Personaldiagnostik
Bei der Personaldiagnostik handelt es sich um ein Vorgehen zur Personalauswahl bzw. Mitarbeiterauswahl (Selektion) und zur Personalplatzierung. Es dient oft als Grundlage einer systematischen Personalentwicklung (Modifikation), auf der dann eine Karriereplanung und Nachfolgeplanung im Unternehmen aufgesetzt werden kann. Die Personaldiagnostik wird zur Mitarbeiterbeurteilung hinsichtlich Motivation, Leistungsvermögen, Leistungsdisposition, Leistungsbereitschaft, sowie Kompetenzen und Potentialbeurteilung von Bewerbern, deren Bewerbungsunterlagen, zur internen Personalbeurteilung rund um die Themen Karriereplanung, Nachfolgeplanung sowie High Potential Entwicklung eingesetzt.
Aufgaben der Personaldiagnostik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu den Aufgaben der Personaldiagnostik gehört die Personalbestandsanalyse unter qualitativen Prüfkriterien, als Basis einer evaluierbaren Persönlichkeitsentwicklung, Teamentwicklung und Organisationsentwicklung. Die Personaldiagnostik hilft hier bei der Feststellung des Personalentwicklungsbedarfs, der Variabilität im Personaleinsatz und der Vorhersage eines unternehmerischen zukünftigen Personalbedarfs. Darüber hinaus bietet die Personaldiagnostik Methoden der Spezifizierung, Evaluation und Optimierung von Weiterbildungsmaßnahmen. Die Personaldiagnostik stellt ferner Werkzeuge bereit um den aktuellen Entwicklungsbedarf von Mitarbeitern festzustellen, Weiterbildungsinhalte zu spezifizieren und zukünftige Personalentwicklungsmaßnahmen zu optimieren. Bei der Personalauswahl findet die Personaldiagnostik Anwendung in der Analyse der Tätigkeiten und die Ableitung der Anforderungen, die an einen zukünftigen Mitarbeiter gestellt werden. Ein Vorteil ist die Reduzierung von Fehlentscheidungen, die durch eine Anforderungsanalyse vorgenommen werden kann.
Eignungsdiagnostische Verfahren zur Personalauswahl
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Beurteilung von Personen oder Arbeitsbedingungen werden verschiedene eignungsdiagnostische Verfahren angewendet. Die meist verwendeten Verfahren sind:
- Auswertung von Bewerbungsunterlagen und Lebenslaufanalysen
- Referenzanalysen
- Auswahlgespräche und Bewerberinterviews
- Personalfragebögen
- Biografischer Fragebogen
- Individuelle Testverfahren
- Berufliches Profiling
- Assessment-Center
- Multimodales Interview
- Eignungstest
- Einstellungstest
- Integritätstest
- Persönlichkeitstest
- Persönlichkeitsentwicklungstest und Ich-Entwicklungstest
- Management Audit und 360°-Feedback
- Psychologische Testverfahren mit individuellen Prüfvariablen
Zu den methodischen Zugängen zu diesen Verfahren zählen die Befragung, Beobachtung und Testung beispielsweise im Rahmen von Assessment-Center, psychologischen Testverfahren, Fragebögen, Interviews, Dokumentenanalysen und Arbeitsproben.
Psychologische Testverfahren werden in der Personaldiagnostik als standardisierte, routinemäßig anwendbare Verfahren zur Messung individueller Verhaltensmerkmale, Rollenverständnis, Einstellung sowie Eignung eingesetzt. Aus den Testergebnissen können unter anderem Schlüsse auf das Verhalten, die Potenziale und Eigenschaften der Person gezogen werden.
Im Fokus der Eignungsprüfung von Mitarbeitern und Bewerbern für definierte Tätigkeitsbereiche steht die Kompetenzanalyse sowie Potentialanalyse, mit deren Hilfe die persönlichen Fähigkeiten, Stärken und Neigungen erfasst werden können, aber auch Vorhersagen über ein zukünftig weiteres denkbares Einsatzspektrum des Mitarbeiters. Die Testergebnisse werden dann mit den erforderlichen Schlüsselkompetenzen abgeglichen, außerdem unterstützen sie bei der beruflichen Standortbestimmung und geben Hinweise auf den individuellen Unterstützungsbedarf.
Aufgrund leicht auftretenden Fehlinterpretationen sollten diese Verfahren nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal durchgeführt werden. Viele Unternehmen beauftragen deshalb auch eine externe Personalberatung mit der Durchführung der Personaldiagnostik. Um die Effizienz und Objektivität zu erhöhen, werden verschiedene Verfahren auch computergestützt durchgeführt.[1]
Gesetzliche Bestimmungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die rechtliche Zulässigkeit klinischer Diagnoseverfahren in betrieblichen Interessenlagen wird durch das deutsche Betriebsverfassungsgesetz determiniert.[2] Auch in Österreich wäre bei Mitarbeitern der Abschluss einer Betriebsvereinbarung (§ 96, § 96a ArbVG), und in Unternehmen ohne Betriebsrat das Einverständnis des Mitarbeiters notwendig. Bewerber sind nicht durch das Arbeitsverfassungsgesetz geschützt. Zusätzlich muss die Datenschutzkommission vorher der Erhebung zustimmen (§ 18 Abs2 Z1, § 21 Abs2 DSG) da es sich um sog. „sensible Daten“ (§ 4 Z2 DSG) handelt.
In Österreich ist die Kurzform des MMPI vorgeschrieben, wenn ein (privater) Antrag auf waffenrechtliche Dokumente gestellt wird (§ 3 Abs2 1. Waffengesetz-Durchführungsverordnung); etwa durch Bewerber bei einem Wachdienst. Bewerber die in den Polizeidienst eintreten wollen, müssen diesen Test ebenfalls absolvieren.
Was misst die Personaldiagnostik?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um Potenziale besser einschätzen zu können, misst die Personaldiagnostik mithilfe von eignungsdiagnostischen Verfahren die
- Motivationen (z. B. Leistungsmotivation, Machtmotivation),
- Fähigkeiten (z. B. verbale Intelligenz),
- Interessen (z. B. mathematisch-technische Vorliebe),
- Verhalten (z. B. die Bearbeitung von Aufgaben) von Mitarbeitern und
- Entwicklungsstand (z. B. Bedeutungsmuster, Ich-Strukturen).
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Synonym: Eignungsdiagnostik
- DIN 33430
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- R. Hossiep, O. Mühlhaus: Personalauswahl und -entwicklung mit Persönlichkeitstests. (= Praxis der Personalarbeit. Band 9). Hogrefe Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-8017-1490-X.
- Uwe Peter Kanning: Standards der Personaldiagnostik. Hogrefe, Göttingen 2004, ISBN 3-8017-1701-1.
- Martin Kersting: Zur Relevanz von Persönlichkeitsmerkmalen in der Arbeits- und Organisationspsychologie und Differentiellen Psychologie. In: H. Weber, T. Rammsayer (Hrsg.): Handbuch der Persönlichkeitspsychologie und Differentiellen Psychologie. Hogrefe, Göttingen 2005, ISBN 3-8017-1855-7, S. 535–545.
- Martin Kersting: Qualitätssicherung in der Diagnostik und Personalauswahl – der DIN Ansatz. Hogrefe, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8017-2151-0.
- Sven Max Litzcke: Psychologische Verfahren der Personalauswahl. Brühl/Rheinland 2003, ISBN 3-930732-93-9. (PDF-Volltext).
- Werner Sarges: Personal – Auswahl, Beurteilung und Entwicklung. In: J. Straub, J. Kochinka, H. Werbik (Hrsg.): Psychologie in der Praxis – Anwendungs- und Berufsfelder einer modernen Wissenschaft. dtv, München 2000, ISBN 3-423-36183-2, S. 487–522. (PDF-Volltext).
- Werner Sarges: Trendwenden der Personaldiagnostik: gestern – heute – morgen. In: Report Psychologie. Band 35, Nr. 4, 2010, S. 172–186. (PDF-Volltext).
- Heinz Schuler: Lehrbuch der Personalpsychologie. Hogrefe, Göttingen 2003, ISBN 3-8017-1934-0.
- Heinz Schuler: Psychologische Personalauswahl. Verlag für angewandte Psychologie, Göttingen 1996, ISBN 3-8017-0865-9.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ K. Merkle, M. T. Thielsch, S. Holtmeier: IT meets HR: Computergestützte Personalauswahl – zwischen Psychometrie und User Experience. In: T. Brandenburg, M. T. Thielsch (Hrsg.): Praxis der Wirtschaftspsychologie: Themen und Fallbeispiele für Studium und Praxis. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2009, S. 155–173. (PDF)
- ↑ Gerrick von Hoyningen-Huene: Der psychologische Test im Betrieb. I.H.Sauer-Verlag, Heidelberg 1997, ISBN 3-7938-7168-1.