Partizipative Bürgerbeteiligung in Heidelberg

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Beteiligungsparadoxon: Diskrepanz zwischen öffentlichem Wunsch nach Einflussmöglichkeiten auf die Planung und den tatsächlichen Möglichkeiten einer Einflussnahme

Die Partizipative Bürgerbeteiligung der Stadt Heidelberg gilt als beispielgebend in Sachen Bürgerbeteiligung in Deutschland. Seit 2010 beschäftigt sich die Stadt intensiv mit der Einbeziehung der Heidelberger in politische Entscheidungsprozesse.

Der Auslöser für die verstärkte Bürgerbeteiligung in Heidelberg waren Konflikte um den Stadthallenanbau im Jahr 2010. Daraufhin fragten Oberbürgermeister und Gemeinderat bei der Bürgerstiftung Heidelberg an, einen Verfahrensvorschlag für die Bürgerbeteiligung bei der Entscheidung über ein Konferenzzentrum zu entwickeln.[1]

Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung

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Im März 2011 wurde ein Arbeitskreis zur Entwicklung von Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung eingesetzt. Dieser erarbeitete innerhalb eines Jahres einen differenzierten Verfahrensentwurf sowie eine Satzung, die vom Gemeinderat einstimmig angenommen wurde. Heidelberg war damit eine der ersten Kommunen in Deutschland, die systematische Richtlinien zur Bürgerbeteiligung entwickelten.[1]

Arbeitskreis Bürgerbeteiligung

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Der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung ist „trialogisch“ besetzt, mit Mitgliedern aus der Bürgerschaft, der Verwaltung und des Heidelberger Gemeinderats. Er tagt in der Regel zweimal jährlich öffentlich und wird von einem externen Experten geleitet.[2]

Ein zentrales Element der Bürgerbeteiligung in Heidelberg ist die Vorhabenliste. Sie umfasst etwa 100 städtische Projekte und wird zweimal jährlich in gedruckter Form veröffentlicht. Neue Vorhaben werden vierteljährlich in digitaler Form veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert.[3]

Der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung führt regelmäßige Evaluationen durch. Die dritte Evaluation im Jahr 2023 zeigte, dass rund 90 Prozent der Heidelberger die Bürgerbeteiligung als wichtig erachten. Die Teilnehmenden von Beteiligungsveranstaltungen berichteten überwiegend positive Erfahrungen.[4]

Beispiele für Bürgerbeteiligung

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Stadtteilmanagement Emmertsgrund

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Im Stadtteil Emmertsgrund wurden umfangreiche Befragungen und Bürgerwerkstätten durchgeführt, um Lösungsvorschläge für verschiedene Problembereiche zu erarbeiten.[5]

Rad- und Fußgängerverbindung über den Neckar

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Für dieses Projekt wurde ein Beteiligungskonzept beschlossen, das eine Präsenzveranstaltung und eine Online-Beteiligung umfasste.[6]

Verkehrsberuhigung Altstadt

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Wesentliches Ergebnis war die Empfehlung zur Nutzung von Schwerlast- und Absperr-Pollern rund um die zentrale Altstadt.[7]

Masterplanverfahren zur Zukunft des Neuenheim Feldes

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Nach einer vor Gericht erfochtenen Blockade des Straßenbahn-Projekts in des Campus Neuenheim Feld u. a. durch das MPI für internationales Recht, wurde das bislang aufwändigste Bürgerbeteiligungs-Verfahren konzipiert. In einem Gremium von 80 im Prozess beteiligten Aufgabenträgern, Interessen-Vertreter, betroffenen Fach-Organisatoren und Zufallsbürger wurde ein Konzept erarbeitet, das die Bausubstanz, das Mobilitätskonzept, die Außen- und Freilandgestaltung sowie die Energieversorgung so auszurichten sollte, dass es auf unverändert großer Fläche möglich machen soll, die auf dem Campus vertretenen Bereiche von Universität, Kliniken und Studierendenen-Wohnen um den Faktor zwei zu vergrößern.

Besondere Beachtung hat die Lösung der verkehrlichen Anbindung von Kliniken und Universität gegolten. Erarbeitet wurde ein Konzept das Park-und-Ride-Abstellplätze, sogenannte Mobilität-Hubs, vorsah, rund um die Stadt, die Berechnungen zufolge dazu führten, dass das Verkehrsaufkommen innerhalb der Stadt durch das Wachstum auf dem Campus nicht ansteigt. Gleichzeitig sollten sowohl das FFH-Gebiet am Neckar als auch das Gemüse-Anbaugebiet im Norden des Campus unangetastet bleiben.[8]

Herausforderungen und Ausblick

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Trotz der positiven Entwicklungen gibt es auch Herausforderungen. Die Evaluation zeigte Verbesserungspotenzial bei der Ergebnisverwertung und bei einer klaren, ganzheitlichen Kommunikation. Zudem wachsen die Aufgabenbereiche der Abteilung Bürgerbeteiligung, insbesondere in den Bereichen Kinder- und Jugendbeteiligung sowie bei digitalen Beteiligungsmöglichkeiten.[4]

Einzelnachweise

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  1. a b Bürgerbeteiligung. buergerstiftung-heidelberg.de, Oktober 2014, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  2. Arbeitskreis. heidelberg.de, November 2013, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  3. Vorhabenliste. heidelberg.de, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  4. a b Stadt informiert über die dritte Evaluation der Leitlinien für mitgestaltende Bürgerbeteiligung. heidelberg.de/, 30. Juni 2023, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  5. Stadtteilmanagement Emmertsgrund: „Vorbildliches Beispiel für Bürgerbeteiligung“. heidelberg.de, November 2010, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  6. Ergebnisse der Bürgerbeteiligung. heidelberg.de, Juli 2018, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  7. Verkehrsberuhigung Altstadt. heidelberg.de, abgerufen am 16. Dezember 2024.
  8. Masterplanprozess. masterplan-neuenheimer-feld.de, 2022, abgerufen am 16. Dezember 2024.