Neue Philharmonie Westfalen

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Konzert der Neuen Philharmonie Westfalen in der Tonhalle Zürich

Die Neue Philharmonie Westfalen (NPW) wurde 1996 gegründet und ist mit 124 Musikern das größte der drei Landesorchester in Nordrhein-Westfalen. Träger des Orchesters sind neben dem Land Nordrhein-Westfalen die Städte Gelsenkirchen und Recklinghausen sowie der Kreis Unna.

Das Orchester hat seinen Sitz in Recklinghausen, wo das Orchestermanagement[1] nebst Proberäumen in einem ehemaligen Depot der Vestischen Straßenbahnen an der Castroper Str. untergebracht ist.[2] Weitere Musikensembles sind in Hilchenbach bei der Philharmonie Südwestfalen und bei der Nordwestdeutschen Philharmonie im ostwestfälischen Herford zu finden.

Neben den ständigen Konzertorten Gelsenkirchen, Recklinghausen und Kamen gastiert das Orchester vornehmlich in Städten und Gemeinden im nördlichen Ruhrgebiet und darüber hinaus, wo kein eigenes Sinfonieorchester ansässig ist. Außerdem nimmt die Bespielung des Musiktheaters im Revier (MiR) in Gelsenkirchen sowie die Arbeit für Kinder und Jugendliche einen großen Raum in der gestalterischen Tätigkeit des Orchesters ein.

Das Orchester bewältigt pro Saison nahezu 300 Veranstaltungen und deckt in ihren vielfältigen Konzertreihen die gesamte Palette der Orchesterliteratur vom Barock bis hin zur Moderne ab. Auch Crossover-Konzerte mit Pop- oder Rockmusik gehören zum Repertoire.[3]

Die Neue Philharmonie Westfalen mit dem Kölner Männer-Gesang-Verein in der Kölner Philharmonie (2017)

Das Orchester entstand 1996 aus der Fusion zweier Orchester im nördlichen Ruhrgebiet: dem Westfälischen Sinfonieorchester Recklinghausen (früher in Lünen von 1955 bis 1962 beheimatet) sowie dem Philharmonischen Orchester der Stadt Gelsenkirchen.

Höhepunkte der Arbeit im sinfonischen Bereich waren die Aufführungen des Gesamtwerkes von Ludwig van Beethoven sowie die zyklischen Aufführungen der Werke von Anton Bruckner, Gustav Mahler und Richard Strauss.

Im Herbst 2000 hatte das Orchester sein außereuropäisches Debüt; die Neue Philharmonie Westfalen folgte einer Einladung zum Beijing-Festival in Peking. Dort wurden die Seven Gates of Jerusalem von Krzysztof Penderecki unter der Leitung des Komponisten aufgeführt. Darüber hinaus waren Schönbergs Gurre-Lieder, Verdis Aida und Bizets Carmen in der ausverkauften Arena Auf Schalke in Gelsenkirchen spektakuläre und nicht alltägliche Inszenierungen dieser Werke.

Auch in der jüngsten Vergangenheit hatte das Orchester immer wieder Auftritte außerhalb ihres eigentlichen Einzugsgebiets. Zu Beginn der Saison 2005/2006 standen zwei Konzerte mit der russischen Starsopranistin Anna Netrebko in Hannover und Mannheim auf dem Spielplan. Daneben war das Landesorchester zu Gast im Weltkulturerbe Speyerer Dom, in der Kölner Philharmonie, in der Glocke Bremen, im „Franziskaner Konzerthaus“ in Villingen, im Teatro Dante Alighieri Ravenna, im Teatro Communale di Modena und in der jüngsten Vergangenheit in der Tonhalle Zürich und in der KölnArena mit der Aufführung der „Lord of the Rings“-Sinfonie. Im Herbst 2007 begleitete die Neue Philharmonie Westfalen die Operettentournee von Angelika Kirchschlager und Simon Keenlyside in den vier deutschen Millionenstädten und spielte im Herkulessaal München, der Kölner Philharmonie, der Laeiszhalle Hamburg und der Philharmonie Berlin. Im Dezember des Jahres 2007 folgte die Neue Philharmonie Westfalen erneut einer Einladung in die Philharmonie Berlin, um gemeinsam mit der italienischen Starsopranistin Lucia Aliberti aufzutreten. Im Rahmen einer Operngala mit der Starsopranistin Elīna Garanča musizierte das Ensemble aus dem nördlichen Ruhrgebiet im Frühjahr 2009 in München (Philharmonie am Gasteig), Frankfurt am Main (Alte Oper), Düsseldorf (Tonhalle), Hamburg (Laeiszhalle) und in der Liederhalle Stuttgart. Ein weiterer Höhepunkt für das Orchester aus dem nördlichen Ruhrgebiet waren zwei Konzerte im Sommer 2009 in Essen und beim North Sea Jazz Festival in Rotterdam mit den Weltklasse-Pianisten Lang Lang und Herbie Hancock unter der Leitung von John Axelrod. Im Frühjahr 2011 begleitete das Landesorchester den italienischen Startenor Vittorio Grigolo bei Konzerten in Zürich, Berlin und München, ein Jahr später die slowakische Sopranistin Edita Gruberová. Im Sommer 2012 konzertierte die Neue Philharmonie Westfalen abermals mit Anna Netrebko in Münster, Mannheim und Wiesbaden.

Darüber hinaus widmet sich das Orchester regelmäßig bei Sonderkonzerten der Zusammenführung von E- und U-Musik, z. B. durch die Filmmusikreihe „MiR goes Film“ oder die für 2014 unter dem Titel „ABBA forever“ geplanten Veranstaltungen.

Nachdem die Stadt Recklinghausen als einer der Träger angekündigt hatte, ab 2016 ihre Zuschüsse – trotz der zu erwartenden tariflichen Lohnsteigerungen – nicht erhöhen zu wollen, wurde das Orchester im März 2015 in die Rote Liste Kultur des Deutschen Kulturrates aufgenommen und in die Kategorie 2 (= gefährdet) eingestuft.[4] Im August 2015 schlossen die Träger, der Deutsche Bühnenverein und die Deutsche Orchestervereinigung einen Vertrag, der das Bestehen der Neuen Philharmonie Westfalen bis ins Jahr 2021 sichert.[5][6] In der Saison 2016/2017 feierte das Orchester sein 20-jähriges Bestehen, 2019 gastierte es mit Anna Netrebko erstmals in der Elbphilharmonie.[3]

Generalmusikdirektoren

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Erster Generalmusikdirektor war von 1997 bis 2007 der österreichische Dirigent Johannes Wildner, der im Jahr 2007 zum Ehrendirigenten des Orchesters ernannt wurde. Von 2007 bis 2014 lag die Leitung des Orchesters in der Hand von Heiko Mathias Förster, der zuvor die Brandenburger Symphoniker und die Münchner Symphoniker leitete. Seit 2014 ist Rasmus Baumann Generalmusikdirektor, der mit dem Orchester neue Wege beschreitet: zum Beispiel in der Neu-Konzeption des Sinfoniekonzert-Zyklus, der Ausweitung der Crossover-Konzerte oder mit der Etablierung neuer Konzertreihen und -Formate.[3]

Das Orchester hat einen Zyklus von neun Sinfoniekonzerten und mehreren Sonderkonzerten pro Spielzeit. Ständige Konzertorte sind das Große Haus des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen, das Ruhrfestspielhaus Recklinghausen sowie die Konzertaula in Kamen. Darüber hinaus konzertiert das Orchester regelmäßig in weiteren Städten Nordrhein-Westfalens, u. a. auch mit dem Neujahrskonzert im Heinz-Hilpert-Theater in Lünen.

Musiktheater im Revier

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Das Orchester wirkt auch als Opernorchester des Musiktheaters im Revier in Gelsenkirchen bei der Aufführung von Opern, Operetten und Musicals, da das Musiktheater über kein eigenes Opernorchester verfügt.

Kinder- und Jugendarbeit

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Ein besonderer Schwerpunkt ist die Konzert-Arbeit für und mit Kindern und Jugendlichen. Neben kindergerechten Konzerten übernimmt die Jugend-Dramaturgie des Orchesters in enger Zusammenarbeit mit den Schulen des Einzugsgebiets die Aufgabe, Schüler durch eine sogenannte „Musik-Werkstatt“ in den Klassenräumen auf den Besuch klassischer Konzerte vorzubereiten und Musik mit möglichst vielen Sinnen erlebbar zu machen. So wird versucht, den Kindern die Instrumente und auch die Geschichte einzelner Musikstücke altersgerecht näherzubringen. Regelmäßiger Abschluss der „Musik-Werkstatt“ ist der gemeinsame Besuch eines Konzerts des Orchesters zusammen mit anderen Schulklassen.

Unter der Leitung von Johannes Wildner wurden CDs mit Werken von Anton Bruckner, Richard Strauss, Johannes Brahms und Max Bruch veröffentlicht. Die Reihe der CD-Aufnahmen hat Heiko Mathias Förster bereits fortgesetzt. So ist eine Aufnahme der 1. Sinfonie von Gustav Mahler erschienen, gefolgt von einer Einspielung mit Werken der Wiener Familie Strauß oder der jüngst erschienenen CD „Escapades“ mit Werken für Saxophon und Orchester gemeinsam mit dem Berliner Saxophonisten Jan Schulte-Bunert.

Commons: Neue Philharmonie Westfalen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kontakt bei neue-philharmonie-westfalen.de, abgerufen am 10. Januar 2023.
  2. Betriebshof Castroper Str. auf tramtracks.de, abgerufen am 10. Januar 2023.
  3. a b c Historie – Neue Philharmonie Westfalen. Abgerufen am 24. Oktober 2019.
  4. Politik & Kultur, Nr. 2, März/April 2015, S. 13 Kulturelles Leben: Die Rote Liste (Memento vom 21. Juni 2015 im Internet Archive), abgerufen am 15. März 2015
  5. Tina Brambrink: Neue Philharmonie Westfalen. Kompromiss soll Orchester bis 2021 sichern. In: Recklinghäuser Zeitung. 11. Juni 2015, abgerufen am 22. April 2020.
  6. Neue Philharmonie Westfalen erhält Bestandsgarantie bis 2021. In: Klassik.com. 21. August 2015, abgerufen am 22. April 2020.