Pagoclon

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Pagoclon
Vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name Pagoclon
Andere Namen

(+)-2-(7-Chlor-1,8-naphthyridin-2-yl)-3-(5-methyl-oxohexyl)-2,3-dihydro-1H-isoindol-1-on

Summenformel C23H22ClN3O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 133737-32-3
PubChem 131664
ChemSpider 116335
DrugBank DB04903
Wikidata Q7124393
Eigenschaften
Molare Masse 407,899 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Pagoclon ist ein angstlösender Wirkstoff (Anxiolytikum) aus der chemischen Stoffgruppe der Cyclopyrrolone. Er ist strukturell verwandt mit dem Arzneistoff Zopiclon, der als Schlafmittel verwendet wird.

Pharmakologisches Profil

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pagoclon bindet an die Benzodiazepin-Bindungsstelle menschlicher GABAA-Rezeptoren, die entweder eine α1-, α2-, α3- oder α5-Untereinheit enthalten. Die Bindungsaffinität beträgt 0,7–9,1 nmol·L−1. An α1-, α2- und α5-haltigen GABAA-Rezeptoren wirkt Pagoclon als partieller Agonist, an Rezeptoren, die eine α3-Untereinheit enthalten, hingegen als voller Agonist.[2] Bei Ratten wurde 5'-Hydroxypagoclon als Hauptmetabolit identifiziert. Dieser Metabolit ist im α1-Subtyp wesentlich wirksamer als die Ausgangsverbindung und zeigt eine signifikante anxiolytische Aktivität und Sedierung.[3][4] Im Gegensatz zu Zopiclon wirkt Pagoclon in niedrigen Dosen angstlösend und nur wenig sedierend oder amnestisch.[5] Der britische Pharmakologe David Nutt hält Pagoclon und vergleichbare Stoffe (Bretazenil) für geeignet, das Trinken von Alkohol zu ersetzen. Es rufe positive Auswirkungen des Alkohols wie Entspannung und Geselligkeit hervor, ohne jedoch negative Auswirkungen wie Aggression, Amnesie, Übelkeit und Leberschäden zu verursachen.[6]

Pagoclon wirkt bei einer oralen Einnahme von 0,5–1 mg angstlösend. Bei einer oralen Dosis von 1–2 mg Pagoclon kommt auch leichte Sedierung hinzu. Eine hypnotische Wirkung kommt bis zu einer Dosis von 10 mg nicht zustande. Ein Benzodiazepin-Effekt kann bei normalen Dosierungen nicht erreicht werden. Die Plasmahalbwertszeit ist mit ca. 4 bis 6 Stunden eher kurz.

Experimentelle Verwendung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pagoclon wurde als mögliches Medikament gegen Stottern getestet.[7] In einer achtwöchigen kontrollierten Studie mit 132 Teilnehmern wurden signifikante Verbesserungen der Symptome bei gleichzeitig geringen Nebenwirkungen festgestellt.[7] Ähnlich positive Ergebnisse wurden bei 119 Personen beobachtet, die sich dafür entschieden hatten, die Behandlung während einer einjährigen Open-Label-Verlängerungsperiode fortzusetzen. Bei späteren Untersuchungen mit einer größeren Gruppe von Menschen waren die Ergebnisse nicht signifikant, was zu einem Abbruch der Forschung führte.

Eine Studie mit 16 Patienten mit einer Panikstörung (Agoraphobie oder Platzangst) war positiv.[8] 0,1 mg Pagoclon, dreimal täglich verabreicht, verringerte die Häufigkeit von Panikattacken signifikant. Einen signifikanten Unterschied bei den sekundären Endpunkten gab es nicht.

Fertigarzneimittel gibt es nicht auf dem Markt.

Pagoclon kann durch eine mehrstufige Reaktion gewonnen werden. Zuerst führt die Reaktion von 2-Amino-7-chlor-1,8-naphthyridin mit Phthalsäureanhydrid zu dem entsprechenden Phthalimid. Die selektive Reduktion einer der Imidcarbonylgruppen ergibt den entsprechenden Alkohol. Die Reaktion mit dem Carbanion aus Ethyl-5-methyl-3-oxohexanoat führt zu Pagoclon durch Verdrängung der Hydroxygruppe.[9]

Synthese

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. Lingford-Hughes A., S. J. Wilson, A. Feeney, P. G. Grasby, D. J. Nutt: A proof-of-concept study using [11C]flumazenil PET to demonstrate that pagoclone is a partial agonist. In: Psychopharmacology. 180. Jahrgang, Nr. 4, 2005, S. 1–3, doi:10.1007/s00213-005-0060-1, PMID 15986186.
  3. Atack J. R., Pike A., Marshall G., Stanley J., Lincoln R., Cook S. M., Lewis R. T., Blackaby W. P., Goodacre S. C., McKernan R. M., Dawson G. R., Wafford K. A., Reynolds D. S.: The in vivo properties of pagoclone in rat are most likely mediated by 5'-hydroxy pagoclone. In: Neuropharmacology. 50. Jahrgang, Nr. 6, 2006, S. 677–89, doi:10.1016/j.neuropharm.2005.11.014, PMID 16430927.
  4. J. R. Atack: The benzodiazepine binding site of GABA(A) receptors as a target for the development of novel anxiolytics. In: Expert Opinion on Investigational Drugs. 14. Jahrgang, Nr. 5, Mai 2005, S. 601–18, doi:10.1517/13543784.14.5.601, PMID 15926867.
  5. J. R. Atack: Anxioselective compounds acting at the GABA(A) receptor benzodiazepine binding site. In: Current Drug Targets. CNS and Neurological Disorders. 2. Jahrgang, Nr. 4, August 2003, S. 213–32, doi:10.2174/1568007033482841, PMID 12871032.
  6. D. J. Nutt: Alcohol alternatives – a goal for psychopharmacology? In: J Psychopharmacol. Band 20, Nr. 3, Mai 2006, S. 327-8, doi:10.1177/0269881106063042.
  7. a b G. Maguire, D. Franklin, N. G. Vatakis, E. Morgenshtern, T. Denko, J. S. Yaruss, C. Spotts, L. Davis, A. Davis, P. Fox, P. Soni, M. Blomgren, A. Silverman, G. Riley: Exploratory randomized clinical study of pagoclone in persistent developmental stuttering: the EXamining Pagoclon for peRsistent dEvelopmental Stuttering Study. In: Journal of Clinical Psychopharmacology. 30. Jahrgang, Nr. 1, Februar 2010, S. 48–56, doi:10.1097/jcp.0b013e3181caebbe, PMID 20075648.
  8. J. J. Sandford et al.: Crossover trial of pagoclone and placebo in patients with DSM-IV panic disorder. In: J Psychopharmacol. Band 15, Nr. 3, September 2001, doi:10.1177/026988110101500312.
  9. Patent EP0274930B1: Pyrrolderivate, ihre Herstellung und diese enthaltende pharmazeutische Zubereitungen. Angemeldet am 1. Dezember 1987, veröffentlicht am 21. August 1991, Anmelder: Rhone-Poulenc Sante, Erfinder: Jean-Dominique Bourzat.