Paul Kempner

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Paul Hermann Ludwig Kempner (* 30. Dezember 1889 in Berlin; † 12. April 1956 in New York City) war ein deutscher Bankier und US-amerikanischer Unternehmer.

Kempner war der ältere Sohn des Rechtsanwalts Maximilian Kempner und dessen Ehefrau Franziska genannt Fanny Kempner geb. Levy, einer Schwester des Kölner Bankiers Louis Hagen. Nach bestandener Reifeprüfung im Jahr 1908 am Wilhelms-Gymnasium in Eberswalde studierte er von 1908 bis 1912 Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Anschließend absolvierte er von 1912 bis 1919 sein juristisches Referendariat in Spandau, Berlin und Marburg. Während des Ersten Weltkriegs war er ab 1915 Hilfsreferent und Adjutant des Verwaltungschefs beim Generalgouverneur in Belgien, ab 1917 beim Verwaltungschef für Flandern. Er wurde unter anderem mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse (1916) und dem Verdienstkreuz für Kriegshilfe ausgezeichnet.[1] Im Jahr 1918 heiratete er Margarete genannt Marga von Mendelssohn, eine Tochter des Bankiers Franz von Mendelssohn. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor.[2]

Im September 1919 legte Kempner erfolgreich das 2. Staatsexamen ab und wurde zum Gerichtsassessor ernannt, schied jedoch im folgenden Monat aus dem Staatsdienst aus und trat in das Unternehmen seines Schwiegervaters, das Bankhaus Mendelssohn & Co., ein. Für die Bank ging er Anfang 1920 nach Amsterdam, wo er gemeinsam mit Fritz Mannheimer die dortige Tochtergesellschaft Mendelssohn & Co. Amsterdam aufbaute. Im Jahr 1922 kehrte er nach Berlin zurück und wurde Teilhaber der Mendelssohn-Bank.

Im Dezember 1922 promovierte er an der Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg zum Dr. jur. mit einer Dissertation über Beiträge zum Rechte der Gemischten Schiedsgerichtshöfe auf Grund des Teils X des Versailler Vertrages. Im Jahr 1924 folgte die Ernennung zum österreichischen Honorargeneralkonsul in Berlin. Für diese Tätigkeit erhielt er später das Große Silberne Ehrenzeichen der Alpenrepublik. Im Jahr 1927 trat er, in Nachfolge seines im selben Jahr verstorbenen Vaters, in den Vorstand (das „ständige Nationalkomitee“) der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) ein. Anfang 1931 wurde er als Nachfolger Carl Melchiors zum Vertreter Deutschlands im Finanzausschuss des Völkerbunds gewählt. Er engagierte sich auch in den Vorständen der Arbeitsstätte für sachliche Politik (Vorsitzender), des Bundes zur Erneuerung des Reiches (Schatzmeister), der Friedrich-List-Gesellschaft (stellvertretender Vorsitzender), der Gesellschaft der Freunde des Archäologischen Instituts des Deutschen Reichs, des Kaiser Friedrich-Museums-Vereins, des Vereins zur Erhaltung des Kunsthistorischen Institutes in Florenz (Schatzmeister) und der Zentrale für private Fürsorge. Im Zuge der „Arisierung“ des Bankhauses Mendelssohn & Co. Ende 1938 musste er aus dem Unternehmen ausscheiden und Deutschland verlassen. Im März des Folgejahres schied er auch aus der Tochtergesellschaft in Amsterdam aus. Er emigrierte zunächst nach Großbritannien und von dort im Jahr 1939 in die Vereinigten Staaten.

Nachdem der Versuch, wieder in der Finanzbranche Fuß zu fassen, gescheitert war, gründete er gemeinsam mit anderen Emigranten die Natvar Corporation, ein Unternehmen, das Isoliermaterial produzierte und seinen Sitz in Rahway, New Jersey, hatte. Parallel dazu studierte er Rechnungswesen an der School of Business der Columbia University und schloss im Jahr 1946 mit dem Master of Science ab. Von den Vereinigten Staaten aus unterhielt er während des Zweiten Weltkriegs und danach weiterhin regelmäßigen Kontakt nach Deutschland und wirkte unter anderem als Schatzmeister des American Committee to Aid Survivors of the German Resistance of July 20.

  • Rudolf Agstner: 130 Jahre Österreichische Botschaft Berlin. Von der Molktestraße zur Stauffenbergstraße. Handbuch der Vertretungsbehörden von Österreich (-Ungarn) in Deutschland seit 1720. Philo, Berlin / Wien 2003.
  • Hans W. Hubert: Das Kunsthistorische Institut in Florenz. Von der Gründung bis zum hundertjährigen Jubiläum (1897–1997). Il Ventilabro, Firenze 1997.
  • Harold James: Verbandspolitik im Nationalsozialismus. Von der Interessenvertretung zur Wirtschaftsgruppe. Der Centralverband des deutschen Bank- und Bankiergewerbes 1932–1945. Piper, München u. a. 2001.
  • Fritz Kempner: Looking Back. Privatdruck, 2006.
  • Sebastian Panwitz, Rosemarie Bodenheimer: Paul H. Kempner. Life and letters 1889-1956. (mit einer Einleitung von Maximilian Kempner) Maximilian Kempner, Lexington MA 2020, ISBN 978-1-7923-5616-2.
  • Georg Wenzel: Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Ein Nachschlagebuch über 13000 Wirtschaftspersönlichkeiten unserer Zeit. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg / Berlin / Leipzig 1929, DNB 948663294.
  • Kempner, Paul H., in: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Bd. 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. Saur, München 1980, S. 360.

Einzelnachweise

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  1. Kempner, Paul. In: Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 1: A–K. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, DNB 453960286, S. 908.
  2. Kempner, Paul H. In: Werner Röder, Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration. Band 1, K. G. Saur, München 1980, S. 360.