N-Hydroxymaleinimid

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Strukturformel
Strukturformel von N-Hydroxymaleinimid
Allgemeines
Name N-Hydroxymaleinimid
Andere Namen
  • N-Hydroxymaleimid
  • 1-Hydroxypyrrol-2,5-dion
Summenformel C4H3NO3
Kurzbeschreibung

hellgelber[1] bis brauner[2] kristalliner Feststoff

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 4814-74-8
EG-Nummer 225-385-4
ECHA-InfoCard 100.023.078
PubChem 78535
Wikidata Q20054534
Eigenschaften
Molare Masse 113,07 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
  • 130–133 °C[1] unter Zersetzung
Löslichkeit

löslich in Tetrahydrofuran, N,N-Dimethylformamid, Pyridin, Methanol, Ethanol[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 314
P: 280​‐​305+351+338​‐​310[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

N-Hydroxymaleinimid ist ein ungesättigtes cyclisches Imid, dessen Stickstoffatom eine Hydroxygruppe trägt. Wie im Maleinimid und in N-Alkyl- und N-Arylmaleinimiden bewirken die beiden der Doppelbindung benachbarten Carbonylgruppen einen stark elektronenziehenden Effekt, wodurch auch N-Hydroxymaleinimid zu einem sehr reaktiven Dienophil in Diels-Alder-Reaktionen wird.[2]

Frühere Synthesen von N-Hydroxymaleinimid nutzen auch die Diels-Alder-Reaktion der Ausgangsverbindung Maleinsäureanhydrid mit Furan zum Diels-Alder-Addukt exo-3,6-Epoxy-1,2,3,6-tetrahydrophthalsäureanhydrid zur Einführung einer Schutzgruppe für die aktivierte Doppelbindung im Maleinsäureanhydrid.[3]

Synthese von N-Hydroxymaleinimid über Diels-Alder und Retro-Diels-Alder-Reaktion
Synthese von N-Hydroxymaleinimid über Diels-Alder und Retro-Diels-Alder-Reaktion

Nach Umsetzung des primären Addukts mit Hydroxylamin wird die reaktive N-Hydroxygruppe mit Phenylchloroformat umgesetzt und so mit der Phenyloxycarbonyl-Schutzgruppe versehen. Zunächst wird durch Erhitzen bei Temperaturen unterhalb 170 °C in einer Retro-Diels-Alder-Reaktion Furan abgespalten, bei weiterer Temperaturerhöhung erfolgt auch die Abtrennung der Phenyloxycarbonylgruppe und das Zielprodukt N-Hydroxymaleinimid fällt in geringen Gesamtausbeuten von ca. 12 % an.[4] Eine Variante nutzt die Trimethylsilylgruppe aus dem Reagenz 1,2-Bis(trimethylsilyl)harnstoff als Schutzgruppe für die N-Hydroxygruppe, die hydrolytisch abgespalten werden kann.[5]

Synthese von N-Hydroxymaleinimid über Trimethylsilylderivat
Synthese von N-Hydroxymaleinimid über Trimethylsilylderivat

Über die erhaltenen Reinheiten des Endprodukts werden in beiden Veröffentlichungen keine Angaben gemacht.

Der naheliegende Syntheseweg zum N-Hydroxymaleimid, ausgehend von Maleinsäureanhydrid und Hydroxylamin, führt in der ersten Stufe zur Maleinmonohydroxamsäure, die mit wasserentziehenden Mitteln, wie z. B. Acetanhydrid oder POCl3 nicht zum N-Hydroxymaleimid cyclisiert werden konnte.[4]

Reaktion von Maleinanhydrid mit Hydroxylamin
Reaktion von Maleinanhydrid mit Hydroxylamin

N-Hydroxymaleinimid fällt bei der Synthese als hellgelber bis brauner Feststoff an, der als hygroskopisch, korrosiv, sowie luft- und feuchtigkeitsempfindlich beschrieben ist.[2] Nach Umkristallisation aus n-Hexan-THF wird es als weiße, kristalline Substanz erhalten. Die Substanz reagiert in wässriger Lösung sauer, da die beiden Carbonylgruppen im N-Hydroxymaleimid-Molekül das Wasserstoffatom der N-Hydroxygruppe aktivieren. Die Aktivierung der Doppelbindung führt wiederum zu leichter Addition von Nucleophilen, wie z. B. Amino- und insbesondere Thiolgruppen.

N-Hydroxymaleinimid wurde als Dienophil zur Synthese der ersten Stufe neuer Anxiolytika und Antidepressiva eingesetzt.[6]

Erste Stufe einer Anxiolytika-Synthese
Erste Stufe einer Anxiolytika-Synthese

Die Neigung von N-Hydroxymaleinimid zu Diels-Alder-Reaktionen mit Furanen lässt sich auch zum Aufbau thermisch reversibel vernetzter Polymere nutzen, z. B. zur reversiblen Verkapselung elektronischer Komponenten.[7]

Die Acidität der N-Hydroxygruppe kann man sich zum Aufbau von vernetzten Organosiloxanen, bei denen ein Zusatz von N-Hydroxymaleinimid die Vernetzung bei Raumtemperatur verlangsamt.[5]

Die hohe Acidität zusammen mit der ausgeprägten thermischen Stabilität der N-Hydroxymaleinimid-Strukturen machen diese zu interessanten Ausgangsmaterialien für polymere Photoresists mit hoher Auflösung und der Möglichkeit der Entwicklung mit wässrig-alkalischer Medien. Allerdings lässt sich N-Hydroxymaleinimid als 1,2-disubstituiertes Ethylen mit einem aktivierten Wasserstoff an der N-Hydroxygruppe radikalisch nicht zu Homopolymeren mit höheren Molmassen polymerisieren.

Von mehreren untersuchten Schutzgruppen an der aciden N-Hydroxygruppe hat sich insbesondere die Isopropyloxycarbonyl-Gruppe bewährt. Die geschützten N-Hydroxymaleimide können mit AIBN in 1,4-Dioxan-Lösung radikalisch zu Homopolymeren und Copolymeren mit z. B. Styrol mit brauchbaren Molmassen (Mn>10,000) polymerisiert werden.[8]

Synthese+Thermolyse von Maleinimid-Polymer
Synthese+Thermolyse von Maleinimid-Polymer

Die Isopropyloxycarbonyl-Schutzgruppe lässt thermolytisch bei 205 °C abspalten, wobei Poly-N-Hydroxymaleimid entsteht, das sich in Methanol, und wässrig-alkalischen Medien löst, aber in vielen organischen Lösungsmitteln unlöslich ist. Copolymere mit dem N-Hydroxymaleimid-Monomer besitzen außerordentlich hohe Glasübergangstemperaturen von 240 °C und sind in basischen Medien löslich, was auf ihre Eignung als Photoresistmaterialien schließen lässt.

N-Hydromaleinimid ist das Ausgangsmaterial zur Herstellung so genanntem polymerem N-Hydroxysuccinimid, d. h. zur Gewinnung fester Träger für Aktivester zur Peptidsynthese. Ein Weg geht aus von durch Blanc-Reaktion gewonnenem chlormethyliertem Polystyrol, das mit Thioharnstoff und anschließender alkalischer Hydrolyse des entstandenen Isothioharnstoffs zum entsprechenden Thiol reagiert. Die Thiolgruppe addiert leicht an die aktivierte Doppelbindung des N-Hydroxymaleimids zum über eine Thioetherfunktion polymerfixierten H-Hydroxysuccinimid.[9]

Polymeres NHS über Thioladdition
Polymeres NHS über Thioladdition

Ein völlig anderer Weg führt über die Diels-Alder-Vorstufe des N-Hydroxymaleinimids (chemisch korrekt: exo-N-Hydroxy-7-oxabicyclo[2.2.1]hept-5-en-2,3-dicarboximid), die mithilfe von Carbodiimiden, wie z. B. Diisopropylcarbodiimid zur glatten Umsetzung mit Carbonsäuren aktiviert werden kann. Die entstehenden Aktivester können mit Grubbs-Katalysatoren und einem bifunktionellen Vernetzer durch ring-öffnende Metathese-Polymerisation (ROMP) zu unlöslichen Polymeren umgesetzt werden, die mit primären und sekundären Aminoverbindungen unter schonenden Bedingungen in hohen Ausbeuten zu Amiden reagieren.

Polymeres NHS über ROMP
Polymeres NHS über ROMP

Das polymere N-Hydroxysuccinimid kann durch einfache Filtration zurückgewonnen werden.[10] Diese Route erlaubt auch die Herstellung von polymerfixierten aktivierten Mosher-Estern aus Mosher-Säure, mit denen chirale Amine in die diastereomeren Amide überführt werden,[11] an denen ohne vorhergehende aufwendige Reinigung mittels 1H-NMR-Spektroskopie der Enantiomerenüberschuss stereospezifischer Reaktionen bestimmt werden kann.[12]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Datenblatt N-Hydroxymaleinimid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 28. Mai 2015 (PDF).
  2. a b c d B. Bessières, N-Hydroxymaleinimide, e-EROS Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis, 2008, doi:10.1002/047084289X.rn00820
  3. J.V. Staros: N-Hydroxysuccinimide active esters: Bis(N-hydroxysulfosuccinimide) esters of two dicarboxylic acids are hydrophilic, membrane-impermeant protein cross-linkers. In: Biochemistry. Band 21, Nr. 17, 1982, S. 3950–3955, doi:10.1021/bi00260a008.
  4. a b D.P. Vanderbilt, Bifunctional synzymes via alternating copolymerization, Ph.D. Thesis, University of Florida, 1982
  5. a b Patent EP0123321: Verfahren zum Vernetzen von Organopolysiloxanmassen. Angemeldet am 26. April 1984, veröffentlicht am 27. März 1987, Anmelder: Wacker-Chemie GmbH, Erfinder: U. Michel, J. Radecker.
  6. J. Kossakowski, M. Krawiecka: Synthesis of new N-substituted cyclic imides with an expected anxiolytic activity. Derivatives of N-Hydroxy-1-methoxybicyclo[2.2.2]oct-5-ene-2,3-dicarboximide. In: Acta Polon. Pharm., Drug Res. Band 60, Nr. 3, 2003, S. 177–182 (PDF).
  7. Patent US6271335B1: Method of making thermally removable polymeric encapsulants. Angemeldet am 18. Januar 2000, veröffentlicht am 7. August 2001, Anmelder: Sandia Corp., Erfinder: J.H. Small, D.A. Loy, D.R. Wheeler, J.R. McElhanon, R.S. Saunders.
  8. K.-D. Ahn, C. G. Wilson: Synthesis of polymers having N-Hydroxymaleimide units by thermolysis of N-(Isopropyloxycarbonyloxy)maleimide polymers. In: Bull. Korean Chem. Soc. Band 16, 1995, S. 443–449 (PDF).
  9. M. Adamczyk, J.R. Fishpaugh, P.G. Mattingly: Preparation and use of N-hydroxysuccinimidyl active ester resins. In: Tetrahedron Lett. Band 40, Nr. 3, 1999, S. 463–466, doi:10.1016/S0040-4039(98)02425-3.
  10. A.G.M. Barrett, S.M. Cramp, R.S. Roberts, F.J. Zécri: A ROMPGEL-Supported N-Hydroxysuccinimide: A Host of Acylations with Minimal Purification. In: Org. Lett. Band 2, Nr. 2, 2000, S. 261–266, doi:10.1021/ol991208w.
  11. G.R. Sullivan, J.A. Dale, H.S. Mosher: Correlation of configuration and fluorine-19 chemical shifts of α-methoxy-α-trifluoromethylphenyl acetate derivatives. In: J. Org. Chem. Band 38, Nr. 12, 1973, S. 2143–2147, doi:10.1021/jo00952a006.
  12. T. Arnauld, A.G.M. Barrett, B.T. Hopkins, F.J. Zécri: Facile and purification free synthesis of Mosher amides utilizing a ROMPgel supported reagent. In: Tetrahedron Lett. Band 42, Nr. 46, 2001, S. 8215–8217, doi:10.1016/S0040-4039(01)01724-5.