Pseudonymität im Internet
Das Recht auf Pseudonymität im Internet soll – ebenso wie das Recht auf Anonymität im Internet – natürliche Personen vor der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte schützen. Es steht einem Klarnamenszwang entgegen.
Zweck
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Pseudonyme sollen den persönlichen Bereich von Internetbenutzern schützen, etwa den privaten, familiären und beruflichen Bereich. Insbesondere können sie Schutz der realen Person vor Benachteiligung aufgrund der persönlichen Situation oder Verfolgung aufgrund politischer Meinungsäußerungen bieten.[1]
Rechtslage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Europäische Union
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Grundlage für die nationale Gesetzgebung in der Europäischen Union ist die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.[2]
Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland zählt § 19 (2) TTDSG (bis 2021 § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG)) zu den Pflichten des Diensteanbieters:
„Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.“
Der Nutzer soll ein Pseudonym verwenden dürfen, um zu verhindern, dass man auf seine wahre Identität schließen kann.[3] Bestimmte Daten darf ein Diensteanbieter speichern. Die Bestandsdaten (§ 14 Abs. 1 TMG) können Namen usw. des Nutzers umfassen. Zu den Nutzungsdaten (§ 15 Abs. 1 TMG) zählt der Nick- oder Screenname.
Die Diensteanbieter unterliegen der Impressumspflicht. Betreiber von Meinungsforen im Internet unterliegen nach Auffassung des deutschen Bundesgerichtshofs einer Verantwortlichkeit.[4][5][6]
Das Oberlandesgericht München entschied im Dezember 2020, dass Facebook eine Klarnamenspflicht einführen darf (Oberlandesgericht München, Urteil vom 8. Dezember 2020, Az. 18 U 2822/19 Pre).[7][8]
Beispiele für den Umgang mit Pseudonymen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dienst | Erlaubnis von Pseudonymen | Erläuterung | Hinterlegung von Personendaten |
---|---|---|---|
Ebay | erlaubt | Pseudonyme sind erlaubt. | Der Anbieter kennt Echtnamen und Adresse. |
Amazon | erlaubt | Pseudonyme sind erlaubt. | Der Anbieter kennt Echtnamen und Adresse. |
erlaubt | Facebook hat 2018 seine Voreinstellungen in Deutschland verändert und darf die Nutzer nicht mehr zwingen, sich mit ihrem Klarnamen anzumelden.[9] Die Nutzer werden aufgefordert, den Namen zu verwenden: „... mit dem sie im alltäglichen Leben am häufigsten angesprochen werden“.[10] Namensänderungen werden jedoch vor der Freischaltung überprüft und ungewöhnliche Namen herausgefiltert. Diese Praxis ist zulässig, weil Facebook keine rechtlich verantwortliche Niederlassung in Deutschland aufweist.[11] | ||
Google+ | erlaubt | Google forderte: „Verwenden Sie den Namen, mit dem Sie normalerweise von Freunden, Familie und Kollegen angesprochen werden. Dies dient der Bekämpfung von Spam und beugt gefälschten Profilen vor.“[12][13] Im Juli 2014 erfolgte die Nachricht, dass Pseudonyme erlaubt sein sollen.[14] Google+ wurde nach einer gravierenden Datenpanne im April 2019 eingestellt. | |
Wikipedia | erlaubt | Wikipedia lässt pseudonyme Autoren zu. | Auf die Echtnamen wird in den Bestandsdaten nicht bestanden. |
Singlebörsen | erlaubt | Im Allgemeinen sind Pseudonyme zulässig, unter anderem bei Plenty of Fish, JOYclub etc. |
Bei der Nutzung der Internetseiten des Landes Niedersachsen gehört es zu den Streitpunkten, ob Nutzer zusätzlich Anonymisierungsdienste benutzen dürfen.[15]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Debatte über Online-Identität: Das Netz muss Anonymität zulassen. In: Süddeutsche Zeitung, 3. August 2011 (online).
- ↑ Richtlinie 95/46/EG (Datenschutzrichtlinie), ABl. EG Nr. L 281, S. 31.
- ↑ Bundestagsdrucksache 13/7385, 23.
- ↑ BGH, Urteil vom 27. März 2007, Az. VI ZR 101/06.
- ↑ OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2006, Az. 1-15 U 180/05
- ↑ Informationen über juristische Verfahren zu Pseudonymen im Internet bei trollforum.de
- ↑ Oberlandesgericht München, Urteil vom 8. Dezember 2020, Az. 18 U 2822/19 Pre
- ↑ OLG München: Facebook darf Pseudonyme verbieten. Facebooks Klarnamenpflicht rechtmäßig.
- ↑ Internet. Klarnamen sind auf Facebook keine Pflicht. WELT online 13. Februar 2018
- ↑ Facebook-Hilfeseite zum Thema Pseudonymität
- ↑ Etappensieg für Facebook im Streit über Klarnamenzwang, Heise vom 15. Februar 2013.
- ↑ Google+ Inhalts- und Verhaltensrichtlinien für Nutzer Ziffer 13 (online)
- ↑ Carolin Neumann: Netzwelt-Ticker: Google+ schmeißt Nutzer wegen Pseudonym raus, Spiegel Online vom 15. Juli 2011.
- ↑ Google schafft Klarnamen-Pflicht für Google+ ab ( des vom 24. Oktober 2019 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. haz.de, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 16. Juli 2014, abgerufen am 19. August 2020.
- ↑ Die Webseiten des Landes Niedersachsen sperren Anonymisierungsdienste aus, Internet Law vom 20. Juni 2011.