Pierre de Bérulle
Pierre de Bérulle (* 4. Februar 1575 im Schloss Cérilly bei Troyes, Département Aube; † 2. Oktober 1629 in Paris) war ein französischer Theologe, Kardinal und erster Generalsuperior des Französischen Oratoriums.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Pierre de Bérulle studierte im jesuitischen Collège de Clermont, begann 1595 mit dem Studium an der Sorbonne in Paris und wurde 1599 zum Priester geweiht. Die Exerzitien im Jahr 1602 bei den Jesuiten waren entscheidend für sein Leben. Er unterstützte Kardinal Duperron bei dessen öffentlichen Streitgesprächen mit dem Protestanten Philippe de Mornay und wurde ein Führer der Gegenreformation in Frankreich.
Er führte 1604 zusammen mit Barbe Acarie die Unbeschuhten Karmelitinnen in Frankreich ein und stiftete 1611 in Paris nach dem Vorbild Filippo Neris das Französische Oratorium (Congregatio Oratorii Jesu et Mariae Immaculatae), eine Kongregation von Weltpriestern zur Pflege der Seelsorge und Wissenschaft. 1613 wurde es als „Oratorium unseres Herrn Jesus Christus“ päpstlich bestätigt. Mit seiner christozentrischen, asketischen und mystischen Theologie legte er den Grundstein für die École française de spiritualité (deutsch: „Französische Schule der Spiritualität“). Im Mittelpunkt seines aszetischen Weges stand die Betrachtung der Menschwerdung Gottes. Papst Urban VIII. nannte ihn bei der Erhebung zum Kardinal am 30. August 1627 Apostulus Verbi Incarnati. Durch seine École française de Spiritualité übte er einen kaum zu überblickenden Einfluss auf den französischen Klerus der folgenden Jahrhunderte aus. Zu seinen Schülern können Vinzenz von Paul, Jean Eudes, Louis-Marie Grignion de Montfort, Charles de Condren, Jean-Jacques Olier und andere gezählt werden.
Im Auftrag des französischen Hofes war er auch politisch tätig. 1625 bemühte er sich, die Heirat von Henriette de France mit dem englischen König Charles I. dafür zu nutzen, um die durch mehrere Gesetze („Act of Uniformity“ von 1558, „Popish Recusants Act“ nach dem Gunpowder Plot 1605 und andere) verfügte Unterdrückung der Katholiken in England zu lindern. Am 30. August 1627 wurde er Kardinal und 1628 Präsident des Staatsrats. Er versuchte eine Vereinigung der katholischen Kräfte in Frankreich, scheiterte aber an seinem Gegner, Kardinal Richelieu.
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oeuvres complètes / Pierre de Bérulle. Oratoire de Jésus, Paris / Les Éditions du Cerf, Paris 1994ff.
- Traité des énergumènes. Troyes 1599.
- Discours de l’état et des grandeurs de Jésus. Paris 1623.
- Correspondance. 3 Bände. J. Dagens, Paris 1937–1939.
- Linus Bopp (Hrsg.): Denkschrift zur Seelenführung. 1957.
- Rudolf Graber (Hrsg.): Unsere Liebe Frau in der Kindheit Jesu (= Kleine marianische Bücherei, Heft 6). Schöningh, Paderborn 1957.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heribert Bastel: Der Kardinal Pierre de Bérulle als Spiritual des französischen Karmels (= Wiener Beiträge zur Theologie. Bd. 1). Dom-Verlag, Wien 1974, ISBN 3-85351-066-3.
- Friedrich Wilhelm Bautz: Bérulle, Pierre de, Kardinal. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 558 .
- Henri Bremond: Heiligkeit und Theologie. Vom Carmel zu Kardinal Bérulles Lehre. Herausgegeben von Eduard Maria Lange. Pustet, Regensburg 1962.
- Stéphane-Marie Morgain: La théologie politique de Pierre de Bérulle (1598–1629). Publisud, Paris 2001, ISBN 2-86600-475-2.
- F. Guillén Preckler: „État“ chez le cardinal de Bérulle. Théologie et spiritualité des „états“ bérulliens (= Analecta Gregoriana. Bd. 197 = Analecta Gregoriana. Series Facultatis Theologiae. Sect. B, Bd. 63, ZDB-ID 1065677-7). Università Gregoriana, Roma 1974.
- Albert Raffelt: Bérulle, Pierre de. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 2. Herder, Freiburg im Breisgau 1994.
- Stephen John Wagley: The oratory of France, 1629–1672. A social history. s. n., Toronto 1976 (Toronto, University of Toronta, phil. Dissertation).
- Eugene A. Walsh: The priesthood in the writings of the French school. Bérulle, de Condren, Olier (= The Catholic University of America, Faculty of the School of Sacred Theology. Studies in sacred Theology. Ser. 2, Nr. 21, ZDB-ID 977189-x). The Catholic University of America Press, Washington DC 1949 (Zugleich: Washington DC, Catholic University of America, Dissertation, 1949).
- Friedrich Wessely: Die Religiosität des jungen Bérulles. In: Jahrbuch für mystische Theologie. Bd. 11, 1965, ZDB-ID 300376-0, 67 ff.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Pierre de Bérulle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bérulle, Orat., Pierre de. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch), abgerufen am 15. Mai 2017.
- Eintrag zu Pierre Bérulle auf catholic-hierarchy.org; abgerufen am 15. Mai 2017.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Bérulle, Pierre de |
KURZBESCHREIBUNG | französischer römisch-katholischer Theologe, Kardinal und erster Generalsuperior des Französischen Oratoriums |
GEBURTSDATUM | 4. Februar 1575 |
GEBURTSORT | Schloss Cérilly bei Troyes, Département Aube |
STERBEDATUM | 2. Oktober 1629 |
STERBEORT | Paris |