Norddeutsches Kartell

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Das Norddeutsche Kartell (NK) ist ein Kartell von Burschenschaften, das von 1855 bis 1872 bestand. 1963 wurde es wiederbegründet und besteht heute aus drei Burschenschaften innerhalb der Deutschen Burschenschaft.

Während die Corps sich 1855 im KSCV zusammenschlossen, hatten die Burschenschaften wegen der Streitigkeiten zwischen ihren Flügeln zu dieser Zeit größere Schwierigkeiten, einen eigenen flügelübergreifenden Verband zu gründen. So entstand als Gruppe fortschrittlicher Burschenschaften 1855 das Norddeutsche Kartell.[1]

Das Norddeutsche Kartell, das in seiner Blütezeit neun vorwiegend nord- und mitteldeutsche Burschenschaften umfasste, bezeichnete sich selbst als germanistisch, wodurch es an die Tradition der germanischen Burschenschaften der Vormärzzeit anknüpfen wollte. Nach Matthias Stickler war das Norddeutsche Kartell progressistisch geprägt.[2] So trat die Burschenschaft Carolingia Prag 1869 aus dem Kartell aus, weil das progressistische Element immer mehr zunahm.[3] Das Kartell, das sich als Bund deutsch-demokratischer Burschenschaften bezeichnete[4], strebte eine Einigung Deutschlands auf demokratischer Grundlage an. Die Mehrzahl seiner Burschenschaften war in der Frühzeit republikanisch eingestellt.[5]

Als Erziehungsmittel für die Mitglieder des Kartells sollten die eifrig betriebenen politisch-wissenschaftlichen Kränzchen dienen, deren Protokolle man austauschte. Von 1861 bis 1866 gab das Kartell eine eigene Zeitschrift, die Akademische Zeitung, heraus. Das Turnen wurde für die Mitglieder als verpflichtend festgelegt.[6] Man hielt enge Fühlung mit dem bürgerlichen Liberalismus, forderte die Mitglieder zum Eintritt in Turner-, Sänger- und Schützenvereine auf, die damals eine erhebliche politische Bedeutung hatten, und verlangte eine lebendige Anteilnahme am politischen Leben im Sinne des Deutschen Nationalvereins und der liberalen preußischen Fortschrittspartei. Es akzeptierte vor allem deren Hauptprogrammpunkt der kleindeutschen Lösung unter Führung eines liberalisierten Preußens.[7] Damit stand es im Gegensatz zur großen Mehrheit der großdeutsch ausgerichteten Burschenschaften.[8]

Das NK war bemüht, dem auf dem Burschentag vom 17. Mai 1864 gegründeten, kurzlebigen Burschenschaftsverband Eisenacher Burschenbund seine politische Richtung aufzudrücken.[9] Das politische Moment der Burschenschaft wollte das NK besonders hervorgehoben wissen und verlangte eine politische Ausbildung der Mitglieder mit dem Ziel der deutschen Einigkeit auf volkstümlicher Basis, während es das Sittlichkeitsprinzip und das der unbedingte Satisfaktion als selbstverständlich verwarf. Die entgegengesetzten Ansichten vertrat eine Gruppe um die Burschenschaften des späteren Grün-Weiß-Roten Kartells. Eine Einigung erreichte man durch Annahme des demokratischen Prinzips als auch des der Sittlichkeit und der unbedingten Satisfaktion. Die Annahme des demokratischen Prinzips hatten sofortige staatliche Untersuchungsmaßnahmen gegen eine Hallesche und eine Königsberger Burschenschaft zur Folge.[10]

Das politische Schwanken zwischen groß- und kleindeutscher Einstellung – mit oder ohne Österreich – förderte die ab 1866 beginnende Zersetzung des Kartells[11], was im Jahre 1872 – ein Jahr nach der kleindeutschen Reichsgründung – zur Auflösung führte. Die bewusste Pflege der vaterländisch-politischen Ausbildung, die später Gemeingut der gesamten Burschenschaft wurde, wird als das bleibende Verdienst dieses Kartells angesehen.

Neugründung 1963

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1920 wurde mit der Roten Richtung (RR) ein Kartell begründet, das sich als Nachfolger des Norddeutschen Kartells begriff und größtenteils aus dessen ehemaligen Mitgliedsverbindungen zusammensetzte. Nachdem 1961 die Gründung der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) auch durch Mitglieder der RR erfolgt war, kam es im Sommer 1963 in der RR zum Streit darüber, ob eine gleichzeitige Mitgliedschaft in BG und RR möglich sein sollte.[12]

Daraufhin traten die BG-Burschenschaften aus der RR aus und gründeten am 30. November 1963 auf dem Haus der Burschenschaft Normannia zu Heidelberg ein eigenes Kartell, wobei sie für dieses den Namen Norddeutsches Kartell wiederaufgriffen. Es besteht heute aus drei Burschenschaften.

Mitglieder (ab 1963)

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Ehemalige Mitglieder (ab 1963)

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Mitglieder (1855 bis 1872)

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Einzelnachweise

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  1. Walter Rüegg (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Band III: Vom 19. Jahrhundert zum Zweiten Weltkrieg 1800-1945. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-36954-5. S. 248f.
  2. Matthias Stickler: Von der studentischen Allgemeinheit zum örtlichen Deputierten-Convent. Die Entwicklung der Würzburger Burschenschaft im 19. Jahrhundert, in: GDS-Archiv 6 (2002), S. 111, 115.
  3. Michael Doeberl: Das Akademische Deutschland. Band 2, Berlin 1931, S. 1001.
  4. Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Band 3: Die Zeit des Progresses. Von 1833 bis 1859. Heidelberg 1929, S. 235 f.
  5. Helmut Lehmann, Hermann Wellenreuther (Hrsg.): German and American Nationalism. A Comparative Perspective. Berg Publishers, Oxford 1999. S. 396.
  6. Herman Haupt (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. Verlag der burschenschaftlichen Blätter, Frankfurt am Main 1927. S. 157.
  7. Helmut Asmus: Die studentischen Burschenschaften in der Auseinandersetzung um die bürgerliche Umgestaltung Deutschlands. In: ders. (Hrsg.): Studentische Burschenschaften und bürgerliche Umwälzung. Zum 175. Jahrestag des Wartburgfestes. Akademie Verlag, Berlin 1992. S. 11–35, hier S. 33.
  8. Michael Thomas: Das 50. Jubiläum der Jenaer Burschenschaftsgründung im August 1865. Burschenschaften und Revolution „von oben“. In: Helmut Asmus (Hrsg.): Studentische Burschenschaften und bürgerliche Umwälzung. Zum 175. Jahrestag des Wartburgfestes. Akademie Verlag, Berlin 1992. S. 263–276, hier S. 274.
  9. Karl Hoffmann (Hrsg.): Burschenschaftliches Handbuch für Politik. Grunow, Leipzig 1920. S. 46.
  10. R. Fick (Hrsg.): Auf Deutschlands hohen Schulen - Eine illustrierte kulturgeschichtliche Darstellung deutschen Hochschul- und Studentenwesens. Verlag Hans Ludwig Thilo, Berlin 1900, S. 122.
  11. Frank Grobe: Zirkel und Zahnrad. Ingenieure im bürgerlichen Emanzipationskampf um 1900. Die Geschichte der technischen Burschenschaft. Heidelberg 2009, S. 166. (Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert. Band 17. Hrsg. von Klaus Oldenhage).
  12. Sonja Kuhn: Die Deutsche Burschenschaft – eine Gruppierung im Spannungsfeld zwischen Traditionsformalismus und Traditionsstiftung – eine Analyse für den Zeitraum 1950 bis 1999. Stuttgart 2002, ISBN 3-00-009710-4. S. 105.
  13. Herman Haupt und Paul Wentzcke: Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung. Band 16, Heidelberg 1939.
  14. Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – ihre Darstellungen in Einzelchroniken, WJK, Hilden 2005. S. 174.
  • Dr. D.: Zur Geschichte des Norddeutschen Cartells. In: Burschenschaftliche Blätter. 6. Jahrgang 1891, S. 55–60.
  • Hugo Böttger (Hrsg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter. Berlin, 1912, S. 202–204.
  • W. Dachsel (Hrsg.): Handbuch der Deutschen Burschenschaft. Berlin, 1998, S. 74, 97.
  • Peter Frömke: Holzminda in der Roten Richtung. In: Hansheiner Schumacher (Hrsg.): Burschenschaft Holzminda Göttingen. Beiträge zu ihrer Geschichte 1860-1985. Göttingen, 1985, S. 124.
  • Frank Grobe: Zirkel und Zahnrad. Ingenieure im bürgerlichen Emanzipationskampf um 1900. Die Geschichte der technischen Burschenschaft, S. 165–167. 2009.
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Band 3: Die Zeit des Progresses. Von 1833 bis 1859. Heidelberg 1929, S. 235f.
  • W. Hoffmann: Geschichte des Norddeutschen Kartells. In: Burschenschaftliche Blätter. WS 1903/04 Nr. 5–7.
  • Hauptausschuß der Deutschen Burschenschaft (Hrsg.): Handbuch der Deutschen Burschenschaft. Bad Nauheim 1982, S. 1.4.004.