Pfalz Grona

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Koordinaten: 51° 33′ 7,1″ N, 9° 54′ 46,4″ O

Reliefkarte: Niedersachsen
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Pfalz Grona

Die Pfalz Grona (teilweise auch Pfalz Grone) war eine Königspfalz auf dem Gebiet der heutigen Stadt Göttingen. Sie war eine der Wurzeln des heutigen Stadtteils Grone, liegt aber im benachbarten Ortsteil Weststadt. Die Pfalz wurde 915 erstmals urkundlich als Burg Grona erwähnt. Sie ist der Todesort von Kaiser Heinrich II. (1024) und wurde 1387 von den Göttinger Bürgern vollständig abgerissen.

Die Pfalz Grona lag nordwestlich von Göttingen am oberen Rande des Steilufers zum Leinetal auf dem Hagenberg. Direkt unterhalb des Hanges verläuft das Flüsschen Grone. Das Gelände lag östlich und nördlich der heutigen Friedenskirche und ist heute bewaldet, auch beim Bau von Kirche und Gemeindezentrum traf man auf archäologische Spuren.

Die Pfalz ist eine der fünf Pfalzanlagen im heutigen Niedersachsen (Werla, Goslar, Dahlum, Pöhlde).

In der Nähe des heutigen Ortsteils Grone lag die „urbs, quae Grona dicitur“; in ihr wurde 915 Heinrich, Herzog von Sachsen (geb. ca. 876), aus dem Haus der Liudolfinger, von dem ostfränkischen König Konrad I. (911–918) belagert. Konrad brach die Belagerung vorzeitig ab, weil – nach einer sagenhaften Überlieferung – ein Freund Heinrichs, Thietmar, den fränkischen Unterhändlern die bevorstehende Ankunft seiner Entsatztruppen vortäuschte. Durch seine Misserfolge entmutigt, designierte Konrad seinen Gegner später für die Königswahl. So wurde Heinrich I. (919–935) zum König gewählt; er war der erste Sachse unter den deutschen Königen. Den Kaisertitel nahm er nicht an.

Mit ihm wurde die liudolfingische Burg zur königlichen Pfalz Grona erhoben und hat, besonders unter Heinrich II., glänzende Tage erlebt. 1012 fand hier die Investitur und Weihe von Waltard zum Erzbischof von Magdeburg, 1022 die von Godehard zum Bischof von Hildesheim statt; in anderen Jahren tagten hier Reichsversammlungen. Mit ihren insgesamt 18 bezeugten Königs- und Kaiseraufenthalten zwischen 941 und 1025 gilt die Pfalz Grona als spezifisch ottonische Pfalz hohen Ranges. Heinrich I. versorgte seine Witwe unter anderem mit diesem Gut. Nachgewiesen sind sodann Aufenthalte von Otto I., Otto II. und Otto III. Für Heinrich II. schließlich und seine Gemahlin Kunigunde war Grone ein beliebter Aufenthaltsort. Hierher zog sich Heinrich II., schwer erkrankt, im Sommer 1024 zurück, wo er dann am 13. Juli desselben Jahres verstarb. Mit ihm war die Glanzzeit der Pfalz zu Ende.

Unter den Saliern büßte die Pfalz an Bedeutung ein. Im Sachsenspiegel wird sie jedoch unter den fünf Pfalzen in Sachsen noch (an erster Stelle) genannt.

Die Pfalz, die in den Kämpfen zwischen Heinrich dem Löwen und der Reichsgewalt zerstört worden war, wurde zu Anfang des 13. Jahrhunderts von dem seit 1263 nachgewiesenen Reichsministerialengeschlecht von Grone als Burg wieder aufgebaut. Die von Grones sollte als Reichsministeriale und zeitweise Vögte das dortige Reichsgut beaufsichtigen und hatte seinen Sitz in der Burg.[1] Diese Burg wurde kurz nach 1323 von den Göttingern mitsamt Kapelle niedergelegt, weil ihre Insassen angeblich vorwiegend von der Wegelagerei lebten. Die Burgstelle lag danach wüst. Erst 1339 wurde von den Göttingern eine neue Kapelle gebaut. Unmittelbar neben dieser Kapelle baute 1387 Herzog Otto der Quade aus den Steinen der zerstörten Kirchen von Burggrone und Holtensen ein „neues Schloss und Burg“ mit einer dicken Mauer und einem Bergfried aus Holz. Die Göttinger zerstörten im selben Jahr auch diese Anlage und ließen die Burg wie auch das Dorf Burggrone nicht mehr aufbauen.[1]

Der Ort Grone hingegen blieb selbständig.

Archäologische Untersuchungen

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Lageplan der archäologisch ergrabenen Pfalz Grona (stilisierte Darstellung auf der Gedenkplatte).

Das Gelände der Pfalz Grone ist mehrfach archäologisch untersucht worden. Zunächst ließ ab 1880 der Göttinger Oberbürgermeister Georg Merkel „unbeholfene Nachgrabungen“ (Adolf Gauert[2]) anstellen. Dabei legte man ein dichtes Netz von Suchgräben an und stieß (nördlich des später als Pfalz entdeckten Bereichs) auf Reste eines 16 mal 25 Meter messenden Gebäudes, das man für die Pfalzkapelle hielt. Die übrigen Mauerzüge waren jedoch so häufig unterbrochen, dass bald „allgemeine Ratlosigkeit um sich griff und die Grabungen ein Jahr später ohne gesicherte Ergebnisse abgebrochen werden mussten.“[3][4] 1935 fanden „Probegrabungen“ an der Befestigung durch Ulrich Kahrstedt und Herbert Krüger statt, die dann aber ebenfalls abgebrochen werden mussten.[5] Umfangreiche Ausgrabungen erfolgten von 1957 bis 1972 unter Leitung von Adolf Gauert.[1] Als Forschungsergebnis konnte Gauert drei sich überlagernde Baukomplexe und Befestigungsgräben feststellen, die einander abgelöst hatten. Die Palastanlage befand sich demnach an der Ostseite unmittelbar vor dem Steilhang. Das Gebäudeensemble wies im Süden die Pfalzkapelle auf, die sich mit ihrer halbkreisförmigen Apsis an eine Ringmauer anlehnte. Unmittelbar nördlich davon stand im rechten Winkel zur Kapellen-Achse ein großes Gebäude von etwa 6,5 Metern Breite und etwa 20 Metern Länge, das Gauert als Aula deutete. Daran schloss sich nördlich ein schwächer fundamentierter Bau an, der als Verbindung zur Königswohnung (caminata) diente. Dieser letztgenannte Bau war ausweislich der gefundenen zahlreichen Stücke von bemaltem Putz wohl das einzige Wohngebäude der Pfalz.[6]

Das ehemalige Pfalzgelände ist heute großteils als städtischer „Westpark“ bewaldet. Die genaue Lage der archäologisch ergrabenen Befestigungen und Gebäude ist vor Ort nicht kenntlich gemacht. In der Nähe der östlichen Hangkante des Hagenbergs steht seit 1884 ein vom Landesdirektorium Hannover errichteter, vier Meter hoher Findling aus Quarzit als Gedenkstein für die Pfalz Grona.[7][8] Dieses Denkmal befindet sich im Bereich der ergrabene Palastkapelle.[9] Die auf dem Quarzitblock angebrachte ältere, eiserne Inschriftentafel teilt mit: „Hier stand die Pfalz Grona, ein Wohnsitz der sächsischen Kaiser 919 bis 1024, zerstört von den Göttinger Bürgern im Streite mit Herzog Otto 1387“, dazu ein Zitat aus des Heroiden des Ovid: „Jam seges crescit ubi Troja fuit“ (Schon wächst die Saat, wo Troja gewesen ist).[7] Davor lagert ein weiterer Stein mit einer Bronzeplatte des 20. Jahrhunderts, die knapp die Geschichte (mit anderen Datierungen) und einen Lageplan der Grabungsergebnisse darstellt.

Im Turm-Erdgeschoss der nahegelegenen evangelischen Friedenskirche befindet sich ein Gedenkraum für die Pfalz Grona mit weiteren Informationstafeln.

Zur Pfalz gehörte im nahe gelegenen Dorf Grone ein Königshof, ein befestigter fränkischer Gutshof an einer Vormarschstraße. Daran wird mit den Straßennamen „Königsstieg“, „Königshof“ und „Königsallee“ erinnert.

Die 1972 erbaute, moderne katholische Pfarrkirche von Göttingen-Grone trägt den Namen der heiligen Heinrich und Kunigunde.[10]

  • Günther Binding: Deutsche Königspfalzen. Von Karl dem Großen bis Friedrich II. (765–1240). Primus, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-016-6.
  • Otto Fahlbusch: Topographie der Stadt Göttingen (= Studien und Vorarbeiten zum Historischen Atlas Niedersachsens. 21, ISSN 0933-2960). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1952.
  • Adolf Gauert: Die Ausgrabungen auf dem Gelände der Pfalz Grone. In: Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte. 11, 2, ISSN 0436-1180). Band 2. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1965, S. 114–125.
  • Adolf Gauert: Über den Stand der archäologischen Untersuchungen von Hauptburg und Palastbauten der Pfalz Grone. In: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, Bd. 42, 1974, S. 53–60.
  • Erich Heinze: Die Entwicklung der Pfalzgrafschaft Sachsen bis ins 14. Jahrhundert. In: Sachsen und Anhalt. Bd. 1, 1925, ISSN 0945-2842, S. 20–63.
  • Rudolf Pörtner: Das Römerreich der Deutschen. Städte und Stätten des deutschen Mittelalters (= Knaur Taschenbuch. 227, ISSN 0452-1064). Knaur, München 1970.
  • Alexander Thon: Barbarossaburg, Kaiserpfalz, Königspfalz oder Casimirschloß? Studien zu Relevanz und Gültigkeit des Begriffes „Pfalz“ im Hochmittelalter anhand des Beispiels (Kaisers-)Lautern. In: Kaiserslauterer Jahrbuch für pfälzische Geschichte und Volkskunde. 1, 2001, ISSN 1619-7283, S. 109–144.
  • Thomas Zotz: Pfalz und Burg Grone. In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 1, Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Hrsg. Dietrich Denecke, Helga-Maria Kühn, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1987, ISBN 3-525-36196-3, S. 31–50.

Einzelnachweise

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  1. a b c Eintrag von Stefan Eismann zu Grone, Pfalz in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts, abgerufen am 18. Dezember 2021 (deutschKapitel: Arch-Untersuchung/Funde).
  2. Adolf Gauert: Die Ausgrabungen auf dem Gelände der Pfalz Grona in den Jahren 1957–1959. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 7, 1959, S. 103–106, hier S. 103 (Mit Nachweis zu drei Zeitungsberichten von 1880 über diese ersten Grabungen.)
  3. Erwin Steinmetz: Die Pfalz Grona. In: Göttinger Monatsblätter (= Beilage zum Göttinger Tageblatt) Nr. 3 vom Mai 1974, S. 14–15, hier S. 15.
  4. Zu den Ausgrabungen von 1880 siehe auch Wolfgang Alexander: Vor 800 Jahren zerstörte Heinrich der Löwe die Kaiserpfalz Grona auf dem Kleinen Hagen – und vor 100 Jahren regte der Bürgermeister Merkel Ausgrabungen an. In: Göttinger Monatsblätter (= Beilage des Göttinger Tageblatts), Jg. 7, Nr. 80 vom Oktober 1980, S. 4–5.
  5. Vgl. rückblickend Herbert Krüger: Die Probegrabungen an der Pfalz Grona auf dem Kleinen Hagen bei Göttingen im Jahre 1935. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 7, 1959, S. 85–102.
  6. Adolf Gauert: Die Königspfalz Grona. In: Historisch-Landeskundliche Exkursionskarte von Niedersachsen, Blatt Göttingen. Hrsg. Erhard Kühlhorn. Kommissionsverlag August Lax, Hildesheim 1972, S. 90–99. (Beschreibt zusammenfassend den Stand 1971 der noch nicht abgeschlossenen Ausgrabungen)
  7. a b Pfalz Grona. In: Brunnen – Denkmale – Kunstwerke. Stadt Göttingen, Kulturamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. April 2021; abgerufen am 11. April 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/denkmale.goettingen.de
  8. Zur Vorgeschichte des herbeigeschafften, flachen Quarzitblocks siehe Wolfgang Alexander: Vor 800 Jahren zerstörte Heinrich der Löwe die Kaiserpfalz Grona auf dem Kleinen Hagen – und vor 100 Jahren regte der Bürgermeister Merkel Ausgrabungen an. In: Göttinger Monatsblätter (= Beilage des Göttinger Tageblatts), Jg. 7, Nr. 80 vom Oktober 1980, S. 4–5, hier S. 4.
  9. Adolf Gauert: Über den Stand der archäologischen Untersuchungen von Hauptburg und Palastbauten der Pfalz Grone. In: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, Bd. 42, 1974, S. 53–60, hier S. 56, Abb. 2 mit Grabungsplan und Markierung des „Denkmal“-Standorts.
  10. St. Heinrich und Kunigunde, Göttingen-Grone. Bistum Hildesheim, abgerufen am 8. April 2021.