Osmotherapie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bei der Osmotherapie werden dem Körper mittels intravenöser Infusionen osmotisch wirksame Substanzen zugeführt. In der Regel handelt es sich um hochkonzentrierte Lösungen von Zuckeralkoholen (z. B. Mannit, Sorbit). Durch ihren hohen osmotischen Druck sollen sie Flüssigkeiten binden, die sich im Gewebe angesammelt haben, so dass diese über die Nieren ausgeschieden werden können. Durch den Wasserentzug können Ödeme behandelt werden. Die früher weiter gefassten Anwendungsgebiete der Osmotherapie (Lungenödem, Bronchitis oder frische seröse Pleuritis) haben durch die entstehende Rechtsherzbelastung eine Indikationseinschränkung erfahren. Die Osmotherapie wird vor allem zur Behandlung des krisenhaften Anstiegs des Hirndrucks (intrakranieller Druck, ICP) angewendet. Bei dem Schädel-Hirn-Trauma ist Mannit die erste Wahl und scheint die Letalität bei Anwendung einer mittels Druckmessung gesteuerten Indikation zu senken. Von der Osmotherapie sollte bei der zerebralen Massenblutung Abstand genommen werden.

Weitere Anwendungsgebiete sind die Senkung eines akut erhöhten Augeninnendrucks (Glaukom) und die Aufrechterhaltung des Harnflusses bei einem drohenden Nierenversagen. Die gezielte Einleitung einer osmotischen Diurese kann in der Diagnostik einer unzureichenden Harnbildung (Oligurie, Anurie) durchgeführt werden.

Die Hirndrucksenkung mit hypertonen Lösungen wurde 1919 von L. Weed und McKibben eingeführt.[1] Im Jahr 1920 wurde das Verfahren der künstlichen Druckdifferenz von Gewebe durch Max Bürger und Erich Hagemann beschrieben. Das Verfahren wurde z. B. bei Kampfstoffvergiftungen im Ersten Weltkrieg erfolgreich angewendet und diente zur Entgiftung und auch zur Behandlung von Lungen- und Hirnödemen.

  • Bürger/Hagemann: Über Osmotherapie. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. 1921, Nr. 8.
  • Roche Lexikon Medizin. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2003, ISBN 3437151509, S. 1378.
  • Wallesch: Neurologie: Diagnostik und Therapie in Klinik und Praxis. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2005, ISBN 3437233904.
  • Ernst Mutschler, Gerd Geisslinger, Heyo K. Kroemer, Peter Ruth, Monika Schäfer-Korting: Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. 9. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2008, ISBN 3-80-471952-X.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 239.