Niningerit
Niningerit | |
---|---|
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer |
1966-036[1] |
IMA-Symbol |
Nng[2] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
II/B.11 II/C.15-010 2.CD.10 02.08.01.06 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | kubisch |
Kristallklasse; Symbol | hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[5] |
Raumgruppe | Fm3m (Nr. 225)[3] |
Gitterparameter | a = 5,17 Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 4[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3,5 bis 4[6] |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 3,21 bis 3,59[7] |
Spaltbarkeit | nicht definiert |
Bruch; Tenazität | nicht definiert |
Farbe | im Auflicht grau[7] |
Strichfarbe | nicht definiert |
Transparenz | undurchsichtig (opak)[7] |
Glanz | Metallglanz[7] |
Niningerit ist ein sehr seltenes und bisher ausschließlich in Meteoriten gefundenes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung MgS.[1] Das Mineral ist damit chemisch gesehen Magnesiumsulfid. Natürlich vorkommender Niningerit enthält allerdings in der Regel geringe Anteile an Eisen und Mangan, daher ist in verschiedenen Quellen auch die Formel (Mg,Fe,Mn)S[3] bzw. (Mg,Fe2+,Mn)S[7] zu finden. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch zusammen im selben Molverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.
Niningerit kristallisiert im kubischen Kristallsystem, konnte jedoch bisher nur in Form undurchsichtiger, mikrokristalliner Aggregate von grauer, metallisch glänzender Farbe gefunden werden.
Etymologie und Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die Analyse wurden Mikroproben aus sechs Enstatit-Chondriten ausgewertet: Abee aus Kanada, Saint-Sauveur aus der gleichnamigen französischen Gemeinde, Adhi Kot aus Pakistan, Indarch aus dem aserbaidschanischen Bezirk Ağcabədi, Saint Mark’s (Meteorit) aus dem gleichnamigen Ort im südafrikanischen Distrikt Chris Hani und Kota-Kota aus dem malawischen Distrikt Nkhotakota.
Die deutlichste Dominanz von Magnesium wiesen dabei die Proben von Indarch, Saint Mark’s und Kota-Kota auf. Daneben wurden aber auch geringe Anteile von Eisen und Mangan gemessen.[8] Diese drei Meteoriten gelten daher als Typlokalität für Niningerit.[7]
Beschrieben wurde das Mineral erstmals 1967 durch Klaus Keil und Kenneth G. Snetsinger, die es nach dem Meteoritenforscher Harvey Harlow Nininger (1887–1986) benannten, um seine Beiträge zur Erforschung der Meteoriten zu ehren.
Klassifikation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der mittlerweile veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Niningerit zur Abteilung der „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] M(etall) : S(chwefel) = 1 : 1“, wo er zusammen mit Alabandin, Altait, Clausthalit, Galenit und Oldhamit die „Galenit-Reihe“ mit der System-Nr. II/B.11 bildete.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/C.15-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te ≈ 1 : 1“, wo Niningerit zusammen mit Alabandin, Altait, Clausthalit, Crerarit, Galenit, Keilit und Oldhamit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[4]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Niningerit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Zinn (Sn), Blei (Pb), Quecksilber (Hg) usw.“ zu finden ist, wo es zusammen mit Alabandin, Altait, Clausthalit, Galenit, Keilit und Oldhamit die „Galenitgruppe“ mit der System-Nr. 2.CD.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Niningerit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Galenit, Clausthalit, Altait, Alabandin, Oldhamit, Borovskit in der „Galenit-Gruppe (isometrisch: Fm3m)“ mit der System-Nr. 02.08.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 1 : 1“ zu finden.
Kristallstruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Niningerit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225) mit dem Gitterparameter a = 5,17 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Bildung und Fundorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Niningerit bildet sich metamorph in Steinmeteoriten, den sogenannten Enstatit-Chondriten, wo er meist mit Kamacit und Troilit vergesellschaftet vorkommt.
Als sehr selten vorkommende Mineralbildung ist Niningerit bisher nur in wenigen Proben aus rund 30 Fundorten[10] bekannt (Stand 2021). Seine Typlokalität Indarch-Meteorit ist dabei der bisher einzige Fundort in Aserbaidschan.
Daneben fand man das Mineral noch im Mars-Meteorit ALH 84001 in der Antarktis, im „Qingzhen-Meteorit“ in der chinesischen Provinz Guizhou, im Kaidun-Meteorit im Jemen, im Abee-Meteoriten in der kanadischen Provinz Alberta, im Kota-Kota-Meteorit in Malawi, im „Adhi-Kot-Meteorit“ in Punjab (Pakistan), im „St.-Mark's-Meteorit“ im Distrikt Chris Hani in Südafrika, im Itqiy-Meteorit in der Westsahara und im „Shallowater-Meteorit“ im Lubbock County des US-Bundesstaates Texas.[11]
Im Meteoritengestein vom Mond, genauer aus der Hadley-Rille, das die Apollo-15-Mission zur Erde brachte, wurde ebenfalls Niningerit entdeckt.[11]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 52, 1967, S. 925–929 (minsocam.org [PDF; 329 kB; abgerufen am 9. Mai 2021]).
- Klaus Keil, K. G. Snetsinger: Niningerite: a new meteoritic sulfide. In: Science. Band 155, Nr. 3761, 1967, S. 451–453, doi:10.1126/science.155.3761.451.
- Caroline Avril, Valérie Malavergne, Razvan Caracas, Brigitte Zanda, Bruno Reynard, Emeline Charon, Ema Bobocioiu, Fabrice Brunet, Stephan Borensztajn, Sylvain Pont, Martine Tarrida, François Guyot: Raman spectroscopic properties and Raman identification of CaS-MgS-MnS-FeS-Cr2FeS4 sulfides in meteorites and reduced sulfur-rich systems. In: Meteoritics and Planetary Science. Band 48, Nr. 8, 2013, S. 1415–1426, doi:10.1111/maps.12145 (englisch).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 439 (Erstausgabe: 1891).
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 278.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Niningerit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Niningerite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 90.
- ↑ a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ David Barthelmy: Niningerite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 6. Mai 2021 (englisch).
- ↑ Niningerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Mai 2021 (englisch).
- ↑ a b c d e f Niningerite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 62 kB; abgerufen am 9. Mai 2021]).
- ↑ Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 52, 1967, S. 925–929 (minsocam.org [PDF; 329 kB; abgerufen am 9. Mai 2021]).
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Localities for Niningerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 9. Mai 2021 (englisch).
- ↑ a b Fundortliste für Niningerite beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 9. Mai 2021.