Plazentakuchen

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Ein griechischer Hersteller von plăcintă in Bukarest im Jahr 1880.

Plazentakuchen ist ein Gericht aus dem antiken Griechenland und Rom. Es besteht aus vielen Teigschichten, die mit einer Mischung aus Käse und Honig durchsetzt, mit Lorbeerblättern gewürzt, gebacken und dann mit Honig überzogen werden.[1][2] Das Dessert wird in klassischen Texten wie den griechischen Gedichten von Archestratos und Antiphanes sowie in der De agri cultura von Cato dem Älteren erwähnt.[2] Es wird oft als Vorgänger von Baklava und Börek gesehen.[1][3][4]

Das lateinische Wort placenta[5] leitet sich vom griechischen plakous (altgriechisch: πλακοῦς, gen. πλακοῦντος – plakountos, von πλακόεις – plakoeis, „flach“) für dünne oder geschichtete Fladenbrote ab.[3][6][7]

Die Plazenta als Teil der Schwangerschaft von Säugetieren ist so benannt, weil ihre Form der eines Plazentakuchens ähnelt.

Allgemein wird angenommen, dass die Plazenta und damit wahrscheinlich auch Baklava auf ein Rezept aus dem antiken Griechenland zurückgehen.[8][9] Homers Odyssee, die um 800 v. Chr. geschrieben wurde, erwähnt dünne Brote, die mit Walnüssen und Honig gewürzt sind.[9] Im fünften Jahrhundert v. Chr. berichtet Philoxenos in seinem Gedicht „Der Schmaus“, dass die Gastgeber zum letzten Gang einer Mahlzeit einen Käsekuchen aus Milch und Honig zubereiteten und servierten, der zu einem Kuchen gebacken wurde.[10]

Eine frühe griechische Erwähnung von plakous als Nachspeise (oder Zwischenmahlzeit) stammt aus den Gedichten von Archestratos. Er beschreibt, dass plakous mit Nüssen und Trockenfrüchten serviert wird, und lobt die mit Honig getränkte Athener Version von plakous.[2]

Antiphanes (4. Jh. v. Chr.), ein Zeitgenosse von Archestratos, lieferte eine kunstvolle Beschreibung des plakous mit Weizenmehl und Ziegenkäse als Hauptzutaten:[2][11]

„Die Ströme der gelbbraunen Biene, vermischt mit dem geronnenen Fluss blökender Ziegen, auf einem flachen Gefäß der jungfräulichen Tochter der Demeter [Honig, Käse, Mehl], mit zehntausend delikaten Garnierungen - oder soll ich einfach plakous sagen? Ich bin für Plakus“ (Antiphanes zitiert von Athenaeus).

Später, im Jahr 160 v. Chr., lieferte Cato der Ältere in seinem Werk De agri cultura ein Rezept für Plazenta. Dieses sieht der Kulturhistoriker Andrew Dalby zusammen mit Catos anderen Dessertrezepten als in der „griechischen Tradition“ stehend und möglicherweise aus einem griechischen Kochbuch kopiert an.[2][12]

Die Plazenta wie folgt formen: eine einzelne Reihe Tracta über die gesamte Länge des Grundteigs legen. Diese wird dann mit der Mischung [Käse und Honig] aus dem Mörser bedeckt. Eine weitere Reihe von Tracta darauf legen und so fortfahren, bis der gesamte Käse und Honig aufgebraucht sind. Mit einer Schicht Tracta abschließen ... die Plazenta in den Ofen stellen und einen vorgewärmten Deckel darauf legen [...] Wenn sie fertig ist, wird Honig über die Plazenta gegossen.[13] (Cato der Ältere, De Agri Cultura)[1]

Einige Wissenschaftler vermuten, dass die oströmischen, (byzantinischen) Nachfahren der griechisch-römischen Nachspeise, plakountas tetyromenous („käsige Plazenta“) und koptoplakous (byzantinisches Griechisch: κοπτοπλακοῦς), die Vorfahren der modernen Tiropita oder Baniza sind.[1][14][15] Die Bezeichnung Plazenta (griechisch: πλατσέντα) wird heutzutage auf der Insel Lesbos in Griechenland genutzt, um ein Baklava-ähnliches Dessert aus geschichteten Teigblättern mit zerstoßenen Nüssen zu beschreiben, das gebacken und anschließend mit Honig übergossen wird.[16][17] Der Teig dieser modernen Plazenta wird aus dünnen Blättern hergestellt, die aus knusprigem Gebäckteig bestehen, der in Sirup getränkt ist. Zu dem Teig wird außerdem Ouzo hinzugefügt.[18][19]

Über ihren byzantinisch-griechischen Namen plakountos wurde die Süßspeise in die armenische Küche als plagindi, plagunda und pghagund, allesamt „Kuchen aus Brot und Honig“, übernommen.[20] Aus dem letztgenannten Begriff entstand der spätere arabische Name iflaghun, der im mittelalterlichen arabischen Kochbuch Wusla ila al-habib als Spezialität der kilikischen Armenier erwähnt wird, die sich im südlichen Kleinasien und in den benachbarten Kreuzfahrerkönigreichen Nordsyriens niedergelassen hatten.[20] Das Gericht könnte also im Mittelalter über die Armenier in die Levante gelangt sein, von denen viele nach dem ersten Auftauchen der türkischen Stämme im mittelalterlichen Anatolien dorthin migrierten.[21]

Andere Varianten des griechisch-römischen Gerichts überdauerten bis in die Neuzeit in Form der rumänischen plăcintă (ein gebackenes, flaches Gebäck mit Käse) und der österreichischen Palatschinken[2] (ein sehr dünner kreppartiger Pfannkuchen; auch im Balkan, in Mittel- und Osteuropa verbreitet).

Einzelnachweise

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  1. a b c d Patrick Faas: Around the Roman Table: Food and Feasting in Ancient Rome. Hrsg.: Patrick Faas. University of Chicago Press, 2005, ISBN 0-226-23347-2, S. 184–185.
  2. a b c d e f Darra Goldstein: The Oxford Companion to Sugar and Sweets. Oxford University Press, 2015, ISBN 978-0-19-931339-6 (google.com [abgerufen am 4. November 2024]): „The next cake of note, first mentioned about 350 B.C.E. by two Greek poets, is plakous. [...] At last, we have recipes and a context to go with the name. Plakous is listed as a delicacy for second tables, alongside dried fruits and nuts, by the gastronomic poet Archestratos. He praises the plakous made in Athens because it was soaked in Attic honey from the thyme-covered slopes of Mount Hymettos. His contemporary, the comic poet Antiphanes, tells us the other main ingredients, goat’s cheese and wheat flour. Two centuries later, in Italy, Cato gives an elaborate recipe for placenta (the same name transcribed into Latin), redolent of honey and cheese. The modern Romanian plăcintă and the Viennese Palatschinke, though now quite different from their ancient Greek and Roman ancestor, still bear the same name.“
  3. a b Henry George Liddell: A Greek-English lexicon. Oxford : Clarendon Press, 1940 (archive.org [abgerufen am 4. November 2024]).
  4. Traditional Greek Cooking: A Memoir with Recipes. ISBN 978-1-85964-117-0 (englisch).
  5. Charlton T. Lewis, Charles Short, A Latin Dictionary, plăcenta. Abgerufen am 4. November 2024.
  6. Charlton T. Lewis: A Latin Dictionary Lewis And Short. 1879 (archive.org [abgerufen am 4. November 2024]).
  7. Angus Stevenson, Maurice Waite: Concise Oxford English Dictionary: Luxury Edition. OUP Oxford, 2011, ISBN 978-0-19-960111-0, S. 1095 (google.com [abgerufen am 4. November 2024]).
  8. Zack Cobb: The Long, Contested History of Baklava. In: Jungle Jim's International Market. 26. April 2019, abgerufen am 4. November 2024 (amerikanisches Englisch).
  9. a b Caroline E. Mayer: Phyllo Facts. The flaky pastry makes a big impression with its versatility and ease of use. In: The Washington Post. 2. Mai 1989, abgerufen am 3. November 2024 (englisch).
  10. Susanna Hoffman: The Olive and the Caper: Adventures in Greek Cooking. Workman Publishing Company, 2004, ISBN 978-1-56305-848-6 (openlibrary.org [abgerufen am 4. November 2024]).
  11. Andrew Dalby: Cato. On Farming. De Agricultura: A Modern Translation with Commentary. Prospect Books, Blackawton 1998, ISBN 978-0-907325-80-2, S. 155: „Plazenta ist ein griechisches Wort (plakounta, Akkusativform von plakous ‚Kuchen‘).“
  12. Andrew Dalby: Cato. On Farming. De Agricultura: A Modern Translation with Commentary. Blackawton. Devon: Prospect Books, 1998, ISBN 978-0-907325-80-2, S. 21.
  13. LacusCurtius • Cato On Agriculture — Sections 74‑90. Abgerufen am 4. November 2024.
  14. Alan Davidson: Food in Motion: The Migration of Foodstuffs and Cookery Techniques : Proceedings : Oxford Symposium 1983. Oxford Symposium, 1983, ISBN 978-0-907325-16-1, S. 184 (englisch, google.com [abgerufen am 4. November 2024]).
  15. Speros Vryonis: The Decline of Medieval Hellenism in Asia Minor: And the Process of Islamization from the Eleventh Through the Fifteenth Century. University of California Press, 1971, ISBN 978-0-520-01597-5, S. 482 (google.com [abgerufen am 4. November 2024]).
  16. Κική Τριανταφύλλη: Πλατσέντα, από την Αγία Παρασκευή Λέσβου. In: bostanistas.gr. 17. Oktober 2015, abgerufen am 7. Februar 2020 (griechisch).
  17. Βασιλεία Λούβαρη Γιαννέτσου: Τα Σαρακοστιανά: 50 συνταγες για τη Σαρακοστή και τις γιορτές της από τη MAMAVASSO. Georges Yannetsos, 18. März 2014 (google.com [abgerufen am 4. November 2024]).
  18. Αποστολή με Email: Πλατσέντα, από την Αγία Παρασκευή Λέσβου | Άρθρα | Bostanistas.gr : Ιστορίες για να τρεφόμαστε διαφορετικά. In: Bostanistas.gr. Abgerufen am 28. Januar 2017 (griechisch).
  19. Βασιλεία Λούβαρη Γιαννέτσου: Τα Σαρακοστιανά: 50 συνταγες για τη Σαρακοστή και τις γιορτές της από τη MAMAVASSO. Georges Yannetsos, 18. März 2014 (griechisch, google.com [abgerufen am 4. November 2024]).
  20. a b Arthur John Arberry: Medieval Arab Cookery. Prospect Books, 2001, ISBN 978-0-907325-91-8, S. 143 (google.com [abgerufen am 4. November 2024]).
  21. Richard G. Hovannisian, Simon Payaslian: Armenian Cilicia. Mazda Publishers, 2008, ISBN 978-1-56859-154-4, S. 68 (google.com [abgerufen am 4. November 2024]).