Pferdefleischskandal in Europa 2013

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Beim Pferdefleischskandal in Europa 2013 wurden in verschiedenen europäischen Ländern als Rindfleischprodukte deklarierte Lebensmittel gefunden, die bis zu 100 % nicht deklariertes Pferdefleisch enthielten. Im Rahmen der Untersuchungen wurden teilweise auch nicht deklarierte Anteile von anderen Fleischsorten wie Schweinefleisch und Medikamente wie Phenylbutazon nachgewiesen. Betroffen waren insbesondere Tiefkühlkost und Soßen mit Hackfleisch wie Lasagne, Sauce Bolognese und ähnliche Produkte.

Seinen Anfang nahm der Skandal am 15. Januar 2013 im Vereinigten Königreich, wo für Pferdefleisch ein Nahrungstabu besteht. Auch in Irland wurden Produkte mit Pferdefleisch-Anteilen gefunden. Am 7. Februar 2013 gab das Unternehmen Findus bekannt, dass in einer Stichprobe von 18 Packungen Fertig-Lasagne, die ins Vereinigte Königreich und nach Schweden gelangten, elf Packungen jeweils zwischen 60 und 100 Prozent Pferdefleisch enthielten.[1][2] Hersteller war in diesem Fall das französische Unternehmen Comigel.[3] Dieses bezog gehacktes Rindfleisch von der französischen Firma Spanghero, die das Fleisch vom zypriotischen Händler Draap Trading erwarb. Dieses Unternehmen steht im Eigentum einer auf den Britischen Jungferninseln ansässigen Gesellschaft und wird von einem Niederländer geführt, der bereits 2012 zu einer Haftstrafe wegen des Verkaufs von südamerikanischem Pferdefleisch als Halāl-Rindfleisch verurteilt worden war.[4][5]

Am 14. Februar wurden in Yorkshire drei Männer unter dem Verdacht festgenommen, mit Pferdefleisch versetzte Produkte in Umlauf gebracht zu haben.[6] Inzwischen wurden falsch deklarierte Produkte mehrerer Hersteller in verschiedenen europäischen Ländern gefunden, darunter in Frankreich und in den deutschsprachigen Ländern.

Neben ethischen Problemen wurde anfangs auch insbesondere befürchtet, dass mit dem Pferdefleisch Medikamente in die Lebensmittel gelangt seien, falls es sich um verwertete Sportpferde gehandelt haben sollte (die nicht den strengen Kontrollen für Schlachttiere unterliegen). Zumindest seit der Aufklärung der Herkunft der über Zypern–Frankreich gehandelten Ware ist dieser Verdacht weitgehend zerstreut.

In Folge des Skandals wurde von der EU-Kommission verkündet, dass Maßnahmen getroffen werden und die Deklarationspflicht verschärft werde, um Missbräuche leichter verhindern zu können. Im Herbst 2013 stellte die EU-Kommission aber fest, dass eine zusätzliche Herkunftsbezeichnung das Fleisch bis zu 50 Prozent zu Lasten der Konsumenten verteuern würde und sie sich daher gegen eine detailliertere Herkunftsbezeichnung ausspreche.[7]

Laut der Union fédérale des consommateurs, der größten französischen Verbraucherorganisation, stammte das Fleisch ursprünglich aus Rumänien.[8] Der Organisation zufolge wurde am 21. Januar 2019 vor dem Tribunal de Grande Instance in Paris ein zwölftägiger Prozess gegen vier Beschuldigte wegen organisiertem Bandenbetrug und Täuschung aufgenommen. Demnach wurde der Prozess gegen den ehemaligen Manager von Spanghero, Jacques Poujol, seinen Direktor Patrice Monguillon sowie zwei niederländische Händler, Johannès Fasen (Draap Trading Company) und Hendricus Windmeijer (Windmeijer Meat Trading BV Company), geführt.[9][8] Johannès Fasen und Jacques Poujol wurden zu zwei Jahren bzw. sechs Monaten Gefängnis verurteilt und die beiden weiteren Männer zu Bewährungsstrafen.[10]

Betroffene Länder

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Deutsche Supermarktketten wie Rewe, Aldi Nord, Aldi Süd, Eismann, Edeka, Kaiser’s, Lidl, Metro, Tengelmann und Konsum Leipzig nahmen Pferdefleisch enthaltende Produkte aus dem Handel, darunter Gulasch, Ravioli und Lasagne.[11][3][12] Auch in Ravioli und Tortellini der Marke Buitoni von Nestlé wurde Pferdefleisch nachgewiesen.[13] Ferner wurde Pferdefleisch mehrfach in Dönern am Drehspieß in Berlin nachgewiesen.[14] Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelte gegen den deutschen Nestlé-Zulieferer Schypke wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Lebensmittel- und das Futtermittelgesetz und führte bei Schypke eine Durchsuchung durch.[15][16] Das Verfahren wurde eingestellt.[17]

Bundesland Betroffene Kette
Burgenland Burgenland Unimarkt, Lidl, Zielpunkt
Karnten Kärnten Unimarkt, SPAR, MPreis, Lidl
Niederosterreich Niederösterreich Unimarkt, Lidl, Zielpunkt
Oberosterreich Oberösterreich Unimarkt, Lidl, Zielpunkt
Salzburg Salzburg Unimarkt, MPreis, Lidl
Steiermark Steiermark Unimarkt, Lidl, Zielpunkt
TirolTirol Tirol Lidl, MPreis
Vorarlberg Vorarlberg Lidl
Wien Wien Lidl, Zielpunkt

In Österreich wurde erstmals bei der Supermarktkette Lidl nicht deklariertes Pferdefleisch festgestellt, die Tortellini von der Firma Hilcona in Liechtenstein bezieht.[18] Am 20. Februar wurde in Proben eines Kärntner Fleischers Pferdefleisch gefunden, der Supermarktketten in ganz Österreich mit Kärntner Hauswürstl und Lavanttaler Bauernwurst beliefert. Tags darauf wurde ebenfalls im Kärntner Lager der Fleischerei Pferdefleisch aus Kanada festgestellt. In den untersuchten Würsten wurde teilweise ein Pferdefleischanteil bis 27 % gemessen. In Wien fand man auch Pferdefleisch in Dönerkebabs,[19][20] die aus der Slowakei geliefert wurden.[21]

In österreichischen Lieferungen von Wurstwaren nach Russland soll nach russischen Meldungen ebenfalls nicht deklariertes Pferdefleisch gefunden worden sein. Als Lieferant wurde die Linzer Firma Landhof genannt. Während die österreichischen Behörden von Russland Beweise und Analyseunterlagen anforderte, ließ Landhof seine Ware von unabhängigen Labors untersuchen, die diesen Befund nicht bestätigten.[22]

In der Schweiz war der Einzelhändler Coop von falsch deklariertem Fleisch in der aus Luxemburg importierten Tiefkühl-Lasagne einer Eigenmarke betroffen.[23][24]

Tschechische Republik

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Am 20. Februar wurde bei Tesco Lasagne der Marke Nowaco aus dem Sortiment genommen, nachdem in der Tschechischen Republik erstmals Pferdefleisch in Lasagne gefunden worden war.[25] Im Restaurant der Möbelhauskette IKEA in Brünn wurde im traditionellen schwedischen Fleischbällchengericht Köttbullar, das eigentlich Schwein und Rind enthalten soll, Pferdefleisch gefunden. Erzeugt wurde es in Schweden. IKEA zog es in der Folge in fast allen europäischen Märkten vom Verkauf zurück.[26]

Europäische Union

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Die Verbraucherschutzminister der Europäischen Union wollten am 25. Februar über verschärfte Kennzeichnungspflichten beraten.[27]

Die deutsche Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) reagierte mit einem „nationalen Aktionsplan“ auf den Skandal. Die Kennzeichnung von Lebensmitteln soll laut diesem Plan erweitert werden. Verbraucher sollen sich über eine Internet-Seite und über eine Telefon-Hotline über Lebensmittel informieren können, die zurückgerufen wurden.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hartwig Fischer schlug im Februar 2013 vor, die nicht gesundheitsgefährdenden Pferdefleisch-Produkte nicht wegzuwerfen, sondern neu deklariert an die Tafeln für Bedürftige zu verteilen.[28] Kirchliche Hilfswerke kritisierten diese Vorschläge von Fischer. Der „Vorschlag [sei] respektlos gegenüber Bedürftigen“, und „es [sei] „bedürftigen“ Menschen nicht zuzumuten, sich von nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln zu ernähren“.[29]

Vereinigtes Königreich

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Im Vereinigten Königreich soll die Regierung bereits 2011 darüber informiert gewesen sein, dass Pferdefleisch und das Medikament Phenylbutazon in die menschliche Nahrung gelangen.[30][31][32]

Gesundheitsminister Alois Stöger forderte als Reaktion neue gesetzliche Straftatbestände, um Personen, die „wissentlich verfälschte Lebensmittel in den Verkehr bringen“, mit bis zu einem Jahr Haft belangen zu können.[33]

Justizministerin Beatrix Karl sprach sich gegen eine Überarbeitung des Strafrechts aus, da die Notwendigkeit einer Verschärfung der Straftatbestände dadurch noch nicht gegeben sei. Ferner wurde vom Justizministerium darauf verwiesen, dass bei falsch deklarierten Lebensmitteln ohnehin wegen Betrug ermittelt werde.[33]

Einzelnachweise

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  1. David Collins: Horse meat lasagne factory revealed: Mirror visits Comigel food production plant in Luxembourg – Mirror Online. In: Daily Mirror. Abgerufen am 9. Februar 2013.
  2. Felicity Lawrence: Findus beef lasagne withdrawn after tests show high level of horsemeat | World news. In: The Guardian. Abgerufen am 9. Februar 2013.
  3. a b https://www.welt.de/wirtschaft/article113605369/Der-Pferdefleisch-Skandal-erreicht-Deutschland.html
  4. Europas gar nicht lustiges Pferdekarussell, Stern.de, 21. Februar 2013
  5. Pferdefleischskandal vor Gericht. In: schweizerbauer.ch. 30. Januar 2019, abgerufen am 4. Februar 2019.
  6. http://www.itv.com/news/calendar/2013-02-14/man-arrested-in-yorkshire-as-part-of-horse-meat-inquiry/
  7. Bericht: Kennzeichnung kostet viel Geld auf ORF vom 1. November 2013, abgerufen am 2. November 2013.
  8. a b Fraudes à la viande de cheval: Le procès s'ouvre enfin. In: quechoisir.org. 21. Januar 2019, abgerufen am 4. Februar 2019 (französisch).
  9. Pferdefleischskandal in Frankreich vor Gericht. In: bauernzeitung.ch. 22. Januar 2019, abgerufen am 4. Februar 2019.
  10. Tages-Anzeiger: Pferdefleisch-Lasagne: Haft für die Verantwortlichen
  11. https://www.tagesschau.de/inland/pferdefleisch-deutsche-supermaerkte102.html
  12. WDR.de: Fleischhersteller Vossko im Visier (Memento vom 21. Februar 2013 im Internet Archive), 18. Februar 2013
  13. Spuren in Nudelgerichten: Pferdefleisch-Skandal erreicht Nestlé In: Spiegel Online, abgerufen am 19. Februar 2013
  14. Berliner Morgenpost: Experten weisen Pferdefleisch in Berliner Proben nach@1@2Vorlage:Toter Link/www.morgenpost.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., abgerufen am 22. Februar 2013.
  15. Osnabrücker Zeitung: Pferdefleisch-Skandal: Nestle beschuldigt Unternehmen aus Landkreis Vechta, 19. Februar 2013, abgerufen am 15. Dezember 2020
  16. Mitteldeutsche Zeitung: Pferdefleisch auch in Wittenberg, 21. Februar 2013
  17. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 2. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tk-18.de
  18. Skandal weitet sich immer mehr aus auf ORF vom 16. Februar 2013, abgerufen am 16. Februar 2013.
  19. Pferdefleisch in Kärntner Wurst auf ORF vom 20. Februar 2013, abgerufen am 21. Februar 2013.
  20. Fleischer weist Vorwürfe zurück auf ORF vom 21. Februar 2013, abgerufen am 21. Februar 2013.
  21. Pferdefleisch in Kebabspieß vom 21. Februar 2013, abgerufen am 22. Februar 2013.
  22. Pferdefleischwürstel in Russland: Keine Landhof-Wurst (Memento vom 3. März 2013 im Internet Archive) in der Kleinen Zeitung vom 28. Februar 2013
  23. Coop-Lasagne enthält Pferdefleisch. Abgerufen am 17. Februar 2013.
  24. Coop entfernt Lasagne aus Regalen. Abgerufen am 26. Juli 2014.
  25. Pferdefleisch in Lasagne aufgetaucht vom 22. Februar 2013, abgerufen am 25. Februar 2013.
  26. Tschechische Behörden wurden fündig auf ORF vom 25. Februar 2013, abgerufen am 25. Februar 2015.
  27. Lebensmittel sollen besser gekennzeichnet werden. In: sueddeutsche.de. 17. Februar 2013, abgerufen am 1. Juli 2018.
  28. Empörung über mögliche Pferdefleisch-Verteilung an Arme. Neue Osnabrücker Zeitung, 22. Februar 2013, abgerufen am 15. Dezember 2020.
  29. dn: Hilfverbände sind empört: CDU-Politiker will Pferdefleisch unter Bedürftigen verteilen. In: Focus Online. 22. Februar 2013, abgerufen am 14. Oktober 2018.
  30. Anne Barrowclough: Government ‘was warned in 2011 about horsemeat in food chain’. In: thetimes.co.uk. 17. Februar 2013, abgerufen am 16. März 2024.
  31. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 15. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.thesundaytimes.co.uk
  32. Pferdefleisch-Skandal: Britische Firma warnte schon 2011 vor Betrug. In: Spiegel Online. 17. Februar 2013, abgerufen am 9. Juni 2018.
  33. a b Pferdefleisch: Stöger fordert neues Strafrecht. In: DiePresse.com. 8. März 2013, abgerufen am 17. April 2016.