Oscar Huldschinsky
Oscar Huldschinsky (* 16. November 1846 in Breslau; † 21. September 1931 in Berlin)[1] war ein deutscher Montan-Unternehmer, der als Kunstsammler und Mäzen hervortrat.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Oscar Huldschinsky war ein Sohn des Fabrikanten Salomon Huldschinsky.[2] Er wurde, wie sein Bruder Edwin Huldschinsky, Teilhaber in der von seinem Vater gegründeten Firma S. Huldschinsky & Söhne, die im Steinkohlenbergbau und der Eisenindustrie Schlesiens aktiv war und unter anderem Röhrenwalzwerke in Sosnowitz (damals Russisch-Polen) sowie Hüttenwerke in Gleiwitz betrieb.[1] Oscar Huldschinsky selbst siedelte in den 1870er Jahren nach Berlin über. Sein Vermögen wurde im Jahr 1914 auf 30 Millionen Mark geschätzt.[3] 1897 trat er der Gesellschaft der Freunde bei.
1882 heiratete er in Wien Ida Brandeis-Weikersheim (1860–1912), eine Tochter des Wiener Großhändlers, Bankiers und britischen Konsuls Salomon Brandeis-Weikersheim (1813–1877).[4] Huldschinsky ließ 1890/1891 am Großen Wannsee eine Villa bauen, die damals die Adresse Friedrich-Karl-Straße 19 hatte. In direkter Nachbarschaft entstand 1907/1908 im neobarocken Stil eine weitere Villa für seine Kinder. Das Anwesen hat heute die Adresse Am Sandwerder 33/35. Es umfasste neben den beiden Häusern und der Gartenanlage auch einen Bootshafen mit einem Bauwerk, auf dem sich eine Aussichtsterrasse befand, einen Gartenpavillon mit offener Bogenhalle und einen Wintergarten, den Alfred Breslauer und Oscar Huldschinskys Sohn Paul später erweiterten. Von 1904 bis 1913 war Oscar Huldschinsky der Besitzer der von William Fife entworfenen Segelyacht Susanne, die zahlreiche Regatten gewann.[5][6][7]
Einen Teil seines Geldes investierte Oscar Huldschinsky, der Gründungsmitglied des Kaiser Friedrich-Museums-Vereins war,[8] in eine umfangreiche Kunstsammlung, die unter anderem Gemälde von Sandro Botticelli, Tiepolo, Rembrandt, Frans Hals, Jacob van Ruisdael[9] und Peter Paul Rubens enthielt. Die Berliner Museen bedachte er mit mehreren großzügigen Stiftungen. So erhielt beispielsweise die Nationalgalerie das Pastellbild Unterhaltung von Edgar Degas und die Skulptur Der Denker von Auguste Rodin, der Gemäldegalerie stiftete er die Werke Beweinung Christi von Hugo van der Goes und Maria mit dem Kind aus der Werkstatt von Jan van Scorel.[10] 1898 präsentierte Wilhelm von Bode, der Huldschinsky bei seinen Käufen beriet,[11] die Sammlung Huldschinsky in der Berliner Gemäldegalerie.[12] 1909 gab er eine Broschüre über Huldschinskys Sammlung heraus.[13] 1926[1] wurde Huldschinsky von Max Liebermann porträtiert.[14]
Oscar Huldschinsky musste einen Teil seiner Kunstwerke 1928 versteigern lassen, nachdem er durch die Volksabstimmung in Oberschlesien von 1921 seinen gesamten oberschlesischen Besitz verlor.[15] Auch seinen Wohnsitz am Wannsee musste er verkaufen. Zum neuen Eigentümer wurde der Industrielle und Bankier Georg Schicht, der wenige Jahre nach dem Kauf nach London emigrierte. 1942 ging das Grundstück in das Eigentum des Deutschen Reichs über. Es wurde zunächst von der Reichsforstverwaltung genutzt, später zog der italienische Botschafter in Huldschinskys Villa. Am 19. Juni 1948 wurde dort die Gründung der Freien Universität Berlin besprochen. Zwischen 1954 und 1995 diente die Villa als Krankenhaus; 1999 wurde das Hauptgebäude verkauft. Die Nebenvilla, in der einst Huldschinskys Kinder lebten, wird saniert.
Oscar Huldschinsky wurde als Jude auf dem Neuen Friedhof in Wannsee bestattet. Sein Grab in einer Familiengruft von Otto Stahn ist erhalten geblieben.[16] Noch zu Lebzeiten hatte er den Antrag gestellt, dass auf diesem Friedhof auch Juden beerdigt werden durften.[17] Sein Sohn Paul ließ sich später in den USA nach katholischem Ritus bestatten.[18]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kunstsalon Paul Cassirer (Hrsg.): Die Sammlung Oscar Huldschinsky. Berlin, 1928. [Versteigerung: Donnerstag, den 10. Mai, Freitag, den 11. Mai 1928.] Digitalisat der UB Heidelberg.
- Cella-Margaretha Girardet: Jüdische Mäzene für die Preußischen Museen zu Berlin. Hänsel-Hohenhausen, Egelsbach 1997, ISBN 3-8267-1133-5, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oscar Huldschinsky – Industrieller und Mäzen. ( vom 14. Januar 2006 im Internet Archive). In: ghwk.de, 10. Oktober 2004, und als PDF; 339 kB.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Oscar Huldschinsky. ( vom 14. Januar 2006 im Internet Archive). In: ghwk.de, 10. Oktober 2004.
- ↑ Beginning and development. ( vom 13. August 2016 im Internet Archive). In: “Zikaron - Memory” Association for the Jewish Heritage of Gliwice, (englisch).
- ↑ Kai Drewes: Jüdischer Adel: Nobilitierungen von Juden im Europa des 19. Jahrhunderts. Campus Verlag, 2013, ISBN 978-3-593-39775-7 (google.co.uk [abgerufen am 1. Dezember 2024]).
- ↑ Georg Gaugusch: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. Band 1: A-K. Amalthea, Wien 2011, ISBN 978-3-85002-750-2, S. 301.
- ↑ Westward, Britannia, White Heather (II) and Susanne, crossing the Royal Yacht Squadron line at Cowes, 1920. In: Christie’s, (englisch)
- ↑ Atlantic wins again. American Yacht First of Auxillaries in Hellgoland Race. (PDF) In: The New York Times, 20. Juni 1905.
- ↑ Walter Ludwig: Konstrukteure. William Fife. ( vom 14. Juni 2009 im Internet Archive). In: klassischeyachten.de.
- ↑ Gründungsmitglieder des Kaiser Friedrich-Museums-Vereins, aufgerufen am 22. Mai 2020.
- ↑ Landscape with the Ruins of the Castle of Egmond – The Art Institute of Chicago. In: artic.edu. Abgerufen am 25. April 2019 (englisch).
- ↑ Cella-Margaretha Girardet: Jüdische Mäzene für die Preußischen Museen zu Berlin, S. 172.
- ↑ Andrea Pophanken, Felix Billeter: Die Moderne und ihre Sammler. Akademie-Verlag, 2001, ISBN 978-3-05-003546-8, S. 23.
- ↑ Michael Zajonz: Das Herrenzimmer als Museumsraum. Von James Simon bis Reinhold Würth: Das Museum hat immer von seinen Sammlern profitiert. In: Tagesspiegel. 19. Oktober 2006 (archive.org).
- ↑ Broschüre: Bode, W. (Hrsg.), Die Sammlung Oscar Huldschinsky. Mit 48 Tafeln und einigen Textabbildungen. Frankfurt, J. Baer 1909. In: Ketterer Kunst, Kunstauktionen, 8. September 2007 in Hamburg, Lot 37.
- ↑ Frontispiz: Portrait Oscar Huldschinsky. In: Kunstsalon Paul Cassirer (Hrsg.): Die Sammlung Oscar Huldschinsky, Berlin 1928, Digitalisat der UB Heidelberg.
- ↑ Marianne Gertis: Villenkolonie Wannsee. In: Verein für Kultur und Geschichte in Wannsee e.V., 11. Februar 2010.
- ↑ Brigitte Ferlet: Oscar Huldschinsky. In: berlin-die-hauptstadt.de, 30. Juni 2017.
- ↑ Der Neue Friedhof in Berlin-Wannsee. ( vom 7. September 2011 im Internet Archive). In: ghwk.de.
- ↑ Thema: Paul Huldschinsky. In: thomasmann.de, Forum Thomas Mann, 2005.
Personendaten | |
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NAME | Huldschinsky, Oscar |
ALTERNATIVNAMEN | Huldschinsky, Oskar |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Unternehmer, Kunstsammler und Mäzen |
GEBURTSDATUM | 16. November 1846 |
GEBURTSORT | Breslau |
STERBEDATUM | 21. September 1931 |
STERBEORT | Berlin |