Vermietung von Ferienhäusern (gîtes).
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bedeutend ist Montaillou für die Geschichtswissenschaft, da hier eine einzigartige Quellenlage Einblicke in den Alltag und die Mentalität einer Dorfgemeinschaft des Mittelalters erlaubt. Im 14. Jahrhundert hing die Mehrheit der Bevölkerung der Lehre der Katharer an. Bischof Jacques Fournier, der spätere Papst Benedikt XII., führte einen Ketzerprozess durch, der am 9. Oktober 1325 abgeschlossen wurde und dessen Akten mit 578 protokollierten Vernehmungen und 160 Zeugenaussagen zahlreiche Zeugnisse über das Leben der Bewohner, Tratsch und Klatsch des Dorfes mit Einblicken in die Intimsphäre vieler Bewohner überliefert hat. Man erfährt von den Seitensprüngen und Gedanken des Pfarrers wie der einfachen Schäfer, man gewinnt Einblicke in den Tagesablauf und die Wirtschaftsstrukturen des Ortes.
Der französische Historiker Emmanuel Le Roy Ladurie hat in den 1970er Jahren die Quellen zu einem Lebensbild des Ortes ausgearbeitet. Die Forschung hat seitdem immer wieder die Auseinandersetzung mit der Geschichte Montaillous gesucht, so in einem Kolloquium, das im Jahr 2000 abgehalten wurde, aber auch in archäologischen Ausgrabungen, die das von den Schriftquellen vermittelte Bild um viele Aspekte ergänzen könnten.
Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Ruine der Burg Montaillou aus dem 12. Jahrhundert überragt den Ort. Erbaut durch die Herren von Alion, fiel sie später an die Grafen von Foix, ehe sie im 17. Jahrhundert auf Befehl Richelieus niedergelegt wurde. Im Dezember 1984 wurde sie in die Liste der Monuments historiques aufgenommen.[1]
- Die kleine Kirche Notre Dame de Carnesses ist ein romanischer Bau aus dem 10./11. Jahrhundert und geht – gemäß lokaler Überlieferung – auf die Marienerscheinung einer Schäferin zurück. Als ‚Beweis‘ für diese Erscheinung findet man bei der Kapelle eine Felsplatte mit einem ‚Fußabdruck Mariens‘. Nach den Akten der Inquisition von Pamiers wurde in dieser Kapelle die strenggläubige Katharerin Mengarde Clergue von ihrem Sohn, dem Pfarrer Pierre Clergue, beerdigt. Es geht nicht aus den Akten hervor, ob die Leiche – wie damals bei posthum überführten Ketzern üblich – exhumiert und anschließend verbrannt wurde.
- Das Schloss der Familie Montauriol stammte ursprünglich aus dem Jahr 1588. Es wurde durch Brandstiftung in der Nacht zum 15. Dezember 1756 zerstört. Erhalten geblieben ist nur das von der Familie Montauriol rekonstruierte, befestigte Tor aus dem 16. Jahrhundert.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Emmanuel Le Roy Ladurie (Hrsg.): Autour de Montaillou – un village occitan; histoire et religiosité d’une communauté villageoise au Moyen Âge. Actes du colloque de Montaillou (25–26–27 août 2000). L'Hydre, Castelnaud la Chapelle 2001, ISBN 2-913703-11-9.
- Emmanuel Le Roy Ladurie: Montaillou – Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 bis 1324. Ullstein, Berlin 2000, ISBN 3-548-26571-5 (Originaltitel: Montaillou, village occitan de 1294 à 1324. Paris 1975.).
- Aué, Michèle: Discover Cathar Country. MSM, Vic-en-Bigorre, France 1992, ISBN 2-907899-44-9.
- René Weis: Die Welt ist des Teufels – Die Geschichte der letzten Katharer 1290–1329. Lübbe, Bergisch Gladbach 2003, ISBN 3-404-64196-5 (Originaltitel: The Yellow Cross: The Story of the Last Cathars' Rebellion Against the Inquisition, 1290–1329. 2002. ISBN 0-375704-41-8).
- Matthias Benad: Domus und Religion in Montaillou – Katholische Kirche und Katharismus im Überlebenskampf der Familie des Pfarrers Petrus Clerici am Anfang des 14. Jahrhunderts. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1990, ISBN 3-16-145562-2 (Habilitation, Universität Frankfurt am Main 1987).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Montaillou, Geschichte – Infos (französisch)
- Montaillou and the last Cathars mit ausführlichem Personenverzeichnis der von Jacques Fournier verhörten Paysans ( vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Statistischer Überblick bei Cassini
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ruines du Château, Montaillou in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)