Peggy Parnass
Ruth Peggy Sophie Parnass (geboren 11. Oktober 1927 in Hamburg)[1][2] ist eine deutsch-schwedische Schauspielerin, Kolumnistin, Gerichtsreporterin und Autorin. Sie lebt in Hamburg.
Leben und Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ihr Vater Simon Pudl Parnass (geboren 1879) und ihre Mutter Hertha Parnass geb. Emanuel (geboren 1906) wurden 1942 im Vernichtungslager Treblinka von den Nationalsozialisten ermordet. Nach ihnen wurde im September 2023 der Parnass-Platz im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel benannt.[3]
1939 wurde Parnass als Kind mit ihrem vierjährigen Bruder Gady mit einem Kindertransport nach Stockholm gebracht. Während der folgenden sechs Jahre lebte sie in zwölf verschiedenen Pflegefamilien. Kurz vor Ende des Krieges kamen die Kinder zu einem Onkel nach London, der als einziger der Familie durch Flucht überlebt hatte. Dort lebte sie drei Jahre zusammen mit ihrem Bruder, der später Engländer wurde, während Peggy zurück nach Schweden ging und die schwedische Staatsbürgerschaft annahm. Dort gebar sie 1951 auch ihren Sohn Kim, der in jungen Jahren als Schauspieler tätig war.
Parnass studierte in Stockholm, London, Hamburg und Paris. Seit ihrem 14. Lebensjahr erarbeitete sie sich ihren Lebensunterhalt durch ihre Sprachkenntnisse als Sprachlehrerin, Filmkritikerin, Kolumnistin und Dolmetscherin für die Kriminalpolizei. Sie arbeitete als Schauspielerin in Film und Fernsehen und übersetzte Märchen. Sie schrieb 17 Jahre lang Gerichtsreportagen für die Monatszeitschrift konkret. Sie hielt Lesungen auch aus ihren Büchern, sang an Theatern in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Luxemburg, arbeitete für Rundfunk und Fernsehen (SFB-Porträt, Interviews, Diskussionen). Peggy Parnass gilt als Ikone der Schwulenbewegung.[4] Seit einem Sturz 2019 lebt sie in einem Hamburger Seniorenstift.[5]
Für die digitale Fotoausstellung 2021 im Willy-Brandt-Haus in Berlin namens Lonka-Projekt wurde sie von Axel Martens porträtiert.[6]
Filme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1965: Zwei; Kurzfilm; Regie: Roland Klick; ausgezeichnet mit den Goldenen Dukaten
- 1966: Jimmy Orpheus; Regie: Roland Klick
- 1967: Bürgerkrieg in Rußland; fünfteiliger dokumentarischer Fernsehfilm; Regie: Wolfgang Schleif
- 1967: Das Amulett; Folge der Fernsehserie Das Kriminalmuseum; Regie: Dieter Lemmel
- 1968: Stahlnetz: Ein Toter zuviel; Jürgen Roland; Rolle der Frau Wischer
- 1968: Mauerblume im Ballhaus Paradox; Regie: Rudolf Lorenzen
- 1969: Kaddisch nach einem Lebenden; Regie: Karl Fruchtmann
- 1980: Panische Zeiten; Regie: Udo Lindenberg, Peter Fratzscher
- 1982: Von Richtern und anderen Sympathisanten; nach der PP-Kolumne benannt, ausgezeichnet mit dem Deutschen Filmpreis
- 1983: Der Beginn aller Schrecken ist Liebe; Regie: Helke Sander
- 1994: Keiner liebt mich; Regie: Doris Dörrie
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1979: Joseph-Drexel-Preis der Joseph-E.-Drexel-Stiftung für hervorragende Leistungen im Journalismus[7]
- 1980: Fritz-Bauer-Preis
- 1998: Biermann-Ratjen-Medaille
- 2005: St. Georgs-Medaille
- 2008: Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland
- 2019: Ehrendenkmünze in Gold, verliehen vom Hamburger Senat
- 2021: Ehrenmitgliedschaft im PEN-Zentrum Deutschland
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Prozesse 1970–1978; Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1992; ISBN 3-499-19190-3 (=Hamburg: Rasch und Röhring, 1990; ISBN 3-89136-393-1; 1. Auflage: Frankfurt am Main: Zweitausendeins, 1978)
- Interview mit Marie Marcks; in: Marie Marcks: Schöne Aussichten; Elefanten Press Verlag, Berlin 1980; ISBN 3-88520-031-7.
- Unter die Haut; Hamburg: Konkret-Literatur-Verlag, 1983; ISBN 3-922144-26-8.
- Kleine radikale Minderheit; Hamburg: Konkret Literatur Verlag, 1985; ISBN 3-922144-46-2.
- Süchtig nach Leben; Hamburg: Konkret Literatur Verlag, 1990; ISBN 3-922144-90-X. (Autobiographie)
- Mut und Leidenschaft; Hamburg: Konkret Literatur Verlag, 1993; ISBN 3-89458-121-2.
- Vor- und Nachwort in: Flora Neumann: Erinnern, um zu leben. Vor Auschwitz, in Auschwitz, nach Auschwitz; Hamburg: Konkret Literatur Verlag, 20063; ISBN 3-89458-246-4.
- Kindheit : wie unsere Mutter uns vor den Nazis rettete; Hamburg: Verlag Schwarze Kunst, (http://www.edition-klaus-raasch.de/), 2012; ISBN 978-3-927840-43-0 (Künstlerbuch, mit original Holzschnitten illustriert von Tita do Rêgo Silva)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Iven Fritsche: Besuch bei Peggy Parnass; in Wandler. Zeitschrift für Literatur, Nr. 23, 1997; ISSN 0945-4225
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Peggy Parnass im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Peggy Parnass bei IMDb
- Peggy Parnass: Wenn wir schon von Mord sprechen; Artikel zur Debatte um Christian Klar; in: Stern, Ausgabe vom 29. März 2007
- Bekenntnis in Harburg: "Ich schäme mich, ein Mensch zu sein". von Martina Berliner – Peggy Parnass spricht über ihre Kindheit; in: HAN, 10. Nov. 2010. Archiviert vom am 16. Juni 2012 .
- Friederike Gräff: „Die ganze Welt ist Krieg“. In: Die Tageszeitung. 9. September 2019 (Peggy Parnass im Interview).
- https://www.ndr.de/geschichte/koepfe/Peggy-Parnass-Eine-Ikone-im-Kampf-fuer-die-Gerechtigkeit,peggyparnass116.html
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Edgar S. Hasse: Peggy Parnass: Unerschrockene Chronistin der NS-Verbrechen In: Hamburger Abendblatt vom 11. Oktober 2019, abgerufen am 17. Oktober 2019 (Anm.: 93. Lebensjahr bedeutet 92. Geburtstag).
- ↑ Heide Soltau: ZeitZeichen: 11.10.1934 – Geburtstag von Peggy Parnass. In: WDR 5, ZeitZeichen vom 11. Oktober 2019, abgerufen am 14. Oktober 2019 (Anm.: im Bericht wird 92 als Alter genannt).
- ↑ Senatsbeschluss vom 7. September 2023, veröffentlicht im Amtlichen Anzeiger Nr. 82 vom 20. Oktober 2023, abgerufen am 21. Oktober 2023
- ↑ Roland Kirbach: Schwulsein heute – ganz normal?; in: Die Zeit, Ausgabe 26/2007 vom 21. Juni 2007, S. 17 f.
- ↑ https://www.mopo.de/hamburg/coronavirus-in-hamburg-appell-von-peggy-parnass---vergesst-die-senioren-nicht---36515628 abgerufen am 15. Mai 2021
- ↑ Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R: Eine Hommage an die letzten Überlebenden. 26. Januar 2021, abgerufen am 18. Februar 2021.
- ↑ Senat ehrt Esther Bejarano und Peggy Parnass, sueddeutsche.de, 13. November 2019
Personendaten | |
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NAME | Parnass, Peggy |
ALTERNATIVNAMEN | Parnass, Ruth Peggy Sophie |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-schwedische Journalistin, Gerichtsreporterin, Autorin und Schauspielerin |
GEBURTSDATUM | 11. Oktober 1927 |
GEBURTSORT | Hamburg |
- Gerichtsreporter
- Journalist (Deutschland)
- Hörfunkjournalist
- Filmschauspieler
- NS-Opfer
- Überlebender des Holocaust
- Emigrant aus dem Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus
- LGBT-Aktivist (Deutschland)
- Filmkritiker
- Übersetzer
- Autor
- Kolumnist
- Darstellender Künstler (Hamburg)
- Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
- Person (Medien, Hamburg)
- Literatur (Deutsch)
- Deutscher
- Schwede
- Geboren 1927
- Frau
- Träger der Biermann-Ratjen-Medaille