Pagodenschnecken
Pagodenschnecken | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Pagodenschnecke (Pagodulina pagodula) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Pagodulina | ||||||||||||
Clessin, 1876 |
Die Pagodenschnecken (Pagodulina) sind eine Gattung der Familie der Fässchenschnecken (Orculidae) aus der Unterordnung der Landlungenschnecken (Stylommatophora).
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gehäuse sind eiförmig bis eiförmig-zylindrisch mit 7 bis 8,5 gut gewölbten Windungen. Die Größe variiert von 2,3 bis 4,5 mm in der Höhe und 1,2 bis 2,4 mm in der Breite. Die Schale ist fest und etwas durchscheinend, die Oberfläche glänzend. Die Farbe variiert von bernsteingelb bis braun. Die Mündung ist eiförmig und frei, oder annähernd frei mit einem umgeschlagenen, verdickten Mündungsrand. Die parietale Lamelle liegt tief in der Mündung, das vordere Ende ist gerade noch von außen und von unten betrachtet, zu sehen. Die Spindellamelle ist schwach ausgebildet und sitzt auf der Rückseite der Spindel. Die lange Gaumenfalte ist unterschiedlich kräftig ausgebildet.
Im männlichen Teil des Geschlechtsapparates tritt der Samenleiter apikal oder leicht seitlich in den Epiphallus ein. Im Längsschnitt ist intern am proximalen Ende des Epiphallus noch ein rudimentäres Flagellum ausgebildet. Ein Blindsack (Caecum) am Penis kann vorhanden sein oder auch fehlen. Der Penis zeigt intern längliche oder auch quer zur Längsachse verlaufende Faltenstrukturen. Im Lumen des Penis sind sehr kleine, tetragonale Kristalle eingelagert. Im weiblichen Teil sind Vagina und freier Eileiter etwa gleich lang, oder die Vagina etwas kürzer. Der Stiel der Spermathek ist kurz nach der Abzweigung vom Eileiter zu einer bohnenförmigen, seitlich ansetzenden Drüse verdickt. Die Blase ist länglich-eiförmig. Zwischen der Drüse am Stiel der Spermathek und der Blase zweigt ein langes, dünnes Divertikulum ab.
Geographische Verbreitung und Lebensraum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Arten der Gattung kommen in Mittel- und Südeuropa, Osteuropa (Ukraine[1]) und Kleinasien bis zum Kaukasus vor. Kürzlich wurde die Typusart der Gattung in der Auvergne wieder aufgefunden; der letzte Nachweis von dort stammte aus dem Jahr 1851[2].
Taxonomie und Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Benennung dieses Taxons ist eine Geschichte der Irrungen und Wirrungen. 1864 stellte Giuseppe Stabile (auch Joseph Stabile) die Gattung Pagodina auf, mit der einzigen Art Pupa pagodula Des Moulins, 1830[3]. Pagodina ist aber durch Pagodina Van Beneden, 1853 (Crustacea) präokkupiert. Paul Hesse schlug 1916 daher Pagodula als Ersatzname vor[4]. Dieser Name ist wiederum durch Pagodula Monterosato, 1884 präokkupiert. Johannes Thiele schlug nun mit Pagodinella einen weiteren Ersatznamen vor[5]. Dabei war nicht berücksichtigt worden, dass Stephan Clessin 1876 unabhängig von Stabile den Gattungsnamen Pagodulina für Pupa pagodula Des Moulins, 1830 aufgestellt hatte[6], die Umbenennung von Pagodina und Pagodula völlig unnötig war.
Schileyko (1998) folgte Henry Augustus Pilsbry (1922–1926)[7] und schied noch eine Unterfamilie Pagodulinae aus, die jedoch bei Philippe Bouchet und Jean-Pierre Rocroi und auch der Fauna Europaea[8] keine Anerkennung findet. Die Gattung Pagodulina wird daher zur Unterfamilie Orculinae gestellt. Schileyko (1998) scheidet zudem zwei Untergattungen aus, Pagodulina (Pagodulina) und Pagodulina (Crystallifera) Schileyko, 1976. Edwin Gittenberger äußerte sich bereits 1978 sehr zurückhaltend über den Wert der von Schileyko vorgebrachten Unterschiede zwischen den beiden Untergattungen[9]. Welter-Schultes (2012) führt die Arten lediglich unter der Gattung Pagodulina auf. Auch die Fauna Europaea benutzt keine Untergattungsgliederung. Schileyko (2012) hält jedoch weiter an der Untergattungsgliederung und damit an Pagodulina (Crystallifera) fest[10].
- Pagodulina austeniana (Nevill, 1880)
- †Pagodulina bellardii (Sacco, 1884), Oberes Pliozän[11]
- Pagodulina epirotes Klemm, 1939
- Pagodulina gracilior Pilsbry, 1926[12] (= Pagodula subdola gracilior Pilsbry, 1926[13])
- Pagodulina hauseri Gittenberger, 1978
- Pagodulina kaeufeli Klemm, 1939
- Pagodulina klemmi Gittenberger & Subai, 1978
- Pagodulina lederi (Boettger, 1886)
- Pagodenschnecke (Pagodulina pagodula (Des Moulins, 1830))
- Pagodulina pisidica Schütt, 1993
- Pagodulina sparsa Pilsbry, 1924
- Südliche Pagodenschnecke (Pagodulina subdola (Gredler, 1856))
- ?Pagodulina tschapecki (Gredler, 1877) (vermutlich parasitierte Exemplare von Pagodulina pagodula[14])
Belege
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Philippe Bouchet und Jean-Pierre Rocroi: Part 2. Working classification of the Gastropoda. Malacologia, 47: 239–283, Ann Arbor 2005, ISSN 0076-2997.
- Bernhard Hausdorf: Die Orculidae Asiens (Gastropoda: Stylommatophora). Archiv für Molluskenkunde, 125, 1996, S. 1–86.
- Anatolij A. Schileyko: Treatise on Recent terrestrial pulmonate molluscs, Part 1. Achatinellidae, Amastridae, Orculidae, Strobilopsidae, Spelaeodiscidae, Valloniidae, Cochlicopidae, Pupillidae, Chondrinidae, Pyramidulidae. Ruthenica, Supplement 2(1): 1–126, Moskau 1998, ISSN 0136-0027.
Online
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Igor Balashov, Nina Gural-Sverlova: An annotated checklist of the terrestrial molluscs of Ukraine. Journal of Conchology, 41(1): 91–109, 2012 (PDF lviv.ua).
- ↑ Laurent Charles: Redécouverte de Pagodulina pagodula (Des Moulins, 1830)(Gastropoda, Orculidae) dans le Puy-de-Dôme (Auvergne, France). MalaCo, 8: 420–427, 2012 PDF
- ↑ Joseph (Giuseppe) Stabile: Mollusques terrestres vivants du Piémont. Atti della Società Italiana di Scienze Naturali, 7(1): 3–141, Mailand 1864, S. 100 (online bei www.biodiversitylibrary.org).
- ↑ Paul Hesse: Kritische Fragmente. Nachrichtsblatt der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft, 48(3): 122–124, Frankfurt am Main 1916, S. 124 (online bei www.biodiversitylibrary.org).
- ↑ Johannes Thiele: Bemerkungen über das „Tierreich“ und den Nomenclator Generum Animalium. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft, 49: 19–24, Frankfurt/Main 1917, S. 24 (online bei www.biodiversitylibrary.org).
- ↑ Stephan Clessin: Deutsche Excursions-Mollusken-Fauna. 581 S., Bauer & Raspe, Nürnberg 1876, S. 198 (online bei www.biodiversitylibrary.org).
- ↑ Henry Augustus Pilsbry: Manual of Conchology Second Series: Pulmonata. Vol. 27. Pupillidae (Orculinae, Pagodulinae, Acanthinulinae, etc.). Abidas and Chondrinas of the Pyrenees and the Iberian Peninsula, by Dr. F. Haas. 369 S., Philadelphia 1922–1926, S. 166 (online bei www.biodiversitylibrary.org).
- ↑ Fauna Europaea: Pagodulina Clessin 1876.
- ↑ Edwin Gittenberger: Beiträge zur Kenntnis des Pupillacea VIII. Einiges über Orculidae. Zoologische Verhandelingen, 163: 3–44, 1978 (PDF uva.nl).
- ↑ Anatoly A. Schileyko: On the anatomy of Orculidae with special reference to the spermatophores (Gastropoda Pulmonata, Stylommatophora). Ruthenica, 22 (2): 141–158, 2012 (PDF ruthenica.com).
- ↑ Wilhelm Wenz: Gastropoda extramarina tertiaria. In: Carl Diener (Hrsg.), Fossilium catalogus, 1 Animalium, 20: 737–1068, Berlin 1923, S. 968 (online bei www.biodiversitylibrary.org).
- ↑ Francisco W. Welter-Schultes: European non-marine molluscs, a guide for species identification = Bestimmungsbuch für europäische Land- und Süsswassermollusken. A1-A3 S., 679 S., Q1-Q78 S., Planet Poster Ed., Göttingen 2012, ISBN 3-933922-75-5, ISBN 978-3-933922-75-5
- ↑ Fauna Europaea: Pagodulina subdola gracilior Pilsbry 1926.
- ↑ Christa Frank: Malakologisches aus dem Alpenraum (II) unter besonderer Berücksichtigung südlicher Gebiete 1992-1995. In: Linzer biologische Beiträge. Jahrgang 28, Heft 1, Linz 1996, S. 75–164, hier S. 89 (zobodat.at [PDF]).