Oswald Burger
Oswald Burger (* 23. Juli 1949 in Meersburg) ist ein deutscher Lehrer, Historiker, Literaturveranstalter und Kommunalpolitiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) aus Überlingen am Bodensee, der für die Erforschung der Überlinger Zeitgeschichte mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.
Biographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Burgers Vorfahren waren im 18. Jahrhundert aus dem Schwarzwald ausgewandert und hatten sich als Donauschwaben im Banat niedergelassen. Sie waren Landwirte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Donauschwaben aus dem Banat vertrieben und Burgers Eltern gingen in das Schwarzwalddorf zurück, aus dem ihre Vorfahren ausgewandert waren. Da es dort keine Arbeit gab, zogen sie an den Bodensee.[1][2]
Oswald Burger wuchs in Bermatingen auf, lebte vom 1962 bis 1968 im Internat Konradihaus,[3] und legte sein Abitur am Heinrich-Suso-Gymnasium in Konstanz ab. Er studierte Geschichte und Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Konstanz und an der Philipps-Universität in Marburg. Von 1977 bis 2012 war er Lehrer an der Jörg-Zürn-Gewerbeschule in Überlingen.[4]
Historische Forschungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Historiker und Buchautor trug Oswald Burger entscheidend dazu bei, den „Goldbacher Stollen“ in Überlingen zu erforschen. Der Stollen wurde im Zweiten Weltkrieg von Häftlingen eines Außenlagers des KZs Dachau im Westen der Stadt Überlingen in den Fels getrieben, um dort die Rüstungsindustrie aus Friedrichshafen sicher vor Bombenangriffen der Alliierten unterbringen zu können. Bei diesen Arbeiten kamen viele Häftlinge aufgrund unmenschlicher Arbeitsbedingungen ums Leben. Einige von ihnen sind im KZ-Friedhof Birnau bestattet. Oswald Burger gründete den Verein Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen e. V., der sich zur Aufgabe machte, die Geschichte des Stollens aufzuarbeiten. Ziel dabei ist es, die Geschehnisse darzustellen und vor dem Vergessenwerden zu bewahren.[5] Des Weiteren schrieb Oswald Burger einige Bücher, die sich mit den Verfolgten des Nationalsozialismus in Überlingen befassen.
Kommunalpolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von 1984 bis 1989 und von 1994 bis 2019 war Burger für die SPD Mitglied im Stadtrat von Überlingen.[6] Seit 1994 war er dort Fraktionssprecher und unter anderem Mitglied im Verwaltungs- und Finanzausschuss, von 2014 bis 2019 auch einer der Stellvertreter des Oberbürgermeisters.
Literaturveranstalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von 1991 bis 2021 leitete Oswald Burger das Literarische Forum Oberschwaben, einen seit 1967 bestehenden Freundeskreis von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, die sich regelmäßig in Wangen im Allgäu versammeln. Burger ist Mitglied der Jury des Bodensee-Literaturpreises der Stadt Überlingen, der Jury des Schwäbischen Literaturpreises des Regierungsbezirks Schwaben in Augsburg und der Jury des Jahresstipendiums des Landes Baden-Württemberg für Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Vorstandsmitglied der Literaturstiftung Oberschwaben und Mitglied des Stiftungsrates der Kunst- und Kulturstiftung des Bodenseekreises. Zusammen mit Peter Reifsteck gehörte er zu den Organisatoren des literarisch-kulinarischen Festivals WortMenue in Überlingen und tritt häufig als Vortragender und Vorleser auf. Von 2013 bis 2017 war er Vorsitzender des Vereins Forum Allmende für Literatur e. V. Von 2008 bis 2015 fanden der Europäische Tag der Jüdischen Kultur und die Jüdischen Kulturtage in Überlingen abwechseln im Zweijahresrhythmus statt; die Federführung hatte der Verein Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen e. V.[7]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2007: Bundesverdienstkreuz am Bande für seine historischen Forschungen[8]
- 2011: Kulturpreis der Kunst- und Kulturstiftung des Bodenseekreises[9]
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bücher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oswald Burger / Manfred Bosch: „Es war noch einmal ein Traum von einem Leben.“ Schicksale jüdischer Landwirte am Bodensee 1930–1960. UVK Verlagsgesellschaft Konstanz 2015, ISBN 978-3-86764-630-7
- Der Stollen. Verein Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen, Überlingen 1996; 13. Auflage: Isele, Eggingen 2019, ISBN 978-3-86142-087-3
- Die Levingers. Eine Familie in Überlingen (mit Hansjörg Straub). Isele, Eggingen 2002, ISBN 3-86142-117-8
Aufsätze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Der Bodensee-Literaturpreis der Stadt Überlingen, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 123. Jg. 2005, S. 139–207 (Digitalisat)
- Die Klassiker im Gallerturm. Schätze des Cotta-Archivs fanden Asyl in Überlingen.[10] In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 22. Verlag Senn Tettnang 20. ISBN 978-3-88812-551-5. S. 134–149
- Mit Manfred unterwegs im Markgräfler Land. In: Siegmund Kopitzki und Inga Pohlmann (Hrsg.): Manfred Bosch – Literarischer Sekretär der Region. Eine Freundschaftsgabe. Südverlag Konstanz GmbH, 2017, ISBN 978-3-87800-107-2. S. 202–207
- Das Literarische Forum Oberschwaben. In: Edwin Ernst Weber (Hrsg.): Literatur in Oberschwaben. Gmeiner Verlag Messkirch, 2017, ISBN 978-3-8392-2086-3. S. 72–101
- Auf leisen Pfoten. Katzen in der Literatur. In: Michael Brunner und Claudia Vogel (Hrsg.): Das Tierbild vom Mittelalter bis heute.Michael Imhof Verlag Petersberg, 2017, ISBN 978-3-7319-0549-3. S. 232–239
- Martin Bubers Erzählungen der Chassidim. In: Jakobus Kaffanke OSB (Hrsg.): „...der war von Geburt Schwabe!“. Vorträge zum 650. Todesjahr des seligen Heinrich Seuse/Suso.LIT Verlag Münster. 2017, ISBN 978-3-643-13710-4, S. 35–53
- Laudatio auf die Preisträgerin Eleonora Hummel. In: Peter Fassl (Hrsg.): Spielen. Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2017. Wißner-Verlag Augsburg. 2017, ISBN 978-3-95786-140-5, S. 11–14
- Georg Grünberg, KZ-Kommandant vom Bodensee: „Strebernatur, gepflegt, sprunghaft, energisch“. In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus dem Süden des heutigen Baden-Württemberg. Kugelberg Verlag Gerstetten. 2018, ISBN 978-3-945893-10-4. S. 107–118
- Laudatio auf die Preisträgerin des Nachwuchspreises: Leah Braekau. In: Peter Fassl (Hrsg.): Schönheit. Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2018. Wißner-Verlag Augsburg 2018, ISBN 978-3-95786-185-6. S. 81–83
- „Seehnsucht“ der Poeten. Die Kulturlandschaft am Bodensee im Spiegel der Dichtung. In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 36. Verlag Senn Tettnang. 2018, ISBN 978-3-88812-545-4. S. 190–197
- Judaica in der Leopold-Sophien-Bibliothek. In: Librarium. Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft, SZ ISSN 0024-2152. Heft 1, April 2019, S. 2–11
- Wie kam ein Exemplar von Schillers „Wilhelm Tell“ in die Überlinger Leopold-Sophien-Bibliothek. In: Librarium. Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen-Gesellschaft, SZ ISSN 0024-2152. Heft 1, April 2019, S. 12–14
- In der Euphemismus-Falle. Inklusion und Exklusion durch Sprache: Wie bestimmte Begriffe dafür sorgen, Tabus oder Stigmatisierung zu vermeiden, Peinliches zu umgehen. Tatsächen zu beschönigen oder wahre Absichten zu verschleiern. In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 37. Verlag Senn Tettnang. 2019. ISBN 978-3-88812-547-8. S. 319–327
- Laudatio auf die 1. Preisträgerin: Ruth Johanna Benrath. In: Peter Fasst (Hrsg.): Metamorphosen. Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2019. Wißner-Verlag Augsburg 2019, S. 14–16
- Leben mit Grenzen. Josef Burger, geboren 1908 im Banat, kommt aus einem Ort, der im Lauf der Geschichte verschiedenen Staaten angehörte. In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 38. Verlag Senn Tettnang. 2020. ISBN 978-3-88812-549-2. S. 249–259
- Laudatio auf die Preisträgerin des Nachwuchspreises: Helen Duppé. In: Peter Fassl (Hrsg.): Heimat. Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2020. Wißner-Verlag Augsburg 2020. ISBN 978-3-95786-267-9. S. 65–67
- Die Pesttraktate der Ärzte Reichlin von Meldegg. Vom Leben und Wirken einer Überlinger Arztfamilie in früheren pandemischen Zeiten. In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 39. Verlag Senn Tettnang 2021. ISBN 978-3-88812-551-5. S. 310–318
- Geschichte des Schlosses Rauenstein. In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 40. Verlag Senn Tettnang 2022. ISBN 978-3-88812-553-9. S. 280–291
- Vom Zusammenleben im Internat und der Erziehung zum Priestertum. Ein biographischer Rückblick von Oswald Burger aus seiner Zeit im Konradihaus in Konstanz. In: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises Band 41. Gmeiner Verlag Meßkirch 2023. ISBN 978-3-8392-7793-5. S. 277–288
Herausgeber
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Adam Puntschart: Die Heimat ist weit … Erlebnisse im Spanischen Bürgerkrieg, im KZ, auf der Flucht. Hrsg. von Oswald Burger. Drumlin-Verlag, Weingarten 1983, ISBN 3-924027-10-2
- Nationalsozialismus in Überlingen und Umgebung. Materialien. Zusammengestellt von Oswald Burger. Arbeitsgruppe Regionalgeschichte, Friedrichshafen 1984
- Beiträge zur Geschichte der Bodenseeregion / Geschichtstreff. Hrsg. von Oswald Burger und Elmar L. Kuhn. Kreisarchiv Bodenseekreis, Friedrichshafen 1985ff, ISSN 0178-4994
- Spielwiese für Dichter. Ein Lesebuch. Hrsg. von Oswald Burger und Peter Renz. Isele, Eggingen 1993, ISBN 3-86142-005-8
- Was zählt. Maria Beig zum 75. Geburtstag. Hrsg. von Oswald Burger. Thorbecke, Sigmaringen 1995, ISBN 3-7995-1695-6
- Traumvermesser. 50 Jahre – 51 Gedichte. Hrsg. von Oswald Burger. Mit Tagebuchnotizen 1951 bis 2001 von Reinhard Gröper. Dielmann, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-933974-50-X
- Der Bodensee-Literaturpreis der Stadt Überlingen. Die Preisträger des Bodensee-Literaturpreises der Stadt Überlingen seit Beginn (1954) und ihre Laudatoren. Hrsg. von Oswald Burger. Isele, Eggingen 2010, ISBN 978-3-86142-502-1
- "Es war noch einmal ein Traum von einem Leben". Schicksale jüdischer Landwirte am Bodensee 1930 - 1960 (mit Manfred Bosch). UVK, Konstanz 2015, ISBN 978-3-86764-630-7
Seit den 1980er Jahren publiziert Oswald Burger darüber hinaus regelmäßig Beiträge über Geschichte, Literatur und Politik in der Bodenseeregion, zum Beispiel in der Überlinger Stadtzeitung schelle (1980–1984), im Konstanzer Nebelhorn, als freier Mitarbeiter der Konstanzer Tageszeitung Südkurier und des Jahrbuchs Leben am See.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oswald Burger, in: Wolfgang Proske: Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. Gesamtverzeichnis Bd. 1-10. 46 ungezählte Seiten : Karten. Gerstetten: Kugelberg Verlag, 2019, ISBN 978-3-945893-13-5
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Oswald Burger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gespräch mit Oswald Burger am 10. April 2010
- ↑ E-Mail von Oswald Burger am 23. April 2010
- ↑ Oswald Burger: Vom Zusammenleben im Internat und der Erziehung zum Priestertum. In: Leben am See. Band 41. Gmeiner-Verlag, Meßkirch, ISBN 978-3-8392-7793-5, S. 277–288.
- ↑ Überlingen: Gemeinsam haben sie über 60 Jahre unterrichtet, „Südkurier“, 28. Juli 2012.
- ↑ Oswald Burger: Der Stollen. Verein Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen, Überlingen 1996; 11. Auflage: Isele, Eggingen 2015, ISBN 978-3-86142-087-3.
- ↑ Das halbe Leben Gemeinderat: Oswald Burger kandidiert nicht mehr bei der Kommunalwahl. In: Südkurier. 20. Dezember 2018, abgerufen am 5. Juli 2019.
- ↑ Jüdische Kultur
- ↑ Burger erhält das Bundesverdienstkreuz – Bericht im Südkurier
- ↑ 1. Juli 2011:bodenseekreis.de: Oswald Burger erhält Kreis-Kulturpreis 2011
- ↑ Siehe auch Badische Zeitung: Eine tragische Romanze am Bodensee. 5. Januar 2024, abgerufen am 5. Januar 2024.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Burger, Oswald |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Autor und Historiker |
GEBURTSDATUM | 23. Juli 1949 |
GEBURTSORT | Meersburg |