Schulentwicklung

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Als Schulentwicklung wird der systematische, zielgerichtete, selbstreflexive und für die Bildungsprozesse der Schüler funktionale Entwicklungsprozess hin zu einer Professionalisierung der schulischen Prozesse bezeichnet. Eine so definierte Schulentwicklung dient der Verbesserung der Qualität der Schule als Institution und des Unterrichts. Subjekte der Schulentwicklung sind Schulen, Schulnetzwerke und Bildungsregionen im Kontext des gesamten Bildungswesens.[1]

Ebenen der Schulentwicklung

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Handlungen, die die Schulentwicklung betreffen, finden auf fünf Ebenen statt:

  1. der direkten Interaktion
  2. der schulinternen Handlungsverbände
  3. der Einzelschule als Handlungseinheit
  4. der Schulen als Teil des Bildungssystems
  5. dem Bildungssystem als Teil des gesellschaftlichen Gesamtsystems.

Die Ebenen eins bis drei bilden die Mikroebene, die Ebenen vier und fünf die Makroebene der Schulentwicklung. Jede Ebene ist – in aufsteigender Reihenfolge – jeweils ein Subsystem der darüber befindlichen Ebene. Subsystem soll heißen, dass das nächsthöhere System alle darunter befindlichen Handlungsprozesse einschließt. Jede dieser Ebenen stellt einen für Theorie und Praxis ausgrenzbaren Teil des schulischen Gesamthandelns dar. Wenn nun Schulentwicklung thematisiert und beschrieben werden soll, sind grundsätzlich die zweite und dritte Ebene gemeint.[2]

Die Mikroebene der Schulentwicklung ist mit der Makroebene verzahnt: Gesetze und Erlasse (Schulrecht) markieren den Entwicklungskorridor der Schule. Zentrale Tests und Benchmarks sind an den Schulen operativ umzusetzen. Externe und interne Evaluationen gilt es aufeinander abzustimmen. Am Ende dieses Prozesses koordinieren sich die Schulen selbst, mit dem Risiko einer begrenzten „Balkanisierung“ des Schulwesens.[3]

Die Steuerung des Prozesses der Schulentwicklung durch den Schulträger bzw. die ihm übergeordnete Instanz, z. B. durch die Landkreise, wird auch als Schulentwicklungsplanung bezeichnet.

Das Niedersächsische Kultusministerium legitimiert das Zusammenspiel der Ebenen folgendermaßen:

  • Schule in Niedersachsen bleibt staatlich verantwortet. Das bezieht sich sowohl auf das Recht, verbindliche Vorgaben für Bildungs- und Erziehungsziele der Schulen festzulegen als auch auf die staatliche Pflicht, die Erreichung der vorgegebenen Ziele in den Schulen zu überprüfen.
  • „Eigenverantwortlichkeit“ der Schulen bedeutet in diesem Kontext, dass die Schulen selbst in allen ihr tägliches Handeln betreffenden Bereichen deutlich stärker als bisher die Verantwortung für die von ihnen erreichte Qualität schulischer Bildung und den Prozess der Qualitäts- und Organisationsentwicklung übernehmen werden. Wenn die Schulen aber Verantwortung übernehmen sollen, benötigen sie dafür auch Freiräume für eigene Entscheidungen.

In neueren Ansätzen wird zwischen drei Ebenen der Schulentwicklung unterschieden:

  1. der Ebene der Ministerien/Schulaufsicht (Makroebene)
  2. der Ebene der Bildungsregionen (Intermediale Ebene)
  3. der Ebene der Einzelschule und individueller Netzwerke (Mesoebene).[1]

Vorgaben des Staates (des Bundes, v. a. aber des betreffenden Bundeslandes) werden von den Ebenen unterhalb der Makrobene autonom umgesetzt. Eine Ausweitung der autonomen Schulentwicklung entspricht einer Entstaatlichung des Schulwesens. Als Datenbasis für die Schulentwicklung bieten sich hierbei Instrumente der Selbstevaluation wie beispielsweise SEIS an.

In Stadtstaaten fällt die kommunale Schulentwicklungsplanung mit der Schulpolitik des Landes zusammen. Eine Rahmen-Entwicklungsplanung gibt es auch in Flächenstaaten der Bundesrepublik Deutschland.[4]

Schulentwicklung nach Rolff

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Hans-Günter Rolff unterscheidet drei Arten der Schulentwicklung:

Schulentwicklung 1. Ordnung:
Bewusste und systematische Weiterentwicklung von Einzelschulen (auch als alltägliche Schulentwicklung bezeichnet).
Schulentwicklung 2. Ordnung:
Die auf das Schaffen von Lernenden Schulen (also Schulen, die sich selbst organisieren, reflektieren und steuern) abzielende Schulentwicklung (auch als institutionelle Schulentwicklung bezeichnet).
Schulentwicklung 3. Ordnung:
Das Schaffen von Rahmenbedingungen, durch die einzelne Schulen bei ihrer Entwicklung unterstützt werden, Selbstkoordinierung angeregt wird, ein Evaluations-System aufgebaut wird und die Schulen auf Distanz korrigiert werden (auch als komplexe Schulentwicklung bezeichnet).

Oft genannte Aspekte der Schulentwicklung auf der Mikroebene sind (nach Hans-Günter Rolff): Personalentwicklung in Schulen, Unterrichtsentwicklung, Teamentwicklung, Organisationsentwicklung, Leitbild und Schulprogramm, sowie Institutionelles Lernen (z. B. nach Peter M. Senge), Pädagogische Psychologie und Projektmanagement. Im Kontext stellen sich wiederholt die drei Kernfragen nach der personalen, der Unterrichts- und der organisationellen Dimension einer Schulentwicklung.

Für eine moderne Schulentwicklung essentielle Beiträge lieferten in den letzten Jahren vor allem Heinz Klippert (Unterrichtsentwicklung, Methodenkompetenzen etc.), Hans-Günter Rolff sowie Publikationen aus dem Bereich der allgemeinen (siehe z. B. Herbert Gudjons) und der angewandten Pädagogik:

„Alle Schulen entwickeln sich, weil sich das Umfeld, die Schüler und die Lernanforderungen ändern. Wenn wir von Schulentwicklung sprechen, meinen wir etwas mehr, nämlich die Weiterentwicklung von Schule und zwar die systematische.“ (Rolff, 2000)

Schulentwicklung im Sinne einer Lehre von der Verbesserung der Schule kann beinahe als eigene wissenschaftliche Disziplin gelten, da sie, auch ohne den Kontext der Pädagogik, aufgrund ihrer unausweichlichen Ausrichtung auf die Praxis und Einschränkung durch teilweise unkontrollierbare soziologische Faktoren und unvorhersehbarer individueller Phänomene, eine extreme Eigendynamik entwickelte, welche nicht ohne spezifische Mittel (z. B. eine evaluative, 'Pädagogische Schul-Diagnostik') auskommt. Beobachten, Verstehen, Erklären oder Vorhersagen zur Qualitätssicherung in Schule und Bildung zeigen sich als enorme Herausforderungen, vernetzt in einem komplexen System mit instabilen Eigenschaften.

Oben genannte „Aspekte“ sind voneinander abhängige, empfindliche Parameter dieses Systems, welche durch ihre komplexe Wechselwirkung und schwere Zugänglichkeit in der Praxis lange Zeit unerforscht blieben. Nachdem lange Zeit Schulentwicklung hauptsächlich mit Methodentraining, Kommunikationstraining und Teamentwicklung assoziiert wurde (insbesondere bei Heinz Klippert, der dabei auf das eigenverantwortliche Arbeiten abhebt) wurde sie in Tradition von Reformpädagogik und Landschulbewegung, mit ihren Schulversuchen wie der Odenwaldschule und der Schule Schloss Salem, stärker auf die Entwicklung der Persönlichkeit des Schülers und vor allem des Lehrers ausgerichtet. Es stellt sich verstärkt die Frage nach den personalen, hauptsächlich psychologischen Anforderungen an den Lehrerberuf und nach den nötigen selbstreflexiven und empathischen Schlüsselkompetenzen der Erziehenden. Auf dem Hintergrund der Umsetzung des Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention stellt seit mehreren Jahren Inklusion eine neu thematisierte Perspektive der Schulentwicklung dar. Dabei geht es um die Bereitschaft Schule für die Heterogenität einer möglichen Schülerschaft zu öffnen, insbesondere für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, Migrationshintergrund und aus Armutslebenslagen[5].

Partizipative Schulentwicklung

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Unter partizipativer Schulentwicklung versteht man eine längerfristige Einflussnahme der Lernenden (aber auch weiterer Akteure der Schule) an unterschiedlichen Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozessen, die sich sowohl auf die interne Ausgestaltung der Schulangelegenheiten als auch auf die Beteiligung an außerschulischen gesellschaftlichen und politischen Aufgaben und Herausforderungen beziehen kann.[6]

  • Bastian, Johannes: Einführung in die Unterrichtsentwicklung. Beltz Verlag, Weinheim, 2007, ISBN 978-3-407-25443-6.
  • Gottfried Biewer: Von der Förderschule zum inklusiven Bildungssystem – die Perspektive der Schulentwicklung. In: Ulrich Heimlich, Joachim Kahlert (Hrsg.): Inklusion in Schule und Unterricht. 2. Auflage, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, S. 117–152 ISBN 978-3-17-025725-2.
  • Joachim Bröcher: Didaktische Variationen bei Schulverweigerung und Verhaltensproblemen. Impulse für Schul- und Unterrichtsentwicklung. Band 1: Beziehungsaufnahmen. Band 2: Lebenswelterkundungen. Band 3: Veränderungsprozesse. Verlag BoD, Norderstedt, 2006.
  • Joachim Bröcher: Anders unterrichten, anders Schule machen: Beiträge zur Schul- und Unterrichtsentwicklung im Förderschwerpunkt Lernen. (= Edition S) Universitätsverl. Winter, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8253-8332-9.
  • Edmund Kösel: Die Modellierung von Lernwelten., Band III: Die Entwicklung postmoderner Lernkulturen. Ein Plädoyer für den Umbau der Schule. SD-Verlag, Bahlingen 2007.
  • Hans-Günter Rolff u. a.: Manual Schulentwicklung – Handlungskonzept zur pädagogischen Schulentwicklungsberatung. Beltz Verlag, Weinheim 2000, ISBN 3-407-25219-6.
  • Hans-Günter Rolff: Studien zu einer Theorie der Schulentwicklung. Beltz Verlag, Weinheim 2007.
  • Guy Kempfert / Hans-Günter Rolff: Qualität und Evaluation. Ein Leitfaden für Pädagogisches Qualitätsmanagement. Beltz Verlag, Weinheim 2005, ISBN 3-407-25360-5.
  • Gerald Sailmann: Schulische Vernetzung – Slogan oder Schlüsselkonzept der Schulentwicklung? WiKu-Verlag, 2005, ISBN 3-86553-114-8.
  • Themenheft Theorie. Journal für Schulentwicklung. Ausgabe 2/2008, ISSN 1029-2624 + Ausgabe 3/2009: Kritische Ereignisse in der Schulentwicklung.
  • Theresa Röhrich: Wege der Schulentwicklung. Zur Theorie und Praxis lernender Schulen, Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn, 2013, ISBN 978-3-7815-1893-3
  • Gernod Röken: Demokratie-Lernen und demokratisch-partizipative Schulentwicklung als Aufgabe für Schule und Schulaufsicht. Westfälische Wilhelms-Universität, Münster 2011, ISBN 978-3-8405-0039-8
  • Volker Reinhardt: Partizipative Schulentwicklung. Ein Beitrag zur Demokratiepädagogik und zur Evaluation von Schulkultur. In: Wolfgang Beutel, Peter Fauser (Hrsg.): Demokratie, Lernqualität und Schulentwicklung. Wochenschau Verlag 2009
  • Jörg Schlee: Schulentwicklung gescheitert! Die falschen Versprechen der Bildungsreformer. (= Schulpädagogik) W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-17-020888-9.
Zur Theorie der Schulentwicklung
Praktische Beispiele

Einzelnachweise

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  1. a b v. a. Katharina Maag Merki: Die Architektur einer Theorie der Schulentwicklung. In: journal für schulentwicklung 2/2008. S. 22–30.
  2. Claudia Hamm. Bildungsnetzwerke und Schulentwicklung – Zusammenhang der Entwicklung einer Schule verstehen (Schulentwicklung als Unterrichts-, Personal-, Organisationsentwicklung) (PDF-Datei; 117 kB)
  3. netzwerk-schulentwicklung.de: Skizzen zu einer Theorie der Schulentwicklung (Memento des Originals vom 12. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.netzwerk-schulentwicklung.de (PDF; 439 kB), S. 17.
  4. z. B. die Verordnung zur Mittelfristigen Schulentwicklungsplanung (MitSEPl-VO) des Landes Sachsen-Anhalt (Memento des Originals vom 19. März 2005 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mk-intern.bildung-lsa.de (PDF-Datei; 52 kB)
  5. Gottfried Biewer: Von der Förderschule zum inklusiven Bildungssystem – die Perspektive der Schulentwicklung. In: Ulrich Heimlich, Joachim Kahlert: Inklusion in Schule und Unterricht. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, S. 117–152 ISBN 978-3-17-025725-2.
  6. Volker Reinhardt: Partizipative Schulentwicklung. Ein Beitrag zur Demokratiepädagogik und zur Evaluation von Schulkultur. In: Wolfgang Beutel, Peter Fauser (Hrsg.): Demokratie, Lernqualität und Schulentwicklung. Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 2009, S. 127–150.